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Zum einfachen Lesen eignen sich Übersetzungen wie die Gute Nachricht, Hoffnung für Alle oder die Volx-Bibel. Zum Studium sind aber eher wortgetreuere Übersetzungen wie z. B. die Elberfelder Bibel geeignet. Hier in diesem Buch werde ich vorwiegend aus ‘Eine leicht erweiterte Übersetzung des Neuen Testamentes’ (NTR) zitieren. Sie ist weitgehend konkordant, d. h. griechische Wörter (im gleichen Kontext) werden immer mit demselben deutschen Wort übersetzt, verschiedene griechische Begriffe werden auch in verschiedenen deutschen Wörtern wiedergegeben. Damit ist sie für nicht des Griechischen Kundige wie mich eine gute Hilfe, nahe am Grundtext zu sein. Diese Übersetzung ist dennoch gut lesbar.
Besonders bei leicht lesbaren Übertragungen, aber auch bei Übersetzungen bestimmter Glaubensgemeinschaften spricht man von tendenziösen Übersetzungen. Das bedeutet, dass der Übersetzer seine eigene Meinung (oder die seiner Glaubensgemeinschaft) hat einfließen lassen. Dessen sollte man sich gerade als Nichtstudierter immer bewusst sein. Besonders bei schwierigen Fragen sollte man deshalb immer mehrere Übersetzungen vergleichen, bevor man sich seine Meinung bildet. Besonders hilfreich ist es, wenn man auch eine andere Sprache versteht, z. B. Englisch, und somit eine solche Übersetzung hinzuziehen kann.
Wahrheit gibt es nur eine. Ansichten darüber viele.

Friedensreich Hundertwasser ist ein bekannter Künstler, der rechte Winkel und gleichförmige Fassaden verabscheute. Lässt man ein von ihm geschaffenes Haus von vier Betrachtern aus jeweils einer der Himmelsrichtungen beschreiben, so wird man den Berichten kaum entnehmen können, dass sie alle ein und dasselbe Haus beschreiben.
Manchmal ist es auch mit JHWHs Wahrheiten so. Wir können gerade mal eine Facette erfassen, jemand anderes sieht eine andere. Unsere Ansichten mögen sich unterscheiden, obwohl wir alle dieselbe göttliche Wahrheit betrachten.
Hält man einen Brillanten in seiner Hand und betrachtet ihn, so beginnt man ganz unwillkürlich, ihn zu drehen und aus verschiedenen Richtungen und Winkeln zu bewundern. Man lässt das Licht aus verschiedenen Winkeln auf ihn fallen und freut sich an dem Funkeln und dem Farbspiel. Es ist unmöglich, die ganze Pracht eines solchen Brillanten aus einem einzigen Blickwinkel, von einer einzigen festen Position aus zu erfassen.
Ähnlich ist es auch mit dem Zusammenspiel zwischen Auge und Gehirn: Das Auge hat nur ein relativ kleines Sehzentrum, das scharfes Sehen mit dem Erkennen vieler Farben ermöglicht. Der größere Bereich darum herum sieht nur wenig Farbe und Details. Hier nehmen wir im wesentlichen Bewegungen wahr, die unseren Blick unwillkürlich wandern lassen. Dass wir dennoch den Eindruck eines hochaufgelösten, scharfen und großen Gesamtbildes haben, liegt daran, dass unser Gehirn aus den unzähligen kleinen Teilbildern, die das Auge liefert, ein großes Ganzes zusammensetzt. Genau genommen hat also das, was wir als ganzes Bild wahrnehmen, mit dem, was unser Auge sieht, nicht viel zu tun. So wundert es nicht, dass Hirnforscher mehr und mehr nachweisen, wie wenig unsere Wahrnehmung und Erinnerung mit der Wirklichkeit zu tun haben.

Wir sind gut beraten, wenn wir uns bei der Wahrheitsfindung nicht nur auf uns selbst verlassen, sondern nach objektiven Maßstäben Ausschau halten und uns mit anderen austauschen.
Genauso sollten wir auch an die Bibel herangehen. So einfach das Evangelium, die Gute Nachricht vom Messias, selbst ist, so detailreich und vielfältig ist der Einblick, den uns die Heilige Schrift in die Weisheit JHWHs gewährt. Es ist nicht gut, hier eine Facette herauszugreifen, sie zur vollständigen und alleinigen Wahrheit zu erklären und gegen eine andere Facette desselben Brillanten zu stellen. Damit würden wir eine wichtige Eigenschaft der für uns nicht fassbaren Weisheit JHWHs, der göttlichen Wahrheit, verkennen: Wir können uns dieser Wahrheit eher durch ein Sowohl-als-auch als durch ein Entweder-oder nähern. Die meisten Streitereien unter Christen würden gar nicht erst entstehen, wenn wir nur begreifen würden, dass die Meinung des anderen eine Bereicherung und nicht ein Ärgernis ist. Die Wahrheit JHWHs ist klar und eindeutig, unsere Ansichten darüber sind es oft nicht.
Menschen sind verschieden, haben aber einen gemeinsamen Nenner.
Die vier Evangelien sind ein gutes Beispiel für den Reichtum an Facetten der biblischen Berichterstattung. Jeder der Autoren schreibt als Zeuge, was ihm in den Jahren mit JESUS besonders wichtig wurde, jeder setzt seinen Schwerpunkt. Vieles kann besser verstanden werden, wenn uns der jeweilige Schwerpunkt des Autors gegenwärtig ist. Da können einleitende Worte zu den Büchern in den sog. Studienbibeln helfen. Vieles, was vordergründig widersprüchlich scheint, lässt sich mit dieser Sicht als ergänzend verstehen. JHWH ist so vielschichtig, so unfassbar, dass ein einzelner Mensch immer nur einen kleinen Bruchteil der göttlichen Wahrheit erfassen kann. Wer behauptet, die ganze Wahrheit JHWHs begriffen zu haben, kann nur irren. Hüte dich davor!
Die Bibel, also die Niederschrift des Heiligen Wortes JHWHs, ist im orientalischen Kulturraum entstanden. Zu dieser orientalischen Kultur gehören einige Dinge, die uns eher fremd sind. Mehr Kenntnis darüber kann uns helfen, die Bibel besser zu verstehen. Mach dich auf die Suche nach dieser orientalischen Tradition. Ein guter Anfang kann die Beschäftigung mit den jüdischen Festen sein.
Werte wandeln sich – die Bedeutung der Worte auch!
Zweitausend Jahre Kirchengeschichte haben unser Verständnis der biblischen Begriffe geprägt. Das stetig wiederkehrende Aufsagen von Formeln, Dogmen und Bekenntnissen suggeriert, dass diese Wahrheit seien, selbst wenn sie im Widerspruch zur Bibel stehen. Wie viele nehmen gar nicht mehr wahr, dass die Kindertaufe ein Betrug ist? Wenn wir JESUS verstehen wollen, dann müssen wir unser Verständnis jedes einzelnen Begriffes auf den Prüfstand stellen. Sprache verändert sich fortwährend, sie passt sich den Lebensgewohnheiten und auch unserem Wissensstand an, das ist ganz normal. Das macht es aber manchmal schwer, Inhalt und Bedeutung der frühchristlichen Überlieferungen zu erfassen und zutreffend zu deuten.
Nur ein Beispiel: Der Begriff ´Sünde` wird heute in allen möglichen Deutungen verwendet: »So mit diesem wertvollen Stoff umzugehen, ist eine Sünde.« Oder: »Ich habe gestern gesündigt (zu viel Torte gegessen)!« Und: »Die kleinen Sünden bestraft der liebe Gott sofort, die großen später …«
Es ist ein eigentlich nicht zu bewältigender Berg an Arbeit, uns zu der ursprünglichen Bedeutung der Begriffe zurückzukämpfen. Doch wie sollen wir die Bibel, wie sollen wir JESUS verstehen, wenn wir die Begriffe völlig anders verwenden, als ER sie vor zweitausend Jahren gebraucht hat?
Glaube, Bekehrung, Taufe, Nachfolge, Gehorsam, Sünde, Erlösung, Buße, Beichte, Gottesdienst, Abendmahl, Priester, Bekenntnis usw. Das Verständnis all dieser und vieler weiterer Begriffe aus der Bibel ist oft bis zur Unkenntlichkeit verändert.

Ist dir bewusst, dass JESUS mit an IHN glauben meint, dass ER dein Leben auf den Kopf stellen will? Nichts wird so bleiben, wie es ist, wenn du wirklich an IHN glaubst!
Worte können eine unheilvolle Wirkung haben, sie lösen in unserem Hirn eine Vielzahl von Assoziationen aus, sie stoßen also eine ganze Bilderwelt von Erinnerungsfetzen an. Casablanca ist eigentlich nur der Name einer Stadt. Doch wer den Film gesehen hat, wird unweigerlich an Humphrey Bogart und Ingrid Bergman denken. Das, was uns beeindruckt, gräbt sich tief in die Windungen unseres Hirns. Leicht geschieht es, dass wir etwas für nicht mit der Bibel vereinbar halten, aber oft sind es gerade unsere christlichen Traditionen, die nicht mit der Wahrheit der Bibel in Einklang zu bringen sind.
Wenn wir nicht bereit sind, unser Verständnis christlicher Begriffe auf den Prüfstand zu stellen, dann werden wir uns mit der Wahrheit der Bibel schwertun. Letztlich ist es nicht unser Wissen, nicht unsere Bildung und nicht das Gelernte, das uns die Wahrheit erkennen lässt, sondern JHWH schenkt das durch SEINEN Heiligen Geist. Wissen und Wissenschaft kann nützlich sein, doch ohne SEINE Inspiration werden wir uns der göttlichen Wahrheit niemals nähern. Bevor du die Bibel liest: Bitte JHWH, dass ER dir mit SEINEM Geist hilft, dich zu leiten und dich verstehen zu lassen. Niemand kann dir die Heilige Schrift besser erklären als der Autor selbst.
Ja, JHWH unterscheidet glasklar zwischen Gut und Böse. ER kann das! Unser Urteilsvermögen ist leider kaum zur Wahrheitsfindung geeignet. Doch SEINE Weisheit, SEINE Wahrheit ist ein unsagbar kostbarer Schatz. Mehrere Meinungen dazu sind bereichernd.

Betrachte verschiedene Auffassungen deshalb lieber als ergänzende Teilaspekte. Unser Entweder-oder beschränkt JHWHs Vielfalt und Reichtum nur allzu oft.
Lass dich vielmehr durch fremde Ansichten, durch scheinbar falsche Meinungen herausfordern. Prüfe dein Verständnis der christlichen Begriffe. Das wird dich bereichern und inspirieren. Wenn wir – neugierig – unvoreingenommen – befreit vom Schutt der Traditionen – an die Bibel herangehen, dann wartet ein wunderbarer Schatz auf uns. Eine falsche Aussage reizt dich und bewegt dich, sie anhand der Heiligen Schrift zu prüfen? Hallelujah! Das ist besser als eine wahre Aussage, die dich gemütlich auf deinem Sofa sitzen lässt.

Was aus der letzten Predigt siehst du anders?
Was in diesem Kapitel erregt deinen Widerspruch?
Was findest du dazu in der Bibel?
Mit wem könntest du darüber sprechen?
Was war dein letzter Streit über eine biblische Aussage?
Laufen lernen
Weißt du noch, wie du laufen gelernt hast? Du hast ein Jahr in der Wiege gelegen und dann hast du dich erhoben, bist gelaufen und hast dich, weil es so gut funktionierte, zum Marathon angemeldet?

Bei mir war das anders. Ich bin eine Weile gekrabbelt. Die Perspektive hat mir wohl nicht so zugesagt. Meine Mutter berichtet, dass ich bald auf meinem Hintern durch die Wohnung gerutscht bin. Das gefiel mir so gut, dass ich eine ganze Zeit lang nicht bereit war, mich auf meine Beine zu stellen und die ersten Schritte zu versuchen. Irgendwann saß ich auf dem Topf. Beim Aufstehen hab ich mich dann in meiner Hose verheddert und bin über den Rand der Duschwanne gestürzt. Das hat mich auch nicht gerade motiviert, mehr Gebrauch von meinen Beinen zu machen. Als ich es dann doch versuchte, bin ich oft gefallen. Zerschundene Knie, Beulen am Kopf, blutige Nase, Gehirnerschütterung. Ich habe nicht viel ausgelassen, bis ich dann leidlich laufen konnte. Meine Lieblingsbeschäftigung ist es bis heute nicht. Dennoch schaffe ich es nun, auch ohne Auto Brötchen zu holen.
Ich finde es spannend zu beobachten, wie Kinder ihre ersten Schritte tun. Wie Abenteuerlust und Neugier auf die Möglichkeiten ihres eigenen Körpers sie antreibt, immer wieder aufzustehen. Wie oft fällt ein Kind, bis es einigermaßen laufen kann? Hunderte, tausende Male? Und was tun die Eltern, wenn das Kind fällt? Schreien sie ihr Kind an? »Du Blödmann, du wirst es nie lernen! Selbst schuld, dass du dir die Knie schon wieder aufgeschlagen hast!« Sicherlich nicht.
Unser ganzes Leben lang fallen wir, es gibt kein Lernen ohne Rückschläge. Wieso meinen wir eigentlich, dass wir bei JHWH immer alles sofort können müssten? Wieso glauben wir nur, dass ER mit uns nichts anfangen kann, wenn es unzählige Versuche braucht, bis wir vorankommen? Eine Mutter hebt ihr Kind auf, tröstet es, wischt die Tränen ab, pustet liebevoll auf die Schürfwunde. Sie hält es so lang im Arm, bis es sich beruhigt hat. Sie ermuntert es voller Liebe und Annahme, es wieder und wieder zu versuchen. Warum wollen wir es uns nicht erlauben, auch später durch Misserfolge zu lernen?
JHWH geht besser mit uns um als jede Mutter, als jeder Vater! Die Psalmen sind voll davon, wie fürsorglich unser Vater in den Himmeln ist. Wie eine Mutter, die uns in unendlicher Geduld beim Laufenlernen begleitet. Unsere Eltern bringen uns die Vision vom Laufen nahe, ja sie wollen vielleicht sogar die Begeisterung für den Laufsport in uns wecken. So ist es auch bei JHWH. ER möchte uns begeistern, unsere Fähigkeiten entwickeln, Visionen in uns entfachen. ER ist uns ein treuer Begleiter, viel mehr, als es je ein Mensch sein könnte. JHWH vereint alle guten Eigenschaften in sich, die wir brauchen. Manchmal wäre es gut, wenn wir mit Blick auf IHN an eine Mutter denken, die liebevoll mit uns umgeht, wenn wir gefallen sind. Die uns das Aua pustet und mit einem Pflaster versorgt. Die uns die Arme entgegenstreckt und uns ermuntert: »Steh auf! Gar nichts passiert, gleich noch mal! Komm in meine Arme!« JHWH hilft uns, immer wieder, so oft wir es brauchen. Doch wollen, das musst du selbst.
Vielleicht fordert dich dieses Buch an der einen oder anderen Stelle heraus. Vielleicht glaubst du, etwas von dem hier Geschriebenen nie in deinem Leben erreichen zu können. Dann erinnere dich an dieses Bild einer fürsorglichen Mutter und lass dich von JHWH aufrichten! ER möchte, dass du laufen lernst, dass du dich ganz auf IHN verlässt. Dass du zu IHM betest und auf IHN hörst. Lass dir Zeit beim Üben und Lernen. JHWH hat alle Zeit der Welt. Höre niemals auf zu lernen.
Zum Lernen gehören zerschundene Knie, die Furcht, das Ziel nicht zu erreichen, manchmal auch die Wut auf das eigene Versagen.

So wie ein Kind nicht ohne Schmerzen laufen lernt, so werden auch wir ohne schmerzliche Erfahrungen und ohne Anstrengungen keine reifen Kinder Gottes. Lernen tut so manches Mal weh.
Das weiß niemand besser als unsere Mutter, unser Vater in den Himmeln. ER selbst hat mit angesehen, wie SEIN Sohn JESUS CHRISTUS für uns am Kreuz gestorben ist! ER weiß, was Schmerzen sind. Deshalb ist ER der beste Tröster und Ermutiger, den wir uns wünschen können. ER erspart uns nicht alles Leiden auf unserem Weg, aber ER ist immer da, wenn wir uns – wie ein Kind auf den Schoß seiner Mutter – zu IHM flüchten (Psalm 18). Niemand tröstet besser als der, der SEINEN eigenen Sohn für uns gab: JHWH tröstet uns durch SEINEN Geist, besser als wir es uns vorstellen oder wünschen könnten.
JHWH lässt dir Zeit zum Lernen. Wie war das bei Mose? Mose war 40 Jahre Prinz am Hof des Pharao. Dann erschlug er einen Aufseher im Zorn. Und brachte weitere 40 Jahre in der Verbannung, in der Wüste zu. Mose war 80 Jahre, als JHWH ihn zum Führer seines Volkes machte. Ich bin überzeugt, dass es nicht einen einzigen Tag im Leben des Mose gab, den man hätte weglassen können. Jeder einzelne Tag in diesen 80 Jahren war notwendig, ihn auf die folgenden 40 Jahre der Wüstenwanderung, den Exodus, vorzubereiten. Hab also keine Angst, dass deine Entwicklung, dein Wachstum zu langsam sein könnte. JHWH rechnet Zeit anders als wir.

Es war einmal ein Mensch, der beobachtete den Kokon eines Schmetterlings. Er konnte sehen, wie sich das eingesponnene Wesen in dem Kokon regte. Der Kokon bewegte sich hin und her. Das Wesen darin versuchte, durch ein kleines Loch aus seinem Gefängnis zu entkommen. Der Mensch da draußen sah voller Mitleid, wie sich der werdende Schmetterling im Inneren abmühte, und beschloss, ihm zu helfen. ER nahm den Kokon und brach diesen ganz vorsichtig auf. Der Schmetterling, noch ganz zusammengekauert, glitt auf den Boden. Er zuckte, versuchte seine Flügel zu entfalten, doch es gelang ihm nicht. Das armselige Knäuel blieb verkrüppelt liegen und konnte nicht fliegen.
Was war geschehen? Der wohlmeinende Mensch hatte dem Schmetterling helfen wollen und doch hatte dieser nicht den Weg in das Leben gefunden. Der Schmetterling hatte es nicht geschafft, seine Flügel zur vollen Pracht zu entfalten und zu fliegen. Jedoch scheiterte er nicht obwohl, sondern weil ihm geholfen wurde!
Ein Schmetterling braucht nach der langen Zeit der Verpuppung die Anstrengung, sich aus dem Kokon zu fressen. Die Anstrengung bringt ihn auf Betriebstemperatur. Der Kampf, durch das kleine Loch aus der Hülle zu kommen, stärkt seine Muskeln und quetscht Körperflüssigkeit in die Flügel. Nur so können sich seine Flügel entfalten. Ohne diesen Kampf kann er seine Flügel nicht ausbreiten und bleibt unfähig, zu fliegen. So wie JHWH dem Schmetterling die Anstrengung nicht erspart, so erspart ER auch uns Schmerzen und manche Unbequemlichkeit nicht. ER gibt uns alles, was wir zum Leben und Lernen brauchen. ER wird uns niemals überfordern. Aber manchmal müssen wir bis an unsere Grenzen gehen, müssen wir uns aus einem Kokon herausarbeiten, um uns zu der vollen Pracht zu entpuppen, für die JHWH uns geschaffen hat.
Es ist keine Schande, zu fallen; liegen zu bleiben aber schon! Hüte dich vor Menschen, die helfen wollen, ohne zu verstehen, was du wirklich brauchst. Mitleid bekommt man geschenkt, Anerkennung muss man sich verdienen. Auch die Anerkennung JHWHs bekommen wir nicht geschenkt:

Ungeprüfter Glaube hat in den Augen Gottes keinen Wert!
(Derek Prince: ‘I have to tell you, reluctantly, faith will be tested. Untested faith is of no value in the sight of God. Jesus said to the church of Ephesus: I counsel you to buy from Me gold refined
Damit ist nicht eine rücksichtslose und menschenverachtende Spielerei ungezügelter Mächte gemeint, wie wir sie von den römischen Imperatoren und ihren Gladiatoren kennen. Vielmehr ist damit eine Prüfung gemeint, die uns voranbringt (Jakobus 1:2ff) und vor allem uns selbst, aber auch nach außen zeigt, welch unschätzbaren Wert wir in den Augen JHWHs haben. Solche Prüfungen sind der Beleg, wie weit wir bereits in dem göttlichen Läuterungs- und Heiligungsprozess fortgeschritten sind. Diese Prüfungen sind Ausdruck höchster Wertschätzung! Davon können wir am Ende des Buches Hiob lesen, wo JHWH mit Hiobs Freunden abrechnet und Hiob SEINE Anerkennung ausspricht: »… denn ihn, Hiob, will ICH, JHWH, erhören …« (Hiob 42:8) Und das alles ist eingebettet in die unermessliche Barmherzigkeit JHWHs. Wir beschäftigen uns damit ausführlich in dem Kapitel ‘Der Silberschmied’, S. 197.

Was hat dir richtig wehgetan? Wann?
Wofür schämst du dich vor JHWH?
Hast du dich von JHWH trösten lassen?
Kennst du jemanden, der gerade gefallen ist?
Welche Worte der Ermutigung kennst du?
Vom Rauchen: JHWH ist anders
Als Jugendlicher habe ich das Leben in einer Freikirche, einer freien Gemeinde vor allem als eine spaßbefreite Verbotszone erlebt. In der Welt, wie die Christen den Alltag außerhalb der sicheren Mauern des Gemeindehauses nannten, begannen gerade die Studentenunruhen. Es war eine schwierige Zeit. Die jungen Revoluzzer brachten ihren Unmut mit Sprüchen wie diesem zum Ausdruck: ‘Unter den Talaren: der Muff von 1000 Jahren!’ Ich verstand damals nicht, dass das eine Anspielung darauf war, dass sich Richter, Polizisten, Beamte und Lehrer trotz Nazi-Vergangenheit innerhalb kürzester Zeit wieder ihre alten oder noch viel bessere Jobs zurückerobert hatten. Auch dieser Spruch war häufig zu hören: ‘Trau keinem über 30!’ Womit nicht so sehr das Alter, sondern die Vergangenheit der Kriegsgeneration, ihre Verstrickungen in Gräueltaten, angeprangert wurde.
Adenauer, erster Bundeskanzler der jungen deutschen Republik, der bei seiner Ernennung schon 75 Jahre alt war, wird der Ausspruch zugeschrieben: ‘Man kann schmutziges Wasser nicht wegschütten, solange man kein sauberes hat.’ Er brachte damit das Dilemma zum Ausdruck, dass es kaum gut ausgebildete Frauen und Männer gab, denen nicht in irgendeiner Art und Weise die dunkle Vergangenheit anhaftete. Einzelne haben zu einem konstruktiven Verhältnis mit der belasteten Vergangenheit gefunden; als Ganzes hat sich diese Generation nie ernsthaft mit den Verstrickungen des Nazireiches auseinandergesetzt. Aber das hielt sie nicht davon ab, nun die jungen Leute aufs Heftigste zu kritisieren. Jazz, Swing, die Beatles, Rock’n’Roll, Rauchen, Tanzen, Diskos, Haschisch und alles, was uns, der Nachkriegsgeneration, Spaß machte, war ihnen ein Dorn im Auge. Nicht, dass das alles nur gut gewesen wäre. Doch die Anmaßung, diese moralinsaure Bevormundung, die störte nicht nur mich gewaltig. Es war eine Zeit voller Widersprüche, Verlogenheit, politischer und gesellschaftlicher Auseinandersetzungen.
In den Augen vieler Gemeindemitglieder, unter denen ich aufwuchs, waren diese neuen Vergnügungen und Verhaltensweisen einfach nur Teufelszeug. Man suchte Sicherheit in traditioneller Gesetzlichkeit. Die Röcke der Mädchen waren zu kurz, die Absätze ihrer Schuhe zu hoch und die Haare der Jungs zu lang, zu frech waren wir alle.
Wir hatten keinen Respekt vor den Eltern mit ihren traumatischen Kriegserlebnissen. Die Folgen des sogenannten Tausendjährigen Reiches waren in vielfältiger Weise gegenwärtig. So lag das Verhältnis zwischen Männern und Frauen im heiratsfähigen Alter irgendwo bei 1 : 3. Männer hatten die freie Auswahl. Und sie konnten sich den Frauen gegenüber fast alles herausnehmen. Kaum eine erwachsene Frau traute sich, den Mund aufzumachen. Frauen hatten es schwer, ihren Lebensunterhalt als Single (das nannte sich damals alleinstehend) zu verdienen. Verheiratete Frauen brauchten eine schriftliche Genehmigung ihres Mannes, um zusätzlich zu Haushalt und Kindern arbeiten gehen zu dürfen. Unverheiratete Frauen waren froh, wenn sie einen Job als Putzfrau, Verkäuferin oder Schreibkraft bekamen. Unsere Elterngeneration, die selbst um ihre Jugend betrogen worden war, stand nun fassungslos vor diesen jungen Menschen, für die es keine Grenzen mehr zu geben schien. In Kirchen und Gemeinden versuchte man, alldem mit einem überdimensionalen moralischen Zeigefinger zu begegnen, hinter dem das Kreuz und die Liebe Gottes kaum noch auszumachen waren.
Mein Vater war Architekt und Prediger. Er selbst hatte eine problematische Kindheit, hatte nie ein behütetes Zuhause erlebt. Meiner Mutter ging es oberflächlich betrachtet besser, doch traumatisiert von Bombennächten und psychischem Terror der Nazizeit waren sie beide. Aus heutiger Sicht wuchsen sie in einer katastrophalen Überforderungssituation auf. Unsere Eltern, die Kriegsgeneration, versuchte irgendwie, mit der Vergangenheit klarzukommen.
Die Nachkriegsgeneration, wir Kinder des Wirtschaftswunders, stellten alles infrage. Alles schien möglich. Wir wollten die Zukunft gestalten. Mit über 60 fange ich heute an zu verstehen, wie schwierig die damalige Zeit für beide Generationen war. Die Eltern wollten und konnten kaum Vorbilder sein. Wir Kinder hatten nichts, woran wir hätten anknüpfen können. Die bisherigen Gesellschaftsmodelle hatten versagt, hatten in die Katastrophe geführt. Wer nur von Führung oder Leitung sprach, machte sich verdächtig. Alles, was nur nach Autorität und Leitung roch, stellten wir infrage. Da kam jede neue Idee, jeder unkonventionelle Lebensentwurf gerade recht. Die Kritik an den Eltern, an der Tradition, an allem Althergebrachten gehörte für meine Generation zum guten Ton. Wurden wir, die Jugend, von den Alten, der Kriegsgeneration, kritisiert, so bestärkte uns das nur darin, auf dem richtigen Weg zu sein.




