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Die Wehmutter schüttelte besorgt den Kopf. Sie nahm Blitz das Kind aus dem Arm und legte es an Ilinias Seite. »Hier«, sagte sie. »das ist dein Kind. Füttere du es.«
»Aber …«
»Tut euch das nicht an. Handelt euch nicht eine Abfuhr nach der anderen ein, bis ihr zum Gespött von ganz Kirifas werdet«, riet die Frau. »Es gibt Kinder, denen fliegen die Herzen zu. Und es gibt Kinder, die werden vor allem und vielleicht sogar ausschließlich von ihren Eltern geliebt. Und manche Kinder liebt keiner, aber groß müssen sie trotzdem irgendwie werden. Und ich bringe sie alle auf die Welt, ohne Unterschiede zu machen. Kümmere dich um deinen Sohn und zeig ihn nicht herum. Vielleicht wird es besser.«
»Was sollte besser werden?«, fragte Blitz aufgebracht. »Mit meinem Sohn ist alles in Ordnung.«
»Nun ja, wir werden sehen.« Sie seufzte mitleidig. »Wir werden sehen.«
Ilinias und Blitz merkten rasch, dass es ein weiser Ratschlag gewesen war, das Kind nicht allen Leuten zu zeigen. Die Bewohner des Palastes waren neugierig, nachdem schon vorher so viel darüber geredet worden war. Die Kaiserin selbst kam, um Ilinias im Wochenbett zu besuchen.
»Oh«, entfuhr es ihr, nachdem sie den Kleinen gesehen hatte. Alle Lobesworte erstarben ihr auf der Zunge. Das Gerücht von der Hässlichkeit des Kindes machte bereits die Runde, aber niemand glaubte, dass es wirklich so schlimm war, bis er Sorayn selbst gesehen hatte. Schnell wandte Fanes sich Ilinias zu und fragte sie nach ihrem Befinden, und wie die Besucher vor ihr fand sie recht schnell wieder hinaus. Kurze Zeit danach ließ Blitz den Kaiser ins Zimmer.
Er beugte sich über die Wiege und betrachtete Sorayn, ohne eine Miene zu verziehen.
»Nun, Majestät?«, fragte Ilinias und verzog spöttisch das Gesicht. »Wie gefällt Euch mein Kind, auf dem Rins Segen ruht?«
Der Kaiser zögerte mit seiner Antwort.
Sie lachte leise. »Wunderbar und einzigartig, in der Tat.« Der außergewöhnliche Name ihres Sohnes kam ihr nun vor wie ein Hohn. »Der Einzigartige, ha! In ganz Kirifas, nein, im ganzen Kaiserreich«, sagte Ilinias laut, »gibt es wohl kein Kind, das so hässlich ist wie dieses. Es sieht gar nicht aus wie ein Kind. Es sieht aus wie eine Puppe, die ein ungeschickter Spielzeugmacher aus den Resten verschiedener kaputter Puppen zusammengebastelt hat. Von jener einen Arm, von einer anderen das Bein, von dieser den Kopf, aber natürlich nicht den ganzen. Nehmen wir von dieser hübschen Mädchenpuppe die schönen blauen Augen. Dort, jene mit dem Erwachsenengesicht, berauben wir ihrer Nase. Von jener nehmen wir die Ohren, und von der dort den Mund. Und das Kinn – ach, wozu brauchen wir ein Kinn? Das lassen wir gleich fort. Mit Haaren brauchen wir nicht geizig zu sein, reißen wir der schwarzen Katze dort einfach ein paar aus. So, fertig. Ein einzigartiges Kind. Sollten wir uns denn mit weniger zufrieden geben? Mit einem ganz gewöhnlichen Balg, das vielleicht sogar andere Leute niedlich finden könnten?«
Kanuna wandte sich zu ihr hin. »Ilinias …«
»Ja, Majestät?« Ihre blauen Augen funkelten ihn angriffslustig an.
»Ich hatte nicht vor, irgendetwas Schlechtes über dein Kind zu sagen.«
Betreten senkte sie den Blick. »Verzeiht, Majestät.«
»Ich weiß, das ist kein Trost«, sagte er, »aber immer wieder werden Kinder geboren, die anders sind, schwach und krank, und die nie so werden wie andere Menschen. Niemand weiß, warum Rin uns auch solche Kinder schickt. Niemand weiß, was daraus vielleicht noch Gutes entstehen könnte.«
»Habt Ihr auf seine Augen geachtet?«, fragte Blitz. »Er hat die gleichen Augen wie Ilinias, blau und schön.«
»Aber er macht sie kaum auf«, klagte Ilinias.
Das Kind lag in seiner Wiege und rührte sich nicht. Wenn es wach war, starrte es vor sich hin, ohne etwas zu sehen. Blitz kam es manchmal vor, als sei dieses Kind von seiner eigenen Geburt so überrascht worden, dass es erst einmal zu sich kommen musste. Das Kind. Sie nannten es alle »das Kind«, sie vermieden es, seinen Namen auszusprechen, als wäre sein Name eine Krone, die nicht zu diesem Kopf passte. Und wenn einer von ihnen es sagte – sie selbst oder ein Besucher –, erschraken sie alle gemeinsam über diesen Namen, in dem so viel Segen und Verheißung lagen. Sorayn, der Einzigartige.
Einmal, nachdem sie etwas länger geschlafen hatte und nicht schon nach zwei, drei Stunden von dem Kind geweckt wurde, erwachte Ilinias und es kam ihr vor, als sei dies alles nur ein Albtraum. Irgendwann würde sie erwachen, zu ihrem richtigen Leben, das irgendwo ohne sie stattfand, und würde feststellen, dass nichts von dem hier wirklich passiert war. Sie hatte kein Kind bekommen, das aussah wie ein groteskes Ungeheuer. Sie war immer noch schwanger und irgendwann würde ihr Sohn zur Welt kommen, klein und fein und niedlich, ein Junge, der aussah wie Blitz. Sie konnte sich vorstellen, dass es möglich war, ein Kind, das Blitz glich, innig zu lieben. Schwarzes Haar. Ein Kind, das lächeln konnte, ein Kind, über das sich die anderen Leute beugten und Ausrufe des Entzückens von sich gaben.
Sie merkte, dass Blitz wach war. Auch er horchte wohl darauf, dass der Kleine sich meldete. Diese Nacht war ungewöhnlich ruhig gewesen.
»Ilinias.« Er streckte die Hand aus und streichelte ihre Wange.
Es war ein herrlicher Traum: sich vorzustellen, dass es nur sie beide gab. Dass dieses Kind nicht zu ihnen gehörte, dass Rin ihnen gnädig gewesen war und ihnen ein anderes Kind geschenkt hatte, ein richtiges Kind.
»Es tut mir so leid«, flüsterte sie unter Tränen.
»Was?«, fragte er und blickte sie voller Zärtlichkeit an. Im Schein der kleinen Lampe sah er älter und gereifter aus, ein erwachsener Mann, aber sie fühlte sich wie ein kleines, verlorengegangenes Mädchen.
Sie wischte sich über die Augen. »Das«, flüsterte sie und wies in Richtung Wiege. »Ich wollte dich stolz machen. Ich wollte, dass du dich freust und es lieb hast, so wie du Manina lieb hast. Bitte, sei mir nicht böse, verachte mich nicht …«
»Was machst du dir nur für Gedanken?«, wunderte Blitz sich. »Ich habe ihn lieb, glaub mir. Das ist unser Sohn!«
Aber Ilinias weinte. »Ich wollte nie, dass es so wird, glaub mir …«
»Aber ich gebe dir doch nicht die Schuld! Kein Mensch gibt dir die Schuld daran!«
»Das stimmt nicht«, sagte sie. »Das stimmt nicht und du weißt das. Im Palast zerreißen sie sich das Maul darüber, wer wohl der Vater von diesem Monstrum ist. Hast du das wirklich nicht mitbekommen? Sie reden darüber, wer der hässlichste Mann von Kirifas ist. Manche haben sich sogar an diesen komischen Zwerg erinnert, und behaupten, er wäre der Vater!«
»Kroa?«, fragte Blitz verständnislos.
»Sie sagen, wenn ich immer nur dich angesehen hätte, müsste mein Kind so aussehen wie du. Und ich habe nur dich angesehen, wirklich! Ich habe nie auch nur an einen anderen Mann gedacht! Ach, Blitz … Sie sagen sogar, wenn eine Schwangere Hässliches denkt, dann kann ihr Kind davon hässlich werden.«
»Lass sie doch reden, sie haben keine Ahnung. Du bist so eine wundervolle Frau, Ilinias. Du hast bestimmt nie etwas Hässliches gedacht.«
»Doch.« Ihr Weinen wurde stärker. »Ich hab die ganze Zeit gedacht, dass ich dieses Kind eigentlich gar nicht möchte. Ich hab nur ans Kämpfen gedacht und daran, wie ich möglichst schnell wieder meine Übungen aufnehmen kann. Ich habe keine Socken gestrickt und mit Blümchen verziert oder was die anderen Frauen so machen, wenn sie schwanger sind. Ich wollte kein Kind und deshalb ist es auch kein richtiges Kind geworden, sondern so ein schreckliches Ding.«
»Du bist nicht schuld.« Er nahm sie in den Arm und wiegte sie sanft hin und her. »Lass dir das von niemandem einreden.«
»Es tut mir so leid.«
»Oh meine Liebe, weine nicht.«
Schon lange hatten sie einander nicht mehr innig umarmt, nicht wie Liebende miteinander geflüstert. Seit sie in Kirifas waren, war ihnen auch ein guter Teil der Leidenschaft verloren gegangen, die sie auf ihrer Flucht vor Zukata empfunden hatten, angefacht von Gefahr und Wagnis. Hier, im Palast, war jeder seinen eigenen Geschäften nachgegangen – Blitz kümmerte sich um Manina und verbrachte darum viel Zeit mit der kaiserlichen Familie, Ilinias hielt sich bei den Wächterinnen auf. Jeder lebte sein eigenes Leben. Es war, als hätte diese kurze Zeit, in der Mino in Kirifas gewesen war, einen Schatten über ihre Liebe geworfen oder eine Schlucht zwischen ihnen aufgerissen. Doch nun, als er sie zu trösten versuchte, war die alte Verbundenheit wieder da. Ilinias kuschelte sich in seine Umarmung. In diesem Moment der Ehrlichkeit wagte sie es, etwas zu sagen, was ihr schon lange auf dem Herzen lag: »Mino hätte dir bestimmt ein richtiges Kind geschenkt.«
»Denk nicht an Mino«, sagte er leise. »Du bist es, die ich geheiratet habe.«
Mehr als alles andere wünschte sie sich, sie hätte in sein Herz hineinsehen können, aber zugleich fürchtete sie sich vor dem, was sie dort vielleicht zu sehen bekäme.
»Denkst du denn an sie?«, fragte sie.
»Ilinias«, sagte Blitz nur und küsste sie auf ihr tränennasses Gesicht.
In diesem Moment begann Sorayn sich unruhig zu bewegen, und Blitz sprang aus dem Bett, um ihn zu ihr zu bringen, bevor er mit seinem Geschrei den ganzen Palast aus dem Schlaf riss.
»Mino ist eine Erinnerung an eine schöne Kindheit«, sagte er, als er ihr das Kind an die Brust legte. »Du bist hier. Du bist meine Frau. Und das ist mein Sohn.« Er streichelte das haarige Köpfchen. »Unser kleiner Sohn. Mach ihn nicht schlechter, als er ist, Ilinias. Muss denn jeder Mensch hübsch sein?«
Ja, dachte sie nur. Das Gesicht des Kleinen lag im Schatten. Sie sah es nicht an, sie schaute auf Blitz, der an der Bettkante saß. Vielleicht, wenn wir blind wären, wenn wir in einer dunklen Welt lebten, in der nur unsere Worte und unsere Taten und unsere Gedanken zählten … Aber, hätte sie am liebsten gefragt, würdest du mich dann lieben, Blitz? Würdest du mich lieben, in einer dunklen Welt? Du Lügner.
Wenn Ilinias den Kleinen an ihre Brust legte, schloss sie die Augen, um ihn nicht dabei ansehen zu müssen. Sie versuchte sich vorzustellen, dass sie ein anderes Kind im Arm hielt, ein hübsches, freundliches Kind, das ihren Blick suchte. Sorayn war dagegen nicht freundlich. Er trank mit einer Gier, die sie überraschte und die ihr Schmerzen bereitete. Schließlich fragte sie die Hebamme, ob das Stillen allen Frauen so wehtat. Die erfahrene Heilerin betrachtete verwundert Ilinias’ gerötete Brust und sah sich daraufhin das Kind noch einmal an.
»Das gibt es doch nicht! Er hat schon einen Zahn! Kein Wunder, dass er dir wehtut.«
Es bereitete Ilinias ungeahnte Qualen, ihr Kind zu versorgen. Er trank so viel, dass ihre Brüste Unmengen an Milch bildeten – dann wieder schlief er so lange, dass sie sich sehnlichst wünschte, er würde trinken, doch er war nicht wachzubekommen. An die Wiederaufnahme ihrer Übungen bei den Amazonen war nicht zu denken. Mit kühlenden Umschlägen auf ihrer Brust lag sie im Bett, während der Kleine sich nicht darum scherte, ob seine Ansprüche ihr bekamen oder nicht. Alle Ratschläge der Hebamme, wie sie ihn zu regelmäßigen Fütterungszeiten erziehen könnte, schlugen fehl. Wenn er schlief, ließ er sich nicht wecken, und wenn er Hunger hatte, brüllte er mit einer Lautstärke, die fast im ganzen Palast zu hören war und es nicht zuließ, ihn warten zu lassen. Und doch waren diese ersten beiden Wochen nichts gegen das, was noch kommen sollte; später wünschten sie sich diese Zeit zurück.
Bei seinem ersten Anfall glaubte Ilinias, ihr Kind würde ersticken. Es rang nach Luft und lief blau an, es krümmte sich und zuckte. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, was sie tun konnte, und schließlich lief sie los, den Kleinen im Arm, um nach dem kaiserlichen Heiler, dem Arzt Rugan, zu suchen. Noch bevor sie ihn gefunden hatte, hatte das Kind wieder Luft geholt und begann zu schreien. Es waren solche lauten, qualvollen Schreie, dass ihr schien, er würde jetzt sofort in ihren Armen sterben, und Ilinias lief weinend durch den Palast und hoffte, Rugan rechtzeitig zu finden.
Schließlich fand er sie, von dem Geschrei herbeigerufen, aber er war genauso hilflos wie sie.
»Ich weiß nicht, was er hat«, musste der Arzt zugeben, nachdem er das Kind kurz untersucht hatte. Er tastete es ab, um festzustellen, ob irgendetwas gebrochen war, und fragte sie etwas verlegen, ob sie es vielleicht fallengelassen hatte. »Ruf mich noch einmal, wenn er schläft, vielleicht kann ich ihn dann besser untersuchen.«
Ilinias kam es unwahrscheinlich vor, dass ihr Sohn jemals wieder schlafen würde, geschweige denn, dass er diesen Tag überhaupt überlebte. Eine Menge Leute waren zusammengelaufen, um zu sehen, was es gab. Es wäre Ilinias peinlich gewesen, so viel Aufsehen zu erregen, wenn sie nicht so benommen von dem Lärm gewesen wäre, dass ihr bald alles gleich war, wenn es nur aufhörte. Die neugierigen Fürstinnen, die darauf hofften, auch einmal einen Blick auf das sagenhaft hässliche Kind werfen zu können, überboten sich mit weisen Ratschlägen.
»Das ist Bauchweh, das hatte meine Tochter auch in dem Alter.«
»Nein, das sind Schüttelkrämpfe, hast du nicht gesehen, wie es zuckt?«
»Solche Kinder leben sowieso nicht lange.«
Ilinias legte Sorayn ein Tuch über das Gesicht, damit niemand ihn sah, während sie zurück in ihr Zimmer ging. Die Dunkelheit schien ihn ein wenig zu beruhigen, aber vielleicht war er auch nur erschöpft. Irgendwann wurde er tatsächlich ruhiger und schlief ein. Wieder brauchte sie den Arzt nicht zu rufen – am abebbenden Gebrüll hatte er selbst erkannt, dass er nun zu der Untersuchung kommen konnte. Hinter ihm erschien die übergroße Gestalt des Riesenkaisers in der Tür.
»Es tut mir so leid, dass wir hier solchen Lärm machen«, begann Ilinias, aber Kanuna winkte ab. »Lass uns mal sehen, was er hat.«
Rugan hatte sein Hörrohr an die Brust des Kleinen gelegt, der im Schlaf nur noch hin und wieder leise aufschluchzte.
»Sein Herz schlägt aber laut«, fand er verwundert. »Laut und – ja, unregelmäßig. Zu schnell. Einmal laut, dann leise, dann …« Er runzelte die Stirn. »Hat er etwa zwei Herzen? Ein kleines und ein großes?«
»Und das erklärt, warum er so schreit?«
Rugan versuchte, seine hilflose Miene durch ein gelehrtes Gesicht zu ersetzen, aber es gelang ihm nur schlecht.
»So ein Fall ist mir noch nie begegnet. Nein, ich weiß nicht, was mit ihm ist. Vielleicht würde ihm eine Luftveränderung gut tun? Wärme und Sonne?«
»Ja, vielleicht«, sagte Ilinias ohne Überzeugung.
Nun trat der Kaiser an die Wiege.
»Wenn Keta hier wäre«, sagte er leise. »Was immer es ist, ich bin sicher, er könnte es heilen. Seine Hände vermögen Unglaubliches … Aber ich tue, was ich kann.«
Er legte seine Hände auf das schlafende Kind. Sofort öffnete es die Augen und sah ihn an.
»So haben mich meine Söhne angeblickt, als sie klein waren«, sagte Kanuna. »Mit ebensolchen blauen, wissenden Augen …«
»Eure Söhne waren gesund und kräftig«, bemerkte Rugan. »Wir wissen beide, dass es nicht möglich ist, jedes Kind zu retten.«
Kanuna ließ sich nicht beirren. Er berührte den missgestalteten Körper mit seinen großen Händen, die Segen verteilen konnten und Heilung – wenn auch nicht im selben Maße wie die seines Sohnes –, und er murmelte irgendetwas, vielleicht ein Gebet.
»Mehr kann ich nicht tun«, sagte er zu Ilinias. »Vielleicht wird es besser, vielleicht auch nicht.«
Es wurde nicht besser. Bereits am nächsten Tag ereilte Sorayn der nächste Anfall, und er schrie so laut, dass niemand im Palast seiner Arbeit nachgehen konnte und mehrere Beschwerden beim Kaiser eingingen.
»Er ist gewachsen«, stellte Ilinias verwundert fest, als Blitz zusammen mit Manina nachsehen kam, was los war; bei dem Gebrüll war es unmöglich, sie zu ihrem Mittagsschlaf zu bewegen. »Sein rechter Arm ist jetzt länger als der linke. Das war gestern noch nicht so. Und schau dir seine Nase an. Ist sie nicht noch dicker als vorher?«
»Du meinst, er schreit, wenn er wächst? Aber so schnell wächst niemand.«
»Sieh es dir an, wenn du mir nicht glaubst.«
Blitz musste zugeben, dass Sorayn noch merkwürdiger aussah als sonst.
»Ich hoffe nur, das gibt sich«, meinte er. »Ich dachte bisher immer, dieser Palast ist fest und sicher gebaut, aber langsam habe ich den Eindruck, die Wände sind nur aus Papier. Wie kann ein so kleines Kind eine so laute Stimme haben?«
Es gab sich nicht. Der Rat, Wärme und Sonne und vielleicht auch noch Seeluft könnten ihrem kranken Schreihals helfen, wurde ihnen so oft erteilt und von so vielen Seiten, dass sie es schließlich selbst für das Beste hielten, Kirifas zu verlassen und eine Reise zu machen.
»Wir fahren nach Arima«, sagte Blitz zum Kaiser. »Noch bevor der Winter kommt. Vielleicht wird es am Meer besser. In der milden Luft … Wir können dort den ganzen Tag über mit ihm draußen sein. Und ich möchte natürlich auch meinen Bruder und seine Frau wiedersehen. Ich hatte mir zwar gewünscht, Manina noch ein wenig Zeit zu geben, aber …«
»Wegen Manina mach dir keine Sorgen. Kümmere dich um deinen Sohn. Wir hoffen hier alle, dass ihr, wenn ihr wiederkommt, ein gut erholtes Kind mitbringt.«
Kanuna bat ihn nicht, bei Manina zu bleiben, er sorgte sogar dafür, dass sie möglichst schnell abreisen konnten. Der ganze Hofstaat atmete auf, als Blitz und Ilinias zusammen mit Sorayn die Stadt verließen. Endlich kehrte im Palast des Kaisers wieder Ruhe ein.
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