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Matthias Jackson
Franz Weishaupt
Das Baustellenhandbuch VOB und BGB
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
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Titelfoto/-illustration: © truemedia, 86167 Augsburg
Satz: mediaTEXT Jena GmbH, 07747 Jena
Druck: Druckerei & Verlag Steinmeier GmbH & Co. KG, 86738 Deiningen
Printed in Germany
ISBN: 978-3-86586-970-8
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Zum 01.01.2018 ist – nach langer Diskussion – das Gesetz zur Reform des zivilen Bauvertragsrechts in Kraft getreten. Es sind zahlreiche neue Vorschriften für den Bauvertrag, den Architekten- und Ingenieurvertrag, den Verbraucherbauvertrag sowie den Bauträgervertrag aufgenommen worden. Die Bundesregierung sah sich zu einer Neuregelung veranlasst, da sich das Baurecht im Laufe der Zeit zu einer komplexen Materie entwickelt hat – so der Gesetzgeber – der die Regelungen des Werkvertragsrechts aufgrund wachsender Anforderungen nicht mehr gerecht werden konnten. Des Weiteren fehlten in diesem Bereich die Vorschriften des Verbraucherschutzes. Angesichts der Tatsache, dass insbesondere Verbraucher für ein Bauvorhaben wesentliche Teile ihrer finanziellen Mittel aufwenden, sah der Gesetzgeber hier Handlungsbedarf.
Kern der Reform sind neue und geänderte Vorschriften im Rahmen des BGB, insbesondere des BGB-Werkvertragsrechts. Hier wurden spezielle Regelungen für den Bauvertrag eingeführt, die es vorher so nicht gab. Auch der Bauträgervertrag sowie der Architekten- und Ingenieurvertrag werden im BGB nunmehr als eigener Vertragstyp normiert.
Die Darstellung sämtlicher zum 01.01.2018 eingetretenen Neuerungen würde den Rahmen sprengen. Es wird daher lediglich auf für die im Rahmen dieses Buchs bei den einzelnen Stichpunkten relevanten Änderungen eingegangen.
Im Oktober 2019 ist zudem eine neue Gesamtausgabe der VOB, die VOB 2019, erschienen. Im Gegensatz zum BGB-Bauvertragsrecht wurde die VOB/B in der Fassung 2016 ohne Änderungen in die Gesamtausgabe der VOB 2019 übernommen. Aussagen zur HOAI in diesem Werk beziehen sich auf die „Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen“ in der Fassung von 2021.
Anregungen zu den Inhalten werden von den Autoren und dem Verlag gern angenommen.
Merching, im Februar 2021

Matthias Jackson
Matthias Jackson studierte Rechtswissenschaften an der Universität Tübingen. Sein Referendariat absolvierte er beim Landgericht Karlsruhe, wobei er Stationen bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe sowie der Stadt Karlsruhe durchlief. Seit 2012 ist er als Rechtsanwalt in Karlsruhe in der Kanzlei „Brillinger Rechtsanwälte“ tätig und befasst sich überwiegend mit dem privaten Baurecht und dem Architektenrecht.
Franz Weishaupt
Franz Weishaupt studierte Rechtswissenschaften an der Universität Augsburg und legte dort im Jahr 2012 das 1. Juristische Staatsexamen ab. Nach einem zweijährigen Referendariat am Landgericht Augsburg mit Stationen bei der Staatsanwaltschaft, dem Landratsamt und dem Verwaltungsgericht legte er im Jahr 2014 das 2. Juristische Staatsexamen ab. Seit 2015 ist er als Rechtsanwalt in Karlsruhe für die Kanzlei „Brillinger Rechtsanwälte“ überwiegend im privaten Baurecht tätig.
Gesamtinhaltsverzeichnis
Deckblatt
Impressum
Bedienung des E-Books
Vorwort
Autoren
Gesamtinhaltsverzeichnis
Stichworte von A–Z
A
Abnahme
Abnahmebegriff
Ausdrückliche – formlose – Abnahme
Behördliche Abnahme
Fiktive Abnahme
Förmliche Abnahme
Konkludente Abnahme
Teilabnahme
Technische Abnahme
Abnahmebefugnis
Abnahme durch Architekt oder Sachverständigen
Abnahmeverweigerung
Abnahmewirkung
Ende des Erfüllungsstadiums
Übergang der Vergütungs- und Leistungsgefahr
Sonderregeln der VOB/B
Übergang der Beweislast
Beginn der Mängelgewährleistungsfrist
Beginn des Abrechnungsstadiums
Verlust von Vertragsstrafenansprüchen
Verlust von Gewährleistungsansprüchen
Abrechnung
Prüfbarkeit der Abrechnung
Frist zur Vorlage der Abrechnung
Rechnungsstellung durch den Auftraggeber
Abrechnung nach freier Kündigung
Besonderheit: gekündigter Pauschalpreisvertrag
Abschlagszahlung
Allgemeine Geschäftsbedingungen
Privilegierung der VOB/B als Ganzes
Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV)
Anfechtung der Abnahme
Anordnungen des Auftraggebers
Arbeiten an Bauwerken und anderen Werken als Bauwerken
Aufmaß
Auftragsänderung
Auftragsentzug
Auskunftsrecht
Ausschlusswirkung der Schlusszahlung
Voraussetzungen der Ausschlusswirkung
B
Bauzeitenplan
Bedarfspositionen
Bedenken
Behinderung der Ausführung
Behinderungsanzeige
Behinderungsschaden
Bestandteile des Vertrags
Besondere Leistungen
Besondere Vertragsbedingungen
D
Detailpauschalpreisvertrag
Direktzahlung
Druckzuschlag
Durchgriffsfälligkeit
E
Einheitspreis und Einheitspreisvertrag
Einwendungen gegen die Prüfbarkeit der Schlussrechnung
Einzelfristen
Ersatzvornahme
Eventualpositionen
F
Festpreisvertrag
Fälligkeit des Sicherheitseinbehalts
Fertigstellung
Freistellungsbescheinigung
Freie Kündigung
Fristverlängerung
Umstände aus dem Risikobereich des Auftraggebers
Streik und Aussperrung
Höhere Gewalt und unabwendbare Umstände
Berechnung der Frist
Fund
G
Gefahrtragung
Leistungsgefahr
Vergütungsgefahr
Generalunternehmer
Gesamtschuldner
Gewährleistung
Mangelbeseitigung (Nacherfüllung)
Minderung
Schadensersatz
Mangelbeseitigung vor Abnahme
Gewährleistungsfristen
Gewährleistungssicherheit
Gewährleistungsbürgschaft
Verjährung des Bürgschaftsanspruchs
Konsequenz
Globalpauschalpreisvertrag
H
Haftung
Hauptunternehmer
Hinterlegung von Geld
I
Inbenutzungnahme
Individualvereinbarung
Inhaltskontrolle
K
Kooperationspflicht
Koordinierungspflicht
Kündigung des Auftraggebers aus wichtigem Grund
Kündigungsgründe VOB/B-Vertrag
Kündigungsgründe BGB-Vertrag
Kündigungsfolgen
Kündigung durch den Auftragnehmer
Kündigung wegen fehlender Mitwirkung
Kündigung wegen Zahlungsverzug
Sonstige wichtige Gründe
Kündigungsfolgen
L
Leistungsänderung
Leistungsbeschreibung
Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis
Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm
Leistungsverweigerungsrecht
Leistungsverweigerungsrecht des Auftragnehmers
Leistungsverweigerungsrecht des Auftraggebers
Leistungsverzeichnis
M
Mangelbegriff
Mehrkosten
Mehrvergütung
Anordnungen, mit denen die Grundlagen der Vertragspreise geändert werden
Anordnung zusätzlicher Leistungen
Ankündigung des Vergütungsanspruchs
Vereinbarung über die zusätzliche Vergütung
Berechnung der zusätzlichen Vergütung
Mengenmehrung
Mengenminderung
Minderkosten
Minderung
N
Nacherfüllungsanspruch des Auftraggebers
Nacherfüllungsanspruch des Auftragnehmers
Nebenleistungen
Nutzung von Einrichtungen
O
Ordnung auf der Baustelle
P
Pauschalpreisvertrag
Privilegierung der VOB/B als Ganzes
R
Regeln der Technik
S
Schlussrechnung
Bindungswirkung der Schlussrechnung
Prüfung der Schlussrechnung
Frist zur Einreichung
Erstellung durch den Auftraggeber
Fälligkeit und Verzug
Leistungsverweigerung bei Zahlungsverzug
Direktzahlung
Schlusszahlung
Unbestrittenes Guthaben
Vorbehaltlose Annahme
Früher gestellte Forderungen
Vorbehalt gegen die Schlusszahlung
Sicherheit nach § 650f BGB
Höhe der Sicherheit
Durchsetzung der Sicherheit und Folgen bei Nichterbringung
Sperrkonto
Stundenlohnarbeiten
Stundenlohnvereinbarung
Anzeige von Stundenlohnarbeiten
Stundenlohnzettel
Stundenlohnrechnungen
Schutzpflicht
Symptomrechtsprechung
T
Teilabnahme
Teilkündigung
Außerordentliche Teilkündigung
Freie Teilkündigung
U
Überlassungspflicht
Überwachungsrecht des Auftraggebers
Zutrittsrecht
Einsichtsrecht
Auskunftsrecht
Unmöglichkeit der Mangelbeseitigung
Berechnung der Minderung
Unterbrechung der Ausführung
Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigung
Unzumutbarkeit der Mangelbeseitigung
V
Verlängerung von Vertragsfristen
Vertragsfristen
Einzelfristen
Ausführungsfristen
Vertragswidrige Baustoffe und Bauteile
Verzug mit der Abnahme
Verzug mit der Fertigstellung
Z
Zurückbehaltungsrecht
Zusätzliche Leistungen
Zustandsfeststellung
Zutrittsrecht des Auftraggebers
Zwischenfristen
Anhang
VOB/B 2019
BGB-Werkvertragsrecht 2018
Stichwortverzeichnis



Die Abnahme ist die körperliche Hinnahme des Werks als im Wesentlichen mangelfrei. Es handelt sich hierbei um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung und ferner um eine vertragliche Hauptpflicht des Auftraggebers, neben der Zahlung des Werklohns. Die Abnahme ist auch Voraussetzung für die Fälligkeit des Werklohns und für den Beginn der Mängelgewährleistungsfrist {Mängelgewährleistungsfrist, Beginn der}. Ferner ist sie für den Übergang der Leistungs- und Vergütungsgefahr relevant. Der Auftraggeber muss – wenn die Abnahmevoraussetzungen vorliegen – das Werk abnehmen. Verweigert er die Abnahme zu Unrecht und liegen weitere Voraussetzungen vor, kann die Abnahme auch ohne eine Erklärung des Auftraggebers eintreten. Die Abnahme ist in § 640 BGB geregelt, in der VOB/B in § 12 VOB/B. Zu den einzelnen Begriffen sowie Voraussetzungen im Folgenden mehr.

Abnahme ist ein Begriff, der sehr vielseitig verwendet wird. So gibt es beispielsweise die technische Abnahme durch den TÜV, die Rohbauabnahme durch das Bauordnungsamt, die behördliche Schlussabnahme usw. An dieser Stelle soll zunächst einmal auf die rechtsgeschäftliche Abnahme zwischen dem jeweiligen Auftraggeber und dem Auftragnehmer eingegangen werden. Geregelt ist diese in § 640 BGB sowie § 12 VOB/B. Auf die Änderungen, die § 640 BGB im Rahmen des neuen Bauvertragsrechts zum 01.01.2018 erfahren hat, wird im Folgenden noch eingegangen.
Die rechtsgeschäftliche Abnahme {Abnahme, rechtsgeschäftliche} stellt die Billigung des Werks durch den Auftraggeber als der Hauptsache nach vertragsgemäße Leistungserfüllung dar. Beim Bauvertrag nach VOB/B und BGB muss der Auftragnehmer dem Auftraggeber die Bauleistungen als im Wesentlichen fertiggestellt überlassen, und der Auftraggeber muss sie als vertragsgemäße Leistung anerkennen. Dies bedeutet: Die Leistung muss nicht zwingend vollständig fertiggestellt sein, aber im Wesentlichen. Sie muss im Wesentlichen mangelfrei sein, d. h., der bestimmungsgemäße Gebrauch {Gebrauch, bestimmungsgemäßer} muss im Wesentlichen gegeben und möglich sein.
Auch bei einem gekündigten Bauvertrag – dies ergibt sich aus § 8 Abs. 7 VOB/B – hat der Auftragnehmer das Recht, die Abnahme der bis zur Kündigung erbrachten Leistungen zu verlangen. Die Rechtsprechung vertritt hierzu, dass sich aus § 641 Abs. 1 BGB (durch das neue Bauvertragsrecht unangetastet geblieben) ergibt, dass auch für die Fälle des gekündigten Bauvertrags die Fälligkeit des Werklohns eine vorherige Abnahme der erbrachten Leistungen voraussetzt. (vgl. BGH BauR 2006, 1294). Das bedeutet, dass diejenigen Leistungen, die bis zum Kündigungszeitpunkt erbracht wurden, abnahmereif, d. h. im Wesentlichen mangelfrei sein müssen. Eine vollständige Leistung kann – logischerweise – nicht Abnahmevoraussetzung sein. Dies ist derzeit noch ständige Rechtsprechung des BGH. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass der BGH von der Notwendigkeit einer Abnahme beim gekündigten Bauvertrag als Fälligkeitsvoraussetzung (hierzu später) abrückt.
Einen Sonderfall stellt die außerordentliche Kündigung {Kündigung, außerordentliche} wegen mangelhafter Leistungen dar: Der Auftraggeber ist in diesem Fall nicht zu Abnahme der mangelhaften Leistung verpflichtet. Die Fälligkeit des Werklohns ist dennoch gegeben – jedenfalls in der Höhe des Werts der Leistung –, da dem Auftragnehmer ja kein Recht mehr zusteht, die Abnahmereife durch Mangelbeseitigung herbeizuführen (vgl. BGH BauR 2006, 1294, 1296).
Da die Abnahme von grundsätzlicher Bedeutung ist – siehe Abnahmewirkungen –, empfiehlt es sich, die Abnahme gewissenhaft vorzubereiten und durchzuführen. Sie sollte – auch wenn die förmliche Abnahme nicht notwendig ist (hierzu später) – schriftlich dokumentiert werden. Besonders unter Nachweisgesichtspunkten ist dies zu empfehlen, da es insbesondere bei späterem Streit problematisch werden kann.
Es ist darauf zu achten, dass zur Durchführung der Abnahme im Grundsatz nur der Auftraggeber berechtigt ist (siehe hierzu auch

Auch sollten die Unterlagen, die der Auftragnehmer dem Auftraggeber bei der Abnahme vorzulegen hat, vollständig sein. In der Praxis sind fehlende Unterlagen ein häufiger Grund für eine Abnahmeverweigerung (Beispiel: Dokumentationsunterlagen).

{Abnahme, ausdrückliche}
VOB/B-Vertrag
Hierfür enthält § 12 Abs. 1 VOB/B eine Regelung. Demnach ist der Auftraggeber verpflichtet, nach Fertigstellung des Werks auf Verlangen des Auftragnehmers binnen zwölf Werktagen eine formlose Abnahme zu erklären. Da bei der formlosen Abnahme kein Abnahmeprotokoll {Abnahmeprotokoll} gefertigt wird – sie ist ja schließlich formlos –, bestehen allerdings Nachweisprobleme hinsichtlich während der Abnahme des Werks gemachter Mangelvorbehalte. Es ist also immer zu empfehlen, ein schriftliches Abnahmeprotokoll zu fertigen. Es gilt: Wer schreibt, der bleibt!
BGB-Vertrag
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch § 644 Abs. 1 BGB. Kommt der Auftraggeber seiner Pflicht zur Abnahme – Hauptpflicht des Auftraggebers – nicht nach, gerät er in Gläubigerverzug. Dies hat zur Folge, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung des Werks auf den Gläubiger übergeht. Die Vorschrift des § 644 BGB ist durch das neue Bauvertragsrecht, welches zum 01.01.2018 in Kraft getreten ist, unangetastet geblieben.

{Abnahme, behördliche}
Die behördliche Abnahme ist nicht mit der rechtsgeschäftlichen Abnahme zu verwechseln, sie ist von ihr unabhängig. Bei der behördlichen Abnahme geht es einzig und allein darum, ob das Bauvorhaben mit den öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften in Einklang steht. Sie führt gerade nicht dazu, dass zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer irgendwelche Abnahmewirkungen eintreten. Sie wird auch nicht vom Auftraggeber, sondern von der zuständigen Behörde vorgenommen. Oftmals herrscht in der Praxis die Ansicht, die behördliche Abnahme führe dazu, dass im Verhältnis Auftraggeber zu Auftragnehmer das Werk ebenfalls mangelfrei abgenommen werden müsse bzw. als mangelfrei zu betrachten sei. Es können ja keine Mängel gegeben sein, da die Behörde ja abgenommen hat.
Dies ist jedoch nicht der Fall. Die anerkannten Regeln der Technik {Anerkannte Regeln der Technik} werden von der Baubehörde nicht geprüft. Es geht bei der behördlichen Abnahme lediglich darum, die Vereinbarkeit mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu überprüfen. Die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften schließt jedoch das Vorliegen anderer – gravierender – Mängel nicht aus.
Wird allerdings eine vorgeschriebene behördliche Abnahme nicht durchgeführt, kann dies einen wesentlichen Mangel des Werks darstellen, der zu Recht zur Abnahmeverweigerung des Auftraggebers führen kann.
Die Notwendigkeit einer behördlichen Abnahme richtet sich nach den jeweiligen Vorschriften der Landesbauordnungen – also nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften.
Um Missverständnissen oder Problemen vorzubeugen, sollte der Auftragnehmer bereits im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung prüfen, welche behördlichen Abnahmen vorgeschrieben sind bzw. durchgeführt werden müssen. Sonst besteht die Gefahr, dass behördliche Abnahmen zur Fälligkeitsvoraussetzung {Fälligkeitsvoraussetzung} in den jeweiligen Bauverträgen gemacht werden, die von den Behörden im Nachhinein gar nicht durchgeführt werden. Streit ist vorprogrammiert, insbesondere wenn sich während der Bauphase das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer verschlechtert.

{Abnahme, fiktive}
Die fiktive Abnahme ist in der VOB in § 12 Abs. 5 VOB/B geregelt. Gemäß § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B ist die Abnahme erfolgt, wenn keine Abnahme verlangt wird und zwölf Werktage nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung abgelaufen sind. Es muss also eine abnahmereife, fertiggestellte Leistung {Leistung, abnahmereife} gegeben sein, die Fertigstellung {Fertigstellung} muss schriftlich angezeigt sein, und es darf kein ausdrückliches Verlangen nach einer Abnahme i. S. v. § 12 Abs. 1 VOB gegeben haben. Die Zusendung der Schlussrechnung kann als konkludente Fertigstellungsmitteilung {Fertigstellungsmitteilung} angesehen werden (vgl. OLG Düsseldorf, BauR 1997, 842; BauR 2011, 118).