- -
- 100%
- +
Es ist egal, ob man chaosmagisch arbeitet, ob man schamanisch arbeitet, kabbalistisch, hermetisch, satanisch, ob man mit Psychogonen, Egregoren, Servitoren, Elementalen, Göttern, Göttinnen, Genien, Dschinns, Erzengel, Daimons, Spirits, Krafttieren, den eigenen Ahnen, irgendwelchen Geistern, Gespenstern, stellaren Entitäten oder sonstigen, eigenständigen Wesen agiert. Man ist selbst für seine Taten verantwortlich, man selbst bestimmt sein Ziel, und man selbst bestimmt, wie man sein Ziel erreichen will. So könnte man die Chaosmagie auch als kreative Lebensmagie deklarieren, was bedeutet, dass man sich selbst ein Ziel setzt, sagen wir ein ganz profanes Ziel, ein perfektes Essen, und man jetzt, vollkommen autark, dieses Ziel umsetzen will. Es wird schwierig, wenn ich nicht weiß, was für mich das „perfekte Essen“ ist, es wird schwierig, wenn ich nicht weiß, was ich essen kann, wie ich diese Nahrung zubereiten kann, wo ich diese Nahrung zubereiten kann, welche Hilfsmittel es gibt und wie ich diese Hilfsmittel nutze. Wenn ich also wirklich mir ein Essen kochen will, jedoch keinen Plan habe, wo ich eine Küche finde, was es in einer Küche alles gibt, was Töpfe sind, was ein Herd ist, ein Backofen, eine Mikrowelle etc., was es bedeutet, etwas zu kochen, etwas zu braten, etwas zu blanchieren, etwas zu backen etc., werde ich arge Probleme bekommen. Und genau dies gilt auch für die Chaosmagie. Gut, einige Menschen finden sich in der Magie, genauso wie in einer Küche, schneller zurecht, als andere. Und hier greift auch wieder die Intuition. So ist die Chaosmagie auch untrennbar mit der eigenen, wahren Intuition verknüpft, wobei man statt Intuition auch Erkenntnis sagen kann, also Gnosis, da sich diese Gnosis aus Logik und Intuition zusammensetzt. Man benötigt in der Chaosmagie beides. Man benötigt eine echte Logik und eine innere Intuition. Wenn man diese beiden Punkte kombinieren kann, besitzt man ein essenzielles Werkzeug der Chaosmagie.
Doch was ist Gnosis? Gut, es bedeutet Erkenntnis, doch wo kommt das Wort her? Welche Ideen gibt es in der Chaosmagie? Wer hat ein ich die Chaosmagie erfunden? Ist der Begriff uralt oder relativ neu?
All diese Fragen werden in diesem Buch beantwortet, sodass man hier auch in die Anfänge, in die ursprünglichen Ideen der Chaosmagie eintauchen kann, sodass man hier auch die verschiedenen Symbole, Einfälle, Entwürfe, Pläne und Meinungen erhält, die in den verschiedenen Epochen der Chaosmagie entstanden sind, wobei die Vokabel „Epoche“ nicht zur Verwirrung führen soll, da die Ursprünge der Chaosmagie knapp 100 Jahre in der Vergangenheit liegen. Gleichzeitig ist die Chaosmagie aber schon immer vorhanden gewesen, da die Magie die Individualität bedingt, und die Chaosmagie DIE individuelle Magie schlechthin ist. So wird man hier in ein Gebiet geführt, welches ein „chaotisches und geordnetes Chaos“ aufzeigt, sodass man letztlich auch die „Chaosmagie“ mit einer „chaotischen Magie“ vergleichen kann. Doch natürlich geht es hier auch um chaotische Sichtweisen und Meinungen, genauso wie um spezifische Entitäten, Wesen und Kreaturen, die gerne mit der Chaosmagie verknüpft werden, obwohl die Chaosmagie hier Wertevorstellungen hat, die auf der einen Seite eigentlich spezifische Zusammenarbeiten mit gewissen Entitäten ablehnen, da hier die Meinung existierte, dass alles im eigenen Inneren erschaffen und kreiert wird, und die äußeren, archetypischen Thematiken, ausschließlich im Inneren behandelt werden können. Da die Chaosmagie prädestiniert ist für revolutionäre Ideen, welche sich dann auch wieder auf Sigillen- und Glyphenmagie beziehen, gibt es hier natürlich auch ein eigenes Kapitel. Doch durch „Revolutionen, Erfindungen und Geistesblitze“ wird man auch wieder die Möglichkeit erhalten, Stück für Stück die Theorie und die Praxis der Chaosmagie zu kombinieren. Gerade die Praxis der Chaosmagie ist auf der einen Seite unbeschreiblich, auf der anderen Seite jedoch auch unendlich, denn da die Individualität des magischen Menschen unendlich ist, wird man hier Myriaden an Möglichkeiten vorfinden. Wenn es dann in die direkte Praxis der Chaosmagie geht, erneut sei hier angemerkt, dass sämtliche Rituale als eine Anregung, als eine KANN-Aktion/Option verstanden werden müssen, wird man feststellen, dass es hier Ideen gibt, die auch in der klassischen Belletristik, speziell in der Fantasyliteratur existieren, und sich auf die „Farben der Magie“ beziehen, und zwar im wortwörtlichen Kontext.
Wenn es um die „Magie der Farben“ geht, dann laufen bei vielen Menschen natürlich die großen Klassiker ab, sodass man hier eben von der „weißen Magie“, von der „schwarzen Magie“ und vielleicht auch noch von der „roten Magie“ spricht.
Hierbei sind meistens feste Kategorien thematisiert, sodass alles, was irgendwie einen positiven Effekt hat, eine Heilung impliziert, eine Befreiung, eine Harmonisierung, eine Kreation etc., mit dem Begriff der „weißen Magie“ versehen. Im Gegensatz dazu steht dann natürlich die „schwarze Magie“, sodass hier alle negativen Handlungen tituliert sind, jegliche Art der Schadensmagie, verschiedene Formen von Angriffsmagie, aber auch die Todesmagie, die Nekromantie, und irgendwie alles, was ein destruktives Ziel besitzt. Deutlich seltener wird von der „roten Magie“ gesprochen, da hier meistens die klassische Blutmagie tituliert ist, da Blut nun einmal rot ist. Tja, Farben der Magie! Es sind eher religiöse Vorstellungen, die sich primär im Mittelalter ergeben haben, sodass hier die weiße Magie christliche Magie war und die schwarze Magie die satanische Magie. Dieses einfache und stupides Schwarz-Weiß-Denken sollte man eigentlich ablegen, gerade dann, wenn man mit der Chaosmagie arbeitet. Nun, und wenn es dann um die Blutmagie geht, um die rote Magie, dann hat man hier wirklich Glück, dass das blutrot ist, nicht wahr?! Und in der Chaosmagie gibt es auch solche Farbzuordnungen? Ja, die gibt es, doch diese besitzen eine andere Idee, eine andere Herkunft, eine andere Umsetzung und es gibt ja auch noch viel mehr Farben! Daher wird man in diesem Werk verschiedene Rituale finden, die sich auf die einzelnen „Farben der Magie“, es sind insgesamt acht an der Zahl, beziehen. So wird man hier eine gigantische Fülle erhalten, wodurch man ein riesiges Spektrum an praktischen, magischen Ritualen abdecken kann, sodass man hier mannigfache Ziele für sich definieren und auch erreichen kann.
Doch es gibt hier ein kleines Problem, denn da die Chaosmagie absolut individuell ist, kann es im Grunde in diesem Werk keine Rituale geben. Dies liegt daran, dass durch die absolute Individualität der Chaosmagie schlichtweg jedes Ritual nur eine Momentaufnahme der Person ist, die das Ritual erstellt hat. Schon ein paar Tage später, ein paar Erkenntnissprünge weiter, ist das aktuelle Ritual veraltet, überholt, hinfällig und kann im Idealfall erweitert werden. Hinzu kommt der Umstand, dass die jeweiligen Rituale auf die Ziele zugeschnitten sind, die der magische Kreator definiert hat, sodass diese Rituale sich eben auf individuelle Ziele beziehen, auch wenn sie eine gewisse Universalität besitzen können.
Doch dadurch, dass die Rituale stets auf den Erfinder zugeschnitten sein werden, werden sich die Rituale auch immer auf die energetischen Fähigkeiten des Erschaffenden beziehen, auf das Wissen, auf die Weisheit, auf die Möglichkeiten, wie man sich selbst in den Zustand der Gnosis versetzen kann, um hierdurch verschiedene Blickwinkel zu verwenden, um die eigenen Ziele zu verifizieren, zu eruieren und dann natürlich auch zu erreichen! Warum sollte man sonst Magie machen!? Ein praktisches Buch der Chaosmagie müsste eigentlich so aussehen, dass es hier eine einzige Seite gibt, auf der in ein paar Zeilen einfach nur die Tipps stehen, dass der magisch interessierte Leser, oder natürlich auch der Chaosmagier, sich einfach in einen gnostischen Zustand bringen muss, um dann den eigenen wahren Willen zu leben, sodass hierdurch alle Zielpunkte, die für die aktuelle Inkarnation wichtig sind, erkannt werden, wodurch man mit der Hilfe seines Wissens, seiner Weisheit und seiner Gnosis (seiner Erkenntnis) eigene, vollkommen autarke Rituale „mal eben“ kreiert, diese dann in Angriff nimmt, die Rituale ausführt und umsetzt, sodass letztlich dann auch die gesetzten Ziele voll und ganz erreicht werden. Mehr ist es nicht! Das wäre auch schon das ganze Buch! Ein Ritual mit entsprechenden Schablonen und Regelungen würde hier eigentlich kontraproduktiv sein, selbst, wenn die Rituale als Ideen, Vorschläge, Entwürfe, Anregungen und Angebote konzipiert sind, wird es immer noch Menschen geben, die dies übersehen, vergessen, ignorieren, und sich dann darüber wundern, wo denn die Individualität bleibt. In Bezug auf die Chaosmagie wäre es dann natürlich noch schlimmer, wenn man hier eine geführte Meditation, bzw. eine geführte Astralreise anbieten würde, sodass hier noch engere Parameter, klare Strukturen und Muster und echte Schablonen vorgegeben werden, aus denen man eben nicht ohne weiteres ausbrechen kann. Gut, Meditationen oder auch Astralreisen wird man in diesem Werk definitiv nicht finden. Doch es wird Rituale geben! Auch wenn es im Bereich der Chaosmagie eigentlich sinnfrei ist, da ich ja hier nur „meine Rituale“ wiedergeben kann. Insgesamt wird man hier neun Rituale finden, acht von diesen Ritualen beziehen sich auf die verschiedenen „Farben der Magie“ und ein Ritual sich auf die „Chaotisch ein Wesen, Entitäten und Götter“ von verschiedenen Kulturen beziehen. Alles in allem wird es nicht langweilig!
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
Chaotisches und geordnetes Chaos
„Benenne das Chaos und es ordnet sich“ – so ein Ausspruch aus einem Channeling, welches mit einem Prinzip geführt wurde, was Chaos kennt – Choronzon. Doch, was ist Chaos? Außerdem, auch wenn der Satz „Benenne das Chaos und es ordnet sich“ metaphorisch zu verstehen ist, löst er dennoch ein paar innere Fragen aus? Stimmt es, dass Chaos immer etwas Ungeordnetes ist, oder ist im Chaos eine Ordnung, die der Mensch einfach nicht (oder noch nicht) erkennen kann? Vielleicht ist das Chaos auch eine Ordnung, die jedoch so komplex ist, dass erneut das menschliche Denk- und Auffassungsvermögen scheitert? Fragen über Fragen! Nun, wenn man hier eine nüchterne Erklärung sucht, findet man für das Chaos die Erläuterung, dass es ein Durcheinander ist, eine ungeordnete Masse, ein anarchistisches, gesetzloses, unregelmäßiges, unbeständiges, wirres, unterschiedsloses, vermengtes, regelloses Ding! Es ist ein Ding, welches offensichtlich eine Kluft, einen Abgrund erschafft. Nun, da das Prinzip Choronzon auch immer mit Daath, der All-Wissenheit und dem Abyss, dem Abgrund, assoziiert wird, erhält der Satz „Benenne das Chaos und es ordnet sich“ schon wieder einen anderen Blickwinkel! Schon fast chaotisch! Aber auch nur „fast“, denn der Begriff „Chaos“ muss in vielen Zusammenhängen und Blickwinkeln verstanden werden. Da jedoch Zusammenhänge meist eine kausale bzw. logische Sammlung bilden, ist hier Chaos und Ordnung schon wieder irgendwie vereint. Ordnung, Kosmos, Chaos! Im Leben, im Dasein, in der Existenz und im Sein geht es letztlich immer darum, dass irgendwelche Systeme agieren, Systeme, die meist irgendwelchen Gesetzen folgen, die – im Idealfall – deterministisch sind. Ja, der Idealfall! Doch wie oft existiert dieser? Es ist ja schön, wenn der Determinismus, wortwörtlich das Festlegen, das Begrenzen, das Grenzen setzen, besagt, dass alles eine Ordnung hat und dass alle zukünftigen, und letztlich auch denkbaren Ergebnisse, auf Bedingungen beruhen, die einer eindeutigen, unumstößlichen Bedingung entsprechen. Alles ist planbar, alles ist erklärbar, alles ist berechenbar, alles ist erkennbar und alles ist logisch. Alles?
Nun, irgendwie nicht, denn die Antithese des Determinismus, also der Indeterminismus, sagt doch deutlich, dass es eben immer Ereignisse, Besonderheiten, Phänomene und Umstände gibt, die man als „Einmaligkeiten“ deuten kann und die eben KEINE eindeutigen Vorbedingungen produzieren, erlauben, festlegen oder auch erschaffen. Es gibt immer indeterminierte, also unbestimmte Möglichkeiten. So reagieren deterministische Systeme / Bedingungen / Gesetze nicht förderlich, wenn der Determinismus durch einen Indeterminismus gekreuzt wird, sodass hier zufällige und unvorhersehbare Dinge, Episoden, Umstände oder auch Phänomene erscheinen. Aber ist es wirklich zufällig oder ist der Zufall hier ein ZU-Fall, sodass etwas gelenkt wird, was aber außerhalb der eigenen Wahrnehmung und der eigenen Definitionsmacht steht? Wenn etwas unvorhersehbar ist, dann ist die Frage nach dem „Warum?“ doch gestattet, oder? Warum kann man etwas nicht vorhersehen? Vielleicht weil natürliche, kosmische oder auch ordentliche Systeme sehr empfindlich auf Änderungen reagieren? Vielleicht sogar schwächlich? Ist die Schwäche eines Systems der Grund von Chaos? Wenn ja, muss das Chaos je gigantisch sein, oder? Gut, wenn es um etwas Unvorhersehbares geht, dann heißt das erst einmal, dass hier ein Beobachter offensichtlich nicht die Fähigkeiten hat, die Gesamtheit zu erkennen, zu verstehen, zu überblicken oder zu begreifen. Dies kennt man eigentlich aus dem Alltag, denn gern wird das Wetter als „chaotisch“ beschrieben, obwohl das Wetter auf Naturgesetzen basiert, auf Gesetzen der Ordnung. Dennoch wird hier gern der Begriff des Chaos verwendet. Doch vielleicht ist das Wetter empfindlich! Ja, vielleicht! Doch, wogegen ist es denn empfindlich? Taten? Gedanken? Handlungen? Kann ich selbst das Wetter beeinflussen, in dem ich mich einfach auf „Sonnenschein“ oder auf „Regen“ konzentriere? Nun, die Praxis zeigt hier eigentlich, dass es so nicht funktioniert, denn wenn es regnet und ich „Sonnenschein“ denke, hört es (meist) nicht auf zu regnen, gerade dann nicht, wenn das Regenradar zeigt, dass ich im Zentrum einer riesigen Regenwolke bin. Doch vielleicht löst mein Gedanke ja eine Energie aus, die „energetische Dominosteine“ zum Fallen bringt, sodass eben doch der Regen aufhört, nur nicht sofort, sondern erst nach einiger Zeit, da viel Masse bewegt werden muss! Chaos! Ein Umstand, der Verwirrung, Unordnung und Konfusion IST und bedingt!
Wie empfindlich ist die Welt, das Leben, der Kosmos, das Sein? Reichen hier Gedanken aus? Im magischen Kontext ist die Antwort: „JA!“ Im profanen Alltag wird es meist ein „NEIN!“ sein, da hier die Komplexität des Chaos nicht überblickt werden kann. Dies gilt auch für die Magie, die man mit seinem Tagesbewusstsein erkennt, definiert und erkundet. Doch der Mensch besteht aus viel mehr, als nur seinem „Tagesbewusstsein!“ Echt? Ja! Ein bisschen mehr ist da schon, was Hirnforscher und Psychologen gerne mit einem Vergleich beschreiben. Hierbei ist die Zusammenfassung von Tages- und Unterbewusstsein in etwa 44.444 km lang. Das ist ZU-fällig etwas mehr als der Umfang der Erde (40.004 bis 40.076 km; also ca. 40040 km im Durchschnitt). Wie lang wäre jetzt das Tagesbewusstsein? Etwa die Hälfte? So ca. 22.222 km – weil es ja alles magische Zahlen, Schnapszahlen sind? Nun, knapp daneben! Wenn das menschliche Vermögen aus Tagesbewusstsein und Unterbewusstsein fiktiv einfach 44.444 km lang wäre, dann wäre der Anteil des Tagesbewusstseins ca. 22,222 cm lang. Zentimeter! Nicht Kilometer! Nein, das ist kein Tippfehler! Es wären NUR Zentimeter, definitiv keine Kilometer! Prozentual gesehen wäre dann von dieser Strecke das Tagesbewusstsein ganze 0,0000005 %, während das Unterbewusstsein 99,9999995 % umfassen würde. Natürlich ist dies nur eine Analogie, doch es zeigt hier sehr deutlich, dass das Tagesbewusstsein nicht wirklich umfassend, groß oder auch ausgedehnt ist. Nein, das Unterbewusstsein ist deutlich größer. Man sieht also, dass hier eine gigantische Kluft existiert, eine Leere, eine „gähnende Leere“ und dies führt uns auch zu dem wortwörtlichen Begriff des „Chaos“. Die Vokabel „Chaos“ stammt aus dem griechischen Wort (χάος) und bezieht sich auf das Verb „Chainō“ (χαίνω), was man eben mit „gähnen“, „klaffen“, „spalten“, „offenstehen/aufstehen“ übersetzen kann. Es geht hier also um eine Kluft, um einen Abgrund, um die sprichwörtliche „gähnende Leere“, eine Unendlichkeit, die unbegreiflich ist. Wenn man noch etwas tiefer gehen will, findet man hier Wortwurzeln, die sich auf eine „Gähnschlucht“ beziehen, also eine immens tiefe Schlucht, die sich auf der griechischen Halbinsel Peloponnes befindet, in der Nähe der Stadt Mykene und hier als Sinnbild zu verstehen ist. Da viele Fachwörter der deutschen Sprache aus dem Lateinischen oder aus dem Griechischen entlehnt sind, will ich dennoch kurz erwähnen, dass es auch in der nordischen Mythologie eine „gähnende Leere“, eine „Gähnschlucht“ gibt!
Diese ist jedoch nicht mit einem realen Ort, einer realen Felsformation, einer realen Schlucht zu vergleichen. Nein, es geht hier um eine „nordische Fachvokabel“, die „Ginnungagap“ lautet. Es ist ein Abgrund, in dem das erste Leben erschaffen wurde. In den nordischen Legenden, Mythen und Sagen, heißt es, dass es schon immer das Eis und das Feuer gab, welche durch einen absoluten Abgrund, einen wahren Abyss, getrennt waren. Dies war Ginnungagap! Wenn man jetzt will, kann man hier erneut eine Verbindung zwischen Ginnungagap und dem eigentlichen, kabbalistischen Abgrund, dem Abyss knüpfen, genauso wie man erneut eine Verbindung mit dem kabbalistischen Begriff „Daath“ knüpfen kann! Zwar weichen die jeweiligen Übersetzungen voneinander ab, denn „Ginnungagap“ bedeutet in der Übersetzung so viel wie „Abgrund der Abgründe“, „Kluft der Klüfte“, „klaffender Abgrund“ oder auch „absolute/gähnende Leere“, wogegen „Daath (דעת)“ einfach mit „Erkenntnis“, „Empfangen“, „Wissen“ oder auch mit „All-Weisheit“ übersetzt werden kann, doch befindet man sich jetzt schon mitten in der Chaosmagie. Es geht um Zusammenschlüsse, es geht um praktische Denkweisen, es geht um Wissen, um Weisheit und um Denkvermögen. Doch dies alles ist auch Chaos! So sieht man jetzt schon, dass spezielle Sichtweisen sich durch verschiedene Paradigmen ziehen können, die man in diesem Kontext aber auch wieder allgemein betrachten kann, sodass sich die Chaosmagie auf eine Ordnung des Wissens, der Weisheit, der Erfahrung und der Praxis bezieht. Chaos und Ordnung, Chaos und Kosmos, es geht immer um Kreation, es geht immer um Entstehungsgeschichten. Und wenn man noch ein wenig im Norden verharren will, dann sieht man bei der Entstehungsgeschichte der nordischen Mythologie, bei der Entstehungsgeschichte des Weltenbaumes Yggdrasil, von dem man wahrlich alle Welten sehen kann, da es hier einen Zusammenschluss von extremen Zuständen, von extremen Kräften gab. In der Schöpfungsmythologie heißt es, dass das Feuer aus Muspellzheimr / Muspellsheim / Muspelsheim zusammen mit dem Eis aus Niflheimr / Niflheim den Riesen Ymir bildete, den Urriesen, also das aller erste Geschöpf der Materie, dessen Namen man mit „Lärmer“ oder auch „Zwitter“ übersetzen kann, und in diesem Kontext das aller erste Lebewesen, als erste manifeste Lebensform zu deuten ist. Durch die Verbindung des Gletschereises aus der Ebene Niflheimr / Niflheim und dem Funkenregen aus der Ebene Muspellzheimr / Muspellsheim / Muspelsheim, also aus dem Zusammenschluss von Feuer und Eis, ist die erste Existenz entstanden.
Ein Zusammenschluss zweier Geschlechter, was in diesem Kontext spannend ist, da auch in der Genesis das Wesen (oder der Gottesname) Elohym/Elohim verwendet wird, den man wortwörtlich als „Göttin-er“ übersetzen muss, da hier beide Geschlechter betitelt sind. Gut, im nordischen Pantheon sagt man eben „der Riese Ymir“ und in der Genesis sagt man eben den Gottes Namen „Elohym/Elohim“ - im Grunde wird aber das Selbige gemeint. Man sieht, dass es sehr viele ähnliche Ideen gibt, sodass man in diesem Kontext immer wieder darauf hinweisen kann, dass es eine universelle Wahrheit gibt, eine universelle Wahrheit, die letztlich ein gigantischer Kreislauf ist, aus Zerstörung, Schöpfung und Zerstörung. Man könnte auch sagen, dass es das Chaos ist! Doch was entsteht, wenn Zerstörung, Schöpfung und erneute Zerstörung auftauchen? Letztlich doch ein Wirrwarr, eine Unordnung, eine Verwirrung des menschlichen Geistes, der deduktiven, linearen und kausalen Denkweise, oder? Chaos! Ja, die Wortbedeutung ist in der Alltagssprache wirklich die Unordnung, dass Wirrwarr, die Konfusion, die in den verschiedenen Mythologien existiert, und hier eben auch als Pendant, aber auch als Antipode zur Ordnung, zum Kosmos steht. Kosmos, auch wieder ein griechisches Wort (κόσμος), mit der Bedeutung der „Welt“, wobei hier dann auch sofort die „Ordnung“ gemeint ist, eine Ordnung, die sich auf alle erdenklichen, menschlichen Systeme bezieht, egal ob es jetzt eine staatliche Ordnung ist, eine gesetzliche Ordnung, eine Verfassung oder auch eine militärische Ordnung. Aber auch die Übersetzungen von „Pracht“, „Glanz“, „Schmuck“ oder „Kleinod“ sind hier denkbar. Da die griechischen Denkweisen auch immer bei den römischen Denkweisen auftauchen, dies sieht man natürlich extrem in den beiden Panthea, ist es nicht verwunderlich, dass es im römischen Paradigma auch ein Chaos gibt. Dies trägt die Bezeichnung „Caligo“, wobei hier eigentlich ein „dichter Dampf“ ein Ursprung aller Dinge thematisiert ist, aber auch wieder eine Personifizierung stattfand!
Konfusion! Ordnung! Chaos! Kosmos! Doch ist der Kosmos für ein Chaos anfällig? Wenn der Kosmos ein dynamisches System ist, welches dann für das Chaos anfällig ist, dann bedeutet dies wieder, dass der Kosmos, zumindest in seinen Anfangsbedingungen, enger mit dem Chaos verwoben war, als es jetzt der Fall ist. Konfusion gegen eine Weltordnung, gegen die Ordnung des Lebens, gegen die Ordnung des Universums.
In den griechischen Sichtweisen, speziell in der Theogonie, also in der „Entstehung der Götter“, des griechischen Dichters Hesiod/Hēsíodos, ist Chaos auf der einen Seite ein Urzustand der Welt, des Lebensraums, der Existenz, gleichzeitig aber auch eine göttliche Entität! Genau genommen ist es eine männliche Schwingung, sodass in der griechischen Mythologie Chaos der Vater von den ersten Göttern ist, speziell von Gaia (die Erde, die Manifestation) von Nyx (die Nacht, das Zwielicht), von Erebos/Erebus (der Finsternis), von Tartaros (die Unterwelt, der Schatten) und Eros (die Schöpfung, was in diesem Kontext aber meist mit Liebe übersetzt und betitelt wird). Das Chaos war hier das Anfängliche, es war das Formlose, woraus alles, was in der griechischen Mythologie irgendwann einmal Bestand haben sollte, entstand. Es war das allumfassende, absolute Urelement. Es war das „Nichts“, aus dem das „Alles“ kam, es war die Nicht-Existenz, aus der die Existenz entstand, ein Alles, aus dem alles entstand, was lebte und existent war. So entstand aus dem Chaos alles, was lebte, alles, was existierte, die Götter, der Himmel, die Elemente, speziell also Luft, Feuer, Erde und Wasser, aber auch die Erde als Materie, das Wasser als Ozean, der Tag, die Nacht, wobei hier noch einmal speziell die Finsternis thematisiert wurde, wie auch der Äther. Im weiteren Verlauf verbanden sich einzelne Paare, und hierdurch entstand das Leben. Der Tag, bzw. der Äther/Aether, die Nacht, bzw. Erebos/Erebus, was dann aber auch wieder die Finsternis ist, Erde und Meer, Himmel und Erde, Licht und Finsternis, und viele unumstößliche Gesetze, Ordnungen, kosmische Phrasen, wie zum Beispiel das Schicksal, das Alter, den Tod, der Schlaf, das Träumen, wobei hier immer wieder spezielle Entitäten betitelt wurden, wie zum Beispiel Phantasus (der Schlaf), Morpheus (der Träumer, das Träumen), Monus (Spott und Zwietracht), die Parcen, die Schicksalszuteiler (so wie die Nornen in der nordischen Mythologie, Urd [Schicksal], Verdandi [das Werdende] und Skuld [Schuld; das, was sein soll]), wobei hier eben auch Uneinigkeit, Zank, Elend, Rache, Schmerzen, Verbrechen, Lüge, Meineid, Lust, Hochmut, Blutschande, aber auch Heiterkeit, Freundschaft, Barmherzigkeit, Mitleid, und Freude in die Welt kamen. Es wurden in diesem Kontext also personifizierte Naturkräfte, genauso wie Archetypen und Charaktereigenschaften ersonnen, erkannt, in den Kosmos, in die Ordnung gerufen.
Doch jeder wird es verstehen, dass diese Prinzipien, die in die Ordnung, in den Kosmos gerufen werden, Chaos bringen. Uneinigkeit, Zank und Elend bringen Chaos, genauso wie Rache, Schmerzen, Verbrechen, Lüge, Meineide, Lust, Hochmut, Blutschande! Aber auch Freude, Mitleid, Barmherzigkeit, Freundschaft und Heiterkeit können in einem geordneten System Chaos verursachen!