Die Einzigartige Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist

- -
- 100%
- +
Aber nun ist der Heilige Geist dran, er hat die Aufgabe, uns zu lieben, und er liebt von ganzem Herzen bis hin zum Zustand des Begehrens und Eiferns.
Wer die Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist sucht, wer sich wirklich Zeit dafür nimmt, wer die Offenbarungen Gottes über den Heiligen Geist ernst nimmt und bejaht, wird mehr und mehr in seinem Herzen erleben, wie dieser Geist, der in ihm wohnt, wirklich liebt, begehrt und um ihn eifert.
Der Natur des Heiligen Geistes gemäß ist das, trotz der starken Worte, nicht ein lautes und lärmendes Verhalten. Der Heilige Geist liebt diskret, aber heftig. Er kann unsererseits aber auch abgewiesen werden und erlebt diese Zurückweisung sehr schmerzhaft, weswegen das Wort Gottes sagt, dass der Heilige Geist durch unser Verhalten betrübt und gedämpft wird.
Epheser 4,30
Und betrübt nicht den Heiligen Geist, mit dem ihr versiegelt worden seid auf den Tag der Erlösung hin.
1. Thessalonicher 5,19
Den Geist löscht nicht aus!
Aus dem Textzusammenhang wird deutlich, dass die Betrübnis, die wir beim Heiligen Geist auslösen, überwiegend dadurch zustande kommt, dass wir uns unabhängig verhalten, womit wir uns gleichzeitig gegen Gemeinschaft, Liebe und Hilfe aussprechen.
3.2 Die höchste Lust des Heiligen Geistes: uns lieben zu können
Wir sind dabei, die Liebesbeziehung, die der Heilige Geist zu uns aufbaut, kennenzulernen. Wie geht es nun weiter? Im Vers 6 lesen wir, dass er, der Heilige Geist, um so reichlicher Gnade austeilt, weswegen es auch heißt:
Sprüche 3,34
Ja, mit den Spöttern treibt er seinen Spott, den Demütigen aber gibt er Gnade.
Wir werden diesen Vers nur dann richtig verstehen, wenn wir gedanklich eine Brücke zwischen Jakobus 4, Vers 5 und 6, schlagen und ein Verständnis von dem Zusammenhang zwischen beiden Versen bekommen. Oder fragen wir anders: Was geschieht eigentlich, nachdem wir die Liebe, das Begehren und das eifernde Werben des Heiligen Geistes um uns erkannt haben? Die normale Reaktion, die auch der Heilige Geist bei uns sehen will, besteht doch darin, dass wir uns lieben lassen. Das wird offenbar auch hier vorausgesetzt.
Wenn wir uns vom Heiligen Geist lieben, begehren und um uns eifern lassen, weil uns das so gut tut, weil das schön ist und weil es aufbaut und das Selbstwertempfinden stärkt, dann führt das nicht nur zu einer Reaktion bei uns, die wir das Ziel seiner Liebe sind. Es geschieht noch mehr auf seiner Seite: Der Heilige Geist ist so erfreut und begeistert darüber, dass wir uns lieben lassen und seine Liebeserweise annehmen, dass er in seiner Freude und Lust darüber noch mehr gibt.
Diese Reaktion wird nun im Vers 6; »dann gibt er desto reichlicher Gnade« beschrieben. Diese Formulierung, »desto reichlicher Gnade geben«, schließt ein, dass dieser Gnadenerweis eine Reaktion auf unser vorheriges Verhalten gegenüber seiner Liebe ist. Gemeint ist Folgendes: Je mehr wir uns lieben und begehren lassen, je intensiver wir uns seiner Liebe hingeben, sie annehmen und dann auch erwidern, um so reichlicher gibt der Heilige Geist anschließend weitere, zusätzliche, eben reichlichere Gnade. Das ist die Mitte der Geisteserfahrung, wie wir sie heute erleben sollen. Wenn wir uns lieben lassen, erfreuen wir den Heiligen Geist so sehr, dass er uns daraufhin noch mehr an Zuwendung, jetzt in Gestalt von reichlicherer Gnade, gibt.
Mit dem Empfangen von Liebe drücken wir aus, dass wir Liebe brauchen, dass wir uns in der Mitte unserer Person und in unserem Herzen, dort, wo unser Icherleben und unser Wertgefühl beheimatet sind, allein und einsam fühlen und Liebe begehren. Mit dem Empfang von Gnade wird uns dann jede weitere Form von Segnung zuteil. Das kann ein Segen für die Seele, eine Gunsterweisung in körperlicher, materieller oder sozialer Hinsicht, ein vermehrter Zustrom von Autorität, Glaube, Heilungskraft, oder eine Gnadengabe sein.
So sehen wir auch in diesem Zusammenhang die alte Regel, die wir in der Schrift immer wieder finden, jetzt aber mit mehr Farbe und Dynamik ausgestattet, dass der Herr uns zuerst einmal innerlich begegnen will, um uns dann in allen anderen Bedürfnissen reichlich mit seiner Gnade zu überschütten.
3.3 Eine neue Definition von Demut
Ich will die Gedankenkette, durch die der Heilige Geist uns in diese Erfahrungen hineinführt, noch Weiterknüpfen. Gnade, die der Heilige Geist nach empfangener Liebe freisetzt, wird im Worte Gottes in einen theologischen Zusammenhang gestellt, der doch überraschend ist. Die Tatsache, dass wir auf diesem Wege Gnade empfangen, verbindet Jakobus mit dem folgenden Schriftwort.
Sprüche 3,34
Ja, mit den Spöttern treibt er seinen Spott, den Demütigen aber gibt er Gnade.
Wer also Gnade empfängt, muss die Haltung von Demut eingenommen haben. In diesem Zusammenhang heißt das, sich lieben zu lassen – was ja die Erfahrung vor der Mitteilung von Gnade ist – ist ein Ausdruck von Demut, woraufhin der Heilige Geist umso mehr Gnade gibt.
Das ist schon eine ungewöhnliche, aber sehr wohltuende Definition von Demut. Und sie ist durch und durch logisch. Es kann sich nämlich nicht jeder lieben lassen, auch wenn er das meint und lauthals bekennt. Man braucht ein gehöriges Maß an Ehrlichkeit und Einsicht, dass man sich von einem anderen abhängig machen soll und Hilfe braucht, um sich wirklich als Person lieben zu lassen und sich nicht nur mit äußeren Geschenken beschenken zu lassen. Seelsorger und Psychologen können ein Lied davon singen, in welch hohem Maße die Menschen in der modernen Gesellschaft liebesunfähig und deshalb auch nicht imstande sind, in Beziehung zueinander zu treten. Dahinter steht einfach jene harte Herzensverfassung, die es nicht wahrhaben will, dass man externe Hilfe braucht.
Liebe zu empfangen, ist also ein Beweis einer demütigen Haltung. Ich glaube, das ist die schönste und die leichteste Form, um Demut zu lernen. Der Heilige Geist, der ständige Helfer, hilft uns auch dabei! Dank sei ihm dafür. So viele Gläubige haben – ich habe es bereits gesagt – ganz erhebliche Mühe, sich vom Heiligen Geist lieben zu lassen. Aber wir konnten auch sehen, dass durch das beharrliche Werben des Heiligen Geistes und durch Ermutigung unsererseits, die allermeisten Gläubigen schließlich doch zu dieser Erfahrung durchdringen. Demut ist mithin etwas völlig anderes als das, was viele Menschen, auch Gläubige, in ihren Vorstellungen oder auch nur Ahnungen an Bedrohlichem oder Beklemmendem mit ihr verbinden. Sie ist nicht der krampfhafte Versuch, den »unteren Weg« zu glorifizieren, Mangel, Krankheit und Not zu verherrlichen oder das Unangenehme zum Angenehmen umzuetikettieren. Demut ist Ausdruck von Wahrhaftigkeit, die uns zur Einsicht führt, dass wir aus uns selbst heraus weder etwas sind, noch etwas haben und deswegen dringend Liebe und Beistand brauchen. Mit der Liebe bekommen wir alles andere, was gut und schön ist.
Dieses alles schwingt mit, wenn wir uns dem Heiligen Geist ausliefern. Es handelt sich dabei nicht um eine nachträgliche Überinterpretation, durch die wir alles Mögliche an theologischen Gedanken in diese Erfahrung hineinstecken. Dies ist daran erkennbar, dass die allermeisten Gläubigen im Umgang mit dem Heiligen Geist wirklich starke Innenerfahrungen emotionaler und auch vegetativer Art machen. Die Liebe des Heiligen Geistes ist real, sie ist drängend und so stark, dass sie gewaltigste seelische und körperliche Reaktionen auslöst.
Die Beobachter, die sich das von außen distanziert ansehen, können diese Hintergründe nicht erkennen und werden deswegen ein Opfer ihrer Außenposition und ihrer Unkenntnis. Wenn sie erst einmal diese Haltung eingenommen haben, dann werden sie alles, was sie sehen, als Argument nutzen, um sich dagegen auszusprechen. Die Aufrichtigen aber, also diejenigen, die ihren Mangel wahrnehmen und es leid sind, sich selbst helfen zu wollen, werden vom Heiligen Geist erfasst. Diese gegenwärtige Bewegung des Heiligen Geistes ist eine Bewegung der Erfrischung und der Erneuerung. Ich glaube, dass die Erweckung, die dann der nächste Abschnitt ist, nicht lange auf sich warten lassen wird.
3.4 Geliebt sein macht stark und sicher
Wir sollten uns nun auch noch die nächsten Verse ansehen, weil sie die weiteren Auswirkungen dieser Liebeserfahrung beschreiben. Eigentlich gehören diese Gedanken in ein späteres Kapitel, wenn ich die Folgen der Erfahrung mit dem Heiligen Geist darstelle. Aber wegen des Textzusammenhangs wollen wir uns schon jetzt den Fortgang dieser Erfahrung ansehen:
Jakobus 4, 7-10 (Luther)
7 So seid nun Gott untertänig. Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch. 8 Nahet euch zu Gott, so nahet er sich zu euch. Reinigt die Hände, ihr Sünder, und heiligt eure Herzen, ihr Wankelmütigen. 9 Werdet eures Elends inne und traget Leid und weinet; euer Lachen verkehre sich in Weinen und eure Freude in Traurigkeit. 10 Demütigt euch vor dem Herrn, so wird er euch erhöhen.
Das Gebot »So seid nun Gott untertänig« bekommt in diesem Zusammenhang eine andere Farbe. Wir sehen nicht mehr den bedrohlichen Unterton in der Stimme Gottes, dass wir uns ihm gefälligst unterordnen sollen, sondern wir erkennen darin die Aufforderung, uns weiter von Gott lieben und beschenken zu lassen.
Das führt zu einer sofortigen Reaktion, die jeder kennt, der geliebt ist. Er fühlt sich bestätigt, er fühlt sich wohl, und er wird stark! Aus diesem Grunde folgt unvermittelt die Aufforderung, dass wir dem Teufel widerstehen sollen, was nur ein Mensch mit Selbstwertgefühl, der Geschützte und der Bejahte beherzigen kann. Daraufhin wird er dann sehen, wie der Feind von ihm flieht.
Auch der nächste Vers gewinnt durch diesen Zusammenhang. Es wird von uns nicht mehr die Vorleistung erwartet, die uns das Wort »Nahet euch zu Gott, so naht er sich zu euch«, suggerieren könnte. Erst müssen wir unsere Leistung bringen, dann ist Gott geneigt, auf uns zu reagieren. Vielmehr wird uns damit nahegelegt, dass wir uns ihm in Kenntnis von Gottes Wesen, der Liebe des Geistes, immer wieder nähern sollen, damit Gott dann das Votum bekommt, sich uns seinerseits zu nahen.
Dahinter steht also derselbe göttliche Regelkreis: Wenn wir uns der Liebe Gottes und seiner Gegenwart aussetzen, was schon für sich ein Segen ist, dann reagiert der Herr erneut. Er gibt noch mehr Liebe und noch mehr Gnade. Diese macht uns stark, so dass wir die Autorität gewinnen, die wir vorher als unsichere und ungeliebte Menschen nicht aufbringen konnten. So haben also die Erfahrungen der Liebe durch den Heiligen Geist unmittelbare Auswirkungen auf unseren Schutz und unser Selbstwertgefühl. Empfangene Liebe kehrt die Verhältnisse um: Nicht mehr wir fühlen uns gejagt und bedroht, sondern der Teufel ist es, der dann von uns flieht.
Die letzten Verse greifen dann wieder den Zusammenhang auf, mit dem dieser Abschnitt beginnt: Wer doch in seiner Sünde bleibt und damit Feind Gottes wird – hier wird der Gläubige auf Abwegen sogar Sünder genannt, soll sich reinigen, sein Herz heiligen, sich von der Wankelmütigkeit trennen und sich seines ganzen Elends bewusst werden. Derjenige, der die Liebe des Herrn nicht angenommen hat und deswegen nicht genießen kann, soll sein Leid einsehen; sein Lachen soll sich in Weinen verkehren und seine Freude in Trauer, damit er, über Ehrlichkeit und Einsicht seiner Hilfsbedürftigkeit, den Trost und die Liebe des Heiligen Geistes empfangen kann und dadurch wieder Gnade bekommt und durch Gnade erhöht wird (Vers 10].
Nur wenn man diesen Hintergrund sieht, kann man diese bedrohlich anmutenden Verse verstehen, die in einem totalen Kontrast zu allen anderen neutestamentlichen Aussagen stehen. (Vielleicht stellt Vers 8 die einzige Erwähnung von Gläubigen als Sünder im gesamten Neuen Testament dar?) An der Heftigkeit der Aufforderung zur Umkehr aus dem Zustand von Unabhängigkeit und Selbstsicherheit kann man erkennen, wie entscheidend es ist, dass wir unsere Selbstsicherheit aufgeben, um dadurch für Gottes Liebe empfänglich zu werden.
Sobald wir nicht mehr ständig neu Liebe tanken und neu von Gottes Liebe entzündet werden, geht unsere Begeisterungsfähigkeit, die Frische und auch die Wahrhaftigkeit in die Brüche, und die Sünde, die immer auch eine Sünde der Unabhängigkeit ist, schleicht sich ein.
Das ist wohl auch gemeint, wenn Jesus in dem Sendschreiben an die Gemeinde in Ephesus die Gläubigen auffordert, wieder zur ersten Liebe zurückzukehren, die sie verlassen haben (Offenbarung 2,4). Es heißt nicht, dass sie aufgehört haben zu lieben, sondern dass sie die Liebe verlassen haben, was ein anderes Wort dafür ist, dass sie nicht mehr unter der ständigen Einwirkung der Liebe Gottes geblieben sind. Die Liebe Gottes nicht anzunehmen, und sich nicht lieben zu lassen, das ist die große Sünde! Vielleicht erscheint das in den Augen mancher Leser überraschend und sonderbar. Aber darin klingt der Tenor des Evangeliums an, wonach nicht wir bestimmte Dinge und Leistungen oder unseren Gehorsam bringen, sondern uns nur die Einsicht vermitteln lassen sollen, dass wir nichts bringen können und dass wir beschenkt werden müssen.
Das ist die Mitte des Evangeliums. Wer sich nicht beschenken lässt, lebt schon praktisch in der Unabhängigkeit, weil er meint, dass er bestimmte Geschenke nicht brauche. Das ist die eigentliche Sünde, die auch der Grund dafür ist, dass wir alle zu lange auf einem zu geringen Liebes- und Glaubensniveau lebten. Was wir nun heute sehen können, dass mittlerweile schon Millionen von Christen zu einer ganz anderen Dimension von Liebe und Begeisterung durchgedrungen sind, das hat mit diesen scheinbar unwichtigen Hintergrundumständen zu tun.
4 Von der Liebe zur Freude
Wir untersuchen die Hintergründe der neuen Bewegung des Heiligen Geistes, weil diese nur von den biblischen Deutungen verstehbar sind und nicht dadurch, dass wir ständig und wie gebannt auf die Außenphänomene starren. Wir haben bis jetzt festgestellt, dass die wesentliche Erfahrung, die der Heilige Geist vermittelt, schlicht Liebe ist. Gemeint ist eine Liebe, die erfahrbar und spürbar ist.
Aber das herausragende Moment in dieser neuen Bewegung scheint nach allen Beobachtungen eher Freude zu sein, die sich in Begeisterung, Bewegtheit, aber auch in tiefgehender Innenfreude äußert. Wie passt das zusammen und welche Verbindungen bestehen zwischen beiden Erlebnisinhalten?
Es ist tatsächlich augenscheinlich, dass das Moment der Freude überwiegt, was aber auch nicht verwunderlich ist, weil Freude stärker und sinnenkundiger ausgedrückt werden kann als Liebe. Liebe und Freude sind eng miteinander verbunden und dem Geliebtsein wird und muss Freude folgen. Wir sehen bei jedem verliebten Paar, wie sich Liebe und Geliebtwerden in vermehrter Freude und Fröhlichkeit ausdrückt. Liebe kann nicht verborgen bleiben. Es macht einfach Spaß, geliebt zu sein und dann mit der Gemütsbewegung der Freude, empfangene Liebe zu erwidern.
Genau das sehen wir in den Ausführungen Jesu über die Beziehung von Liebe und Freude im 15. Kapitel des Johannesevangeliums. Auch dieses Kapitel gehört zu den drei »Heiliggeistkapiteln« wiewohl über weite Teile scheinbar die spezifische Thematik des Heiligen Geistes nicht erwähnt wird. Dennoch handelt das Kapitel von den klassischen Auswirkungen und Erfahrungen des Heiligen Geistes. In diesem Kapitel werden wir uns den Inhalt von Johannes 15, über mehrere Abschnitte verteilt, ansehen.
Johannes 15, 9-11
9 Wie der Vater mich geliebt hat, habe auch ich euch geliebt; bleibt in meiner Liebe. 10 Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben, wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe. 11 Dies habe ich zu euch geredet, damit meine Freude in euch sei und eure Freude völlig werde.
In diesen Ausführungen Jesu ist sein Programm enthalten, wie er uns durch den Heiligen Geist zu einem Leben der Freude führen will. Die Worte sind zunächst einmal an seine Jünger gerichtet, die die Liebe direkt von ihm entgegennehmen konnten, solange er unter ihnen war. Aber wir wissen ja, dass Jesus im Himmel ist und an der Seite des Vaters auf dem Thron Gottes sitzt. Die Liebe, die er uns zuteilwerden lässt, schüttet er nun über den Heiligen Geist in unser Herz aus. Wenn wir die Anweisungen Jesu über die Wichtigkeit des Dienstes des Heiligen Geistes ernst nehmen, gilt für uns heute, dass wir uns seine Liebe vom Heiligen Geist holen.
Die Erfahrung der Freude beginnt damit, dass wir uns lieben lassen. Jesus nimmt es auch für sich selbst in Anspruch, dass er sich von seinem Vater lieben lässt. Wie nun Jesus selbst in der Liebe des Vaters blieb, so sollen auch wir in seiner Liebe bleiben.
Das ist eine Wiederholung. Auch das Nehmen und die Zulassung der Liebe Jesu soll sich ständig wiederholen: Die Liebe Jesu gleicht einem ständigen Strom, der fortwährend auf uns gerichtet ist. Wir können heraustreten aus dem Strom der Liebe oder uns der Liebe gänzlich entziehen. Dann bleiben wir nicht mehr in seiner Liebe und dann werden wir sehr bald merken, dass wir liebesarm sind.
Dahinter steht der einfache Sachverhalt, dass wir aus uns heraus nicht zur göttlichen Liebe (agape) fähig sind. So besteht also darin die entscheidende christliche Lebenskunst, sich ständig der Liebe Christi auszusetzen, in ihr zu bleiben, sich von ihr füllen und umspülen zu lassen.
Wem auch das noch zu blass ist, der bedenke, dass uns auch Folgendes mit dem Empfang von Liebe gegeben wird. Sich lieben zu lassen, das heißt auch, sich Gutes erweisen zu lassen, Bestätigung entgegenzunehmen, Anerkennung, Ehre, Zuwendung und Freundlichkeit zu finden. Mit der Liebe, die uns Jesus erweist, ist ständig die zärtliche Aussage verbunden, dass wir ihm sehr wichtig sind und dass er uns gern hat. Er hat uns so sehr geliebt, dass er sein Leben für uns gelassen hat (Vers 13), weil wir seine Freunde sind, obwohl wir selbst, zum Zeitpunkt, als Jesus für uns gestorben ist, noch in einer feindseligen Haltung ihm gegenüber waren.
Liebe ist totale Bejahung, Liebe, die wir von jemand, der uns wichtig und begehrenswert ist, annehmen, baut auf, tut wohl und erfreut. Darüber hinaus ist Liebe die Vermittlung von Gutem. Wenn ich jemand mit Liebe erfreuen will, dann drängt es mich, ihm zu schenken, was ihm nützlich und begehrenswert erscheint.
4.1 Die neue Qualität der Gebote im Neuen Testament
Die Beschreibung der Auswirkung der Liebe, wie wir sie eben untersucht haben, finden wir in der soeben zitierten Schriftstelle aus Johannes 15,11. Aber bevor wir darauf eingehen, müssen wir noch die Botschaft des Verses 10 entgegennehmen.
Johannes 15,10
Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben, wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.
Wenn wir sie nicht ganz gewissenhaft untersuchen, laufen wir Gefahr, die Ausführungen Jesu in diesem Vers völlig zu verkennen. Jesus sagt, dass wir seine Gebote halten sollen und dadurch in seiner Liebe bleiben, gleichwie er die Gebote seines Vaters hält und in seiner Liebe bleibt. Diese Gedanken können so verstanden werden, dass wir erst einmal unsere Vorleistungen in Gestalt des Gehorsams gegenüber seinen Geboten bringen müssen, um dann anschließend seine Liebe empfangen zu können.
Wenn Liebe bedingt ist, etwa durch unseren vorweg erklärten Gehorsam, durch unsere sittliche Leistung, unser moralisches Verhalten oder unseren Verzicht, dann wäre sie eine erkaufte Liebe, die kraft dieses Umstandes augenblicklich keine Liebe mehr ist.
Es ist sehr wichtig, sich diese Gedanken zu vergegenwärtigen, denn sie haben nicht nur einen letzten philosophischen Hintergrund, den zu kennen ganz vorteilhaft ist. Hier geht es um mehr, um sehr konkrete Erfahrungen. Solange nämlich die sittlichen Gebote Gottes an uns gerichtet sind, die uns sagen, dass wir dies und jenes zu tun und zu lassen haben, und zwar aus unserer eigenen moralischen Kraft, sind wir nicht liebesfähig! Wer im Gesetz oder auch nur in der Gesetzlichkeit steckt – und es gibt sehr wohl eine neutestamentliche Variante der Gesetzlichkeit –, kann weder Liebe empfangen noch geben.
So brauchen wir dringend ein neues Verständnis der Gebote Jesu, die ganz anders sind, als die Gebote im Alten Testament. Es besteht wirklich die dringende Notwendigkeit, die Gebote Jesu neu auszulegen, damit wir nicht doch auf verborgenen Wegen zu alttestamentlichen Erfahrungen und Täuschungen zurückkehren.
Der entscheidende Gesichtspunkt, der uns zu dieser Forderung zwingt, ist die bereits festgestellte Tatsache, dass eine Liebe, die durch sittliche Vorleistungen erkauft werden muss, keine Liebe ist.
Wie entkommen wir nun diesem Konflikt zwischen Geboten und Liebe? Ganz einfach dadurch, dass wir die neue Natur der Gebote Jesu erkennen. Sie sind nämlich Liebesempfangsgebote, gleichsam Speiseannahmegebote. Sie sind insofern Gebote, als sie Appelle an uns darstellen, uns der Liebe Gottes auszusetzen und sie entgegenzunehmen. Das ist in einer Weise auch eine Leistung oder besser gesagt, ein Fleißschritt oder eine Empfangshandlung.
Der Herr fordert uns auf, an seinem reich gedeckten Tisch Platz zu nehmen. (Das Bild wird besonders liebevoll im Psalm 23 entwickelt.) Uns wird voll eingeschenkt und phantastische Speisen werden uns vorgelegt, während die Feinde um uns herum weiter toben und lärmen, ohne uns offensichtlich etwas anhaben zu können. Aber so großartig das Angebot auch ist, zulangen müssen wir. Die Hand in die Schüssel tun, das ist unsere Aufgabe. Das Glas zu ergreifen, um uns den Wein zuzuführen, das obliegt wirklich uns. Wir müssen zulangen, wir müssen die Gabel zum Munde führen und wir müssen schlucken.
Ich weiß, das klingt trivial, aber genau das ist das Problem, unter dem die meisten von uns leiden. Wir haben erhebliche Mühe, an dieser Stelle Fleiß zu zeigen.
Sprüche 26,15 (Luther)
Der Faule steckt seine Hand in die Schüssel, und es wird ihm sauer, dass er sie zum Munde bringt.
So deftig diese Sprache auch klingen mag, sie beschreibt genau unser Fehlverhalten. Wenn es darauf ankommt, uns in produktiver Leistung zu beweisen, dann sind wir zu Höchstleistungen imstande. Wenn wir aber Geschenke, göttliche Speisen, entgegennehmen sollen, dann haben wir auf einmal Mühe, die Hand zum Munde zu führen.
Ich sehe in den neutestamentlichen Geboten die Aufforderung, die »Leistung« zu erbringen, dass wir göttliche Geschenke entgegennehmen, um sie dann zu genießen. Hier einige Empfangsgebote:
Sich lieben lassen, dem Herrn vertrauen und ihm glauben, was heißt, sich ihm überlassen, sich freuen, auch das ist ein Gebot, seinen Frieden entgegennehmen, Zeit mit ihm verbringen, Gemeinschaft mit ihm pflegen und sich dabei total beschenken und durch Hören seiner Liebeserklärungen erquicken lassen, Gnade nehmen, sich nicht sorgen und sich nicht fürchten und dann eben seine Liebe entgegennehmen.
Allerdings heißt es im Neuen Testament dann auch, dass wir schließlich ebenfalls lieben sollen, zuerst ihn, den Herrn, dann unsere Brüder und alle Menschen. Aber auch das ist kein Leistungsgebot, sondern nur die Aufforderung an uns, nachdem wir voll von seiner Liebe geworden sind, die Beglückung einfach nicht mehr allein für uns behalten zu wollen, sondern sie weiterzureichen, was zur Verstärkung der eigenen Lust führt. Gewährte Liebe löst dieselbe Wirkung wie empfangene Liebe aus: Sie steigert die Freude, sie bereichert und vermehrt den inneren Genuss, denn wir geben sowieso nichts Eigenes weiter.
Ich bleibe mit Nachdruck dabei: Die neutestamentlichen Gebote sind Empfangsgebote. Die Aufforderung, anderen Gutes zu erweisen, bedeutet lediglich, anderen empfangene Gnade zukommen zu lassen, damit wir dann selbst noch mehr Gnade empfangen. Sobald wir uns von diesem Grundverständnis der Worte und Gebote Jesu abwenden, kehrt die Gesetzlichkeit bei uns ein.
4.2 Aus Liebe wird Freude
Johannes 15,11
Dies habe ich zu euch geredet, damit meine Freude in euch sei und eure Freude völlig werde.