Die neuesten Streiche der Schuldbürger

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Die Denunziation Nookes ist Bestandteil einer Strategie, die ich an dieser Stelle schon mehrfach thematisiert habe und deren Ziel die Herrschaft erwünschter Illusionen ist. Die neuen Tabula rasa-Menschen sollen nicht länger an die Unterschiede glauben, die sie sehen und erleben, sondern diese Differenzen ignorieren, bestreiten, leugnen, egal welchen Preis sie dafür zahlen müssen. Sie sollen sich im Reich der Lüge einrichten, weil es dort angenehmer ist als in der Wirklichkeit, wo man sie Rassisten nennen, ächten und strafverfolgen wird, wenn sie sagen, was sie gesehen und erlebt haben. Das Reich der Lüge ist natürlich nur ein Zwischenreich, ein Purgatorium, das so lange währt, bis die Völker abgeschafft sind, bis die Wölfe neben den Schafen weiden, bis die ökologisch-soziale Weltregierung und die Weltökumene errichtet sind. Aber, mit Gehlens wahrscheinlich ewiggültigen Worten:
»Teuflisch ist, wer das Reich der Lüge aufrichtet und andere Menschen zwingt, in ihm zu leben. (…) Der Teufel ist nicht der Töter, er ist Diabolos, der Verleumder, ist der Gott, in dem die Lüge nicht Feigheit ist, wie im Menschen, sondern Herrschaft. Er verschüttet den letzten Ausweg der Verzweiflung, die Erkenntnis, er stiftet das Reich der Verrücktheit, denn es ist Wahnsinn, sich in der Lüge einzurichten.«

Einen weiteren Langen Marsch ins Reich der Lüge hat die ARD gestartet, freilich dermaßen unraffiniert, dass es wohl als Holzweg enden wird. Es geht, na klar doch, um das »Political Framing«-Papier, das die »Sprach- und Kognitionswissenschaftlerin« Elisabeth Wehling verzapft hat. Die wonnige Maid beabsichtigt damit nicht weniger als »in Worte zu fassen und dauerhaft eine Sprache zu verwenden, die im Denken der Mitbürger kräftig wirkt und sie von der Notwendigkeit eines gemeinsamen, freien Rundfunks ARD überzeugt«.
Das Papier wimmelt von zitierenswerten Passagen. Zum Beispiel hat auch Frau Wehling einen Faktenbegriff. Fakten, statuiert sie, »werden in einer öffentlichen Auseinandersetzung erst zu guter Munition, wo ihre moralische Dringlichkeit kommuniziert wird«. Die ARD setze sich »für bestimmte Dinge ein, weil sie von ihrer moralischen Notwendigkeit für das gesellschaftliche Miteinander überzeugt ist«. Das ist eine postfaktische Neudefinition von Journalismus im fulminanten Geiste H. Prantls und G. Restles! Und umgekehrt!
Wikipedia belehrt uns, dass Frau Wehling sich im Rahmen ihrer Studien auch oder vorzugsweise mit der NS-Propaganda beschäftigt hat. »Nutzen Sie nie, aber auch wirklich nie, den Frame Ihrer Gegner, und nutzen Sie diejenigen Frames, die Ihre moralische Perspektive auf die Sachverhalte deutlich machen, immer und immer wieder – von Interview zu Interview, von Debatte zu Debatte, von Schriftsatz zu Schriftsatz«, ermuntert sie. »Und dann beim dritten, vierten, fünften Mal ergeben sich EinschleifProzesse im Gehirn und ein Wiedererkennungseffekt – egal, ob die Sache wahrhaft ist oder eine Lüge. Und dann sagt das Gehirn irgendwann: ›Ist mir viel zu anstrengend, das ist für mich jetzt eine Wahrheit.‹«
Das hat unser kleiner Doktor genauso gesehen und vor allem praktiziert. (Also ich meine jetzt nicht den kleinen Doktor vom Süddeutschen Beobachter, der auch jahrein jahraus, immer und immer wieder, Leitartikel auf Kommentar dasselbe behauptet, damit im Oberstübchen seiner wohl meist etwas in die Jahre gekommenen Fans gewisse Einschleif- und Wiedererkennungsprozesse als Wahrheiten »sitzen«; ich spreche schon vom Original.)
Zwei Zitate habe ich noch:
»Nur in einem Land mit einer stabilen gemeinsamen Rundfunkinfrastruktur kann man frei und erfolgreich leben und seinen Geschäften nachgehen.«
»Unsere demokratische Rundfunkinfrastruktur ARD ist also zugleich Schutz und Befähigung. Die ARD ist ein freier und unabhängiger Beobachter, da sie demokratisch kontrolliert und gemeinschaftlich finanziert ist. So kann sie jenseits wirtschaftlicher und politischer Druckausübung im Sinne aller agieren. Und sie bietet Freiheit vor Übergriffen auf unser Denken, unsere Daten und unsere Würde.«
Die Gute trägt freilich dermaßen dick auf, dass man sie für ein Schülerin Bernd Zellers halten könnte. Die Welt kommentiert denn heute auch, ihre Ausführungen klängen »ein bisschen so, als hätten die Verfasser von ›Aus dem Wörterbuch des Unmenschen‹, die nach 1945 die Nazisprache analysierten, anschließend ein ›Wörterbuch für Gutmenschen‹ geschrieben, in dem sie lehrten, wie man Goebbels’ Methoden nun für die Demokratie nutzbar machen könne.«
Damit er mit seiner Kritik nicht übers Ziel schieße, schrieb der Qualitätsjournalist noch dies: »Wehling und die ARD bestätigen damit ungewollt die rechtspopulistische Paranoia vom ›Neusprech‹, mit dem Linke und Grüne – wie in George Orwells Roman ›1984‹ – angeblich unsagbar machen wollen, was ihnen nicht in den Kram passt.« Die bestätigte Paranoia, was es nicht alles gibt, aber, Hochbegabte bei Springer und anderswo, ist das denn noch eine?

Wenn einem Menschen wirklich nur die Wahl bliebe zwischen Hetze und Lüge, müsste der Ärmste wohl die Hetze als das kleinere Übel wählen.
19. Februar
»Und heute verstehe ich den Standpunkt Christi, seinen wiederkehrenden Ärger über die Verhärtung der Herzen: Da sind all die Zeichen, und sie erkennen sie nicht. Muss ich wirklich zusätzlich noch mein Leben für diese Erbärmlichen geben? Muss man wirklich so deutlich werden?
Offenbar ja.«
Mit diesen Worten endet Michel Houellebecqs neuer Roman Serotonin. Welcher deutsche Autor brächte dergleichen zu Papier?

Gestern sah ich – Gott weiß, dass es ein Zufall war – die Rede von Bundesjustizministerin Katarina Barley bei irgendeiner Karnevalsveranstaltung, ich glaube, es war in Aachen. Frau Barley trat als amerikanische Freiheitsstatue auf und bat um Asyl in Deutschland, weil der aktuelle US-Präsident sie vertrieben habe. Als gefinkeltes Mitglied einer Partei, die sich mitsamt dem übrigen westdeutschen Juste milieu in der mauerbewehrten Zweistaatlichkeit behaglich eingerichtet hatte und deren Vertreter bereits den Begriff Wiedervereinigung als revanchistisch denunzierten, wuchtete die Ministerin eine verschwiemelte historische Ineinssetzung aus der Bütt ins Publikum: Sie beschied dem schlimmen Grenzzaunzieher Trump, er sei ein Feind der Freiheit, und stellte ihm Ronald Reagan gegenüber (das war, zur Erinnerung, der US-Präsident, den die SPD vor Trump am meisten hasste), welcher vor dreißig Jahren zu Berlin gesagt hatte: »Mister Gorbatschow, tear down this wall.« Die aktuell oberste deutsche Rechtswahrerin ist also der Ansicht, eine Grenze, mit welcher die realsozialistischen Diktatoren ihre Untertanen einmauerten, damit sie ihnen nicht davonlaufen, sei ungefähr dasselbe wie die Grenzsicherungsmaßnahmen eines in freien Wahlen gekürten Präsidenten, der die illegale Einwanderung in das von ihm regierte Hoheitsgebiet eindämmen will. Wie gesagt, die Maid ist keine protestantische Pastorin, sondern Justizministerin, aber sie erfüllt die Grundvoraussetzung, um in Deutschland eine politische Karriere machen zu können: Sie kann oder will nicht politisch denken, sondern seimt lieber in prangender Unverantwortlichkeit Hypermoral.
Überdies spekuliert Frau Barley auf die Dummheit des Publikums, indem sie unterstellt, es glaube ihr Propagandamärchen, Trump sei der Vater des US-Zauns zu Mexico. Die ersten umfänglichen Maßnahmen zur Eindämmung der Migrantenströme aus dem Süden unternahm die Regierung Clinton (»Operation Gatekeeper«). Am 30. September 1996 verabschiedete der Kongress den »Illegal Immigration Reform and Immigrant Responsibility Act«, der die Errichtung von Grenzsperren einleitete. Unter jedem auf Clinton folgenden Präsidenten wurden die Grenzanlagen weiter ausgebaut, auch unter dem temporären Erlöser Barack Obama, der übrigens bereits als Senator von Illinois anno 2006 erklärte, dass »bessere Zäune und bessere Sicherheit an unseren Grenzen« dazu beitrügen, »die Flut der illegalen Einwanderung« zu stoppen. Obama sprach damals zum »Secure Fence Act«, der eine Barriere entlang der Südgrenze erlaubte und von diversen demokratischen Senatoren unterstützt wurde, darunter Hillary Clinton.
Trump setzt Clintons und Obamas Sicherheitsregime heute fort. Da der Migrationsdruck zunimmt, wird der Zaun größer, stärker, teurer – und vor allem: notwendiger. Müssen die Deutschen noch lernen. Aber man kann guter Dinge sein: Der Verein von Frau Barley liegt in vielen Bundesländern bereits hinter der einzigen Oppositionspartei, was durchaus als Lernerfolg gewertet werden darf.

Die u.a. von mir – und von mir besonders innig! – vertretene These, dass viele Medienschaffende der zweiten deutschen Noch-Republik auch in der zweiten deutschen Diktatur einen guten Job gemacht hätten, konnten die Interessierten unter den verbliebenen Medienkonsumenten anhand der Berichterstattung über den Auftritt der Sonnenkanzlerin auf der Münchner Sicherheitskonferenz einmal mehr verifizieren.
»In München blitzt auf, wie die Welt sein könnte: Angela Merkels engagierter Aufruf zur Zusammenarbeit wird gefeiert«, akklamierte blitzgescheit die Zeit. »Fast so etwas wie ein Vermächtnis«, erspürte der Süddeutsche Beobachter: »Die Kanzlerin spricht Klartext. Die Amerikaner kriegen ihr Fett weg, die Russen, aber auch die Chinesen. So geschieht das, was vergleichsweise selten geschieht. Die Gäste im Bayerischen Hof erleben Geschichte.« (Der Autor schiebt noch ein verdruckstes »jedenfalls Konferenzgeschichte« nach; man muss ja an die Zukunft denken.)
»Es war ein diplomatischer Befreiungsschlag in doppeltem Sinne. Zum einen zeigt sie den USA deutliche Grenzen auf. Zum anderen holt sie Deutschland aus seinem diplomatischen Tiefschlaf und gibt Leitlinien vor«, ließ das Akademikerportal Focus-online auch diese Gelegenheit nicht aus, intellektuelle Satisfaktionsfähigkeit zu demonstrieren. »Merkels Rede war unerschrocken und deutlich, sie war machtvoll und befreit von der Last des CDU-Vorsitzes. Die mutige Klartext-Kanzlerin scheute die Konfrontation nicht und machte der Welt damit klar: An Deutschland führt kein Weg vorbei, und sie zementierte damit auch den deutschen Führungsanspruch in der Welt.«
Die Amtszeit des letzten deutschen Weltführungsbeanspruchers, von dem die deutsche Regierungspresse schreiben konnte, er habe den Amis die Grenzen gezeigt (auch wenn die Blödmänner sie bisweilen nicht erkannten und versehentlich die Schweiz bombardierten), liegt ja deprimierend weit zurück, da ist eine gewisse aggressive Nostalgie verständlich. Nebenbei, erfuhren wir, habe die Kanzlerin auch den Chinesen und den Russen die Koordinaten durchgestellt. Sollte sie das perfide Albion vergessen haben? Dann kommen die Briten wohl bei einer der nächsten Vermächtnis-Reden dran.
Nicht ganz so »dickhirnschalig« (Goethe) wie der Focus-Weltweise, aber demselben Fulminanzgebot folgend, frohlockte der Berliner Tagesspiegel: »Angela Merkel legt in München los wie die Weltfeuerwehr.« Weltfeuerwehr, Weltgeschichte, Weltzusammenarbeit, Weltführung, eine Ahnung der Welt, wie sie sein könnte, Weltesche, Weltenbrand – und mittendrin, nur durch einen dünnen Hosenanzug von der Welt getrennt, unsere Angela I.! »Donald Trumps Vorgänger Barack Obama hätte seine Freude gehabt«, notierte verzückt der Tagesspiegel.
Dieser Barack Obama sagte übrigens nach dem Ende seiner Amtszeit über seine kongeniale deutsche Partnerin: »Sie ist nun ganz allein.«
»Gott sei Dank.« (Alexander Wendt)
22. Februar
Die Grünen haben heute im Bundestag einen Antrag vorgestellt, der die Bundesregierung auf eine »feministische Außenpolitik« verpflichten will und zu den kuriosesten Dokumenten der deutschen Parlamentsgeschichte gehört. Er verlangt nicht nur, dass Deutschland seine Außenpolitik am Geschlechterverständnis der Grünen orientierten möge, was drollig genug wäre, sondern fordert zudem, dass die Bundesregierung aus der Welt einen Ort machen soll, an dem jeder Mensch glücklich ist: »Ziel einer feministischen Außenpolitik ist die Gleichheit und die Freiheit aller Menschen vor Not und vor Furcht.«
Freilich: Die Formulierung »Gleichheit vor Not und Furcht« beschreibt zum Beispiel die Situation von Schiffbrüchigen oder der meisten Einwohner Venezuelas; die Wendung »Freiheit vor Not und Furcht« wiederum ist semantischer Nonsens. Warum der Grünen-Antrag explizit die Europäer dafür anprangert, Frauen zu unterdrücken – »die Rechte von Frauen und marginalisierten Gruppen (sind) durch Populistinnen und Populisten, Autokratinnen und Autokraten und Rechtsstaatverächterinnen und -verächtern in Europa und überall auf der Welt unter Beschuss geraten« –, während Weltteile, in denen Frauen tatsächlich unterdrückt werden, keine Erwähnung finden, erzähle ich gleich. Dass den Grünen nicht der Sinn danach steht, Not und Furcht im eigenen Lande zu reduzieren, beispielsweise die Not der deutschen Obdachlosen oder die Furcht der Schichtarbeiterin auf dem abendlichen Heimweg in der Bahn, wenn Sie wissen schon wer zusteigt, hat damit zu tun, dass speziell die Klientel der Grünen eher notfrei und furchtlos lebt. Ein weiteres Kuriosum besteht darin, dass der Antrag die schwedische feministische Außenpolitik als Vorbild nennt, also die Außenpolitik eines Landes, das international nirgends eine Rolle spielt, ausgenommen in den Vergewaltigungsstatistiken, wo es inzwischen im internationalen Maßstab ganz weit vorn liegt; vielleicht sollten sich die Nordlichter besser um Innenpolitik kümmern.
Aber gut, die Grünen reden von Außenpolitik und behaupten, es gäbe nur dann einen »stabilen Frieden und eine nachhaltig erfolgreiche soziale und wirtschaftliche Entwicklung (…), wenn die Belange von Frauen, Mädchen und marginalisierten Gruppen« zu deren »Leitbild« werden. Die deutsche Außenpolitik soll also nicht deutsche Interessen vertreten, sondern, erstens, die Interessen deutscher »Frauen, Mädchen und marginalisierter Gruppen« und, zweitens, die Interessen von »Frauen, Mädchen und marginalisierten Gruppen« überall in der Welt. Da keine der genannten Gruppen in irgendeiner Weise über spezielle Gremiem verfügt, die deren Bedürfnisse überhaupt artikulieren, dürfen wir davon ausgehen, dass die grüne Bundestagsfraktion dieses Gremium ist. Der Zweck der Außenpolitik ist also die internationale Frauenförderung im Sinne der damit vom Weltgeist beauftragten deutschen Grünen.
Eine Vision, wie die künftige feministische Außenpolitik ausschauen könnte, hat die Bundestagsvizepräsidentin bei ihren Iranbesuchen vermittelt, wo Frau Roth stets mit einem kleidsamen Kopftuch auftrat, das ihr eine dominante Position gegenüber ihren barhäuptigen Gesprächspartnern verlieh, denen sie wahrscheinlich von der strukturellen Unterdrückung der Weiber in Europa erzählte. Zwar haben iranische Frauen gegen Frau Roths Auftritte mit dem angeblich patriarchalischen Unterdrückungssymbol protestiert, aber was verstehen die schon von moderner Außenpolitik; die kennen ja nicht mal »Ton Steine Scherben«.
Nach dem Willen der Grünen soll sich die Bundesregierung überdies dafür einsetzen, »dass Konstruktionen von Geschlechterrollen in militärischen Kontexten reflektiert werden«. Sie haben leider nicht dazugeschrieben, ob vor oder nach dem Gefecht. Der Grünen-Antrag fordert außerdem mehr weibliche Einsatzkräfte in internationalen Friedensmissionen, weil deren Anwesenheit beispielsweise in Mali oder Afghanistan die häusliche Gewalt reduziere. Wie wäre es denn, wenn die emanzipierteste aller Parteien hienieden als Testlauf die Bundesregierung auffordert, mindestens 50 Prozent weibliche Bodyguards zu beschäftigen? Um die 50 Prozent geht es den Grünen letztlich, und im zweiten Teil ihres Papiers werden sie dann deutlich und fordern: eine 50-Prozent-Quote für Frauen im höheren Auswärtigen Dienst sowie die paritätische Besetzung aller Botschafterposten.
Was uns zur angekündigten Antwort auf die Frage führt, warum in dem Grünen-Antrag weder die Länder genannt werden, in denen die Gleichberechtigung der Frauen bislang nur gegenüber Nutztieren gilt, noch jene Religion, in welcher das eine soziale Konstrukt vom anderen bis zu Stücker vier besitzen und zweifelsfalls hauen darf, aber die patriarchalischen Europäer denn doch. Den Grünen sind die Frauen in diesen Ländern völlig schnuppe. Ihnen sind ja sogar die Konstruktsgenossinnen in Deutschland schnuppe, sofern sie zum falschen Milieu gehören. Unter dem Vorwand, sie wollten Frauen im Ausland helfen, wollen die Grünen grüne Frauen im Inland privilegieren. Das ist der einzige Zweck des ganzen Gedöns.

Eines Tages, ich würde tippen irgendwann Mitte der 90er Jahre, gab es endlich mehr Propagandafilme über NS-Propagandafilme als NS-Propagandafilme.
25. Februar
Unsereinem kann nichts Langweiligeres widerfahren, als mit einem sogenannten Offiziellen, ob er nun aus der Politik, der Wirtschaft, der Kulturbranche oder woher auch immer stamme, in größerer Runde zusammenzusitzen, denn es gibt kein einziges Thema mehr, zu dem sich ein solcher Mensch öffentlich unbefangen äußern könnte. Jeder Scherz, jede dezidierte Meinung bringt ihn in Teufels Küche. Das einstige Small-talk-Thema Nr. 1 ist heute komplett vermint, bereits die Erklärung, man finde eine Frau attraktiv oder begehrenswert, stellt den Sprecher als Sexisten und versetzten Belästiger bloß; politische Themen meidet der halbwegs Kultivierte bei Tische ohnedies, doch heute drängt ihn alles zu dem Bekenntnis, wen er gefälligst zu hassen hat; jede Urlaubserzählung kollidiert mit der Klimabilanz; jede kulinarische Schwelgerei entlarvt den Tierquäler und unsozialen Verschwender. Doch selbst durch eine unverfängliche Bemerkung wie etwa jene, dass man für seine Kinder die Universität A bevorzugt oder Katzen mag, steht der Sprecher schnell im Ruch, die Universitäten B bis Z geringzuschätzen oder ein Hundehasser zu sein.
27. Februar
Das Verwaltungsgericht Köln hat mit seinem gestrigen Beschluss dem Bundesamt für Verfassungsschutz untersagt, öffentlich zu äußern oder zu erklären, dass die AfD dortselbst als »Prüffall« bearbeitet werde. Die Einstufung einer Partei als Verfassungsschutz-Prüffall sei »kein beliebiges Erzeugnis staatlicher Öffentlichkeitsarbeit«, heißt es in der Urteilsbegründung. Vielmehr ergäben sich daraus »mittelbar belastende negative Sanktionen« gegen die betreffende Partei.
Ja was denn sonst! Das war schließlich der Zweck der ganzen Prozedur, genau deswegen ist Herr Maaßen als Verfassungsschutzchef entlassen und durch einen Nachfolger ersetzt worden, der die AfD wahrscheinlich intern nicht anders behandelt als sein Vorgänger, aber zu der winzigen und zugleich so wichtigen Konzession bereit war, dies öffentlich zu kommunizieren. Genau das allerdings ist ehrabschneidend, stigmatisierend und damit eine Diskriminierung des politischen Wettbewerbers. Und Diskriminierung wollten wir doch in ’schland nicht mehr dulden, oder?
Ehrabschneidend ist es, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass eine Organisation als Prüffall eingestuft wird, so wie es ehrabschneidend wäre, wenn die Polizei die Öffentlichkeit darüber in Kenntnis setzte, sie prüfe, ob gegen Herrn X ein Verdacht vorliege, von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens könne aber noch keine Rede sein. Prüffall bedeutet: Der Verfassungsschutz prüft, ob sogenannte Anhaltspunkte für einen Verdacht vorliegen. Sie können also auch nicht vorliegen, und deshalb darf das Amt nicht darüber berichten – obwohl und gerade weil es der Regierungskoalition und den nichtmitregierenden regierungsnahen Parteien zur Einschüchterung der Opposition taugt.
»Tatsächliche Anhaltspunkte beziehen sich naturgemäß auf Tatsachen und nicht auf Werturteile«, schreiben die Richter. Dass die »tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Bestrebung nach §3 Abs. 1 BVerfSchG (also gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung usw. – M.K.) gerade nicht bestehen, ist selbst die Auffassung des Bundesamts« – denn sonst hätten die Schlapphüte die AfD ja zum »Verdachtsfall« nobilitiert.
Der »Prüffall« sei eben nur »eine Vorstufe des Verdachtsfalls«, insistieren die Richter weiter, als ob das die Beklagten nicht selber wüssten. Das Bundesverfassungsgericht habe mit seinem Beschluss vom 24. Mai 2005 »die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Verdachtsberichtserstattung« so weit eingeschränkt, »dass für einen Verdachtsfall ›hinreichend gewichtige‹ tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen müssen«. Damit sei »eine Berichterstattung über eine dem Verdachtsfall vorgelagerte Prüfung wie den hier streitgegenständlichen Prüffall von vorneherein ausgeschlossen«.
Die Öffentlichkeit möge sich selbst ein Urteil über Organisationen bilden und nicht durch staatliche Vorgaben beeinflusst werden. »Die behördliche Wertung einer Organisation ist nichts, was dieser anhaftet oder eigentümlich ist«, statuieren die Richter weise. Sie hätten hinzufügen sollen: idealfalls. In der Realität haften solche Werturteile denn doch als stigmatisierende Kletten an den unter Verdacht Gestellten, gerade in der obrigkeitsfrommen deutschen Öffentlichkeit.
Der Rest der Urteilsbegründung ist der Frage gewidmet, welchen Rufschaden das Bundesamt mit seiner Veröffentlichung parteiauftragsgemäß angerichtet hat, und soll uns hier nicht weiter interessieren, weil das Motiv zwar klar auf der Hand liegt, die Bilanz aber schwer quantifizierbar ist. Von einer fröhlichen Dreistigkeit zeugt die Argumentation des Bundesamtes, die AfD habe die »streitgegenständlichen Äußerungen« ja selber wiederholt, kommentiert und somit verbreitet. Was schreist du herum, wenn ich dich steche, willst du etwa, dass es jeder mitbekommt?
Mit gewohnter Pfiffigkeit begibt sich der Süddeutsche Beobachter auf Dummenfang. Die Einstufung der AfD als Prüffall sei »aus Sicht des Bundesamtes« tatsächlich bloß als Entwarnung und Abwiegelei zu verstehen gewesen, notiert die Gazette. »Das Bundesamt bestätigt der Partei damit, dass sie weniger schlimm sei als von Teilen der Öffentlichkeit vermutet.« Zu schweigen von Teilen der Redaktion des Beobachters!
Das führt mich noch einmal zu dem AfD-Dossier des Verfassungsschutzes. Ich habe hier bereits (Acta vom 20. Januar) daraus zitiert, aber es war ein After-Zitat, weil das Dokument damals noch nicht »geleakt« worden war, und zwar jene Stelle, wo Alexander Gauland aus seinen Worten:
»Wir sollen uns als Volk und Nation in einem großen Ganzen auflösen. Wir haben aber kein Interesse daran, Menschheit zu werden. Wir wollen Deutsche bleiben.«
… der Strick gedreht wird, er propagiere »ein ethnisch-biologisch bzw. ethnisch-kulturell begründetes Volksverständnis«, welches »gegen die Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG verstößt«. Also der Wunsch, Deutscher bleiben zu wollen, ist eine Verletzung der Menschenwürde Nichtdeutscher. Schreibt ein Hüter der deutschen Verfassung. Großes konstruktivistisches Kino!
Eine beliebige andere kuriose Stelle suchend, stieß ich spontan auf jene:
»Alexander Gauland erklärte in einer Rede beim AfDLandesverband Brandenburg am 13. Oktober 2018, dass ›das Gerede von Vielfalt, Buntheit und Bereicherung sich von den Phrasen der SED-Funktionäre kaum unterscheidet.‹ Dabei schränkt er allerdings ein, dass er die Bundesrepublik nicht als autoritäres Regime bewerte, es aber ›bedenkliche Tendenzen in diese Richtung‹ gebe. Weiterhin führte er aus: ›Liebe Freunde, die Freiheit stirbt scheibchenweise, das totalitäre Gras wächst langsam und wir müssen uns diesem Wachsen des totalitären Grases entgegenstellen.‹ Durch die o.g. (teilweisen) Gleichsetzungen wird die demokratische Ordnung als Ganzes in Frage gestellt, als angebliches Unrechtsregime gebrandmarkt und ihr letztlich die Legitimation abgesprochen.«



