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Die Kellnerin, die an unseren Tisch trat, unterbrach meine Gedanken.
~*~*~*~*~*~
Am nächsten Morgen erwachte ich, weil Wasser auf meine Stirn tropfte. Und nicht nur auf meine Stirn. Ganz sicher war da eben auch ein Tropfen auf meiner Nase gelandet.
Wasser.
In meinem Gesicht.
Wenn ich im Bett lag.
Warum?
Ich lag doch in meinem Bett, oder?
Blinzelnd schlug ich die Augen auf, sah mich um und stellte fest, dass es tatsächlich eindeutig mein Bett war. Das war gut. Der Umstand jedoch, dass immer mehr Wassertropfen auf mich fielen, war alles andere als gut.
Das war Scheiße!
Abrupt schoss ich hoch und sprang regelrecht aus dem Bett. Verhedderte mich dabei in der Decke und hätte mich beinahe auf dem Dielenboden langgelegt. Ich schaffte es gerade noch, mich auf der Matratze abzustützen. Fluchend zerrte ich mir die Decke vom Leib, richtete mich auf, sah hoch zur Decke – und fluchte erst richtig los.
»Jesus! Fuck! Was ist das für eine Scheiße?«
Die eigentlich weiß gestrichene Decke hatte sich direkt über meinem Bett großflächig dunkel verfärbt. Ein verdammter, riesiger Wasserfleck, der sich vor meinen Augen sogar noch auszudehnen schien. An manchen Stellen tropfte es von der Decke, an der Wand am Kopfende des Bettes lief ein Rinnsal entlang. Ein dünnes nur, aber eben doch ein verficktes Rinnsal.
»Scheiße, Scheiße, Scheiße, FUCK!«
Hastig tappte ich quer durch den Raum, der neben meinem Schlaf- auch mein Wohn- und Arbeitszimmer war, riss meine Klamotten vom Vortag von der Stuhllehne und eilte, während ich noch in mein Shirt schlüpfte, zur Tür. Rannte barfuß durchs Treppenhaus und die Stufen zu Mabels Wohnung hinauf. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es genau war, aber da ich gestern noch bis tief in die Nacht an meinem Modell gearbeitet hatte, vermutlich schon nach neun oder zehn. Mabel sollte auf jeden Fall wach sein, und auch wenn sie dank ihres Alters von bewundernswerten dreiundachtzig Jahren manchmal nicht mehr die Fitteste war, sollte sie doch wohl merken, dass es hier im Haus einen verdammten Wasserrohrbruch gegeben hatte. Oder betraf der Mist irgendwelche Rohre, die unter ihrer Wohnung, aber über meiner verliefen?
Scheiße noch eins!
Am Ende war der alten Dame auch irgendetwas passiert und sie hatte deshalb nichts mitbekommen?
Energisch hämmerte ich gegen ihre Wohnungstür, in meiner Brust raste mein Herz doppelt so schnell als üblich.
»Mabel, hörst du mich? Mach bitte auf!«
Stille.
Noch einmal trommelte ich mit einer Faust gegen die Tür, betätigte parallel dazu die Klingel.
»Mabel, hallo? Ich bin’s, Elliot, mach auf, bitte!«
›Bitte sei nicht gestürzt oder so was!‹
Ich überlegte bereits fieberhaft, wo ich den Ersatzschlüssel hingeräumt hatte, den Mabel mir schon vor Monaten anvertraut hatte, doch dann vernahm ich ein leises, schabendes Geräusch hinter der Tür.
»Mabel?« Noch einmal hob ich die Hand, doch ich kam nicht mehr dazu, gegen die Tür zu hämmern, da diese just in diesem Moment entriegelt und aufgezogen wurde. Mir gegenüber stand eine ziemlich verwirrt dreinschauende, aber augenscheinlich wohlbehaltene Mabel.
»Elliot … ist alles in Ordnung?«
»Ja. Nein. Nein, gar nicht! Darf ich?« Ohne ihre Antwort abzuwarten, schob ich mich an ihr vorbei in ihre Wohnung. Wo genau lag mein Wohnraum von hier oben aus betrachtet? Theoretisch links von mir. Eilig huschte ich den Flur entlang.
»Elliot, was ist denn nur los?«
»Erkläre ich dir glei…« Die Worte blieben mir regelrecht im Hals stecken, als ich um die Ecke trat – und nasse Füße bekam. Unter der geschlossenen Tür am Ende des Flures quoll Wasser hindurch.
»Oh, fuck!« Unter weiteren gemurmelten Flüchen tappte ich vorwärts. Ich traute mich kaum, die Tür zu öffnen. Befürchtete schon, mir würde gleich eine wahre Springflut entgegenströmen, sodass ich mich vorsichtshalber mit einer Hand an der Wand abstützte.
Die Tür schwang auf. Die Flut blieb aus. Der Fliesenboden des Raumes jedoch war pitschnass. An welchen Stellen genau das Wasser bis in meine Wohnung nach unten durchdrang, vermochte ich nicht zu sagen. Was ich allerdings sehr wohl auszumachen vermochte, war, woher das ganze Unheil rührte: Die Badewanne war übergelaufen. Und zwar nicht so ein bisschen übergelaufen, wie es passieren konnte, wenn man es zu heftig in der Wanne trieb, sondern so richtig übergelaufen. Und das Wasser floss munter weiter aus dem voll aufgedrehten Hahn. Jesus, hatten Badewannen nicht normalerweise einen Überlaufschutz?
Dieses Modell von anno dazumal offenbar nicht.
»Fuck!« Schien mein Lieblingswort an diesem Morgen zu sein.
Ich watete weiter und drehte den Hahn mit bebenden Fingern so schnell zu, wie ich konnte. Doch auch das änderte nichts daran, dass das ganze verdammte Badezimmer voller Wasser stand. Zentimeterhoch. Und dieses Wasser fröhlich meine Wohnungsdecke durchweichte.
»Elliot, was ist denn …? Ach, du meine Güte, was für ein Malheur.«
Ja, so konnte man es natürlich auch ausdrücken. Ich persönlich hätte es zwar eher als gottverdammte Scheiße bezeichnet, aber da sprach wohl der Generationsunterschied aus uns.
Ich zwang mich, einmal tief durchzuatmen, um nicht meine arme Vermieterin aus Versehen anzumaulen, ehe ich mich umwandte und aus dem Badezimmer zurück in den Flur watete. Mabel stand am Ende des Ganges und blickte aus großen Augen auf die feuchte Bescherung zu ihren Füßen.
»Vorsicht, nicht dass du ausrutschst.« Mit wenigen Schritten war ich bei ihr und ergriff sie am Arm, um sie fort von dem Unglück und in ihr Wohnzimmer zu führen.
»Wie konnte das denn passieren?« Unschlüssig sah sie zu mir auf, nachdem ich sie sacht in ihren großen Ohrensessel bugsiert hatte.
Ja, das hätte ich allerdings auch gern gewusst.
»Wolltest du ein Bad nehmen?« Um wie viel Uhr auch immer am Morgen …
»Ich? Nein. Es ist doch erst neun.«
Mein Blick schweifte zu der großen Wanduhr über der Essecke. Beinahe zehn, aber okay, zumindest schien die gute Frau nicht vollkommen desorientiert zu sein.
»Meine Fische!«
»Was?«
Mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht deutete Mabel zu dem Aquarium hinüber, das neben dem Sofa stand und in dem fröhlich einige grün-blau schimmernde Exemplare herum huschten.
»Ich wollte das Aquarium mal wieder reinigen. Deswegen habe ich den Hahn aufgedreht, um die Fische in die Wanne zu setzen. Und weil es ja so lange dauert, bis das Wasser eingelaufen ist, habe ich mir noch einen Tee gekocht. Den wollte ich in Ruhe trinken und dann muss ich im Sessel eingeschlafen sein.«
Das ergab Sinn. Vor allem, wenn man bedachte, dass auf dem furchtbar hässlichen Buntglastischchen neben dem Sessel eine Tasse stand, deren Inhalt zumindest nicht mehr dampfte.
»So was Dummes aber auch. Ist denn viel nass geworden?«
›Nee, nur meine fucking Wohnung!‹
Nur mit Mühe unterdrückte ich den frustrierten Aufschrei. Stattdessen nahm ich Mabels Hand in meine und streichelte beruhigend mit dem Daumen über ihren schrumpeligen Handrücken. Blieb nur fraglich, wen genau ich gerade zu beruhigen versuchte.
~*~*~*~*~*~
Nicht nur die Decke, eine Wand und mein Bettzeug hatten gelitten. Das Schlimmste offenbarte sich mir erst, als ich rund zwei Stunden später wieder in meine Wohnung kam: Das Modell, an dem ich am vergangenen Abend stundenlang gebastelt hatte, war dahin. Gut, nicht vollständig dahin, es war durchaus noch als Modell einer modernen Mehrfamilienhaussiedlung mit parkähnlicher Grünanlage und einem Kinderspielplatz erkennbar. Aber das von der Decke tropfende Wasser hatte die Farbe verwaschen und fleckig werden lassen und stellenweise sogar ganz abgelöst, sodass an einigen Stellen wieder das Styropor durchschien. Außerdem waren einige Ecken an den kleinen Modellhäusern aufgeweicht und eingedrückt, an einem Häuschen war sogar das Dach so sehr aufgeweicht, dass es in sich zusammengesunken war. Kurzum: Auch wenn noch erkennbar war, worum es sich handelte, das Modell war am Arsch. Und das bedeutete nicht nur, dass Dutzende Stunden Arbeit der letzten Wochen umsonst gewesen waren, sondern vor allem auch, dass ich ein verdammtes Problem hatte. Morgen war Abgabe und ich würde es niemals schaffen, das Modell bis dahin zu retten, geschweige denn, ein neues anzufertigen.
Warum, zur Hölle, hatte ich es dort neben dem Bett auf dem Boden stehen lassen? Ich hatte gewusst, ich hätte das verfluchte Modell in der Nacht noch ordentlich beiseite räumen sollen. Warum nur war ich manchmal so ein verdammter, fauler Schlamper? Diese Kann-ich-morgen-noch-machen-Mentalität würde mich irgendwann den Kopf kosten. Oder eben ein Modell. Und damit die notwendige Abschlussqualifikation für das Praxisseminar, ohne die ich im kommenden Semester nicht für die Folgeveranstaltung zugelassen werden würde. Was in letzter Konsequenz hieß, dass ich das Seminar wiederholen und dadurch im schlimmsten Fall ein Semester würde dranhängen müssen, was auf lange Sicht nicht nur einen Zeitverlust bedeutete, sondern vor allem immense Kosten nach sich ziehen würde.
Was bitte war das heute eigentlich für ein Scheißtag?
Mit einem rauen Laut in der Kehle ließ ich die Stirn auf meine angezogenen Knie sinken und versteckte mein Gesicht zwischen den verschränkten Armen. Verdammt, ich würde jetzt sicher nicht heulen! Nicht wegen einer übergelaufenen Badewanne.
Ich konnte Mabel ja nicht mal richtig böse sein. Sie war über achtzig und manchmal einfach ein wenig vergesslich und ein wenig müde. Viel eher wollte ich stinkwütend auf diese gottverdammte, alte Badewanne sein. Oder auf denjenigen, der sie in Mabels Wohnung montiert hatte. Eine Badewanne ohne Überlaufschutz – wer erfand so eine Scheiße? Wie konnte es denn sein, dass eine Badewanne eine Decke, einen Kissenbezug, ein Architekturmodell und einen ganzen Tag versaute?
Okay, vielleicht würde ich doch wegen einer Badewanne heulen. Ein kleines bisschen nur.
Irgendwo rechts neben mir vibrierte mein Handy. Schniefend hob ich den Kopf, wischte mir über die Augen und entdeckte das Gerät auf meinem Schreibtisch, wo es noch einmal über die Tischplatte summte und dann still liegenblieb. Wer auch immer mir schrieb, würde an diesem bekackten Tag vermutlich nichts ändern können, aber Hoffnung starb ja bekanntlich zuletzt. Also kämpfte ich mich auf die Füße hoch und tappte – noch immer barfuß und deswegen mit inzwischen echt kalten Zehen – hinüber zum Schreibtisch.
Aus dem Treppenhaus drangen gedämpfte Stimmen bis in meine Wohnung. Ich hatte die Wohnungstür extra nur angelehnt, weil Mabel mir versprochen hatte, mir als Entschuldigung »für das feuchte Malheur« und als Dankeschön, weil ich ihr Bad und ihren Flur weitgehend trockengelegt hatte, zwei Stück Kuchen herunterzubringen, sobald dieser aus dem Ofen kam. Okay, und um ehrlich zu sein, wollte ich sichergehen, mitzubekommen, falls in der Wohnung über mir auch gleich noch ein Elektrobrand ausbrach. An Tagen wie diesen wusste man ja nie …
Im ersten Moment wollte mein Herz einen kleinen, erfreuten Hüpfer tun, als ich sah, dass die eingegangenen WhatsApp-Nachrichten von Devin waren. Im zweiten Moment allerdings entschied sich mein Herz zu einem enttäuschten Pochen, als ich mich in den Chatverlauf geklickt hatte.
Hi Eli, sorry, dass ich mich gestern nicht mehr gemeldet hab.
Wir waren bei meinen Schwiegereltern zum Essen eingeladen.
Was treibst du so?
Ich wusste nicht, was mich mehr traf: Dass Devin von sich und seinem Ex wie selbstverständlich als ›wir‹ schrieb – denn dass er von sich und seinem Ex redete, war wohl offensichtlich – oder dass die beiden gemeinsam zum Essen bei der Familie eingeladen wurden. Und diese Einladung auch annahmen. So, als seien sie immer noch ein Paar.
Waren sie nicht, verdammt! Devin hatte sich vor mehreren Wochen von seinem langjährigen Partner getrennt, nachdem der ihn betrogen hatte. Und das anscheinend mehrfach. Über Monate hinweg. Und dann auch noch die Dreistigkeit besessen hatte, als er von Devin zur Rede gestellt wurde, so zu tun, als seien seine Seitensprünge vollkommen in Ordnung, da Devin es vor der Kamera ja auch mit anderen Männern trieb. Als ob seinem Ex jetzt erst aufgefallen war, dass er seit Jahren mit einem Pornodarsteller liiert war und ihm dieser Umstand eigentlich missfiel.
Zur Hölle, warum tanzte Devin mit diesem Arschloch bei einer Familienfeier an, als sei nichts geschehen?
Und warum, zum Teufel noch mal, machte es mich überhaupt so wütend, dass er das tat?
›Weil es dich verletzt. Weil du in ihn verkna…‹
»Bin ich nicht!«, schnauzte ich meine innere Stimme an und zuckte gleich darauf heftig zusammen, als es von der Tür her tönte: »Ist das nicht die Wohnung mit dem Wasserschaden?«
Abrupt wandte ich den Kopf, um in den Flur blicken zu können. Im Türrahmen zu meiner Wohnung stand ein Mann mittleren Alters im Blaumann und linste fragend herein.
»Was? Doch, ja. Also, in der Wohnung oben drüber ist die Badewa…«
»Das habe ich mir schon angesehen.«
›Danke fürs Ausreden lassen.‹
»Aber du hast den Wasserschaden an der Decke?«
Nicht nur an der Decke.
»Ja, hier im Wohnraum. Willst …?«
Schon stapfte der Kerl durch den Flur auf mich zu und hinein in den Raum. Mit seinen Dreckschuhen an den Füßen.
›Ja, komm doch rein, fühl dich wie zu Hause, darf’s vielleicht noch ein Tee sein?‹
Ich verkniff mir jedweden Kommentar. Immerhin war ich ja froh, dass Mabel augenscheinlich so schnell jemanden herbekommen hatte, der sich das ganze Desaster mal ansah.
»Aha, na das ist ein ordentlicher Schaden.«
Das hatte ich befürchtet.
Während der Kerl den riesigen Fleck an der Decke mit akribischem Blick inspizierte und dabei ungeachtet der Fußspuren, die er auf dem Boden hinterließ, um mein Bett herumging, nahm ich kurzerhand dieses Exemplar von Mann in Augenschein. Wenn heute schon alles schieflief, konnte ich mir ja wenigstens ein bisschen Augenschmaus gönnen. Denn auch wenn der Kerl nicht unbedingt durch dezent-höflichen Charme glänzte, so war doch zumindest sein Äußeres recht ansprechend: etwa gleich groß, aber deutlich breiter gebaut als ich selbst, mit erahnbaren Muskeln unter dem Blaumann, kantigem Gesicht mit leichtem Bartschatten und dunklen, kurzgeschorenen Haaren. Zugegeben, ein bisschen längeres Haar hätte mir besser gefallen, aber man konnte nicht alles haben. Außerdem wollte ich ihn ja nicht direkt in mein Bett zerren, sondern einfach nur ein bisschen anschauen.
Er selbst hatte anscheinend noch nicht genug geschaut. Noch einmal ging er um mein Bett herum, trat näher an die Wand und direkt auf das ruinierte Modell zu. Ich öffnete schon den Mund, sein Blick glitt nach unten. Ein Zögern und dann …
Geräuschvoll schnappte ich nach Luft.
… schob er das Modell einfach mit seinem Dreckschuh beiseite, um näher an die Wand herantreten zu können.
›Ja, flipp ich gleich aus, oder was?‹
»Hör mal …«
»Hier müssen Trockner rein.«
Ich verschluckte mich an meinen eigenen Worten. Hustete. Der Kerl drehte sich zu mir um.
»Am besten jetzt gleich. Ich hab welche im Wagen.«
»Ähm … okay.« Eigentlich hatte ich ihn anschnauzen wollen, andererseits war das Modell wahrscheinlich nicht mehr zu retten. Und wenn doch, dann kam es auf das bisschen Dreck nun auch nicht an. Außerdem hoffte ich, dass der Typ meine Decke retten würde, also war es wohl angebracht, ihm ein Vorbild in Sachen Höflichkeit zu sein.
»Was für Trockner?«
»Na, solche, die die Raumluft und die Wände und Decken trocknen. Sobald die eine Weile gelaufen sind, kann man sehen, ob das ausreicht oder ob man die Decke neu machen muss.«
Na hoffentlich hatte Mabel genug auf der Seite, um so etwas zu bezahlen. Ich jedenfalls hatte es nicht. Und so lieb ich meine Vermieterin auch hatte, das hier war allein auf ihrem Mist gewachsen.
»Okay und wie lang dauert das?«
»Die Trockner müssen mindestens zehn Tage laufen und dann …«
»Zehn Tage?« So viel zum Thema, ich würde mich ganz vorbildlich benehmen und ihm nicht ins Wort fallen.
»Ja. Und ich sag dir: Die Dinger sind scheiße laut. Also wenn das hier dein einziges Bett ist …«
›Nee, du, klar, ich hab noch je eines in all den anderen zehn luxuriösen Zimmern stehen …‹
»… würde ich an deiner Stelle für die nächsten zwei Wochen woanders hinziehen.«
Sein Ernst jetzt?
Mit einem zutiefst frustrierten Laut griff ich mir in die Haare. Ich war kurz davor, den Kerl anzuflehen, ob es nicht irgendeine Möglichkeit gab, die ganze Sache zu beschleunigen, notfalls, indem ich ihm jetzt und hier einen blies. Aber vermutlich würden sich die Trockner auch nicht von meinem Mund um seinen Schwanz beeindrucken lassen.
»Irgendwo kannst du doch bestimmt unterkommen, oder?«
Kraftlos sanken meine Arme herab. »Ja«, entgegnete ich dumpf, »bestimmt.«
Wie konnte ein einzelner Tag eigentlich so beschissen sein?
~*~*~*~*~*~
Erschöpft und mit den Nerven völlig am Ende ließ ich mich auf meine auf der Sitzbank ausgebreitete Decke fallen. Der Handwerker hatte recht gehabt: Diese verdammten Trockner waren scheiße laut. So laut, dass ich nach nur einer Stunde mit ihnen im selben Raum aus meiner Wohnung und in den High-Line-Park geflüchtet war. Dieser Park auf der alten Eisenbahntrasse über der Stadt war einer meiner absoluten happy places in New York. Allein schon durch seine Nähe zum Chelsea Market und weil man von hier oben einen ausgedehnten Blick auf Manhattan und den Hudson River hatte.
Die strahlende Augustsonne hob meine Laune wenigstens um ein winziges bisschen und hey, immerhin würde es wohl auch in den nächsten Nächten warm genug sein, um notfalls auf einer verdammten Parkbank zu schlafen.
›Witzig, Elliot, als ob du dich das trauen würdest …‹
Ehe ich das tat, würde ich doch Mabels Angebot annehmen und auf ihrer Couch übernachten. Aber nein, auch wenn meine Vermieterin wirklich ein herzensguter Mensch war, darauf hatte ich keine Lust. Immerhin blieben mir neben diversen kostenpflichtigen Varianten noch zwei weitere Möglichkeiten.
Aus meiner Hosentasche zog ich mein Handy hervor und klickte mich in die Telefonliste zum Buchstaben D – Dale oder Dave? Ich entschied mich spontan zunächst für Letzteren. Auch wenn ich mir sicher war, dass Dale mir Unterschlupf gewährt hätte, wollte ich ihm nicht schon wieder auf die Nerven gehen.
Nach nur wenigen Freizeichentönen hob jemand ab – allerdings nicht Dave, obwohl ich seine Bürodurchwahl benutzt hatte.
»Tracy, hi, hier ist Elliot. Ich, ähm, wollte eigentlich Dave sprechen. Ist er da?«
»Ja, aber er ist gerade mit Mason im Gespräch. Kann ich ihm etwas ausrichten? Oder soll er dich anrufen?«
Mason war noch in der Mansion? Für wie lange?
»Hmm, nein, eigentlich kann ich auch dich fragen.« Ich zögerte einen Moment. Konnte ich wirklich so mit der Tür ins Haus fallen? Für die Zeit der Drehs oder anderer Veranstaltungen, standen uns CC Cocks-Jungs immer Zimmer in der Mansion frei. Aber Dave und Tracy waren primär meine Arbeitgeber und nicht meine Sozialarbeiter.
»Um was geht’s denn?«, fragte Tracy, nachdem mein zögerliches Schweigen wohl zu lange gedauert hatte.
Schnaufend atmete ich aus. »In meiner Wohnung gab’s einen Wasserschaden und die Trockner, die nun drinstehen, sind irre laut. Da dachte ich … na ja … könnte ich vielleicht ein paar Tage in der Mansion übernachten? Ich bezahle euch das natürlich oder Dave soll es von meinem nächsten Honorar abziehen oder …«
»Natürlich kannst du hier übernachten.«
»Ehrlich?«
»Klar. Auch für eine Woche oder zwei oder … Wie lange es eben dauert. Ich hatte auch mal diese Geräte in der Wohnung über mir und selbst das hat mich beinahe wahnsinnig gemacht. Also komm her, wann auch immer du willst.«
»Danke, Tracy, ehrlich, vielen Dank!« Mit einem tiefen Seufzen ließ ich mich vollends rücklings auf die Decke sinken, die ich auf einer der hölzernen Liegebänke ausgebreitet hatte. »Ich bin noch unterwegs, aber dann packe ich nachher ein paar Sachen zusammen und komm gegen Abend rüber. Ist das okay?«
»Natürlich. Einer von uns wird sicher ohnehin noch in der Mansion sein. Und wenn nicht, weißt du ja, wo du klingeln musst.«
Tracys und Daves privater Bungalow lag auf demselben Gelände wie die Mansion selbst, allerdings abgeschirmt hinter blickdichten Gabionen.
»Okay, mach ich.«
»Ich gebe dir dann später eine Chipkarte mit dem aktuellen Einlasscode, damit du jederzeit rein kannst.«
»Danke noch mal, ehrlich, du rettest mir gerade quasi das Leben.«
Ihr Lachen hallte herzlich durch die Verbindung und ließ mich beinahe glauben, dass der Tag doch nicht ganz so furchtbar war. Allerdings nur fast …
»Ich rette doch gern unsere Jungs. Dann bis später, Elliot.«
»Ja, bis dann.« Ich hätte ihr am liebsten noch einmal gedankt, aber vermutlich war es besser und glaubwürdiger, ihr einfach später von Angesicht zu Angesicht um den Hals zu fallen. Und vielleicht sollte ich ihr einen Blumenstrauß oder eine Schachtel Pralinen oder so etwas kaufen. Wobei ich eigentlich bezweifelte, dass Tracy auf eines von beidem stand. In meinen Augen war sie eher der Typ Frau, den man mit einem Rumpsteak oder einem neuen Sextoy glücklich machte. Wobei es von Letzterem in der Mansion nun wirklich mehr als genug gab.
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