Flora Flitzebesen - Band 5

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„Ihr könnt euch dort an lange Tische mit Leselampen setzen und in allen Büchern lesen, die es in der Bibliothek gibt“, erklärte Herr Sambucus. Er unterrichtete die Fächer „Wetter- und Sternenkunde“, „Holz- und Tonarbeiten“ und „Flugkunst und Besenkunde“.
„Laurus Nobilis“, fuhr Herr Sambucus fort. „Du wohnst doch mit deiner Familie im Türmchenviertel. Kannst du den anderen erklären, wo sich die Bibliothek befindet?“
„Ja klar! Ich muss jeden dritten Tag für meine Mutter Bücher von dort heranschleppen“, erklärte Laurus und rümpfte die Nase. „Meine Mutter liest Uuunmengen an Büchern. Die Bibliothek ist in der Fackelscheingasse Nr. 7. Es ist das Haus mit dem höchsten Turm am Dach. Und der Lesesaal ist ganz oben.“
Am Nachmittag trafen sich Malte, Flora und Hille vor dem Tor der Fackelscheingasse Nr. 7 und warteten auf Laurus, der sich wie so oft verspätete. Malte hatte am Morgen eine Entschuldigung gemurmelt, aber Flora war immer noch etwas sauer auf ihn und auch Kringel strich nicht wie sonst zur Begrüßung um Maltes Beine.
Während sie schweigend warteten, betraten einige Mitschüler die Hexenbibliothek. Majoranus und seine Spion-Bande kamen auch des Wegs. „Ja, besser ihr geht da gleich gar nicht erst rein“, sagte Majoranus. „In eure Holzköpfe kriegt man sowieso kein Hexenwissen.“ Dabei klopfte Majoranus mit dem Knöchel gegen Floras Kopf.
„Im Gegenteil“, meldete sich Malte. „Wir sind schon fertig. Die paar Tausend Bücher dadrinnen in dem Turm, hatten wir in einer halben Stunde durchgeblättert.“
„Genau!“, rief Flora. Wenn es darum ging, Majoranus eine patzige Antwort zu geben, war sie doch lieber wieder auf Maltes Seite. „Ihr wisst doch, dass Malte ein fotografisches Gedächtnis hat. Ein Blick auf einen Text und alles ist in seinem Kopf abgespeichert.“
Piper gab einen verächtlich grunzenden Laut von sich. Natürlich war das geschwindelt. Aber tatsächlich gab es für Malte nichts, was er sich mehr wünschte als ein fotografisches Gedächtnis.
Kurz nachdem sich die Spion-Bande in den Lesesaal verzogen hatte, tauchte endlich Laurus auf und der Geheimbund folgte den anderen in den hohen Turm. Flora setzte sich neben Salvia an einen Tisch mit Leselampe und Hille flatterte auch heran. Sie hatte ein winzig kleines Helfenbuch gefunden, in dem sie lesen konnte. Trotzdem war ihr bald ein wenig langweilig. Schließlich stand für die Helfenkinder kein Zauberwettbewerb an und deshalb musste Hille auch nicht lernen, so wie ihre drei Freunde.
Laurus langweilte sich ebenfalls nach kürzester Zeit. Er schaukelte auf seinem Stuhl und pfiff eine Melodie. Sofort handelte er sich einen sehr strengen Blick von Skimmia, der Bibliothekarin, ein. Es war verboten, in der Bibliothek zu pfeifen. Überhaupt musste man dort ganz leise sein und Sesselschaukeln durfte man auch nicht. Laurus wetzte weiter auf seinem Stuhl herum.
„Wir brauchen mal eine Pause“, flüsterte er Flora zu. „Uns rauchen doch schon die Köpfe.“
Flora fand, dass Laurus’ Kopf keinen Grund zum Rauchen hatte. Er hatte gerade mal in einem einzigen Buch geblättert und dabei die ganze Zeit gegähnt, aber plötzlich sehnte sie sich auch nach ein bisschen frischer Luft. Nur Malte sah gar nicht ein, wozu diese Pause notwendig sein sollte. Er war in ein Buch über Drachen vertieft und hob nicht mal den Kopf, als die anderen ihn fragten, ob er mitkäme. Skimmia räumte gerade im hinteren Teil des Leseraums ein paar Bücher in Regale und bemerkte die kleine Truppe gar nicht, die sich nach draußen schlich. Umso besser, neben lauten Geräuschen konnte sie auch ein ständiges Kommen und Gehen nicht leiden.
„Das ist ja schrecklich!“, rief Laurus als sie draußen im Sonnenschein standen. „Nichts darf man machen in diesem Lesesaal.“
„Lesen darf man“, erinnerte ihn Flora. „Und die Bücher sind uns sicher nützlich für den Wettbewerb.“
„Tsssss“, machte Laurus und rollte mit den Augen. „Stinklangweilig ist es da oben. Und unsere Schulkameraden sitzen alle da wie versteinerte Figuren. Das Einzige, was sie bewegen, sind ihre Augen. In diesen verstaubten Turm muss man mal ein bisschen Leben bringen.“ Hille und Flora sahen Laurus neugierig an. „Wie willst du das denn machen?“
Laurus’ Gesicht fing an zu strahlen. „Ich hab da so eine Idee.“
Wenig später standen Flora, Hille, Laurus und Kringel vor dem Magischen Tierheim. Gerade öffnete Betula Alba das große Tor. „Na, ihr habt mich ja eine halbe Ewigkeit nicht mehr besucht“, begrüßte sie die Kinder.
„Betula, dürfen wir uns ein paar Kicher-Eichhörnchen ausleihen?“, platzte Laurus sofort heraus.
Die Leiterin des Tierheims hob ein wenig die Augenbrauen. Doch dann fand sie, es sei eigentlich eine ganz gute Idee, denn die Eichhörnchen bräuchten ohnehin etwas Auslauf. „Und nehmt am besten gleich ein paar von den magischen Vögeln mit. Die sind die reinsten Stubenhocker geworden und sitzen fast nur noch auf dem Dachboden herum.“
„Naja, bei der Kälte geht wohl niemand gerne hinaus.“ Flora konnte das gut verstehen.
„Kommt bitte in einer Stunde wieder. Denn da ist Fütterungszeit!“, rief Betula den Kindern nach.
Laurus, Flora und Hille hörten sie kaum, denn sie waren eingehüllt von Vogelgezwitscher und den piepsenden Geräuschen, die die Eichhörnchen von sich gaben. Die magischen Tiere folgten den drei Kindern in der Luft und hüpfend über das Kopfsteinpflaster. Vom Wasserviertel ging es zurück ins Türmchenviertel zu dem Haus mit dem höchsten Turm.
Kichernd schlichen sie die Treppen zum Turm der Bibliothek hoch. Laurus bedeutete den magischen Tieren, ganz leise zu sein. Als er die Tür zum Lesesaal öffnete, gab er den Tieren ein Kommando, und alle fingen zugleich an, Krach zu machen. Die magischen Vögel zwitscherten und schrien und pfiffen. Sie flatterten durch den ganzen Lesesaal, streiften mit ihren Flügeln haarscharf an den Lesern vorbei, hockten sich auf Bücherregale und flatterten gleich wieder los.
Die Eichhörnchen rannten wie verrückt herum, turnten an den lesenden Kindern hoch und kitzelten sie. Auch Skimmia blieb von ihnen nicht verschont. Alle kreischten durcheinander. Die meisten Kinder lachten und fanden das alles wahnsinnig witzig. Ein paar Kinder begannen, über die Tische zu laufen, immer den Eichhörnchen hinterher. Der ganze Lesesaal hatte sich innerhalb von Sekunden in ein Narrenhaus verwandelt und Flora lachte und lachte. Sie musste sich an einem Bücherregal festhalten, um nicht umzufallen vor lauter Lachen. Laurus lachte auch und er feuerte die Tiere immer weiter an, Unfug zu machen. Er rannte durch den Saal und schlug mit den Armen, als wären es große weite Schwingen, und davon wurden die Tiere noch aufgekratzter.
„Schluss mit diesem Tumult!“, rief Skimmia wütend. „Flora Flitzebesen, du und deine Freunde kommt soooofort zu mir!“

Erschrocken schlurften Flora, Hille und Laurus zu Skimmia und stellten sich vor ihr auf. Jetzt gab es wohl ein großes Donnerwetter. „Und du, Malte Wolke, kommst ebenfalls hierher. Ich weiß doch, dass du zu Flora Flitzebesen gehörst.“
„Ich hab mit diesem ganzen Unfug nichts zu tun“, ließ sich Malte vernehmen und blieb auf seinem Platz sitzen.
„Auf der Stelle kommst du her“, kommandierte die Bibliothekarin. „Ihr seid eine kleine freche Bande, das weiß ich doch! Sammelt die Tiere ein, aber schnell!“ Sie war ganz rot im Gesicht vor Ärger.
Malte setzte noch ein paar Mal an, Skimmia klarzumachen, dass er unschuldig sei. Sie hörte aber gar nicht hin. Laurus trieb unterdessen die magischen Tiere zusammen. Er kicherte immer noch.
„Ihr drei und die kleine Helfe, ihr verdient eine Strafe“, sagte Skimmia mit vor Wut bebender Stimme. „Ihr bekommt bis zum Sommer Bibliotheksverbot! Keiner von euch betritt mehr dieses Gebäude, habt ihr mich verstanden?“
„Ja“, sagte Laurus. „Kein Problem!“
„Doch, das ist ein Problem“, fiel ihm Malte ins Wort.
Aber Skimmia wollte nichts mehr hören. Sie scheuchte den gesamten Geheimbund und alle Tiere hinaus und ließ hinter ihnen die schwere Tür mit einem lauten Knall zufallen.
„Du Idiot!“, rief Malte und schüttelte Laurus an den Schultern. Laurus lachte immer noch und Flora und Hille ebenfalls.
„Ihr seid doch alle tatsächlich Holzköpfe, da hatte Majoranus schon recht!“, schimpfte Malte weiter. „Jetzt darf keiner mehr von uns in die Bibliothek, nicht mal ich, obwohl ich ganz unschuldig war.“
Laurus zuckte mit den Schultern. „Na und? War doch ohnehin furchtbar langweilig dort.“
„Und wie sollen wir nun an das spezielle Hexenwissen rankommen?“, fragte Malte. „Alles, was wir für den Zauberwettbewerb brauchen, finden wir nur in der Hexenbibliothek. Schon mal daran gedacht?“ Nein, das hatten Laurus und Flora vergessen.
„Na, dann wird unser Team gleich bei der ersten Runde rausfliegen“, presste Malte wütend hervor. „Gratuliere, das war wirklich eine Meisterleistung von euch.“
Flora und Laurus schwiegen betreten.
„Wenn ich nur irgendwie helfen könnte“, meldete sich Hille. Doch da konnte niemand helfen. Sie hatten es vermasselt.
Niedergeschlagen trottete der Geheimbund zum Magischen Tierheim, um die Tiere zurückzubringen. Niemand sprach ein Wort.
Am Abend lag Flora lange wach und dachte über den Streich nach. Es war zu komisch gewesen, aber nun machte sie sich nur noch Sorgen. Wenn sie gleich bei der ersten Runde rausfliegen würden, war der Traum vom Zauberhut aus. Aus und vorbei. Flora gab einen tiefen Seufzer von sich. Kringel tappte sofort über die Bettdecke zu ihr und rieb seinen weichen Kopf an Floras Wange. Ach, Kringel spürte immer, wenn sie Trost brauchte.
Dann schloss Flora die Augen. Morgen würde sie sich eine Lösung überlegen. So schnell würden sie nicht aufgeben. Irgendwie würde der Geheimbund an das notwendige Zauberwissen gelangen. Das wäre doch gelacht!


Calendulas Vorahnung
„Soso, da habt ihr nun also Bibliotheksverbot“, fasste Calendula, die alte Kräuterhexe, zusammen. Sie saß zusammen mit dem Geheimbund in der Küche ihres Hausboots und musste bei der ganzen Geschichte ein wenig grinsen, das war nicht zu übersehen. „Das ist tatsächlich ein bisschen dumm“, fuhr die alte Dame fort. „Denn nur in der Bibliothek werdet ihr all das Wissen finden, das ihr für den Wettbewerb braucht.“
„Ja, aber Skimmia bleibt hart und lässt uns nicht mehr rein“, sagte Flora und ballte die Fäuste, so wütend war sie. Malte sah auch finster drein, aber er sagte nichts. Laurus schien der Einzige zu sein, dem es nicht so viel ausmachte, nicht mehr in die Bibliothek zu dürfen. Er probierte gerade seinen neuesten Trick aus, nämlich senkrecht die Wand hochzugehen. Vorhin hatte er von seiner eigenen Teemischung getrunken und die Wirkung zeigte sich deutlich. Ganz bequem durchquerte er Calendulas Küche über die Wand, kopfüber entlang der Zimmerdecke und die andere Wand wieder herunter.
„Wirst du das wohl bleiben lassen!“, rief Calendula. „Es reicht doch, dass ihr mit euren dreckigen Schuhen auf meinem Küchenboden herumtappt. Auf der Wand brauche ich nicht auch noch deine Schuhabdrücke!“
Mit betretener Miene kam Laurus wieder auf den Fußboden zurück. Er hatte wirklich nicht vorgehabt, Calendulas Hausboot mit seinem Trick zu verschmutzen.
Calendula sah nachdenklich aus. „Wisst ihr, was?“, begann sie. „Ich glaube, für euch wäre gerade in dieser Zeit das Große Buch der Zauberei von beachtlichem Nutzen.“
„Ja, aber das ist doch in den Fluss gefallen, im Sommer, als ich diesen Kampf mit Lepiota hatte“, erinnerte Flora. „Weißt du nicht mehr, Calendula? Deine Cousine, die den ganzen Sommer hinter dem Kochbuch her war, weil sie herausbekommen hatte, dass du alle wertvollen Hexensprüche zwischen die Rezepte geschrieben hattest? Sie hatte es aus dem Versteck gestohlen und dann gab es ein wildes Gerangel hoch oben in der Luft. Dabei fiel das Buch in den Fluss und wurde nie mehr wiedergefunden, erinnerst du dich?“
Calendula schüttelte leicht verärgert den Kopf. „Hältst du mich für so alt und verkalkt, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann? Natürlich weiß ich das noch. Aber ich glaube, dass das Große Buch der Zauberei wiederzufinden sein müsste. Wir haben zwar damals den Fluss durchsucht und es war keine Spur davon zu entdecken, trotzdem glaube ich, dass es nicht ganz verschwunden ist. Leider ist auch Salix’ Wer-suchet-der-findet-Karte seit dem Sommer wie vom Erdboden verschluckt. Die hätten wir wirklich gut gebrauchen können. Eine Karte, auf der man verlorene Dinge wiederfindet, ist einfach genial. Aber nun bräuchten wir noch so eine Karte, mit der wir die verlorene Karte wiederfinden könnten“, sagte Calendula und lachte. Flora und ihre Freunde nickten. Leider war Salix, der Erfinder, fürchterlich zerstreut. Wie konnte man nur eine riesige Zauberkarte, die fast so groß wie Calendulas Kräutergarten war, einfach verlegen? Das konnte wirklich nur ihm passieren!
Nachdenklich fuhr Calendula fort: „Ich träume in letzter Zeit jede Nacht von dem Buch. Ich sehe in meinen Träumen, dass es weit mit dem Fluss davongespült worden ist.“
„Aber selbst wenn wir es finden“, warf Malte ein. „Dann sind die Seiten des Buches vom Wasser sicherlich schon ganz aufgelöst und die Tinte sowieso.“
Calendula schüttelte den Kopf. „Ich habe natürlich vorgesorgt. Mit einem Zauber habe ich Tinte und Papier wasserfest gehext. Jedenfalls glaube ich, dass dieser Traum, der jede Nacht wiederkehrt, eine Botschaft ist. Die Botschaft, dass wir nach dem Buch suchen sollten.“ Kringel miaute ganz laut und Calendulas schwarzer Kater stimmte mit ein. Es schien, als wollten die beiden Kater Calendulas Worten noch mehr Nachdruck verleihen.
Auf dem Nachhauseflug sprachen die Kinder über das, was Calendula gesagt hatte. Vielleicht wurde die alte Dame mit der Zeit einfach schrullig. Flora fand aber, sie sollten trotzdem nach dem Buch suchen. „Und wie, bitte schön, soll das gehen?“, fragte Laurus. „Willst du vielleicht den ganzen Fluss abtauchen? Kilometerweit? Und das im Winter? Der Fluss ist außerdem fast ganz zugefroren.“
Die Kinder verfielen in tiefes Schweigen und Grübeln.
„Du vermodertes Spinnenbein!“, rief Hille plötzlich aus. „Das hätte mir schon viel früher einfallen können. Es ist doch soooo einfach. Wir können die Flussnixen fragen. Sie können ohne Probleme auch im Winter den ganzen Fluss abtauchen.“
„Das ist die Idee!“, lobte Flora. „Komisch, dass Calendula nicht schon längst auch daran gedacht hat.“
Laurus war von der Idee ganz begeistert. Malte jedoch sagte nichts und starrte nur vor sich hin. Was war los mit ihm? War er denn immer noch sauer wegen des Bibliotheksverbots?
„Aber wie willst du denn die Flussnixen finden?“, fragte Flora ihre Freundin.
Hille lächelte geheimnisvoll. „Wir Helfen sind mit den Nixen geistig verbunden“, erklärte sie dann. „Ich brauche mir nur ganz fest zu wünschen, dass eine von ihnen auftauchen soll, dann kommt bestimmt eine. Das haben meine Eltern mir letztens erzählt und ich habe es auch schon einmal ausprobiert. Kommt, ich weiß eine Stelle in der Nähe vom Birkenwald, wo sich die Flussnixen ganz gerne im Wasser tummeln.“
Die Kinder wendeten ihre Besen und folgten der kleinen Helfe, die eifrig voranflatterte. Dann landeten sie am Flussufer am Rande des Birkenwalds.
Hille kniff fest die Augen zusammen und murmelte ganz leise etwas. Kurz darauf plätscherte es zwischen den Enten und tatsächlich, da war eine kleine Flussnixe. Sie winkte Hille zu.
„Hallo, Lutea!“, rief Hille fröhlich. Und dann weihte sie ihre Freundin in den Plan des Geheimbundes ein. Lutea war damit einverstanden, dass sie zusammen mit ihren Gefährtinnen den Fluss nach dem verschollenen Buch absuchen sollte.
Eine halbe Stunde später kreisten Flora, Malte, Hille und Laurus auf ihren Besen über dem Eis. Lutea und ihre Gefährtinnen waren durch das klare Eis zu sehen und die Hexenkinder und die kleine Helfe ließen sie nicht aus den Augen.
Es ging langsam voran, denn die Nixen suchten den Fluss sehr gründlich ab. Der Nachmittag schritt voran und es würde nicht mehr lange dauern, bis die Dämmerung einsetzte.
„Lasst uns die Suche abbrechen“, meinte Malte. „Das hat doch sowieso keinen Sinn. Calendula reimt sich da etwas zusammen mit ihren Träumen.“
„Kommt nicht infrage, dass wir jetzt aufgeben“, sagte Flora bestimmt. Laurus und Hille waren auch dafür, dass die Suche fortgesetzt werden musste, und so flogen sie immer weiter den Fluss hinunter. Eine Windung nach der anderen nahmen sie und vom Hexenrosenstädtchen war schon lange nicht mal mehr eine Turmspitze zu sehen.
Schließlich gelangten sie ganz in die Nähe der Nebelschleierburg und gerade da gaben die Flussnixen unter dem Eis Klopfzeichen. Aufgeregt sahen sich die Kinder an.
Gleich darauf konnten sie beobachten, wie die Nixen das Eis von unten mit ihrem Atem behauchten. Auf magische Weise schmolz es an dieser Stelle und Lutea streckte den Kopf hervor.
„Wir haben es“, sagte sie.
„Was? Das Buch?“, rief Hille.

„Ja, natürlich das Buch. Was denn sonst?“, lachte Lutea. „Es liegt auf dem Grund des Flusses.“
„Ich glaub’s nicht!“, entfuhr es Malte. Aber Flora sah ihn nur triumphierend an.
„Lasst uns gleich nachsehen, ob die Seiten ganz geblieben sind oder sich im Wasser aufgelöst haben“, sagte Malte aufgeregt.
Zum Glück hatten die dicken alten Pergamentseiten überlebt. Doch was war mit der noch unsichtbaren Zaubertinte? „Wir müssen nach Hause und etwas Heißes auf die Buchseiten legen!“, rief Flora. Aber Lutea hatte eine bessere Idee.
„Flussnixen haben einen sehr heißen Atem“, erklärte sie den Kindern. „Das habt ihr ja vorhin gesehen, als wir das Eis zum Schmelzen gebracht haben.“
Die kleine Nixe holte tief Luft und hauchte eine Buchseite an. Gleich darauf kamen zwischen den Kochrezepten Zeilen zum Vorschein, die mit Tinte geschrieben waren. Ja, die Hexensprüche waren noch da!
„Hurra!“, rief Laurus und jetzt jubelten alle und fielen sich begeistert in die Arme.
Flora drückte Lutea einen überschwänglichen Kuss auf den kleinen Kopf. „Danke, ihr lieben, lieben Flussnixen“, sagte sie lachend. „Los, wir fliegen zu Calendula und zeigen ihr das Buch!“
Die Luft war schneidend kalt und der Weg zu Calendulas Hausboot weit. Aber Flora malte sich die ganze Zeit aus, wie sehr Calendula sich über den Fund des Zauberbuches freuen würde. Viele Sprüche in dem Buch waren längst in Vergessenheit geraten und wurden auch nicht mehr in der Schule unterrichtet. Dieses Buch, das die Flussnixen eben aus dem Fluss geholt hatten, war ein wertvoller Schatz.
Oh ja, Calendula freute sich ganz unbeschreiblich. Und sie hatte tatsächlich mit ihrem Traum recht behalten. Zum Aufwärmen nach dem kalten Flug bekamen die Kinder frisch gebackene Nussschnecken und heißen Kräutertee. Kringel stellte die alte Kräuterhexe eine Schale saure Sahne vor die Nase, die er sich freundschaftlich mit Calendulas Kater teilte. Dann rollten sich die beiden Kater zufrieden auf der Ofenbank zusammen und schliefen Rücken an Rücken ein. Die Kinder saßen um den großen Tisch in Calendulas gemütlicher Küche und aßen und tranken und erzählten alle durcheinander, wie sie das Buch wiedergefunden hatten.

„Das habt ihr wirklich gut gemacht“, lobte Calendula. „Diesmal muss ich das Buch besser verstecken, sodass es niemand finden kann.“
„Vorher brauchen wir es aber noch, um für den Zauberwettbewerb zu lernen“, wandte Malte ein.
„Nein, nein das geht nicht“, sagte Calendula und sah sich schon nach einem passenden Versteck um. „Dieses Buch ist so wertvoll, das kann ich euch nicht so einfach geben.“
Die Kinder starrten Calendula ungläubig an. Jetzt hatten sie den ganzen Aufwand völlig umsonst betrieben?
Aber Calendula ließ die Kinder natürlich nicht im Stich. Sie holte ein Notizbuch hervor und hexte alle Sprüche, die den Kindern nützlich sein könnten, aus dem dicken Kochbuch in das Notizbuch.
„Jetzt haben wir die Sprüche doppelt“, teilte Calendula dem Geheimbund mit. „Nur die Zaubereien, die gefährlich werden könnten oder die mit schwarzer Magie zu tun haben, die habe ich in dem Kochbuch gelassen. Die braucht ihr ohnehin nicht.“

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