- -
- 100%
- +
26
Auf diese gesetzlichen (Auffang-)Regelungen verlässt man sich heute35 nicht mehr.
27
Auch die Rechtsprechung hat schon frühzeitig den Parteien eines Unternehmenskaufvertrags die Vereinbarung eines eigenen Haftungsregimes nahegelegt.36 Mit der wachsenden Bereitschaft, bei aus Sicht des Käufers gescheiterten Unternehmenskäufen mögliche Ansprüche gegen den Verkäufer zu prüfen und durchzusetzen, wuchs die Erkenntnis, dass das gesetzliche Regime (Verschulden bei Vertragsverhandlungen, §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB, Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB, gesetzliche Gewährleistungsregelungen der §§ 434ff. BGB) ungeeignet ist, die Interessen der Parteien zu einem gerechten Ausgleich zu bringen. Zu oft mussten Käufer feststellen, dass Bestand oder Nichtbestand von Ansprüchen von dogmatischen Zufälligkeiten des Rechts abhingen (z.B. davon, ob die Ertragskraft des gekauften Unternehmens eine „zusicherungsfähige Eigenschaft“ ist oder nicht). Zentrale Rechtsfolgenanordnungen, z.B. der Rücktritt vom vollzogenen Vertrag, erwiesen sich bei einem Unternehmenskauf als offensichtlich unpraktikabel und kaum interessengerecht. Zudem drängten immer mehr ausländische Käufer, internationale, vom anglo-amerikanischen Markt und Rechtskreis geprägte Investmentbanken, ausländische finanzierende Banken, US-amerikanische oder englische Anwälte auf den Markt und setzten ihre – seinerzeit professionelleren – Verfahrens- und Dokumentationsstandards durch.37 Die Sprache deutscher M&A-Praktiker ist seitdem durchwebt mit „Legionen“38 anglo-amerikanischer Begriffe. Fast jeder deutsche M&A-Anwalt denkt oft zuerst an englischsprachige Klauseln und Begriffe, einige möglicherweise ohne sich dabei immer den entsprechenden deutschen Rechtsbegriff zu vergegenwärtigen.39 In diesem Sinne hat sich in Deutschland ein eigenes „M&A-Recht“40 herausgebildet.
28
Heute sind, sowohl was das Verfahren beim Verkauf eines Unternehmens (Auktionsverfahren, Dual- oder Triple-Track-Verfahren, der häufige Einsatz der Vendor’s Due Diligence etc.) als auch die Dokumentation angeht, diese professionelleren, inzwischen weltweit etablierten Standards auch in Deutschland anerkannt.
29
Allerdings kann man in jüngerer Vergangenheit verstärkt beobachten, dass insbesondere Ansprüche aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (Verschulden bei Vertragsverhandlungen oder c.i.c.) wachsende Bedeutung erlangen.41 Unter Berufung auf vorsätzliche Verletzung vorvertraglicher Pflichten (insbesondere zur Aufklärung) können Käufer, da im Unternehmenskaufvertrag vereinbarte Beschränkungen bei Vorsatz (zu dem auch bedingter Vorsatz zählt) und Arglist nicht gelten (§ 276 Abs. 3 BGB, § 444 BGB), unabhängig von Garantieverletzungen und unbeschwert von vertraglich vereinbarten Aufgreifschwellen, Höchstbeträgen oder anderen Beschränkungen, Schadensersatz verlangen. Dabei muss sich der Verkäufer in weitem Umfang Wissen, das in seiner Organisation vorhanden ist, ebenso zu- und zusammenrechnen lassen (§ 166 BGB analog) wie das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB). Dies kann zu ganz erheblichen Haftungsrisiken des Verkäufers führen. In der Praxis ist deshalb zu beobachten (und zu empfehlen), auch dem Verkaufsprozess besonders auf Verkäuferseite große Aufmerksamkeit zu widmen und in der Organisation des Verkäufers bekannte Umstände, deren Verschweigen eine Aufklärungspflichtverletzung begründen kann, möglichst im Vorfeld festzustellen.
30
Wesentliche Grundelemente des modernen Unternehmenskaufvertrags sind:
– Bestimmung des Kaufgegenstands: Sie erfolgt beim Share Deal durch die genaue Bezeichnung der zu verkaufenden Anteile (einschließlich solcher von Tochter- und Beteiligungsgesellschaften); bei einem Asset Deal erfolgt sie durch eine detaillierte Bezeichnung des zu verkaufenden Geschäftsbereichs, also seiner Vermögensgegenstände, Rechte, Pflichten, der zu übernehmenden Verträge, Rechtsverhältnisse und ggf. Verbindlichkeiten;
– Vereinbarung des Kaufs und Verkaufs;
– Vereinbarung der dinglichen Übertragung des Kaufgegenstands: Hängt der dingliche Vollzug, wie nicht selten, vom Eintritt bestimmter Vollzugsvoraussetzungen ab (wie etwa der Freigabe durch die zuständigen Kartellbehörden), erfolgt die dingliche Übertragung oft nicht bereits aufschiebend bedingt im Unternehmenskaufvertrag (Vertragsmodell mit aufschiebender Bedingung, sog. One-Step-Modell oder Einheitslösung42), sondern aufgrund einer gesonderten Vereinbarung, die beim Vollzug abgeschlossen wird (Vertragsmodell mit gesondertem Vollzug, sog. Two-Step-Modell oder Trennungslösung43);
– Vollzugsvoraussetzungen (Conditions to Closing): In ihnen werden insbesondere die Voraussetzungen für die Vornahme des Vollzugs (Closing), die dingliche Übertragung der Anteile und/oder Vermögensgegenstände sowie sonstige Vollzugshandlungen vereinbart; prominente Vollzugsvoraussetzungen sind kartellbehördliche Freigaben, sonstige behördliche Freigaben (rechtlich zwingende Vollzugsvoraussetzungen) oder sonstige, rechtlich nicht zwingende Vollzugsvoraussetzungen (Vollzugshindernisse);44
– Vereinbarung des Kaufpreises;
– Ggf. Regelungen zur Anpassung des Kaufpreises auf einen bestimmten Stichtag, regelmäßig aber nicht notwendigerweise den Vollzugstag, auf Grundlage sog. Closing Accounts;
– Verpflichtungen des Verkäufers im Zeitraum zwischen Unterzeichnung und Vollzug (Pre-Closing Covenants);
– Regelungen zum Vollzug (hier auch synonym „Closing“);
– Verkäufergarantien (Representations & Warranties);
– Autonomes vertragliches Haftungsregime und Rechtsfolgenregelungen (Remedies);
– Freistellungen (Indemnities): Insbesondere hinsichtlich vor Vertragsabschluss erkannter, nicht im Preis berücksichtigter spezieller Risiken, deren Eintritt und Höhe bei Vertragsabschluss noch ungewiss ist; regelmäßig hinsichtlich Steuern, oft auch hinsichtlich Altlasten; je nach Ergebnis der Due-Diligence-Prüfung, in Bezug auf bestimmte festgestellte Sonderrisiken, etwa den Ausgang eines Rechtsstreits der Zielgesellschaft;
– Dem Vollzug nachlaufende Verpflichtungen (Post-Closing Covenants): Ab dem Vollzugstag bestehende weitere Verpflichtungen der Parteien, insbesondere aber des Verkäufers, z.B. Wettbewerbsverbot des Verkäufers und seiner verbundenen Unternehmen, Geheimhaltungsverpflichtung, Abwerbeverbot, Pflicht des Käufers zum „Rebranding“.
31
Wesentliche Grundelemente eines jeden Unternehmenskaufvertrags sind, wie die Aufstellung zeigt, die sog. „Reps and Warranties“, „Conditions“, „Indemnities“ (womit neben den Freistellungen im engeren Sinne auch die Rechtsfolgenregelungen gemeint sein dürften) und „Covenants“ (also sonstige Verpflichtungen oder Verhaltenspflichten der Parteien), die der US-amerikanische M&A-Anwalt James C. Freund als die „Four Horsemen“ des Unternehmenskaufvertrags bezeichnet.45
32
Diese Grundelemente stehen nicht beziehungslos zueinander, sondern greifen ineinander und führen oft erst im Zusammenspiel zu den gewünschten Ergebnissen:
33
Ein Käufer wird bestrebt sein, den Garantiekatalog46 dort engmaschiger zu fassen, wo seine Due Diligence47 keine abschließenden zufriedenstellenden Ergebnisse brachte oder aber – ohne Garantieverletzungen als solche oder die ihnen zugrundeliegenden Tatsachen in einer Weise zu kennen, dass Garantieansprüche nach dem Wortlaut des Unternehmenskaufvertrags wegen Kenntnis oder (grob) fahrlässiger Unkenntnis des Käufers48 ausgeschlossen sein könnten – Hinweise auf mögliche Risiken bot.
34
Der Katalog von speziellen Freistellungen,49 die sich der Kaufinteressent wünscht, wird umso länger, je mehr konkrete und gewichtige Risiken (derentwegen der Käufer nach dem Wortlaut des Vertrags mit Garantieansprüchen wegen Kenntnis, möglicherweise je nach Vertragsgestaltung auch (grob) fahrlässiger Unkenntnis, ausgeschlossen sein könnte) die Due Diligence offenbarte, die der Käufer nicht „einpreisen“ konnte oder wollte.
35
Die Höhe des Kaufpreises, der Umfang der Freistellungen, der Umfang des Garantiekatalogs und die Ergebnisse der Due Diligence stellen korrespondierende Röhren dar. Sie sind aus Sicht eines Kaufinteressenten insbesondere dann besonders genau auszutarieren, wenn der Verkäufer (in typischer Weise im Bieterverfahren50) eine starke Verhandlungsposition und der Kaufinteressent ein möglichst kompetitives (wenngleich seine Interessen möglichst weitgehend wahrendes) Angebot abzugeben hat.
36
Möchte der Verkäufer sein Unternehmen mit „wirtschaftlicher“ Rückwirkung auf den Beginn des laufenden Geschäftsjahres verkaufen, wird er bestrebt sein,
– einen Festkaufpreis zu vereinbaren („Locked Box“-Kaufpreisklausel), der auf dem Jahresabschluss des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres basiert,
– jede Form einer Kaufpreisanpassung abzulehnen, die Gewinne des laufenden Geschäftsjahres (und ggf. nicht ausgeschüttete Gewinne vergangener Geschäftsjahre) dem Käufer zuzuweisen (Klausel zur Gewinnabgrenzung),
– mit Ausnahme etwaiger behördlicher Freigaben weitere Vollzugsvoraussetzungen abzulehnen,
– Garantieversprechen nur auf den Zeitpunkt der Unterzeichnung (nachfolgend synonym „Signing“) abzugeben (Garantien),
– bei den Freistellungen, insbesondere der Steuerfreistellung, die zeitliche Abgrenzung auf den letzten Bilanzstichtag vorzunehmen (Freistellungen),
– dem Käufer umgekehrt typischerweise zu garantieren, dass es seit dem letzten Bilanzstichtag keine Wertabflüsse bei der Zielgesellschaft gegeben hat („No Leakages“-Klausel),
– dass er das Geschäft der Zielgesellschaft seit dem letzten Bilanzstichtag im gewöhnlichen Geschäftsgang betrieben hat (Garantie) und
– dass dies auch bis zum Vollzugstag geschieht (Pre-Closing Covenant).
37
Möchte der Käufer das Unternehmen mit „wirtschaftlicher“ Wirkung zum Vollzug erwerben, wird er
– einen variablen Kaufpreis mit Anpassung auf den Vollzugstag (Kaufpreisklausel) aufgrund einer Stichtagsbilanz (Closing Accounts) vereinbaren wollen,
– darauf drängen, dass bestimmte nachteilige Veränderungen zwischen Unterzeichnung und Vollzug ihn berechtigen, nicht vollziehen zu müssen (Closing Conditions) und
– dass die Garantieversprechen (jedenfalls einige von ihnen) auch auf den Zeitpunkt des Vollzugs abgegeben werden,
– die Freistellungen zeitlich auf den Tag des Vollzugs abgrenzen, braucht aber wegen der Kaufpreisanpassung auf den Tag des Vollzugs keinen gesonderten Schutz gegen Wertabflüsse („No Leakages“-Klausel) und kann auch bei den Garantien zum Geschäftsbetrieb seit dem letzten Bilanzstichtag und bei den entsprechenden Pre-Closing Covenants großzügiger sein.
38
Auf all diese Punkte wird noch im Detail einzugehen sein. Hier sollen ihre Aufzählung und die etwas penetranten Klammerzusätze, die den Regelungsort ansprechen, vor allem deutlich machen, dass man bestimmte Regelungsziele selten durch punktuelle Anpassungen in einem Unternehmenskaufvertrag erreicht, sondern regelmäßig viele ineinandergreifende Klauseln entsprechend anpassen oder umgestalten muss.
39
Der genaue Inhalt eines Unternehmenskaufvertrags hängt immer vom Einzelfall ab. Es gibt qualitative Marktstandards, nie aber inhaltliche Marktstandards. In der Tendenz wird man vergröbernd sagen können: Je größer das Transaktionsvolumen, desto länger der Vertrag, desto detaillierter und ausdifferenzierter seine einzelnen Regelungen. Share Deals erfordern größere Sorgfalt bei der Abfassung und Verhandlung des Garantiekatalogs und der sonstigen Beschreibung des Kaufgegenstandes. Beim Asset Deal liegt der Schwerpunkt bei der regelmäßig detailliert geregelten dinglichen Übertragung der Vermögensgegenstände51 und der Einbindung Dritter (Vertragsparteien, Behörden, soweit personenbezogene Genehmigungen betroffen sind). Hier reichen oft etwas kürzere Garantiekataloge (jedenfalls dann, wenn bekannte oder unbekannte Verbindlichkeiten nicht übertragen werden). In einem Verkäufermarkt besteht eine Tendenz zu Bieterverfahren. Bei Bieterverfahren besteht eine Tendenz zu verkäuferfreundlichen Regelungen. Bei einem Käufermarkt kehrt sich die Tendenz um. Immer wieder gibt es begründete Ausnahmen von diesen Tendenzen. Denn auch insoweit gilt immer noch das, was Quack bereits Anfang der 80er Jahre zu Recht für die Ermittlung des Unternehmenswerts festgestellt hat, auch für den Inhalt des Vertrags im Übrigen:
Letztlich ergibt er sich aus dem „Verhandlungspoker“ der Beteiligten, wobei deren Vorstellungen selten identisch sind.52
40
Selbst bei rein innerdeutschen Transaktionen werden die Unternehmenskaufverträge regelmäßig in englischer Sprache verfasst, sofern der Erwerb fremdfinanziert wird und die Höhe des Akquisitionsdarlehens es erforderlich macht, das Darlehen bei internationalen Banken (die den Kaufvertrag in englischer Vertragssprache prüfen können wollen) zu syndizieren.
41
Abhängig von der jeweiligen Transaktion kann es geboten sein, den Erwerbszweck angemessen in der Vertragsdokumentation zu berücksichtigen. Es macht auch für den Inhalt des Vertrags einen Unterschied, ob der Käufer externes Wachstum anstrebt oder eine „Marktbereinigung“ plant, ob er an der Ertragskraft oder der Substanz (oder einem bestimmten Vermögensgegenstand der Zielgesellschaft) interessiert ist oder ob er damit den Zugang zu bestimmten Technologien oder Produkten erkauft.
42
Ähnliches (angemessene Berücksichtigung in der Vertragsdokumentation) gilt für die wesentlichen Annahmen, auf denen der Kaufpreis basiert. Auch wenn Aussagen hierzu zunächst „nebensächlich“ erscheinen, können sie bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen sowohl aus dem Vertrag als auch wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten durchschlagende Relevanz erlangen.
43
Jeder Unternehmenskauf ist Chancen- und Risikokauf. Die vertragliche Absicherung der Umstände, aus denen die Chancen erwachsen können, und die Vorsorge vor den vernünftigerweise erkennbaren Risiken ist Aufgabe des vertragsgestaltenden Juristen.
12 Der hier gewählte Begriff der „Anteile“ erfasst solche aller Rechtsformen, schließt also insbesondere Geschäftsanteile und Aktien ein. 13 Vgl. Engelhardt/von Woedtke, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 6. 14 Der heute etwas gewunden anmutende Begriff „Umstände“ verweist in Anlehnung an RG, Urt. v. 16.1.1943 – VII (VIII) 139/42, RGZ 170, 292, 298 auf den in der Sache durchaus zutreffenden Befund, dass „das Unternehmen selbst ... eine Organisation [ist], durch welche körperliche Sachen und Rechte, aber auch Umstände, die weder körperliche Sachen noch Rechte sind, z.B. Lage, Beruf, Kenntnis der Bezugsquellen usw., einem wirtschaftlichen Zweck dienstbar gemacht werden.“ Ähnlich auch Böckmann, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 12 Rn. 35. 15 Vgl. Weber-Grellet, in: Schmidt, EstG, § 5 Rn. 93f., und Maier, in: Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, „Wirtschaftsgut“, Rn. 1: Für die Bestimmung des Begriffs „Wirtschaftsgüter“ sind eher wirtschaftliche als zivilrechtliche Gesichtspunkte maßgeblich. Auch bloße „tatsächliche Zustände“, „konkrete Möglichkeiten“, „Chancen“ und „sonstige Vorteile“ können darunter fallen, wenn (1) sich der Kaufmann diese etwas kosten lässt, (2) sie nach der Verkehrsauffassung einer selbständigen Bewertung zugänglich sind und (3) in der Regel einen Nutzen für mehrere Wirtschaftsgüter erbringen. Handelsrechtliches Synonym sind die „Vermögensgegenstände“. Auch dem Zivilrecht ist der Begriff „Vermögensgegenstände“ näher (vgl. etwa § 90 BGB und die Definition des „Gegenstandes“ als Sachen und Rechte). Er sollte deshalb bei der Gestaltung von Unternehmenskaufverträgen verwendet werden. Hier wird nachfolgend im Kontext des Asset Deals immer wieder auch auf „Wirtschaftsgüter“ oder „Einzelwirtschaftsgüter“ abgestellt, um die Weite des Kaufgegenstands bei einem typischen Asset Deal deutlich zu machen. Das ändert nichts daran, dass bei der Vertragsgestaltung terminologisch auf Vermögensgegenstände abgestellt werden sollte. 16 Vgl. Engelhardt/von Woedtke, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 6. 17 Vgl. Beisel, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf, § 1 Rn. 14f. 18 RG, Urt. v. 16.1.1943 – VII (VIII) 139/42, RGZ 170, 292, 298. 19 BGH, Beschl. v. 8.5.1979 – KVR 1/78, BGHZ 74, 359. 20 Ballerstedt, ZHR 134 (1970), 251, 260, abgeleitet aus dem dreigliedrigen Unternehmensbegriff von Julius von Gierke. 21 Vgl. auch Beisel, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf, § 1 Rn. 17 und 18. 22 Dazu unten Rn. 1148. 23 Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf v. 11.4.1980, BGBl. II 1989, S. 586, ber. II 1990, S. 1699. Auch kurz: UN-Kaufrechts-Übereinkommen oder UN-Kaufrecht. 24 Dazu unten Rn. 1409. 25 Weber, in: Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 9. Aufl. 2019, Teil 9 Rn. 9.3. 26 Ähnlich Weber, in: Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 9. Aufl. 2019, Teil 9 Rn. 9.3. 27 Weber, in: Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 9. Aufl. 2019, Teil 9 Rn. 9.3. 28 Weber, in: Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 9. Aufl. 2019, Teil 9 Rn. 9.3. 29 Vgl. BGH, Urt. v. 20.9.1996 – V ZR 173/95, NJW-RR 1997, 144, 145; BGH, Urt. v. 4.6.2003 – VIII ZR 91/02, BB 2003, 1695, 1697; Wächter, M&A Litigation, Rn. 6.29ff.; Haß/Koch/Golland, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 17 Rn. 12ff. 30 Vgl. Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, § 8 Rn. 144 m.w.N. 31 Vgl. dazu bereits Canaris, ZGR 1982, 395, 401 und 403; kritisch: Willemsen, AcP 182 (1982), 513, 556; in jüngerer Zeit betont insbesondere Jaques, in: Ettinger/Jaques, Beck’sches Handbuch Unternehmenskauf im Mittelstand, C Rn. 135ff. und D, Rn. 489ff. unter besonderer Berufung auf eine Entscheidung des BGH vom 26.9.2018 – VIII 187/17, MittBayNot 2019, 376, die weiterhin bestehende Relevanz darauf gestützter Ansprüche auf Anpassung oder, ausnahmsweise, Rückabwicklung. 32 Triebel/Hölzle, BB 2002, 521, 533; Kleinhenz/Junk, JuS 2009, 787, 792. 33 Jaques, in: Ettinger/Jaques, Beck’sches Handbuch Unternehmenskauf im Mittelstand, D Rn. 439 m.w.N.; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 80. Aufl. 2021, § 280 Rn. 18. 34 Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, § 20 Rn. 406. 35 Vgl. zur Praxis im deutschen M&A-Markt in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Louven, in: Louven, Mergers & Acquisitions in Germany, Chapter 4, S. 26f. 36 BGH, Urt. v. 18.3.1977 – I ZR 132/75, BGHZ 65, 246, 252 = NJW 1977, 1538, 1539: „Legt der Käufer Wert auf einzelne Angaben, kann er sich deren Richtigkeit vertraglich zusichern lassen.“ 37 Vgl. Louven, in: Louven, Mergers & Acquisitions in Germany, Chapter 4, S. 26f.; Merkt, in: FS Sandrock, S. 657, 658; Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 49. 38 Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 49. Eine sehr praxisgerechte Auswahl dieser „Legionen“ von Begriffen wird in Risse/Kästle, M&A und Corporate Finance von A – Z, zum Nachschlagen vorgestellt. Vgl. ferner Grädler/Wehlage, JuS 2019, 109ff. 39 So Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 49. 40 So ebenso treffend wie plastisch schon im Buchtitel Wächter, M&A Litigation, M&A-Recht im Streit, 3. Aufl. 2017. 41 Vgl. Ebbinghaus/Hasselbach, DB 2012, 216; Louven/Mehrbrey, NZG 2014, 1321, 1323 zur parallelen Problematik bei der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. 42 Vgl. dazu etwa Uhlendorf/Schumacher, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 10 Rn. 5ff.; Jaques, in: Ettinger/Jaques, Beck’sches Handbuch Unternehmenskauf im Mittelstand, D Rn. 134ff. 43 Vgl. Uhlendorf/Schumacher, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 10 Rn. 5ff.; Jaques, in: Ettinger/Jaques, Beck’sches Handbuch Unternehmenskauf im Mittelstand, D Rn. 137; Schrader/Seibt, in: Seibt, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, C. II. 1. 11 und C. II. 2. 12. 44 Dazu unten Rn. 652ff. 45 Freund, Anatomy of a Merger, S. 153ff. 46 Dazu unten Rn. 948ff. 47 Dazu unten Rn. 140ff. 48 Dazu unten Rn. 1129ff. 49 Dazu unten Rn. 1227ff., S. 521ff. 50 Dazu unten Rn. 88ff. 51 So auch Engelhardt/von Woedtke, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 7. 52 Quack, ZGR 1982, 350, 358.
1.3 Hinweise für die Vertragsgestaltung
44
Eine zentrale Aufgabe des M&A-Anwalts53 ist die Gestaltung eines „Unternehmenskaufs“ mit den Mitteln (Vertrag) und in den Grenzen des Rechts.54 Sie ist, wie jede Vertragsgestaltung, eine schöpferische Tätigkeit.55 Anders als der Dezisionsjurist,56 der einen abgeschlossenen, in der Vergangenheit liegenden und von ihm nicht mehr beeinflussbaren Sachverhalt beurteilt, betrachtet der Kautelarjurist,57 dessen Tätigkeit als vorsorgliche (und vorsehende) Beratung und Anleitung der Mandanten bei der Gestaltung ihrer Rechtsverhältnisse umschrieben werden kann,58 den Sachverhalt dynamisch und zukunftsbezogen. Der Kautelarjurist blickt also notwendig nach vorn, weil sich seine Rechtsgestaltung in der Zukunft bewähren soll und muss: Er muss tatsächliche und rechtliche Entwicklungen antizipieren und sodann Vorsorge treffen – mit dem Ziel, künftige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden (kautelarjuristische Tätigkeit als „prophylaktische Rechtswissenschaft“).59 In seiner methodischen Herangehensweise folgt er einem Zweckprogramm: ausgehend vom ermittelten Sachverhalt und den Sachzielen seines Mandanten prüft er, welche rechtlichen Wege hierfür in Betracht kommen und welche Vor- und Nachteile mit ihnen gegebenenfalls verbunden sind. Gerade das Denken in und die Auswahl aus verschiedenen (Gestaltungs-)Alternativen gilt deshalb zu Recht als strukturprägendes Merkmal der Kautelarjurisprudenz.60 Das Verhältnis des Kautelarjuristen zum Recht ist dabei „instrumental“, d.h. er orientiert sich an zwingendem Recht, um insbesondere unwirksame Regelungen zu vermeiden, sowie am dispositiven Recht, um mit seiner Hilfe, in Abgrenzung oder in Ergänzung zu ihm zu gestalten.
45
Dabei kann man, um die Erklärung dessen, was mit einem Vertrag abstrakt geleistet werden muss, zu erleichtern, zwischen Erfüllungsplanung und Risikoplanung unterscheiden.61 Unter der Erfüllungsplanung ist die Verwirklichung der Sachziele der Vertragsparteien zu verstehen. Risikoplanung ist die Vertragsplanung gegen das Risiko von Verlusten bei nicht ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrags. Die Grenzen der Unterscheidung sind freilich unscharf.62
46
Bei solchen schöpferischen Vorgängen steht auch der Jurist in der Praxis nicht selten vor der Herausforderung, ein erstes leeres Blatt zu füllen und damit seinen schöpferischen Prozess in Gang zu setzen. Dies trifft etwa auf den Prozessanwalt zu, der, nach Feststellung des Sachverhalts, einen Klageentwurf fertigt. Oder den Richter, der nach Abschluss der Beweisaufnahme ein Urteil absetzt. Es gilt insbesondere aber auch für den Vertragsjuristen, der etwa einen komplexen, auf die individuellen Bedürfnisse der Parteien zugeschnittenen, atypischen Vertrag63 entwerfen soll.
47
Auf der ersten Stufe der Arbeiten an einem solchen völlig neuartigen und atypischen Vertrag stünde sinnvollerweise64 die Problemdefinition, d.h. die Ermittlung der regelungsbedürftigen Punkte, um die Sachziele des Mandanten zu erreichen. Daran schlösse sich eine Grobbeurteilung an, in der das Anforderungsprofil für die Gestaltung zu entwickeln und eine erste Vorentscheidung über die auszuwählende Gestaltung zu treffen wäre.65 Dazu zählten etwa die Fragen, ob bereits das Gesetz eine Lösung bietet, ob anerkannte Vertragstypen,66 passende individuelle Musterverträge und u.U. hier bereits passende typische Vertragsklauseln zugrunde zu legen sind.67 Hier arbeitete der Jurist regelmäßig intuitiv und nur ausnahmsweise systematisch.68 Daran schlösse sich eine Feinbeurteilung an, in der der Kautelarjurist die tauglichen juristischen Denkmodelle (also insbesondere passende Vertragstypen oder passende individuelle Musterverträge) zu Gestaltungsmöglichkeiten konkretisiert und bewertet.69 Auf dieser Stufe wären etwa eine Vorauswahl bei der Grobbeurteilung zu korrigieren und ggf. neue Alternativen zu überlegen. Die letzte Phase begönne mit der Entscheidung für eine bestimmte Gestaltung und betrifft die Ausarbeitung des Vertragsentwurfs/Detailarbeit am Vertragsentwurf. Sie schlösse die Strukturierung und Ausgestaltung im Einzelnen ein. In dieser Phase träte die spezifisch juristische Arbeit in den Vordergrund: Welcher Form bedarf der Vertrag? In welchem Umfang ist er formbedürftig? Werden bei der Klauselgestaltung die Grenzen zwingenden Rechts beachtet?70