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»Eben.«
Jonas seufzte. Manchmal konnte Max echt nervtötend sein. Und er vermutete, dass sein Freund das auch wusste. Sie hatten die ersten beiden Play-Off-Spiele hinter sich, nach denen es in der Serie unentschieden stand, und befanden sich mitten in der knallharten Trainingsphase. Aber statt sich in den wenigen Stunden auszuruhen, in denen sie das konnten, bevor heute Abend wieder eine weitere Trainingseinheit auf sie wartete, fiel Max nichts Besseres ein, als ein Treffen mit seiner offenbar neuen Bekanntschaft zu arrangieren bei welchem er aus Gründen, die er noch immer nicht vollkommen nachvollziehen konnte, mit von der Partie sein sollte.
Er blieb stehen, stopfte seine Hände in die Hosentasche und beobachtete eine fahrende Spielzeugeisenbahn durch ein Schaufenster. »Warum zum Teufel machen wir das noch mal?«
»Weil es um Kinder geht.« antwortete Max mittlerweile leicht angesäuert. »Und es eine gute Sache ist.«
»Vieles ist eine gute Sache. Der Bau von Schulen in Afrika, Ärzte ohne Grenzen oder das Schuhkartonprojekt zu Weihnachten. Nichts davon hat dich bislang interessiert.«
»Tja, diesmal interessiert es mich eben.«
»Oder jemand.«
Max drehte sich so, dass er links neben Jonas stand und ebenfalls durch die Glasscheibe des Ladens sehen konnte. »Ist das wichtig?«
»Vermutlich nicht.« gab dieser zu. Allerdings war er sich noch nicht sicher, was er davon halten sollte. Max war bislang nie der Typ für längere Beziehungen gewesen. Nicht, dass er es nie in Betracht ziehen würde, aber im Augenblick konnten sie sich keine Ablenkung erlauben. Max sah das normalerweise genau wie er. Sie standen am Höhepunkt ihrer Karriere. Warum er jetzt jedoch offenbar gerade dabei war, seine Meinung zu ändern, blieb ihm ein Rätsel. Denn auch wenn Max etwas anderes behauptete, konnte er ihm nichts vormachen. Er wäre nie dazu bereit gewesen, sich auf so ein Projekt einzulassen, noch dazu mitten in der härtesten und wichtigsten Spielphase der Saison, wenn da nicht mehr dahinter stecken würde.
»Da vorne sind sie.« hörte er seinen Freund sagen und sah auf. Er bemerkte eine zierliche Frau mit schwarzen lockigen Haaren die mit einer anderen Frau an einem der runden Tische in dem Cafe saß und über irgendwelchem Papierkram die Köpfe zusammensteckte. Kurz bevor sie die beiden erreichten, hob die andere Frau den Kopf und er spürte den Schlag noch bevor sie ihn überhaupt richtig ansah. Er war Eishockeyprofi. Er verdiente sein Geld damit Prügel auszuteilen und auch einzustecken, aber auf diesen Tritt war er nicht vorbereitet gewesen. Verdammt. »Wer ist das?«
»Emma-Sophie. Das habe ich dir doch erzählt. Kannst du jemals irgendwann zuhören?«
»Nein. Ich meine die andere.« Zumindest hoffte er das.
»Die Blonde? Ihre Freundin. Bea glaube ich. Sie arbeitet auch im Kinderheim.«
Max bewegte sich ein paar Schritte schneller und hielt vor Emma-Sophie an. »Guten Tag die Damen. Darf ich Euch Jonas Meiers vorstellen? Er ist einer meiner Teamkollegen und hat sich netterweise bereit erklärt, ebenfalls an der Veranstaltung teilzunehmen.«
Jonas gelang es immerhin aus seiner Trance zu erwachen und die Hand zu ergreifen die Emma-Sophie im lächelnd entgegenstreckte. Das hielt er für ein gutes Zeichen. »Danke. Es ist wirklich toll, dass ihr uns helfen wollt.« Sie wandte ihren Kopf zu der blonden Schönheit neben ihr. »Das ist Bea Lennark.« Er schüttelte Emmas Hand, während er jedoch wie ein Trottel die Frau neben ihr anstarrte. Ihre Haare waren zu einem dieser hohen Pferdeschwänze zusammengebunden, woraus sich jetzt ein paar vereinzelte Haarsträhnen lösten. Ihr Mund war knallrot geschminkt und sie trug eines dieser locker sitzenden Tanktops unter einer schwarzen Weste. Es war weiß und hier und da spitzelten Teile ihres BHs hindurch. Sie legte ihren Kopf leicht schräg, sodass einer ihrer riesigen Kreolen-Ohrringe ihre nackte Haut an der Schulter berührte. Dann hob sie kurz die Hand zum Gruß. »Hi.«
Er schluckte und versuchte sich wieder zu sammeln. Normalerweise gab er durchaus eine recht gute Figur bei Frauen ab. Es stand ihm jetzt nicht unbedingt der Sinn danach, gerade heute mit dem Gegenteil anzufangen.
Max rückte sich einen Stuhl zurecht und nahm neben Emma Platz. »Es ist eine gute Sache.« erwiderte dieser nur und bestellte sich dann eine Cola. Jonas nahm dasselbe und zog sich ebenfalls einen Stuhl heran. »Genau.«
Er bemerkte wie Max seine Augen zusammenkniff und ihn leicht verwundert ansah. Er würde ihn ohne mit der Wimper zu zucken beim nächsten Training knallhart über die Bande werfen, sollte er es wagen, jetzt irgendetwas zu sagen. Glücklicherweise enthielt sich Max jeden weiteren Kommentars.
»Das Ganze ist für den Samstag nach dem Play-Off-Finale geplant.« begann Emma und reichte Max und ihm ein Blatt Papier. »Wir wissen, dass ihr gerade sehr eingespannt sein und versprechen, dass wir uns um alles kümmern werden.«
Jonas nahm den Zettel und studierte den darauf abgebildeten Ablauf. »Es wird Steak und Würstchen geben und einen Eiswagen. Es wird nicht einfach, aber wir hoffen auch noch eine Hüpfburg aufzutreiben. Ein Zelt wird aufgestellt und Getränke bekommen wir gesponsert. Das einzige um was wir uns noch kümmern müssen, ist die Werbung. Schließlich wollen wir ja so viele Menschen wie möglich erreichen.« Emma-Sophie hielt kurz inne. »Es wäre vermutlich hilfreich, wenn wir Plakate drucken lassen.« Wieder entstand eine Pause. Plakate klangen logisch. Die konnte man überall aufhängen. Jonas wollte gerade seinen Zuspruch äußern, als Emma weitersprach. »Wir dachten wir könnten so eine Art »Meet and Greet« anbieten. Als eine Art Versteigerung. Ihr wisst schon. Um mehr Geld in die Kasse zu bekommen. Das würden wir dann mit einem Foto von Euch auf dem Plakat ankündigen.«
Etwas, was er als persönliche Form der Hölle bezeichnete. Sicher, er mochte Frauen, und früher hätte ihm das vermutlich auch nichts ausgemacht aber mittlerweile hasste er solche Auftritte. Er wollte nicht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit von weiblichen Fans stehen die nur darauf hofften mit ihm ins Bett zu gehen oder schlimmer, sich sogar einbildeten eine Beziehung mit ihm haben zu können. Und das geschah zweifellos, da war er sicher. Was ihn daher umso mehr verwunderte war, als er sich sagen hörte:« Sicher, kein Problem.«
Und auch Max schien sich nicht gegen diesen Vorschlag zu wehren. Er saß nur da, sah ihn an und zuckte mit den Achseln, was so viel bedeutete wie »da müssen wir jetzt eben durch«.
»Super. Dann brauchen wir nur noch eine Zeit und einen Ort für das Foto.« Emma griff nach einem Stift der auf dem Tisch lag, und zog ein Notizbuch aus der Tasche. »Gibt es in der nächsten Zeit irgendwelche freien Termine die wir nutzen könnten?«
»Wie wäre es, wenn wir es gleich direkt im Stadion machen?« schlug Max vor. »Ihr kommt einfach zu unserem nächsten Heimspiel?« Dabei sah er Emma mit einem verschmitzten Blick an. »Ich verspreche auch, dass ich dich dieses Mal nicht versetzen werde.«
Eigentlich hatte Emma-Sophie nicht vorgehabt so schnell noch einmal einen Schritt in dieses Stadion zu machen. Abgesehen von den höllischen Kopfschmerzen die sie von jenem Abend davongetragen hatte, befand sie sich gerade in einem Stadium irgendwo zwischen dem Gefühl so weit weg von Max wie möglich aber gleichzeitig auch so nah wie möglich sein zu wollen. Und das verwirrte sie. Er war lustig, charmant und sexy. Noch dazu half er ihr uneigennützig mit dem Kinderheim, was ihn noch unwiderstehlicher machte. Aber gerade weil das so war und er seine ohnehin kaum vorhandene Freizeit für sie opferte ergab sie sich dem Unvermeidlichen. »In Ordnung.«
»Gut. Ich lasse Euch die Karten zukommen.« Max stand auf. »Hast du noch eine Minute?« Damit sah er Emma eindringlich an. Diese hätte am liebsten den Kopf geschüttelt. Sie wollte nicht mit Max allein sein, denn sie wusste was dann passierte.
Ihr ganzer Körper begann zu kribbeln und auch wenn das durchaus ein angenehmes Gefühl war, passte es gerade einfach nicht in ihren Plan. Nur leider stand auch das nicht zur Debatte. Ein »Nein« würde er sicher ohnehin nicht akzeptieren. »Sicher,« sagte sie daher betont gleichgültig.
Er nahm ihre Hand und zog sie Richtung Ausgang, nachdem er einen 10,00 EUR-Schein auf den Tisch gelegt hatte. An Jonas gewandt fügte er hinzu:« Wir sehen uns draußen.« Wobei sein Blick eindeutig darauf hinwies, dass er sich damit definitiv noch Zeit lassen sollte.
»Geht klar.« Mit einem kurzen Augenzwinkern sah seinem Freund hinterher. Doch kaum war Max verschwunden, bemerkte er sein Dilemma. Nun war er mit Bea allein. Es wäre also klug, wenn er langsam wieder einen klaren Kopf bekam.
»Arbeiten Sie schon lange in diesem Kinderheim?« wollte er daher wissen, da ihm eine normale Konversation am ungefährlichsten erschien.
»Ein paar Jahre.«
»Wie kommt man dazu Erzieherin werden zu wollen?« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schlug lässig die Beine übereinander.
»Vermutlich aus dem gleichen Grund warum sie Eishockeyspieler geworden sind.« antwortete sie.
Er zog die Augenbrauen nach oben und sah sie amüsiert an. »Ich hätte jetzt nicht gedacht, dass sie auf rohe Gewalt stehen. Muss ich mir um die Kinder Sorgen machen?«
Sie warf ihm einen giftigen Blick zu. »Ich denke Sie wissen was ich damit sagen wollte.«
Wahrscheinlich. Dennoch machte es Spaß sie zu ärgern. »Müssen Sie so schwierig sein?«
Bea runzelte die Stirn. Normalerweise verhielt sie sich nicht so kratzbürstig. Aber aus irgendeinem Grund nervte er sie. »Es hat sie keiner gebeten zu bleiben.«
Er lächelte. Was sie aus nicht erklärbaren Umständen nur noch wütender machte. »Aber auch nicht zu gehen.« meinte er dann nur.
»Da haben Sie recht. Würden Sie also die Güte haben und mich alleine lassen?« fragte sie zuckersüß.
»Eigentlich sitze ich gerade ganz bequem.«
»Toll. Wir sind ja hier ohnehin fertig. Genießen Sie ihre Cola.« Bea warf die Stifte und die herumliegenden Blätter in ihre Tasche und stand auf. »Schönen Tag noch.«
»Warten Sie.« Hastig griff Jonas nach Beas Arm. »Bleiben Sie sitzen. Bitte.« fügte er noch eilig hinzu, als sie ihm erneut einen vernichtenden Blick zuwarf. »Es tut mir leid. Ich wollte sie nur etwas aufziehen.«
»Warum?« Tja, das war eine berechtigte Frage. »Ich weiß nicht. Ich schätze, weil sie mich interessieren.« erwiderte er wahrheitsgemäß und sah ihr dabei direkt in die Augen.
»Verärgern sie alle Frauen für die Sie sich interessieren?«
Er verzog den Mund zu einem vielversprechenden Lächeln. »Das hoffe ich doch nicht. Kommen Sie, ich lade sie noch auf einen Kaffee ein.« Bea zögerte. Dann ließ sie sich zurück auf den Stuhl sinken.
»Latte Macchiato. Mit Extrasahne.«
»Was immer Sie glücklich macht.«
Der Verkehr war die Hölle, also zog Max Emma ein Stück entfernt von dem Cafe auf eine alte Holzbank. Ihr Gesicht war blasser als sonst und irgendwie wirkte sie anders. Trauriger. Er wusste nicht wieso ihn das störte, nur dass es das tat. Emma-Sophie war eine Ablenkung, also genau das, was er gerade am allerwenigstens gebrauchen konnte. Leider schien es ihm jedoch unmöglich zu sein, ihr aus dem Weg zu gehen. Und wenn er ganz ehrlich war, wusste er auch gar nicht warum er das tun sollte. Er mochte sie. Sie war süß und sexy und brachte eine Leidenschaft an den Tag, die er bewunderte.
Er nahm sie bei den Schultern und drehte sie zu sich um. »Was ist los?«
»Nichts.«
»Nichts ist die Mutter von Alles.«
Emma zog ihre Jacke etwas fester zu als ein Windstoß sie erreichte. »Was?«
Er nahm ihre Hände in seine. Zum einen weil sie zitterte, zum anderen weil er sie spüren wollte. »Ich kenne dieses Nichts. Mehr als du ahnst. Vielleicht willst du nicht darüber reden, aber glaube mir, es hilft.« Lügen und Verdrängen waren bei ihm schließlich in seiner Kindheit an der Tagesordnung gestanden. Seine Schwester hatte versucht ihn zu beschützen, genauso wie seine Eltern es getan hatten, aber das war falsch gewesen. Die Wahrheit war so viel mehr als manchmal nur ein bitterer Nachgeschmack. Sie half einem auch mit Dingen umzugehen. Sie machte einen stärker, auch wenn man es im ersten Moment nicht glauben würde.
»Da gibt es nicht viel zu reden.« Emma-Sophie zuckte mit den Achseln und lies sich langsam auf die Bank sinken. Max setzte sich neben sie und wartete. Wenn er es darauf anlegte, konnte er sehr geduldig sein. Und in diesem Fall, so schätzte er, würde er das auch sein müssen. Irgendetwas bedrückte Emma, gleichzeitig spürte er aber auch, dass sie noch nicht wirklich bereit zu sein schien, darüber zu sprechen.
Er sah zu, wie sie den Kopf leicht in den Nacken legte und Richtung Himmel blickte. Während sie die Augen schloss atmete sie gleichzeitig scharf ein und wieder aus.
Was wäre schon dabei wenn sie es ihm erklärte? Wahrscheinlich suchte er dann sowieso schnellstmöglich das Weite. Da sie ohnehin nicht vorhatte das Ganze zu intensivieren wirkte das sogar ziemlich verlockend. Nur war er es das irgendwie nicht. Denn so sehr sie sich auch dagegen sträubte mehr für Max zu empfinden, wünschte sie sich gleichzeitig doch genau das. Sie wollte das was alle wollten. Liebe, Leidenschaft und eine eigene Familie. Eine Familie, die sie im Augenblick nicht haben konnte.
» Es gibt da zwei Kinder. Maja und Joshua. Sie sind Zwillinge und ihre Eltern bei einem Autounfall gestorben, seitdem sind sie bei uns im Heim. Gestern war eine Pärchen bei uns und hat sich um ihre Adoption beworben.«
Max wusste nicht viel über Kinderheime aber er ging doch schwer davon aus, dass Adoptionen eigentlich etwas positives waren. »Okay. Und das ist nicht gut?« fragte er daher vorsichtig.
»Nein. Doch.« Emma schüttelte den Kopf. »Natürlich ist das gut. Ich wünsche mir eine Familie für die beiden. Es ist nur so, dass ich insgeheim gehofft habe, ich könnte diese Familie sein.«
»Und das kannst du nicht?« fragte er sanft.
Wieder schüttelte Emma den Kopf. »Die Regeln für eine Adoption sind sehr streng. Ein alleinerziehendes Elternteil wird von Haus aus fast immer abgelehnt, es sei denn sie besitzt ein stabiles und profitables Umfeld, was so viel bedeutet wie...«
»Geld und Status.« beendete Max den Satz.
»Ja.« Emma-Sophie seufzte. »Ich habe weder einen gut bezahlten Job, noch eine große Wohnung, geschweige den irgendein nennenswertes Vermögen auf der Bank.«
»Aber du liebst du beiden.« stellte er fest.
»Von ganzem Herzen.«
Was mehr als genügen sollte, es aber eben nicht tat. Weil bei manchen Situationen Geld nun einmal mehr wert war als Liebe. Nur sollte es definitiv nicht so sein, dachte Max bitter. Er ignorierte den Drang zur Flucht der ihn überkam. Emma-Sophie war nicht nur eine starke Persönlichkeit, die ihn mehr als nur ein wenig in Versuchung führte. Sie wollte auch noch Kinder adoptieren. In seinem Lebensplan kamen - zum jetzigen Zeitpunkt zumindest - weder eine Frau, und schon gar keine Kinder vor. Er sollte schleunigst das Weite suchen, solange er noch die Chance dazu hatte. Zu dumm nur, dass ihm das einfach nicht gelang. Er wollte ihr helfen. Was dumm war. Nur schien er irgendwie sowieso keine Wahl zu haben. »Dann wirst du sie auch bekommen.«
Emma-Sophie lächelte ihn dankbar an. »Ich weiß, dass das wohl eher nicht passieren wird, aber es ist trotzdem nett dass du das gesagt hast.«
Er legte eine Hand an ihre Wange und sah ihr tief in die Augen. »Gib nicht auf.«
Ihre Haupt prickelte vor Erregung als er sie berührte. »Okay.« brachte sie mühsam hervor. Himmel, dieser Mann brachte sie echt um den Verstand. Er war ihr so nahe, dass sein Gesicht nur noch Zentimeter von ihrem entfernt war. Wie es sich wohl anfühlen würde seine Lippen auf ihren zu spüren? Es war so lange her, seit sie sich auf einen Mann eingelassen hatte. Seit Brian hatte es niemanden mehr gegeben und das war jetzt auch schon mehr als drei Jahre her. Er beugte sich noch ein Stück weiter zu ihr, zumindest glaubte sie das. Vielleicht war es aber auch nur reines Wunschdenken. Ihr Herz begann wie wild zu pochen und sie schluckte heftig um die aufkommende Panik zu ignorieren. Sollte sie ihm entgegenkommen oder warten? Himmel, warum war das nur so kompliziert? Jetzt könnte sie ein klein wenig mehr Mut gebrauchen. Nur ein klitzekleines bisschen. Bea hätte vermutlich nicht lange gefackelt. Tja dumm nur, dass sie eben nicht Bea war. Doch bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, was sie jetzt tat, gab es einen lauten Knall und ein Kleintransporter krachte in einen Laternenpfosten direkt neben ihnen. Die Lampe geriet stark ins Wackeln, dann löste sie sich von der Verankerung und steuerte Richtung Boden. »Vorsicht!« schrie Max und riss Emma mit sich seitlich zu Boden. Keinen halben Meter daneben schlug die Metallbüchse der Laterne auf das Betonpflaster.
»Bist du verletzt?« Max rappelte sich als erster auf und beugte sich über die immer noch völlig schockiert wirkende Emma. Diese hob langsam ihren Kopf und bewegte Arme und Beine. »Ich schätze nicht.«
Während Max Emma wieder auf die Beine half rückte auch schon die Polizei und ein Krankenwagen an und einige schaulustige Passanten drängten sich um sie und die Unfallstelle.
Von dem Cafe aus kamen Jonas und Bea angelaufen. »Oh Gott, ist Euch was passiert?« Bea stürmte auf ihre Freundin zu und umarmte sie fest. »Geht es dir gut?«
Diese nickte. »Ich stehe nur etwas unter Schock.« gab sie zu.
»Das war ganz schön knapp.« meinte Jonas zu Max und zeigte auf den Metallkasten.
»Was du nicht sagst.«
»Ein ziemlich ereignisreiches Ende für ein Date.«
Max funkelte seinen Freund wütend an. »Ich kann dich ernsthaft verletzen.«
Jonas grinste nur. »Du könntest es versuchen.« Dann wurde er wieder ernst. »Ist mit ihr alles in Ordnung?« Er sah zu Emma, die noch immer am ganzen Körper zitterte. Ihre Haut war blass und ihre Augen geweitet. »Ich denke schon.«
»Entschuldigung.« Jonas und Max drehten sich gleichzeitig um. Ein Polizist trat auf sie zu. »Ich brauche ihre Aussage. Augenzeugen zufolge sind sie und die junge Frau beinahe in diesen Unfall verwickelt worden.«
Max nickte. »Das stimmt. Wir konnten uns gerade noch rechtzeitig in Sicherheit bringen.« Der uniformierte Mann notierte etwas auf seinem Notizblock. »Haben Sie etwas von dem Unfall mitbekommen?« fragte er dann.
Verdammt nein. Er hatte gerade Emma küssen wollen. Seine Aufmerksamkeit war also definitiv woanders gewesen. Er schüttelte den Kopf. » Wir haben nur den Aufprall gehört.«
»In Ordnung. Wenn Ihnen noch etwas einfällt rufen Sie mich an.« Er reichte Max seine Karte. »Jetzt benötigen wir nur noch ihre Personalien.«
»Selbstverständlich.« Max zog sein Portemonnaie aus der Jackentasche und zog seinen Ausweis heraus. Er gab ihm den Polizisten und wartete, bis auch Emma dies getan hatte.
Das Leben besaß schon manchmal einen eigenen Sinn von Humor, dachte er, und beobachtete, wie der Streifenwagen davonfuhr und die Sanitäter den Fahrer des Kleintransporters auf einer Trage in den Krankenwagen schoben. Auf der anderen Straßenseite sah er einen Mann stehen der sie beobachtete. Er trug eine dunkle Mütze und lehnte an einem Gartenzaun. Die Arme verschränkt stand er einfach nur still da. Vielleicht war es nichts, aber irgendetwas an der Art wie er zu ihnen herüberschaute, machte ihn wütend.
Entschlossen stapfte er los und überquerte die Straße. Der Mann rührte sich nicht sondern starrte weiter geradeaus. Max verfolgte seinen Blick und landete direkt bei Emma, die wieder neben Bea stand und offenbar tief in ein Gespräch mit ihr verwickelt war. Er trat noch einen weiteren Schritt auf den Kerl zu. »Was ist Ihr Problem?« Möglicherweise würde ihm eine kleinere Schlägerei gut tun. Auf dem Eis jedenfalls beflügelte ihn ein ordentlich durchgeführter Bodycheck meistens. Warum also nicht auch außerhalb? Außerdem wäre es sicher eine hilfreiche Methode seinen Frust abzubauen.
Er wollte Emma-Sophie. Sein Körper wusste das. Sein Verstand noch nicht. Oder besser gesagt, wehrte er sich noch dagegen.
Der Mann hob den Kopf und seine Augen richteten sich auf Max. »Die Frage kann ich nur zurückgeben.«
»Das ist kein beschissenes Spiel.« zischte Max. »Also, warum stehen Sie hier?«
»Komisch und ich dachte immer, wir leben in einem freien Land.«
Die Wut wandelte sich in Zorn und er ballte seine Hände zu Fäusten. Er würde diesem Idioten jetzt sowas von die Fresse polieren. Gerade als er ausholen wollte hörte er Schritte hinter sich.
»Nick?« Emma lief neben ihm vorbei. Gefolgt von Bea. Jonas blieb wohlweislich neben ihm stehen.
»Hallo Mädels.« Der Kerl erdreistete sich doch tatsächlich zu lächeln.
»Ihr kennt den?« fragte Max irritiert und wappnete sich innerlich für die Antwort.
Emma wandte sich zu ihm. »Ja. Er ist unser Kollege.« Na, prima. Soviel also zu seiner kleinen Schlägerei.
Jonas klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter. »In nicht einmal ganz einer Stunde ist Trainingsbeginn, Kumpel.«
Ja, nur hob das im Augenblick seine Stimmung nicht im Geringsten. Genauswenig wie die Tatsache, dass sie morgen wieder gegen Iserlohn auf dem Eis standen. Er sollte an das bevorstehende Spiel denken. Sich mental und körperlich darauf vorbereiten, in weniger als 48 Stunden gegen einige der besten Stürmer der Liga anzutreten. Stattdessen befand er sich hier. Mit einer Frau die seine Hormone verrückt spielen lies und einem Kerl, der ihm tierisch auf die Nerven ging.
»Was tust du denn hier?« hörte er Emma-Sophie fragen. Gut. Das würde er nämlich auch gerne wissen.
Der Mann, Nick, stieß sich von dem Zaun ab und ging einen Schritt auf Emma zu. Max merkte wie er sich verspannte. »Ich war zufällig in der Gegend.« antwortete dieser Nick. »Dann habe ich gesehen, wie der Transporter von der Fahrbahn abkam und gegen die Laterne fuhr. Ich hatte echt Angst um dich.« Max registrierte wie dieser Idiot einen Arm auf Emmas Schulter legte. Okay, genug war genug. Gerade als er wutentbrannt losstürmen wollte hielt eine Hand ihn zurück. Jonas zog fragend die Augenbrauen nach oben. »Echt jetzt, Mann?«
Max atmete scharf aus. Er musste sich beruhigen. Das war lächerlich. Er kannte Emma-Sophie kaum und er hatte erst Recht keine Ansprüche auf sie. Normalerweise gehörte er auch überhaupt nicht zu der eifersüchtigen Sorte. Im Gegenteil. Meistens war er froh darüber, in Ruhe gelassen zu werden. Er wollte keine Beziehung. »Wir sollten gehen.« erwiderte er daher gepresst. »Sonst brummt uns der Coach noch ein Extratraining auf.«
»Ich fürchte, dass könntest du gerade sogar gebrauchen.« murmelte Jonas.
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