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Inhaltsverzeichnis
Impressum 2
Zitat 3
Dank 4
Avant propos 5
Einleitung 7
Das Kombi: schwierig – aber ein no go 13
Mode – was bedeutet das? 17
Der Gentleman – echt Britisch 21
Kleider machen Männer 24
Gründe, stets dasselbe zu tragen 27
Dresscodes und gut gemeinte Ratschläge 30
Schmuck und Accessoires 35
Problemfall Schuhe 38
Unterwegs zum eignen Stil 41
Vorbild Dandy? Eine klare Abgrenzung 50
Nur für Modemacher 51
Die Modelle 53
Mode, ein Botschaftsräger 159
Literaturhinweise & Anmerkungen 161
Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.
© 2022 novum publishing
ISBN Printausgabe: 978-3-99107-934-7
ISBN e-book: 978-3-99107-935-4
Lektorat: Leon Haußmann
Umschlagfoto: Daniel Ruf, Vasiliyart | Dreamstime.com
Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh
Innenabbildungen: Daniel Ruf
www.novumverlag.com
Zitat
„Ich bin keine schöne Frau …,
das einzige, was ich tun kann,
ist, mich besser als alle andern zu kleiden.“1
Wallis Simpson, Duchess of Windsor
Dank
Meine Frau Brigitta lebt ein natürliches Interesse an Mode und stellt sich Outfits aus dem breiten internationalen Angebot zu attraktiven Modellen zusammen. Auf Reisen in die Groß- und Kleinstädte Europas habe ich sie auf dem Gang durch Modegeschäfte aller Art begleitet und so einen Einblick in das breite Angebot für Damen bekommen. Dabei ist mir aufgefallen, dass unter Damenkleidern durchaus Kreationen vorliegen, die ich als Mann tragen könnte. Brigitta hat mich mit ihrem stilsicheren und raschen Blick dazu ermuntert, derartige Roben zu probieren. Und siehe da, etliche passten. Über die Jahre hin ist der Gang durch die Modehäuser zu einem gemeinsamen Erlebnis geworden, woraus sich mein eigenständiges Engagement für eine neue Art männlicher Bekleidung ergeben hat. Für all die Unterstützung, die schönen und interessanten Momente unterwegs und bei den Aufnahmen danke ich ihr ganz herzlich.
Wenn ich im New Look mit meiner Partnerin unterwegs bin, fallen viele Blicke zuerst auf mich und nicht primär auf sie, was üblich wäre. Nicht jede Frau kann damit umgehen. Hier bin ich Brigitta zu einem ganz speziellen Dank verpflichtet. Kiss.
Die Autoren danken folgenden Institutionen für die Erlaubnis, in ihren Lokalitäten Aufnahmen machen zu dürfen: Schloss Schadau (Hotel Restaurant, Thun), Dobiaschofsky Auktionen AG (Bern), Casaluci (Bern), Zum Äusseren Stand (Restaurant, Bern), Kunstmuseum (Bern), Schloss Jegenstorf (Bern), Schloss Blumenstein (Solothurn).
Avant propos
Die intuitive Einschätzung sagt mir: Dieses Buch wird eher von Frauen beachtet und vielleicht an Männer, den Partner, weitergereicht werden. Frauen leben ein ganz anderes Verhältnis zur Mode als Männer. Was ModemacherInnen seit langem an Kreationen, Farben und Dekor hervorbringen, kann derart schön & faszinierend sein, sodass Frauen nicht ruhen, dies alles zu durchstöbern, selbst dann, wenn ihre Kleiderschränke längst überfüllt sind.
Für Männer zeigt sich Mode seit rund 150 Jahren in ewig gleichen Formen, arm an Phantasie und Ausschmückung. Und wenn mal anders, dann gleich so ausgefallen, dass diese Kreationen außerhalb des Laufstegs kaum Realität gewinnen. Es gibt noch andere Gründe, warum Männer sich wenig für Modetrends interessieren: Für sie hat die Gesellschaft und insbesondere die Geschäftswelt zu allen erdenklichen Situationen Dresscodes geschaffen, die einzuhalten sind – so die anerzogene Auffassung. Da jene Männer, die Mode kreieren, sich auch konventionell kleiden, fehlen überdies Vorbilder, woran Männer sich orientieren könnten. Dresscodes für Frauen lassen demgegenüber viel Spielraum für Phantasie und individuelle Gestaltung. In dieser Situation fühlen sich Männer oft rat- bis hilflos, wie sie sich kleiden sollten. So springt nicht selten die Partnerin in die Entscheidungslücke und bestimmt, was dem Mann steht, zu welchem Anlass er was tragen könnte.
Mit diesem Buch komme für Männer von heute eine ganz andere Sichtweise zur Sprache: Eigener Stil kennt & braucht keine Dresscodes. Damit das gelingen kann, mögen Männer, statt von der Partnerin gesagt zu bekommen, was sie anziehen könnten, die Partnerin auf ihrer Reise durch die Welt der Mode begleiten. Dies solange, bis in ihnen der Wunsch aufkommt, selber zu wählen, was ihnen steht & wirklich gefällt.
Auf endlosen Streifzügen durch die Modehäuser in aller Welt werden Männer die Erfahrung machen, dass im Angebot der Damen für sie Schätze zu heben sind, die wir in Herrenabteilungen vergebens suchen. Dieser Prozess mag solange dauern, bis wir mit Stilsicherheit einkaufen und uns gänzlich anders als bisher kleiden werden.
Wem es gelingt, einen individuellen Kleiderstil zu kreieren, der wird zu jedem Anlass, Dresscodes hin oder her, angemessen erscheinen. In Anlehnung an Christian Dior’s Eintritt in die Modewelt plädiere ich hier für den New Look für Herren (new look for men).
Einleitung
„Style – all who have it share one thing: originality“2
Diana Vreeland, einst Chefredakteurin von Vogue USA
Mode ist der Bereich von kreativem Schaffen, der sich am glamourösten präsentiert. Feste bieten Gelegenheiten, wo Frauen & Männer sich in Roben stürzen können. Für viele Männer ist die eigene Hochzeit typischerweise der einzige Moment im Leben, wo sie sich sehr festlich bis etwas gewagt kleiden.
Für Frauen kreieren Modehäuser jede Saison Neues, was alltäglich zur Frage führt: „Was ziehe ich denn heute Passendes an?“ Passend zum Wetter, zu ihrer Aktivität, dem Umfeld. Männern stellt sich die Frage so nicht: Sie richten sich zumeist nach dem, was praktisch & schnell zu beschaffen ist und zum beruflichen & sozialen Umfeld passt. Für Gewagtes ist da eigentlich kein Raum. Das Grundprinzip lautet: Nur nicht auffallen, das anziehen, was man für uns allerorts bereithält.
Das Bedürfnis, sich mal gänzlich anders zu präsentieren, wird dagegen in der Fasnacht, in historisch orientierten Vereinen (Zünfte) und insbesondere in der Street Parade ausgelebt. Möglich wird diese Art von Ausgefallenheit, weil in diesem Moment viele aus der Norm treten. So braucht man sich als Individuum nicht zu exponieren.
Ist die Entwicklung der Herrenmode schon immer hinter jener für die Damen zurückgeblieben? Ein Blick an den Hof des Sonnenkönigs in Versailles zeigt ein gänzlich anderes Bild: Damen & Herren traten in farbigen, aufwändig hergestellten Roben auf, die sich wesentlich nur durch die Körperform unterscheiden, nicht aber hinsichtlich der Grundgestaltung des Modells sowie des Dekors. Ludwig der XIV. war ein totaler Modefetischist & Trendsetter, der durch sein extravagantes Verhalten Männer in ganz Europa angesteckt hat, sich sehr aufwändig, farbenfroh und mit viel Dekor zu kleiden.
Bedeutende Modehäuser in Paris und deren Designer wie Christian Dior, Yves Saint Laurent, Karl Lagerfeld und andere liessen sich nach 1945 vom Mode- & Festzauber von Versailles inspirieren3. Die von ihnen geschaffene Mode versucht, den glamourösen touch von Versailles weiter zu pflegen: „Versailles est le plus grand salon d’essayage du monde, c’est une vitrine, un repère mouvant, fixant les usages et les caprices.“3 Und was fällt uns dabei auf? Die modische Entwicklung ist nur für die Damen weitergeführt worden. Für die Herren hat man ab etwa der zweiten Hälfte des 19. Jh.4,5 eine unauffällige, schmucklose, oft in schwarz, grau oder dunkelblau gehaltene, wenig attraktive Standardkleidung geschaffen, die selbst heutzutage jene zu festlichen Anlässen tragen, welche die faszinierenden Kreationen für die Damenwelt erschaffen. Ja, selbst bedeutende bildende Künstler bleiben gegenüber dem eigenen Outfit konventionell & phantasielos. Bei Picasso ist ein gestreiftes T-Shirt gerade mal die Ausnahme.
Man mag sich fragen, warum die bedeutendsten ModeschöpferInnen kein Interesse daran finden, auch für die Männer die einstige Tradition weiter zu entwickeln. Auf dem Laufsteg, wo die neuesten Kreationen präsentiert werden, fehlt es nicht an Andersartigem für Männer, auch nicht in den entsprechenden Modegeschäften. Aber selbst dort stehen die Verkäufer da in ihrem business attire Look! Dass Kreationen für Männer, die klar übers Ziel hinaus schiessen, keine Realität hinsichtlich einer Mode, die auch getragen wird, nach sich zieht, zeigt ein Blick auf Fotoshootings bei Anlässen wie „The Golden Globe“6: Die Damen in hinreissenden Roben – die Herren dagegen verharren kontrastreich in der Vervielfachung von ewig Gleichem, ohne jeglichen Pfiff & Mut zu präsentieren. Die Durchsicht der vom Magazin Vanity Fair geführten international best dressed list (men) führt zum selben Resultat: Wir finden überwiegend Männer in schwarzen, konventionellen Anzügen mit Krawatte oder Fliege! Was Männern fehlt, ist eine tragbare, verfügbare Mode, welche ohne zu übertreiben, sich kreativ vom Üblichen unterscheidet.
In diesem Zusammenhang ist es bedeutsam zu hören, was Gabrielle Chanel7 über die Bekleidung eines ihrer Liebhaber, den Herzog von Westminster, sagt: Sie schätzte an ihm ganz besonders, dass er stets in einfachen Tweeds gleich angezogen war. Das ist keine gute Nachricht im Hinblick auf Veränderung. Wollen Frauen unscheinbare, förmlich gekleidete Partner? Ja, vielleicht deshalb, damit die volle Aufmerksamkeit und Bewunderung nur auf sie fällt.
Wenn ich mit meiner Partnerin, einer sehr schönen und speziell gekleideten Frau, unterwegs bin, dann schauen die meisten Leute tatsächlich zuerst auf mich. Wohl nur deshalb, weil ich nicht das an habe, was sie für einen Mann gewohnt sind zu sehen. Glück gehabt, meine Frau hat damit kein Problem – aber andere vielleicht schon. Demgegenüber stellte in früheren Zeiten eine vergleichbare Kleidung für Damen und Herren kein derartiges Problem dar.
Ein weiteres Hindernis zeigt Wirkung, warum Männer eine Bekleidung meiden, welche an scheinbar weibliche Formgebung & Dekor erinnert: Das ist die verbreitete Vorstellung, dass Modedesigner, Tänzer und andere, die besonders kreativ sind, homosexuell seien. Obgleich gesellschaftlich akzeptiert, möchten Männer nicht den Anschein erwecken, geltende Normen, was sie repräsentieren sollten, zu missachten.
Damit man als Mann aus der Omnipräsenz von Dresscodes und des allgegenwärtigen saisonalen Modeangebots gelassen austreten kann, braucht es somit ein klares Ja zur Gestaltung des eigenen Outfits. Es braucht, wie Diana Vreeland sagt, einen persönlichen Stil.
Einst schrieb das Vogue America: „Stil ist nicht von Mode abhängig. Menschen, die Stil haben, können die Mode akzeptieren oder ignorieren. Für sie ist Mode nichts, wonach man sich richten muss, sondern vielmehr etwas, das man entwickeln kann, etwas, für das sie sich entscheiden …“8 Das bedeute konkret: Die internationale Mode bringe unablässig eine große Vielfalt von Kleidung hervor, anhand derer wir unseren Stil unabhängig von momentanen Trends entwickeln können. Interessanterweise sind zumeist jene Personen zu Stilikonen geworden, die sich nicht den Modetrends angepasst haben8. Gerade durch ihre Originalität haben sie letztlich nicht Mode getragen, sondern Mode gemacht!
Meine eigene Erfahrung in dieser Hinsicht ist überraschenderweise positiv: In der Öffentlichkeit werde ich nicht nur von Frauen angesprochen, die meine Bekleidung speziell finden, sondern auch von Männern, die eingestehen, dass sie das eigentlich auch möchten, aber sich nicht getrauen, so herumzulaufen. Einmal, in einem Grandhotel, ist mir auf dem Weg ins UG ein bekannter englischer Dirigent entgegengekommen: „Oh, isn’t that wonderful! Where may I get such a jacket?“ Es gibt also auch Ausnahmen.
Wenn dieses Buch eines zum Ziel hat, dann dies: Ich möchte Männern Mut machen und ihnen den Weg ebnen, dass sie sich in Sachen Formgebung, Dekor & Wirkung wieder so kleiden können, dass die Damen- & Herrenmode wie einst im gestalterischen & ästhetischen Einklang steht.
Und wenn jetzt einer meiner Leser gleich umsteigen möchte, wo findet er dann die Roben, die ihm vielleicht schon seit langem irgendwie gefallen haben? Herrenabteilungen sowie Geschäfte der großen Marken werden hierfür nur selten zur Fundgrube, weil ein derartiges und vor allem vielfältiges Angebot für Herren gegenwärtig nicht produziert wird9. Ist jetzt der Enthusiasmus schon wieder am Boden? Ganz und gar nicht: Man verlasse einfach die Herrenabteilungen und suche jene für die Damen auf! Und siehe da, abhängig vom jeweiligen Trend kann man dort fündig werden. Entlang dieses Buches werde ich mehrheitlich Beispiele präsentieren, die vom Gestell für Damen stammen.
Merkt man dann sogleich, dass es nicht für Männer geschneidert ist? Keine Sorge, allzu weibliche Aussparungen kann man abändern. Dass Damenmäntel etc. im Gegensatz zur männlichen Kleidung üblicherweise von links nach rechts (aus der Sicht einer BetrachterIn) zugeknöpft werden, das hat bei mir in den letzten 20 Jahren kaum jemand bemerkt. Es zeigt sich, dass selbst Personen aus der Branche es oft nicht merken oder erst zu spät, wenn sie dafür schon Begeisterung gezeigt haben.
Christian Dior, „le Maître enchanteur“:10 Als Sohn eines Industriellen waren seine Eltern besorgt, aus ihm, dem musisch Begabten, würde nichts Rechtes werden. Dior zeigte zeichnerisches Talent und zu seinen Freunden zählten Künstler wie Christian Bérard und Jean Cocteau. Um nebenbei seinen künstlerischen Neigungen entsprechen zu können, studierte er Politikwissenschaft und durchlief danach eine diplomatische Ausbildung.
1928 eröffnete er eine kleine Kunstgalerie und förderte Maler wie Pablo Picasso und Salvador Dalí. Nach dem Bankrott seines Vaters sowie seiner Galerie geht der Mittellose ab 1931 zum Modedesign über und hat erste Erfolge mit Hutmodellen. Ab 1942 ist er im Team des Modehauses Lelong tätig. Mehr und mehr wächst in ihm der Wunsch nach einem eigenen Modehaus. Mutig sucht er 1945 den Textilkönig und reichsten Mann Frankreichs, Marcel Boussac, auf und kann den Magnaten dazu bewegen, ihm carte blanche zur gestalterischen Leitung eines neuen Modehauses zu geben. Boussac lässt ihm tatsächlich alle erforderlichen Freiheiten, seine Beurteilung richtete sich nur nach dem Erfolg. Das war genau das Umfeld, das Dior sich wünschte. Der Erfolg liess denn auch nicht lange auf sich warten: 1947 kann er in seinem hôtel, 30 avenue Montaigne, seine erste Kollektion „Ligne Corolle“ (Glockenblumen-Linie) präsentieren. Die amerikanische Presse nimmt dies sofort auf und sprich von einem New Look. Was will Dior, welcher Tradition folgt er? „… on y travaillerait selon les traditions de la meilleure couture à l’intention d’une clientèle de femmes vraiment élégantes. Je n’y ferais que des modèles apparemment assez simples, mais d’une confection très élaborée.“ „Je disais que, pour les contenter et leur fournir ce qui leur manquait, il fallait revenir à la tradition de grand luxe de la couture française.“10 Mit seinem Modehaus schafft Dior „le château de la féerie retrouvée“. Photographisch präsentiert er die Modelle im Ambiente des Trianons, in einer Interpretation des Stils Louis XVI., wie ihn die Zeit um 1910 gesehen hat. Im hôtel avenue Montaigne richtet ihm Victoire Grandpierre eine Boutique im Sinne „de la tradition des magasins de frivolités du XVIIIe siècle“ ein. Bestimmt vom Geiste der grossen Traditionen wünscht er sich eine „atmosphère decorée, mais non décorative.“ Für die kurze Zeit von nur etwa 10 Jahren versteht sich Christian Dior als „marchand de bonneur“ und erntet damit weltweit Erfolg11.
Hier noch erwähnenswert: Dior selbst war gekleidet wie es damals üblich war. Für uns Männer hat er nicht neues geschaffen. Der Bereich „Christian Dior Monsieur“ wurde erst 1970 gegründet.
Das Kombi: schwierig – aber ein no go
„Mode in unserem Jahrhundert
wäre bedeutungslos ohne Jeans.“12
Franco Moschino
Ob Paris, Mailand oder Sydney, das Bild in der Öffentlichkeit hinsichtlich Bekleidung wird heutzu tage u. a. visuell dominiert von drei Objekten: Bluejeans, Snipes & Sneakers sowie Schirmmützen. Weil dieses Kombi so massenfähig ist, hat sich die öffentliche Szene der Strasse, im Ausgang und selbst bei Festen & Kulturanlässen dadurch gänzlich verändert. Egal wo man sich befindet und was man tut (privat), mit diesem Outfit ist man stets dabei, wird mehrheitlich nur auf Gleichartige stoßen. In Sachen Bekleidung herrscht heute Eintönigkeit vor, obgleich in den Geschäften eine große Vielfalt von andern Kleidern angeboten und auch gekauft wird.
Weil die Vielfalt an Jeans, Snipes & Sneakers, Schirmmützen und Zugehörigem (T-Shirts, Michelinjacke, Rucksäcke, …) sowie deren Verbreitung munter wächst, wird so mit wenigen Objekten eine eigene Modewelt geschaffen, worin Menschen unabhängig von der ethnischen und sozialen Herkunft sich in einem erscheinungsmäßigen Kollektiv aufhalten können. Dass durch dieses Angebot auf gestalterisch tiefem Niveau das eigene ästhetische Empfinden bezüglich Kleidung zurückgedrängt wird, ist nur wenigen bewusst. Obgleich renommierte Modehäuser sich dem Trend anschließen und versuchen, das Kombi aufzuwerten, ja zu veredeln, ändert daran nichts: Es werden lediglich Preisklassen für Klamotten geschaffen.
Anhand der Bluejeans sei hier die Frage gestellt, ob denn diese Objekte den meisten Leuten tatsächlich gefallen oder ob das alltägliche Tragen eher der Wirkung von Vorbildern, der unablässigen Werbung & Verfügbarkeit sowie letztlich einem gewachsenen, ja unausgesprochenen, sozialen Zwang, dazuzugehören, zuzuschreiben ist.
Wir können folgendes Experiment leider nicht durchführen: In Kleidergeschäften mit dem üblichen Angebot hänge zwischen Allerlei auch mal eine Bluejeans. Deutlich blau, blaugrau verwaschen, ganz oder gar mit Rissen. Den KundInnen sei aus ihrem Alltag und der Werbung diese Art Hose noch nicht bekannt:
„Da hat ein Handwerker versehentlich seine Arbeitskleidung hingehängt“, könnten Stöbernde vermuten. Mit ziemlicher Sicherheit würde dieses Modell nicht sogleich zum Verkaufsschlager werden. Wer braucht denn schon 5 Taschen, will diese dicken Nähte und dann noch all die Nieten! Mit einem solchen Outfit und der dazugehörigen Arbeitswelt möchte sich typischerweise kaum eine der modebewussten Damen identifizieren. Sogar die Arbeitswelt der Männer hat längst viel praktischere Bekleidung entwickelt, dies hinsichtlich Beweglichkeit und Mitführen von Werkzeugen. „Wo versorge ich denn mein Smartphone?“, würden die Leute fragen. Wüssten sie zudem, dass das Blau bei Textilien wie Baumwolle stark abfärbt, nicht waschfest ist, würden sie die Hose wohl kaum tragen wollen. Die bisherige Kundschaft kann von Glück reden, dass der Farbstoff Indigo weder wasser- noch fettlöslich ist, sonst hätten zumindest AllergikerInnen Probleme. Käme noch hinzu, dass nachhaltig eingestellte KundInnen zur Kenntnis nehmen müssen, dass jährlich Unmengen von dem Farbstoff Indigo und andere Chemikalien (Reduktionsmittel) wegen des Wasch- und Färbevorgangs in die Gewässer gelangen. Aus ästhetischer Sicht erscheint überdies Indigoblau, das auf Baumwolle bald einmal zum Blaugrau wird, als Modefarbe wenig attraktiv. Auch in der traditionellen Malerei finden wir diesen Farbstoff nicht. Ganz im Gegensatz zu Move, einst eine führende Modefarbe oder gar Tiffanyblau.
Dass heute die Jeans die meist getragene Hose darstellt, hat wenig mit dem Objekt an sich zu tun, sondern ist die Folge einer über Jahrzehnte hin wirksamen Werbung auch mittels Stars und deren Filme. In den USA ursprünglich eine Arbeiterhose, wurde das Stück Stoff zum Kultobjekt von Teenagern und anderen, die damit zumindest damals Freiheit & Gesellschaftskritik zum Ausdruck brachten. Zynisch wird das Tragen aber dann, wenn heute insbesondere Junge mit künstlich zerrissenen, gelochten Hosen herumlaufen, Armseligkeit zum Modetrend machen – das cool finden. Der heutige Dandy Zack MacLeod Pinsent (Brighton) hat demgegenüber mit 14 Jahren seine letzte Jeans symbolisch verbrannt.
Die Vielfalt an Alltagsmode ist wegen der Dominanz der Jeansmachart in Eintönigkeit verfallen – also ganz im Gegensatz dazu, was Franco Moschino behauptet.
Dieses dominante Set selbstbestimmt zurückzuweisen, sei der Anfang auf dem Weg zum eigenen Stil.
Die Jeans: Von Segeltuch zum Kultobjekt13. Als Einwanderer führte 1847 Löb Strauss (bald einmal Levi genannt) aus Bayern etliche Ballen Segeltuch mit sich nach San Francisco. Als erstes ließ er daraus Zelte und Planen herstellen, dann Latzhosen mit doppelten Nähten und aufgesetzten Taschen für Goldgräber. Kurz vor 1870 gründete er zusammen mit einem Schneider eine Manufaktur zur Herstellung von Hosen. Hierzu führte Strauss einen noch strapazierfähigeren Baumwollstoff (namens Serge) ein, der bereits im 15. Jh. in den Baumwollmanufakturen von Nîmes hergestellt worden war. Nach seiner Herkunft erhielt der Stoff später den Namen Denim. Einer der zwei zum Weben benutzten Fäden war mit Indigo blau eingefärbt. Kupfernieten verstärkten reißanfällige Partien. Seit 1890 gibt es den Grundschnitt für die „Levi’s“ mit der Nummer 501. Die 5 steht für die Anzahl Taschen und die 1 für die erste Serie. Die kleine vordere Tasche diente ursprünglich zur Aufnahme einer Taschenuhr.
Europa lernte die neue Hose 1917 und dann nochmals 1945 durch amerikanische Truppen kennen. 1949 stellte eine Firma erstmals Jeans in Europa her, die in den 1950er-Jahren Eingang in die Freizeitbekleidung fanden. Anfänglich war es Kindern untersagt, mit Jeans zur Schule zu gehen. Indem die Filmindustrie („Der Wilde“, mit dem jungen Marlon Brando in der Hauptrolle als Anführer einer Motorradgang, 1953) und Künstler wie Andy Warhol den neuen Look thematisierten, ist die 501 zum Identifikationszeichen einer Jugend geworden, die rebellierend aus gesellschaftlichen Konventionen entkommen wollte und längst wieder eingefangen wurde, da die Jeans zu einer neuen Konvention geworden ist.
Heute stellen Varianten der 501 die meist getragenen Hosen dar. Wohl mehr als 300 Millionen Exemplare werden jährlich in vielfältiger Art produziert. Laut einer Umfrage der britischen Zeitung Daily Mail aus dem Jahre 2007 belegte die Jeans Platz zwei unter den „wichtigsten“ Kleidungsstücken. Auf Platz eins steht „das kleine Schwarze“ von Gabrielle Chanel8. Würde erneut eine Umfrage durchgeführt, ist zu erwarten, dass die Jeansmachart auf Platz eins käme.
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