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Für Mark hing viel von der Antwort auf diese Bemerkung ab. Er konnte daran erkennen, ob Cosser tatsächlich sein Vorgesetzter war. Wenn Cosser sagte: »Das können Sie nicht machen«, dann wusste er wenigstens, woran er war. Wenn Cosser sagte, er könne auf Mark nicht verzichten — noch besser. Oder Cosser könnte antworten, er solle den Vizedirektor fragen. Auch dann wäre Mark sich seiner Position sicherer gewesen. Aber Cosser sagte bloß »oh« und ließ Mark im Zweifel, ob man sich gar nicht abmelden musste oder ob er als Institutsmitglied noch nicht hinreichend etabliert war, als dass seine Abwesenheit von Bedeutung gewesen wäre. Dann begannen sie mit der Arbeit an ihrem Bericht.
Er beschäftigte sie den Rest des Tages, sodass Cosser und er verspätet und ohne sich umgezogen zu haben zum Abendessen kamen. Das versetzte Mark in eine höchst angenehme Stimmung. Und auch das Essen schmeckte ihm. Obgleich er unter Männern war, die er noch nie gesehen hatte, kam es ihm nach ein paar Minuten so vor, als kenne er sie alle, und er nahm ungezwungen am Tischgespräch teil. Er geriet mit ihnen ins Fachsimpeln.
»Wie hübsch!«, dachte Mark, als der Wagen am nächsten Morgen bei Duke’s Eaton die Hauptstraße verließ und auf einer holperigen kleinen Landstraße in das lang gestreckte Tal fuhr, in dem Cure Hardy lag. Mark war im Allgemeinen nicht sehr empfänglich für Schönheit, aber Jane und seine Liebe zu ihr hatten ihn in dieser Hinsicht bereits ein wenig wachgerüttelt. Vielleicht machte der sonnige Wintermorgen einen so starken Eindruck auf ihn, weil niemand ihn gelehrt hatte, so etwas als besonders schön zu betrachten, und er daher ganz unmittelbar auf seine Sinne wirken konnte. Erde und Himmel waren wie frisch gewaschen, die braunen Felder waren richtiggehend appetitlich, und die Wiesen auf den Hügelkuppen sahen aus wie die gestutzte Mähne eines Pferdes. Der Himmel schien weiter entfernt zu sein als sonst, doch auch klarer, sodass die Ränder der langen, schmalen Wolkenstreifen (schieferfarben vor blassem Blau) so scharf waren wie auf einem Scherenschnitt. Jede kleine Baumgruppe war schwarz und struppig wie eine Bürste, und als der Wagen in Cure Hardy hielt und der Motor abgeschaltet war, war die Stille vom Krächzen der Krähen erfüllt, die zu rufen schienen: »Wart! Wart!«
»Machen einen schrecklichen Lärm, diese Vögel«, sagte Cosser. »Haben Sie die Karte? Gut, dann also los.« Er ging sofort an die Arbeit.
Zwei Stunden lang wanderten sie durch das Dorf und sahen mit eigenen Augen all die Missstände und Anachronismen, die sie zerstören wollten. Sie sahen den widerspenstigen und rückständigen Landarbeiter und hörten seine Ansichten über das Wetter. Sie begegneten dem verschwenderisch unterstützten Armen in der Gestalt eines alten Mannes, der über den Hof des Spitals schlurfte, um einen Kessel zu füllen, und beobachteten eine Rentnerin (um das Maß voll zu machen, hatte sie einen fetten alten Hund bei sich) in ernstem Gespräch mit dem Postboten. Das gab Mark das Gefühl, in den Ferien zu sein, denn nur in Ferienzeiten war er je in ein englisches Dorf gekommen. Aus diesem Grund machte es ihm Spaß. Es entging ihm nicht, dass das Gesicht des rückständigen Landarbeiters um einiges interessanter war als das Cossers und seine Stimme dem Ohr viel angenehmer. Die Ähnlichkeit zwischen der Rentnerin und Tante Gilly (wann hatte er das letzte Mal an sie gedacht? Lieber Himmel, das lag lange zurück …) machte ihm klar, wie es möglich war, eine solche Person zu mögen. All das beeinflusste jedoch nicht im Geringsten seine soziologischen Überzeugungen. Selbst wenn er nichts mit Belbury zu tun und keinerlei Ehrgeiz gehabt hätte, wäre es nicht anders gewesen, denn seine Erziehung hatte dazu geführt, dass ihm Gelesenes und Geschriebenes wirklicher vorkamen als die Dinge, die er sah. Statistiken über Landarbeiter waren das Wesentliche: jeder wirkliche Grabenmacher, Pflüger oder Melker war nur ein Schatten. Obgleich es ihm selbst niemals aufgefallen war, vermied er nach Möglichkeit in seiner Arbeit Worte wie Mann oder Frau. Er zog es vor, über Berufsgruppen, Elemente, Klassen, Populationen und dergleichen zu schreiben, denn auf seine Art glaubte er so fest wie jeder Mystiker an die übergeordnete Wirklichkeit der Dinge, die man nicht sehen kann. Dennoch konnte er nicht umhin, dieses Dorf zu mögen. Als er gegen ein Uhr Cosser überredete, im Wirtshaus einzukehren, sagte er es sogar. Sie hatten beide Sandwiches mitgebracht, aber Mark hatte Lust auf ein Bier. In der Gaststube war es sehr warm und ziemlich dunkel, denn das Fenster war klein. Zwei Arbeiter (zweifellos widerspenstig und rückständig) saßen vor irdenen Krügen und aßen dicke Stullen, und ein dritter lehnte an der Theke und unterhielt sich mit dem Wirt.
»Für mich kein Bier, danke«, sagte Cosser. »Und wir wollen lieber nicht zu lange hier herumhängen. Was haben Sie gesagt?«
»Ich habe gesagt, dass ein Ort wie dieser an einem schönen Tag doch recht reizvoll ist, trotz all seiner offensichtlichen Mängel.«
»Ja, es ist in der Tat ein schöner Tag. Ein bisschen Sonnenschein ist wirklich gut für die Gesundheit.«
»Ich dachte an den Ort.«
»Sie meinen dies hier?«, sagte Cosser mit einem Blick durch den Raum. »Ich dachte, das wäre gerade das, was wir loswerden wollen. Kein Licht, keine Luft. Ich selbst habe für Alkohol nicht viel übrig – Sie sollten mal den Miller-Report lesen –, aber wenn die Leute sich unbedingt stimulieren müssen, dann sollte das wenigstens in einer hygienischeren Form geschehen.«
»Ich glaube nicht, dass es nur um das Stimulieren geht«, sagte Mark und blickte in seinen Bierkrug. Die ganze Situation erinnerte ihn an lang zurückliegende Wirtshausge-spräche – an Gelächter und Diskussionen während seiner
Studentenzeit. Irgendwie hatte man sich damals leichter angefreundet. Er fragte sich, was aus der ganzen Truppe wohl geworden war – aus Carey und Wadsden und aus Denniston, der beinahe seinen eigenen Lehrstuhl bekommen hätte.
»Nun, dazu kann ich nicht viel sagen«, meinte Cosser, »Ernährungswissenschaft ist nicht mein Fach. Da müssen Sie Stock fragen.«
»Ich denke nicht so sehr an diesen Pub«, sagte Mark, »sondern an das ganze Dorf. Natürlich haben Sie Recht: solche Dinge müssen verschwinden. Aber es hatte auch seine angenehmen Seiten. Wir werden Acht geben müssen, dass das neue Dorf das alte wirklich in allen Bereichen übertrifft – nicht bloß in der Effizienz.«
»Ah, Architektur und so«, sagte Cosser. »Nun, das ist kaum mein Fachgebiet, wissen Sie. Das ist mehr etwas für Leute wie Wither. Sind Sie fertig?«
Ganz plötzlich überkam Mark die Erkenntnis, was für ein schrecklicher Langweiler dieser Mann war, und im selben Augenblick war er das N.I.C.E. entsetzlich leid. Aber er hielt sich vor Augen, dass man nicht erwarten könne, sofort in den interessanten Kreis aufgenommen zu werden; später würde es schon besser werden. Außerdem hatte er noch nicht alle Brücken hinter sich abgebrochen. Vielleicht würde er den ganzen Krempel hinwerfen und in ein, zwei Tagen zum College zurückkehren. Aber noch nicht sofort. Es schien nur vernünftig, noch eine Weile auszuharren und zu sehen, wie die Dinge sich entwickelten.
Auf der Rückfahrt setzte Cosser ihn in der Nähe des Bahnhofs von Edgestow ab, und während Mark zu Fuß nach Hause ging, überlegte er, was er Jane über Belbury erzählen würde. Es wäre falsch zu sagen, er denke sich bewusst eine Lüge aus. Als er sich vorstellte, wie er die Wohnung betrat und in Janes fragendes Gesicht blickte, hörte er unwillkürlich, wie seine eigene Stimme die Grundzüge von Belbury amüsant und selbstbewusst schilderte. Diese imaginäre Rede vertrieb nach und nach die wirklichen Erfahrungen, die er dort gemacht hatte, aus seinem Bewusstsein. Jene wirklichen Erfahrungen, die Befürchtungen und das Unbehagen verstärkten sogar noch sein Verlangen, in den Augen seiner Frau eine gute Figur zu machen. Beinahe unbewusst hatte er beschlossen, die Sache mit Cure Hardy nicht zu erwähnen; Jane hatte etwas übrig für alte Gebäude und dergleichen. So stand Jane – die gerade die Vorhänge zuzog –, als sie die Tür gehen hörte und sich umdrehte, einem ziemlich unbeschwerten und aufgekratzten Mark gegenüber. Ja, er sei fast sicher, dass er die Stellung bekommen habe. Die Gehaltsfrage sei noch nicht endgültig geklärt, aber er werde sich morgen darum kümmern. Es sei ein komischer Ort, aber das werde er ihr alles später erklären. Er habe auch bereits die richtigen Leute getroffen. Wither und Miss Hardcastle seien die entscheidenden Personen. »Ich muss dir von dieser Hardcastle erzählen«, sagte er. »Das ist eine unglaubliche Frau.«
Jane musste sehr viel schneller als Mark entscheiden, was sie ihm sagen würde und was nicht. Und sie beschloss, nichts von den Träumen und ihrem Besuch in St. Anne’s zu erzählen. Männer konnten Frauen, mit denen etwas nicht stimmte, nicht leiden, schon gar nicht, wenn es dabei um seltsame, ungewöhnliche Dinge ging. Es fiel ihr nicht schwer, bei ihrer Entscheidung zu bleiben, denn Mark war von seinen eigenen Geschichten so in Anspruch genommen, dass er ihr keine Fragen stellte. Was er sagte, konnte sie allerdings nicht recht überzeugen, weil alle Einzelheiten unbestimmt blieben. Sehr bald schon unterbrach sie ihn mit scharfer, ängstlicher Stimme (sie hatte keine Ahnung, wie zuwider ihm dieser Tonfall war): »Mark, du hast doch nicht etwa deinen Lehrstuhl am Bracton College aufgegeben?« Er sagte Nein, natürlich nicht, und redete weiter. Sie hörte nur mit halbem Ohr zu. Sie wusste, dass er manchmal hochfliegende Pläne hatte, und etwas in seinem Gesicht sagte ihr, dass er während seiner Abwesenheit viel mehr getrunken hatte als gewöhnlich. Und so stellte das Vogelmännchen den ganzen Abend lang sein Gefieder zur Schau, und das Vogelweibchen spielte seine Rolle, stellte Fragen, lachte und heuchelte mehr Interesse, als es empfand. Beide waren jung, und wenn auch keiner den anderen sehr innig liebte, so wollte doch jeder bewundert sein.
7 _______
Am gleichen Abend saß das Kollegium des Bracton Colleges im Speisesaal bei Wein und Dessert. Während des Krieges hatten sie aus Sparsamkeitsgründen auf das obligate Umkleiden zum Abendessen verzichtet und den traditionellen Brauch seither noch nicht wieder aufgenommen; ihre sportlichen Sakkos und Strickjacken passten nicht recht zu der dunklen Holztäfelung der Wände, dem Kerzenschein und dem Tafelsilber aus verschiedenen Epochen. Feverstone und Curry saßen beisammen. Dreihundert Jahre lang war dieser Gesellschaftsraum eine der angenehmen und stillen Stätten Englands gewesen. Er lag am Lady-Alice-Hof, im Erdgeschoss unter dem Sitzungssaal, und durch die Fenster der Ostseite sah man über eine kleine Terrasse hinweg (wo das Kollegium an warmen Sommerabenden oft das Dessert einnahm) auf den Fluss und den Bragdon-Wald. Zu dieser Jahreszeit und Stunde waren die Fenster natürlich geschlossen und die Vorhänge zugezogen. Doch von draußen drangen Geräusche herein, die in diesem Raum nie zuvor vernommen worden waren – Gebrüll und Flüche, das dumpfe Dröhnen schwerer Lastwagen, die vorbeidonnerten oder krachend die Gänge wechselten, das Rattern von Presslufthämmern, Eisengeklirr, Kettengerassel, Pfiffe, dumpfe Schläge und ein alles durchdringendes Vibrieren. »Saeva sonare verbera, turn stridor ferri tractaegue catenae«, wie Glossop am Kaminfeuer zu Jewel bemerkt hatte. Denn hinter den Fenstern, kaum dreißig Schritte entfernt am anderen Ufer des Wynd, wurde der alte Wald im Handumdrehen in ein Inferno aus Schlamm und Lärm, Stahl und Beton verwandelt. Selbst einige Mitglieder des Progressiven Elements – diejenigen, die ihre Zimmer auf dieser Seite des Colleges hatten – beschwerten sich bereits darüber. Curry selbst war einigermaßen überrascht von der Form, die sein Traum nun, da er Wirklichkeit geworden war, angenommen hatte; aber er hielt eisern daran fest, und obgleich er bei seinem Gespräch mit Feverstone aus voller Kehle schreien musste, spielte er mit keinem Wort auf diese Unannehmlichkeit an.
»Dann steht also fest«, brüllte er, »dass der junge Studdock nicht zurückkommt?«
»Absolut«, rief Feverstone. »Er hat mir durch einen hohen Funktionär eine Botschaft geschickt und mich gebeten, dem College Bescheid zu geben.«
»Wann wird er seinen Abschied formal einreichen?«
»Keine Ahnung! Wie alle jungen Leute nimmt er es mit den Formalitäten nicht so genau. Je länger er übrigens damit wartet, desto besser.«
»Sie meinen, das gibt uns Gelegenheit, uns in Ruhe umzusehen?«
»Genau. Sehen Sie, das Kollegium braucht erst davon zu erfahren, wenn er geschrieben hat. Und in der Zwischenzeit können wir die Frage seines Nachfolgers bereits regeln.«
»Sehr gut. Das ist äußerst wichtig. Wenn man all diesen Leuten, die vom Fach nichts verstehen und nicht wissen, was sie wollen, eine offene Frage vorlegt, dann ist alles möglich.«
»Richtig. Das wollen wir vermeiden. Die einzige Methode, eine Einrichtung wie diese zu leiten, besteht darin, dass man seinen Kandidaten wie ein Kaninchen aus dem Hut zaubert, gleich nachdem man das Rücktrittsgesuch bekannt gegeben hat.«
»Wir müssen uns sofort um einen Nachfolger küm-
mern.«
»Muss das ein Soziologe sein? Ich meine, ist der Lehrstuhl an dieses Fach gebunden?«
»Nein, keineswegs. Warum? Haben Sie an ein anderes Fachgebiet gedacht?«
»Wir haben schon lange keinen Politologen mehr genommen.«
»Hm … ja. Allerdings gibt es noch immer beträchtliche Widerstände gegen die Anerkennung der Politologie als wissenschaftliches Fach. Was meinen Sie, Feverstone, sollten wir nicht der neuen Disziplin in den Sattel helfen?«
»Welcher neuen Disziplin?«
»Der Pragmatometrie.«
»Nun, es ist wirklich komisch, dass Sie das sagen, denn der Mann, an den ich denke, ist ein Politikwissenschaftler, der sich auch ziemlich intensiv mit Pragmatometrie beschäftigt hat. Man könnte es Lehrstuhl für soziale Pragmatometrie nennen oder so ähnlich.«
»Wer ist der Mann?«
»Laird – vom Leicester College, Cambridge.«
Curry machte schon beinahe automatisch ein nachdenkliches Gesicht, obwohl er nie von Laird gehört hatte, und sagte: »Ach ja, Laird. Wissen Sie Genaueres über seine akademische Laufbahn?«
»Nun«, sagte Feverstone, »wie Sie sich erinnern werden, war er zur Zeit der Abschlussexamina bei schlechter Gesundheit und erlitt ziemlichen Schiffbruch. Doch die Prüfungen in Cambridge sind heutzutage so schlecht, dass das kaum etwas zu sagen hat. Jeder wusste, dass er einer der brillantesten Köpfe seines Jahrgangs war. Er war Herausgeber einer Studentenzeitschrift. David Laird, wissen Sie.«
»Ja, richtig. David Laird. Aber ich muss sagen, Dick …«
»Ja?«
»Mir gefällt sein schlechtes Examensergebnis nicht recht. Natürlich messe ich solchen Ergebnissen keine übertriebene Bedeutung bei, aber trotzdem … In letzter Zeit haben wir ein- oder zweimal eine unglückliche Wahl getroffen.« Als er das sagte, blickte Curry unwillkürlich zu Pelham hinüber – Pelham mit dem kleinen Knopfmund und dem Puddinggesicht. Pelham war ein zuverlässiger Mann, doch selbst Curry fand es schwierig, sich an irgendetwas zu erinnern, das Pelham jemals getan oder gesagt hätte.
»Ja, ich weiß«, sagte Feverstone, »aber selbst unsere schlechtesten Leute sind nicht ganz so blödsinnig wie diejenigen, die das College beruft, wenn wir es sich selbst überlassen.«
Vielleicht hatte ja der unerträgliche Lärm seine Nerven angegriffen, jedenfalls zweifelte Curry einen Augenblick lang an der ›Blödsinnigkeit‹ dieser Außenseiter. Kürzlich hatte er im Northumberland College zu Abend gegessen und hatte dort auch Telford angetroffen. Der Kontrast zwischen dem wachen und geistreichen Telford, den im Northumberland College jeder zu kennen schien und dem jeder zuhörte, und dem ›blödsinnigen‹ Telford im Gesellschaftsraum des Bracton Colleges hatte ihn verblüfft. Könnte es sein, dass es für das Schweigen all dieser ›Außenseiter‹ in seinem eigenen College, für ihre einsilbigen Antworten, wenn er sich mit ihnen einließ, und ihre ausdruckslosen Mienen, wenn er einen vertraulichen Ton anschlug, eine Erklärung gab, die ihm nie in den Sinn gekommen war? Die absurde Vorstellung, dass er, Curry, ein Langweiler sein könne, ging ihm so rasch durch den Sinn, dass er sie bereits eine Sekunde später für immer vergessen hatte. Dafür wurde die viel weniger schmerzhafte Vorstellung beibehalten, dass diese Traditionalisten und Fachidioten auf ihn herabsähen. Aber Feverstone rief ihm wieder etwas zu.
»Ich bin nächste Woche in Cambridge«, sagte er, »und werde dort ein Essen geben. Ich möchte, dass es unter uns bleibt, denn möglicherweise kommt der Premierminister und vielleicht ein paar wichtige Zeitungsleute und Tony Dew. Was? Ach, natürlich kennen Sie Tony. Dieser kleine, dunkelhaarige Mann von der Bank. Laird wird auch kommen. Er ist ein entfernter Verwandter des Premierministers. Ich habe mich gefragt, ob Sie nicht auch kommen könnten. Ich weiß, dass David Sie sehr gerne kennen lernen möchte. Er hat schon viel von Ihnen gehört von jemandem, der immer in Ihre Vorlesungen gegangen ist. Ich kann mich an den Namen nicht mehr erinnern.«
»Nun, das könnte schwierig werden. Es hängt davon ab, wann der alte Bill beerdigt wird. Dann müsste ich natürlich hier sein. Ist in den Sechsuhrnachrichten etwas über die Ermittlungen gesagt worden?«
»Ich habe die Nachrichten nicht gehört. Aber das wirft natürlich eine zweite Frage auf. Nun, da der Blizzard in einer besseren Welt stürmt, haben wir zwei freie Stellen.«
»Ich kann nichts hören!«, schrie Curry. »Wird dieses Geräusch immer lauter, oder werde ich taub?«
»Sagen Sie mal, Curry«, rief Brizeacre, der auf der anderen Seite neben Feverstone saß, »was zum Teufel tun eigentlich Ihre Freunde da draußen?«
»Können sie nicht arbeiten, ohne zu brüllen?«, fragte ein anderer.
»Ich finde, es hört sich überhaupt nicht wie Arbeit an«, sagte ein Dritter.
»Hören Sie!«, rief Glossop plötzlich. »Das hat nichts mit Arbeit zu tun! Hören Sie das Gerenne! Das ist mehr wie ein Rugbyspiel.«
»Es wird mit jeder Minute schlimmer«, sagte Raynor.
Im nächsten Augenblick sprangen fast alle Anwesenden auf. »Was war das?«, rief einer. »Sie bringen jemanden um«, sagte Glossop. »So schreit nur jemand, dem es an die Kehle geht.«
»Wohin gehen Sie?«, fragte Curry. »Nachsehen, was da passiert«, sagte Glossop. »Curry, gehen Sie und trommeln Sie alle Collegediener zusammen. Jemand muss die Polizei anrufen!«
»Ich an Ihrer Stelle würde nicht hinausgehen«, sagte Feverstone, der sitzen geblieben war und sich Wein nachschenkte. »Es hört sich an, als ob die Polizei oder so schon da wäre.«
»Was meinen Sie damit?«
»Hören Sie. Da!«
»Ich dachte, das wären diese höllischen Presslufthämmer.«
»Hören Sie genau hin!«
»Mein Gott … meinen Sie wirklich, das ist ein Maschinengewehr?«
»Vorsicht Vorsicht!«, riefen ein Dutzend Stimmen durcheinander, als Glas splitterte und klirrte und Steine auf den Boden des Gesellschaftsraums hagelten. Einige Dozenten waren sofort zu den Fenstern gestürzt und schlossen die Läden; und dann standen sie alle da und starrten einander schwer atmend an. Niemand sagte ein Wort. Glossop hatte eine Schnittwunde an der Stirn, und auf dem Boden lagen die Scherben jenes berühmten Ostfensters, in das Henrietta Maria einst mit einem Diamanten ihren Namen geritzt hatte.
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