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Trotz der Versprechen unterbrach Bob Faw mich mitten in meinem nervösen Geplapper darüber, warum die Kommunikation zwischen Mensch und Tier funktioniert, was elektromagnetische Energie ist und wie sie zwischen Lebewesen ausgetauscht wird, um in Frequenzmuster umgewandelt und ähnlich wie Morsecodes „gelesen“ zu werden.
„Sie können Fotografien lesen, nicht wahr?“, fragte er mich plötzlich.
„Was?“
„Ihre Kräfte funktionieren auch bei Fotos, stimmtʼs?“
„Äh ... hm ... ja, na ja, schon, aber -“
„Was sehen Sie dann auf diesem Foto hier?“ Er zog ein Bild aus seiner Brusttasche und klatschte es vor meiner Nase auf den Couchtisch. Aua. Der Schlag unter die Gürtellinie. Ich geriet für einen Augenblick aus dem Gleichgewicht und erklärte, dass ich kurz im Stillen meditieren müsste und nicht darauf vorbereitet war, mich live unter Druck und vor laufender Kamera auf ein Foto einzustellen. Dann machte ich den größten Fehler meines Lebens - und bereue ihn bis heute. Ich bat sie, die Kamera auszuschalten. Sie wurde abgestellt, und ich saß still da und schaute in die Augen der süßesten Mopsdame, die ich je gesehen hatte.
„Das ist meine Hündin“, sagte er. „Welche Informationen erhalten Sie von ihr?“ Es war so still im Raum, dass man den Schluckauf einer Fliege hätte hören können. Drei meiner Workshop-Organisatorinnen saßen abseits der Kamera um mich herum, verfolgten das Interview und ermutigten mich schweigend. Ich spürte, wie sie den Atem anhielten, und ich hörte, wie sie in Gedanken für mich beteten. Alle drei Frauen klammerten sich wie erstarrt an ihren Stuhl; in ihren Augen spiegelten sich der blanke Horror und zugleich Hoffnung. In der Grabesstille des Raums betete ich, dass ich mit dieser wundervollen Hündin in Verbindung treten könnte. Ich liebe Möpse. Ich muss immer darüber lachen, dass Mutter Natur ihnen genug Haut für zwei Hunde mitgegeben hat. Warum haben Möpse nur so viele Falten? Wofür soll ihre runzlige Haut gut sein? Und dann ihre Persönlichkeit! Ich liebe Möpse einfach. Und sie spürte das sofort! Ich spürte, wie sich der fröhliche Geist der Hündin mir zuwandte und sich mit meinem eigenen Geist verband. Sie hatte eine so freche und mütterliche Persönlichkeit und ein so sonniges Gemüt, dass ich mich ein bisschen entspannte und lächelte.
„Ich komm ja schon!“, sagte sie. Gleich darauf sah ich, wie sie mit schmerzenden Knochen eine Treppe im Haus hinunterhumpelte. Sie wollte in eine Küche mit roten Terrakottafliesen gehen. Ihr Rücken und die Hüften knarrten und taten ihr beim Treppenlaufen weh, doch ihre Stimmung war nichtsdestotrotz heiter.
„Weswegen bist du so aufgekratzt?“, fragte ich sie.
„Ich kann es kaum erwarten, das neue Baby zu sehen!“
Ich sagte Bob, dass sie Schmerzen im unteren Rücken und den Hüften hatte, doch das ließ er nicht gelten. Er meinte nur, dass den meisten Hunden in ihrem Alter der Rücken und die Hüften wehtun. Ich sagte ihm, dass sie die Küche mit dem roten Terrakottaboden besonders mochte, und er bestätigte, dass der Küchenboden in ihrem Lieblingshaus aus roten Terrakottafliesen bestand und dass es im Haus seiner Tochter, in das sie gerne zu Besuch kam, eine Treppe gab.
„Sag ihm, dass um Weihnachten herum ein kleines blondes Mädchen geboren wird! Ich liebe dieses kleine blonde Baby! Es wird meine Aufgabe sein, auf das kleine Mädchen aufzupassen!“
Ich sah die Weihnachtsdekorationen im Haus und spulte in die Zukunft vor, bis ich ein blondes Kleinkind sah, das unter dem Weihnachtsbaum mit dem Hund spielte. Der Mops strich um das süße kleine Mädchen herum, während es seine Weihnachtsgeschenke auspackte. Als ich diese Details an Bob weitergab, wirkte er verblüfft. Dann wurde er blass. Er fixierte mich mit den Augen, doch sein Mund war grimmig.
„Frage sie nach ihrer Lieblingsperson“, forderte er mich leise auf. Stumm fragte ich die Hündin auf dem Foto: „Wen liebst du außer Bob am meisten?“
„Rachel. Sag ihm, dass ich die meiste Zeit mit Rachel verbringe.“ Als ich die Information an ihn weitergab, entspannte sich sein Pokergesicht endlich wieder.
„Meine Großmutter hieß Rachel!“, stieß er erregt aus. Sofort darauf fing er damit an, die Information zu relativieren. „Aber viele Leute haben Großmütter, die Rachel heißen, oder zumindest ein Familienmitglied namens Rachel.“ Ich ergriff die Chance des Augenblicks und sah meine Seminarorganisatorinnen an, die mit besorgtem Blick um mich herumsaßen. Jamie organisierte meine Kurse in Boston, Connie war für Südflorida zuständig und Beth arbeitete in Tennessee für mich. Zufälligerweise waren zwei der drei Frauen Jüdinnen. Dadurch war die Chance, dass eine von ihnen eine Großmutter namens Rachel hatte, größer, da Rachel ein beliebter jüdischer Vorname ist.
„Jamie, heißt deine Großmutter auch Rachel?“ Sprachlos schüttelte sie den Kopf.
„Connie, heißt deine Großmutter zufällig Rachel?“
„Nein“, krächzte sie aufgeregt.
„Beth?“
„Nee.“ Sie schüttelte nervös den Kopf.
„Es sieht so aus, als wäre Ihre Großmutter die einzige Rachel“, sagte ich und gab die Regie wieder an ihn zurück.
„Sie sagt, sie liebt Ihre Großmutter mehr als sonst irgendjemanden auf der Welt - außer Ihnen - und verbringt viel Zeit auf ihrem Schoß.“
„Aber das ist unmöglich, weil meine Großmutter vor einiger Zeit starb, und es macht keinen Sinn, dass die Hündin noch im Haus ist, weil sie -„- tot ist!“ Wir sagten es einstimmig. Er war verblüfft. Ich war es nicht. Dann erzählte er mir, dass eine Tochter schwanger sei und dass der Geburtstermin für das Baby um Weihnachten herum war. Sieben Monate später ließ mich der Fernsehproduzent per E-Mail wissen, dass Bob Faws Tochter an Weihnachten ein süßes blondes Mädchen zur Welt gebracht hatte.
Leider sendete NBC Nightly News die Doku, die sie im Tierschutzpark gedreht hatten, nie. Genau zu dem Zeitpunkt, an dem sie ausgestrahlt werden sollte, brach der Irakkrieg aus, und daher wurden im Fernsehen monatelang nur noch Berichte über Gewalt und Chaos gezeigt. Ich bat den Sender immer wieder, die Doku zu senden, doch er konnte sie nie im Programm unterbringen, und so wurde der Film eingemottet. Ich habe keine Ahnung, ob er immer noch irgendwo in einer Filmdose Staub ansammelt. Es war jedoch das erste und das letzte Mal, dass Amerika die Scheinwerfer auf einen sterbenden Tiger richtete, der per Gedankenübertragung der Menschheit seinen letzten Willen mitteilte, oder auf eine tote Mopsdame, die den Namen der Großmutter nannte und das Geschlecht eines ungeborenen Kindes voraussagte.
Bis jetzt. Ich finde, es ist an der Zeit, all das zu ändern.
Vielleicht war Amerika damals, als das Interview 2002 gedreht wurde, noch nicht bereit, eine Schamanin zu akzeptieren, die mit Tieren sprechen kann, und noch viel weniger bereit, meinen Rat über Güte, die Erneuerung der Naturverbundenheit, das Leben nach dem Tod und die Möglichkeiten des magischen Erwachens in den Köpfen einer menschlichen Rasse, die sich ständig weiterentwickelt, zu befolgen. Aber dieser Zeitpunkt ist nun da - jetzt oder nie. Rajah starb noch im selben Jahr. Er unterlag am Ende dem Krebs. Seine Geschichte blieb ungehört. Doch ich habe ihm ein Versprechen gegeben, und ich habe vor, es einzuhalten. Begleiten Sie mich bei meinen Bemühungen.
Die goldene Tigerin wird geboren
Manche von Ihnen kennen sicher die beliebte amerikanische Fernsehserie The Golden Girls, in der vier lebenslustige ältere Frauen uns allen zeigen, wie man mit neuer Würde und Weisheit und viel Humor die „goldenen Jahre“ meistert. Die frechste der vier tollen Weiber war eine heiße Sexbombe aus den Südstaaten. In der Serie heißt sie Blanche, doch für mich blieb sie immer meine Tante Rue. Nun, da Rue McClanahan dem Himmel die Hölle heiß macht, kann ich endlich ein Geheimnis verraten, das ich zu ihren Lebzeiten für mich behalten musste.
Als ich mit neunzehn gerade nach Los Angeles gezogen war, wohnte ich bei meiner tollen, warmherzigen, tierliebenden Tante. Sie nahm mich in ihrem großen Haus in den Hollywood Hills auf, das südlich des Ventura Boulevards und nur einen Steinwurf von den Universal Studios entfernt lag. Dort lebte ich ein seliges Jahr lang. Zwei Wochen, nachdem ich in Los Angeles aus dem Bus gestiegen war, um mein ödes Collegeleben in Oklahoma (woher Rue und meine ganze Familie stammen) hinter mir zu lassen, landete ich die Hauptrolle im Video der Stray Cats mit dem Titel Sexy and 17. Das führte zu einer Glamourkarriere als professionelle Jazztänzerin. In den ersten Jahren in Hollywood hatte ich das Privileg, Backup-Tänzerin bei Rock-Videos von Smokey Robinson, Cher, Sheena Easton, den Four Tops, Mary Wells, Ray Charles und El DeBarge zu sein. Ich trat in Breakdance-Filmen, wie zum Beispiel Breakinʼ 2: Electric Bugaloo und Girls Just Want to Have Fun sowie in Fernsehshows wie The Motown Revue Starring Smokey Robinson, Fame und Dirty Dancing auf. Ich wurde sogar von einem Auftritt von Donna Summer zum nächsten im Helikopter geflogen. Eine der beiden Backup-Tänzerinnen von Donna zu sein gehörte zu den Highlights meiner Tanzkarriere. Dafür ging ich auf eine Reihe berauschender Konzerttourneen mit ihr.
Doch selbst als ich zu „Bad Girls“ tanzte, war mir noch nicht klar, wie weit die Persönlichkeit des „schlimmen Mädchens“ mich bringen würde. In diesem ersten Sommer in L. A. hatte ich auch damit begonnen, Schauspielunterricht zu nehmen, ohne zu ahnen, dass diese mickerigen paar Stunden mir eine Karriere als Königin des Horrors - und dazu noch einer ziemlich skandalösen - einbringen würden. In meiner Trilogie der Kult-Horrorfilme erschuf ich eine Figur namens Angela, des ersten weiblichen Monsters Hollywoods, einer buchstäblichen Tigerzicke-aus-der-Hölle. Viele meiner Fans haben sie als Tattoos auf ihrem Körper verewigt. Doch noch lange bevor Teufelszungen mit Ananasgeschmack, Fangzähne und Kirschblut meinen jungen Mund ausfüllten, machte ich meinen großen Plappermund auf eine Weise auf, die weitaus mehr Geschichte schrieb als meine kurze Karriere als Horrorfilmstar.
Ich werde Ihnen zwei Geheimnisse über meine Tante Rue verraten, die noch keiner je zu hören bekommen hat. Bei beiden spielen Tiger eine Rolle. Und hier ist das Tigerseelengeheimnis Nummer eins:
Eines Abends kam Rue, kurz nachdem sie ihre schweinisch gute Rolle als eines der Golden Girls bekommen hatte, bedrückt vom Filmset nach Hause. In den ersten Probewochen versuchten die Regisseure, aus Betty White und Rue zwei doofe Blondinen zu machen. Bettys Rolle als blondes Dummchen war in Jahren meisterhafter blonder Doofheit in beliebten Comedy-Serien längst perfektioniert worden. Dafür war Betty berühmt. Jeder Versuch, in dieser Rolle mit ihr zu konkurrieren, war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die Golden Girls brauchten nicht zwei blonde Dummchen, und Rue wusste noch nicht, wie sie ihrer Filmrolle das gewisse Extra geben sollte. Ich hatte sie noch nie wegen einer Rolle weinen sehen.
Eines Nachts saßen wir in ihrer Küche und tranken eine Flasche Sekt. Damals war ich neunzehn. Zu diesem Zeitpunkt war Rue schon ein etablierter Fernsehstar, weil sie zehn Jahre lang überaus erfolgreich bei Maude mitgemacht hatte, wo sie tatsächlich einen etwas naiven, doch liebenswerten und unvergesslichen Filmcharakter gespielt hatte. Doch diese Figur würde auf Bettys Territorium nicht funktionieren. Ich hatte gerade meine Karriere als Video-Vamp gestartet. Sexy and 17 brachte mir viele Auftritte in landesweiten Talkshows ein und katapultierte mich aufs Titelblatt der Zeitschrift Life, die mich als eines der „Gesichter des Jahres 1983“ kürte. Ich befürchte jedoch, dass - wie bei den meisten weiblichen Rockvideostars - es nicht mein Gesicht war, was die größte Aufmerksamkeit bekam. Ich war mit meiner inneren Tigerin vertraut, die zu diesem Zeitpunkt schon mein stärkstes Verkaufsargument geworden war. Rues Rolle als Vivian in Maude hatte schon den leichten Hauch einer liebenswerten Schlampe. Ich erinnere mich an eine Episode, in der Bea Arthur an die Tür ihrer Nachbarin Vivian klopft und diese nur in Frischhaltefolie gewickelt vorfindet.
Schließlich hatte ich ihr Gejammer satt. „Gib mir mal das Skript!“, forderte ich sie auf. Dann sah ich mir ihren Text näher an und sagte: „Tante Rue, ich will, dass du diese Zeilen so liest, als hätte dein Slip Feuer gefangen!“
Sie gehorchte und las die völlig humorlosen Zeilen wie eine fauchende Tigerin. Plötzlich wurde alles, was kein bisschen lustig geklungen hatte, umwerfend komisch. Sie fing an, den Filmcharakter der Tigerin auf Beutejagd mit zischenden sexuellen Andeutungen im Dialekt der Südstaaten zu entwickeln. An einer Stelle im Drehbuch, an der es an der Haustür klingelt, zischte Rue nun: „Iss das der Postbote? Ich komm ja schon!“ Als ein dumpfer Schlag an der Hauswand zu hören war, sagte sie gedehnt: „Iss das der Zeitungsjunge? Lasst mich mal machen!“ Jede ihrer Textzeilen war jetzt mit einem frechen Augenzwinkern, einem Schmollmund oder einem Grinsen gepfeffert. Von den Sektperlen berauscht, saßen wir auf dem Küchenboden, platzten laut heraus und kicherten bis spät in die Nacht. Und so wurde das geile, freche, alte Mädel Blanche geboren.
Rue brachte diese neue Filmfigur am nächsten Tag mit ans Filmset und verwandelte jede ihrer Textstellen in eine umwerfend komische sexuelle Anspielung. Das gesamte Filmteam wand sich vor Lachen. Als sie am Abend von der Arbeit nach Hause kam, erzählte sie mir, dass einer der Regisseure sich vor Lachen tatsächlich den Bauch gehalten hatte. Rue erhielt einen Emmy, nachdem sie die köstlich dekadente Figur der Blanche Devereaux entwickelt hatte, die noch heute von Transvestiten auf der ganzen Welt an Halloween nachgespielt wird.
Und wer hatte die Figur erfunden? Ich! Ich stecke mir schamlos die Feder für die Geburt der Blanche an, auch wenn ich meinen eigenen frechen Tigercharakter erst vier Jahre später realisierte, als ich anfing, in einer Serie aus Horrorfilmen zu spielen und eine Hauptrolle in der Serie Schatten der Leidenschaft landete, worin ich fünf Monate lang eine Filmfigur namens Vivian spielte. Ich bekam immer die Rolle des männermordenden Biests. Nennen Sie es einfach klassische Schauspielerei.
Doch damals wusste ich noch nicht, dass die Verwandlung meiner Tante in eine wilde Tigerin nicht nur für ihre Schauspielerkarriere förderlich sein würde, sondern ihr eines Tages sogar das Leben retten würde.
Nur wenige Jahre, bevor Rue starb, veröffentlichte sie ihre Memoiren My First Five Husbands ... and the Ones Who Got Away (Meine ersten fünf Ehemänner ... und die, die davonkamen). In ihren letzten zwanzig Jahren hatte ich die Männer kommen und gehen sehen. Einen von ihnen heiratete sie sogar zweimal. Zählt das als ein Ehemann oder zwei? Doch aus meiner Sicht gab es nur einen wahren Seelengefährten in ihrem Leben.
Er hieß Buster - und war ein Maine-Coon-Kater, der ihr Bett teilte und ihr nie von der Seite wich, ganz egal, was in ihrem Leben gerade schieflief. Buster war ihr Gefährte, ihr Tröster, ihre Liebe, ihre Kraft, ihre Beständigkeit, ihre Oase des Friedens und der Treue. Er war das einzige männliche Wesen in ihrem Leben, das sie bedingungslos liebte, sie nie verließ und sie bei der Scheidung auch nicht um die Hälfte ihres Einkommens brachte. Er schlief jede Nacht des Jahres, in dem ich bei Tante Rue wohnte, neben ihrem rechten Ohr auf dem Kopfkissen und leckte ihr die Tränen von den Wangen, wenn ein Mann nach dem anderen ihr das Herz brach. Buster schnurrte sie in den Schlaf und war der Beweis dafür, dass es einen Mann auf Erden gab, der all ihre Bedürfnisse erfüllte, ihre Gefühlsturbulenzen aushielt und sie anbetete, während er ihr in guten wie in schlechten Zeiten die Treue hielt.
Eines Tages erwähnte sie beiläufig, dass Buster jeden Abend auf ihrem Kopf masturbierte. Ich war geschockt! Wie um alles in der Welt sie das zulassen konnte, fragte ich sie.
Sie sagte: „Was sollʼs? Er lässt mich erst dann schlafen, wenn er mit meinem Ohr fertig ist!“
Rue hat Buster vielleicht nicht als ihren Seelengefährten betrachtet, aber anscheinend hat Buster Rue als seine Seelengefährtin angesehen. Offensichtlich hatte er einen besseren Geschmack, was Frauen betraf, als sie, was Männer betraf. So unterhaltsam My First Five Husbands auch war, bekam es keine besonders guten Kritiken. Vielleicht wäre ihre Chance, auf der Bestsellerliste der New York Times zu landen, größer gewesen, wenn sie ein Buch mit dem Titel Meine ersten fünf Kater geschrieben hätte.
Rue hat in ihrem Leben wohl nie eine Traumehe erreicht, doch sie war eindeutig gut darin, die treuesten und sexiesten Kater anzuziehen. Kann es sein, dass die Sicherheit und ewige Liebe, die wir unser Leben lang suchen, sich die ganze Zeit über direkt vor unserer Nase befindet?
Tierische Seelengefährten
Ich unterrichte seit fünfzehn Jahren - nachdem mein erstes Buch Tierisch gute Gespräche: Lerne, mit Tieren zu sprechen - sie antworten dir veröffentlicht wurde - auf der ganzen Welt Tierkommunikations-Workshops. Meine Schüler in neunundzwanzig Ländern - und noch vielen weiteren Ländern, wenn man meine E-Mail-Fans dazuzählt - haben mir ihre heiligsten Geheimnisse anvertraut, und die gleichen Geschichten höre ich sogar von den entferntesten Ecken der Erde: Und zwar dass das Lebewesen, das ihnen Trost, Zuneigung, Gelächter, Weisheit, Kraft und beständige Liebe geschenkt hat, nicht in einem geliehenen Smoking oder einem überteuerten Hochzeitskleid daherkam. Die Träger der Freude, der Hoffnung und des Lichts schlichen oder galoppierten, tänzelten oder flogen selbst in das mutloseste Herz und brachten das größte Geschenk mit, das ein Seelengefährte je machen kann: bedingungslose Liebe.
Sie brauchen nicht über Liebe zu reden. Sie verkörpern sie. Sie brauchen keine leeren Versprechen zu machen, dass sie uns in guten wie in schlechten Zeiten lieben werden. Sie tun es schon. Sie müssen nicht sagen, dass sie uns in Krankheit und im Tod beistehen werden. Sie tun es längst. Sie sind die Gefährten unserer Seele: die, die uns auch dann lieben, wenn wir verkatert, übergewichtig und deprimiert sind, die, die uns verzweifelt, pleite und geschlagen erleben und uns trotzdem aufheitern, die, die uns die Tränen ablecken, selbst wenn uns alle Menschen, die wir kennen, verlassen haben, die, die unser Wecker, unsere Fitnesstrainer, Zen-Meditationslehrmeister, Clowns, spirituellen Berater, Krankenschwestern, Tanzpartner, Kopfkissen, Fußschemel, Psychiater und Vertrauten sind - die mit den Pfoten, Hufen oder Flügeln.
Manche meiner Seelengefährten haben Streifen und große Fangzähne; andere haben Rüssel, Flossen und ein breites Lächeln. Und wiederum andere haben keine Beine und spucken sogar tödliches Gift. Aber jedem das Seine, würde ich mal sagen.
Vielleicht haben Sie nicht Zugang zu wilden Tieren wie ich, aber ich wette, Sie haben zu Hause ein kleines wildes Wesen, und auch wenn Ihr Hund oder Ihre Katze nicht unbedingt ein Gorilla oder ein großer weißer Hai ist (obwohl ich ein paar Chihuahuas begegnet bin, die sich so aufführten, als wären sie wilde Bestien!), ist dieses Haustier trotzdem Ihre Verbindung zur realen Natur. Die Essenz der Wildnis steckt in jedem Gramm Ihrer Katze, Ihres Hundes, Frettchens oder Papageien, und mit Sicherheit in Ihrem Pferd. Wenn es jemanden in Ihrem Leben gibt, der mit glänzenden Augen zu Ihnen aufsieht, der darauf wartet, Sie mit pelzigen Küssen zu überhäufen, der immer zu einer Knuddelpause auf dem Sofa oder einem Spaziergang im Park bereit ist, der Sie mit einem glücklichen Schwanzwedeln begrüßt und der Ihnen beibringt, wie man völlig in der Gegenwart lebt und sich wieder ins Hier und Jetzt einklinkt - in den Augenblick, in dem wir wieder herausfinden, wie man vom Herzen und nicht vom Kopf her lebt -, dann wurde dieses Buch für dieses Tier geschrieben. Und für Sie. Wir sind da, um die Wildheit der Tiere zu erforschen und die wilde Seite in Ihnen wieder zum Leben zu erwecken.
Der Tempel der Lügen
Ich nehme Sie jetzt auf eine wilde Fahrt mit - also schnallen Sie sich gut an. Meine Einführung ins Innere der Korruption der Dritten Welt erfolgte durch eine Animal-Planet-Doku, die ich auf dem Flug von London nach Los Angeles sah. Es handelte sich um den ersten Teil von Tiger Temple aus dem Jahr 2004. Im Film wurde ein buddhistischer Mönch gezeigt, der einen riesigen Tiger streichelte, während nur wenige Meter vom Gesicht des Tigers entfernt kleine Beutetiere umherhuschten. Der Berichterstatter fragte den Mönch, der der höchste Abt war, wie er die Tiger davon abhielt, die Beutetiere anzugreifen. Dieser antwortete: „Ich bringe ihnen die Grundsätze der liebevollen Güte bei. Ich sage: ‚Ihr Tiger wärt ohne liebevolle Güte auch nicht hier!‘“
Das musste ich mir unbedingt näher ansehen. In der Doku wurden fast dreißig prächtige Tiger gezeigt, die von den Mönchen gerettet oder auf ihrer Türschwelle in Thailand abgesetzt worden waren. Sagte jedenfalls der Mönch. Wer würde so etwas schon hinterfragen? Schließlich kam es direkt aus dem Mund des obersten Abts eines buddhistischen Klosters. In der westlichen Welt, in der ich aufgewachsen bin, habe ich Hochachtung vor solchen Titeln gelernt. Ich war sofort von ihm verzaubert.
Wie in Trance sparte ich Geld zusammen, heuerte ein Kamerateam an und überredete einen Mann, den ich schon immer angehimmelt hatte, mich einen Monat lang im „Tigertempel“ zu begleiten. Dort wollte ich den Mönchen beim Spendensammeln helfen, damit sie ihre „Tigerinsel“ verwirklichen konnten - ein riesiges traumhaftes Naturschutzgehege, in dem die Tiger ihre eigenen paradiesischen Inseln hätten und in dem sich jeweils zwei Tiger eine private Insel teilen würden. Doch noch während meiner Vorfreude auf die Reise - die, wie ich hoffte, die Reise meines Lebens werden würde - wachte ich immer wieder von lauten SOS-Rufen der Tempeltiger in meiner Wohnung in Hollywood auf. Während ich mit der flehenden Bitte der gefangenen Tiger, „so schnell wie möglich herzukommen“, überhäuft wurde, konnte ich es noch weniger erwarten, den Mönchen zu helfen, größere Gehege für die Tiger zu bauen. Während die Tiger - erschöpft, unter Schmerzen leidend, verwirrt, wütend und ungeduldig - zu mir durchdrangen, wurde mir klar, dass diese Touristenattraktion eine tickende Bombe war. Wenn einer der Tiger durchdrehte und einen Mönch oder Touristen angriff, wäre das das Ende des Tigertempels und würde womöglich allen Buddhisten in Thailand Schande bringen.
Mittlerweile waren einige der Tiger schon so erzürnt, dass ich es für dringend hielt, mir die Tiere näher anzusehen. Also fingen die Tiger an, morgens, mittags und abends mit mir Kontakt aufzunehmen. Sie weckten mich mit Albträumen über ihre engen Käfige auf. Ich war wie besessen. Ich hatte keine Ahnung, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Eine romantische Vorstellung erfüllte mich, die von den unwiderstehlichsten Bildern, die ich jemals im Internet gesehen hatte, angetrieben wurde - Bilder von seligen Touristen, die sich bücken, um erstaunlich zahme Tiger zu streicheln und sich mit ihnen fotografieren zu lassen. Schon bald würde ich dasselbe tun.
Per E-Mails teilten die Mönche mir noch vor meinem Abflug mit, dass der Tempel einen neuen Tierarzt für die Tiger bräuchte. Auf der Suche nach einem Tierarzt, der exotische Tiere und insbesondere große Wildkatzen versorgen könnte, schickte ich einen Hilferuf an meine Schüler in aller Welt. Es war zwar wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen, doch schließlich fand ich tatsächlich einen Tierarzt. Und nicht nur einen: Fünf meiner Schüler waren qualifiziert und bereit, nach Thailand zu fliegen, um die Mönche und ihre Tiger zu unterstützen. Selbst als der Tempel anfing, noch höhere Ansprüche zu stellen und zu fordern, dass der Tierarzt nicht nur Erfahrung mit wilden Tigern haben müsse, sondern auch sechs Monate seines Lebens ohne Honorar opfern sollte (Sie haben richtig gelesen: Er sollte seine Tierarztpraxis schließen, auf eigene Kosten nach Thailand fliegen und umsonst arbeiten!), fand ich den Richtigen für den Job. Und der Richtige war eine Frau. Eine meiner Schülerinnen entsprach allen Forderungen und war bereit, aus Hongkong hinzufliegen. Das war ein Wunder und eine göttliche Fügung. Ich war selig. Doch dann wurde ihre Bewerbung grundlos von den Mönchen abgelehnt.