- -
- 100%
- +
»Herr Dahle meinte, das wäre eine Lüge.« Immer noch sah Lauchi ihn nicht an. »Sie haben nur Angst, dass die Magieschülerinnen schwanger werden, b-bevor sie den Abschluss geschafft haben. Und dass eines zum anderen führt. Deshalb behaupten sie, dass es uns in der Lernphase schadet.«
»Es?«
Lauchi schluckte hörbar.
»S-sex.«
»Und du meinst, das macht gar nichts?« Norman ballte die Fäuste fester. Nein. Zu riskant. »Das kann gar nicht sein. Dann … Ne.«
Lauchi schwieg. Draußen war es ebenfalls still. Schließlich ratterte eine Kutsche über das Pflaster und ein Hund begann, zu bellen.
»Bestimmt bist du nur deshalb so ein schlechter Magier«, sagte Norman. »Hör besser auf damit.«
»Ich b-bin gar nicht so schlecht«, murmelte Lauchi. »Ich habe alle achtzehn Bände der Grundlagen der Arkanen Lehre gelesen.«
»Und? Kannst du Feuerbälle werfen?«
»Nein.«
Das klang niedergeschlagen. Wieder kehrte Stille ein. Norman wälzte sich herum und glotzte ebenfalls die Wand an.
»Ich sag dir eins, Lauchi: Wenn ich rausfinde, dass dieses verdammte Keuschheitsgebot echt Blödsinn ist, dann gibt’s Ärger. Dann tret ich dem, der das erfunden hat, die Zähne ein.«
Er hörte ein entsetztes Keuchen.
»A-aber das war Olivar von Berghain.«
»Ja, und?«
»Der ist doch schon tot.«
Ach so. »Egal. Ich grab ihn aus und tret ihm die Zähne aus seinem hässlichen Schädel.«
»Oh.«
Stille. Norman starrte die Wand an. Das konnte nicht wahr sein, oder? Dieser Herr Dahle war bestimmt nur irgendein Vollidiot. Ein Säufer. Deshalb hatten sie ihn auch ins Nördliche Flussland geschickt, um einem adligen Schwächling Privatunterricht zu geben.
Norman hatte seit zwei Jahren mit niemandem geschlafen. Er hatte sich nicht mal angefasst und das war ihm, verdammt nochmal, nicht leichtgefallen. Also musste das auch stimmen, dass er damit seine, Dings, seine magischen Fähigkeiten vergrößerte. Obwohl er immer noch keine Magie sehen konnte. Wehe, wenn er seine Zeit verschwendet hatte!
Lauchis Stimmchen riss ihn aus seinen Gedanken.
»Norman? Hast du schon einmal … Du weißt schon.«
»Gevögelt? Ja, klar«, knurrte Norman. »Meiner Mutter gehört der »Lustgarten« in der Schrammergasse.«
»Der Lust... Ist das ein Bordell?«
»Was denn sonst?«
»Und da hast du gewohnt?«
»Ja. Meine Mutter hat ab und zu ihre Mädels auf mein Zimmer geschickt. Als Belohnung, wenn ich was gut gemacht habe.«
»Ah. So.« Lauchi schien nachzudenken. Lange.
»Und du?«, fragte Norman. »Auch schon mal das Würstchen eingetunkt?«
»Was?« Lauchi zögerte. »N-nein. Also einmal wollte meine Schwester Lou … äh …«
»Was wollte sie?«, fragte Norman alarmiert.
»Sie wollte mich zu meinem achtzehnten Geburtstag in ein Freudenhaus mitnehmen, aber Mutti war dagegen.«
Norman fröstelte. Was hatte Lauchi für eine seltsame Familie?
»Deine Mutti war dagegen, dass du flachgelegt wirst? Habt ihr das alles so am Küchentisch bequatscht? Ehrlich, ich dachte, bei euch Adligen läuft das anders.«
»Tut es auch.« Lauchi räusperte sich. »Wir waren selbstverständlich im Esszimmer.«
»Ach so, dann ist ja gut. Echt jetzt?«
»Na ja, Lou meinte, dass ich ein paar Erfahrungen sammeln sollte, bevor ich von daheim fortgehe. Damit die Stadt kein allzu großer Schock ist. Aber Mutti fand, ich wäre zu zart, und sie hat befürchtet, dass ich mir Krankheiten holen könnte, wenn ich … Du weißt schon. Im Bordell.«
»Und was hast du dazu gesagt?« Norman war ehrlich interessiert.
»Ich bin nicht wirklich zu Wort gekommen.«
»Ah. Das dachte ich mir.« Norman schüttelte den Kopf. »Nur, dass du’s weißt: Gegen Mümpelpocken hilft ein Essigbad. Brennt wie der Hades, aber nach drei Tagen ist der Kolben wieder glatt.«
»Ah. Aha.« Lauchi schwieg.
»Was hättest du gesagt, wenn du zu Wort gekommen wärst?«
»Ich weiß nicht.«
Das war ja klar gewesen.
»Ich würde schon gerne«, flüsterte Lauchi. »Wirklich gerne, nur … lieber mit … Also, es ist kompliziert.«
Damit war das Thema für ihn wohl abgehakt.
»Na, wenn ich echt rauskriege, dass die Keuschheitsregel Blödsinn ist, nehm ich dich mit in den Puff.« Norman grinste. »Wir finden schon was für dich. Meinetwegen auch was Kompliziertes.«
»Echt?« Er hörte das Lächeln in Lauchis Stimme und drehte sich um. Die hellen Augen glänzten im Dunkel. Echt hübsch. Das war ihm früher schon aufgefallen. Wenn Lauchi nicht vor Angst zitterte, war er ein ganz attraktives Kerlchen.
»Versprochen«, sagte Norman. »Du bist schließlich der Einzige, der mit mir essen will.«
»He.« Lauchis Zähnchen blitzten. »Du bist der Einzige, der mit mir redet.«
»Motoren sind halt Arschlöcher.« Norman grinste breit und sah ein weiteres schüchternes Lächeln.
»He. J-ja, manchmal schon.« Lauchi räusperte sich. Der Kleine schaute, als müsste er ein kompliziertes Puzzle zusammensetzen. Eins, bei dem er keine Ahnung hatte, ob die Teile passten. »Du bist richtig interessant. Ich habe noch nie jemanden wie dich getroffen, wenn ich ehrlich bin.«
»Das glaube ich.« Norman gähnte. »Egal, lass uns pennen. Morgen wird’s härter, da müssen wir frisch sein.«
»Ja.« Lauchi zögerte. »Ich weiß nicht, ob ich schlafen kann. Ich habe ein wenig Angst vor morgen.«
»Junge, du hast vor allem Angst.«
»Ja, aber am meisten vor morgen.«
Norman schnaubte.
Er drehte sich um und gähnte wieder. Seine Erregung war abgeklungen, nun lechzte sein Körper nach Schlaf. Er streckte sich auf der harten Matratze aus und schloss die Augen. Dann hörte er sanften Gesang. Lauchi.
»Leis, Kindlein, leis«, murmelte der. »Dort draußen schleicht das Eis. Machst du auch nur einen Laut, schält es dich aus deiner Haut. Leis, Kindlein, leis.«
Das Lied kannte Norman nur zu gut. Das kannte jedes Kind in ganz Løbago und anscheinend auch weiter weg. Eine Gänsehaut kroch über seinen Rücken, als der Kleine weitersang.
»… Jammern, Wimmern, Weinen, Schreien … lockt es gleich ins Haus hinein …«
»Lauchi?«
»Ja?«
»Denkst du echt, dass dir das beim Einschlafen hilft?«
»Aber es ist ein Schlaflied.«
Norman stöhnte leise. Lauchi sang weiter.
»Leis, Kindlein, leis. Dort draußen schleicht das Eis. Hört es dich nur einmal schreien … frisst es deine Innereien …«
Norman zog sich das Kissen über den Kopf.
10. Magie!
Der Morgenlauf ging zehnmal um das Arkane Institut und durch den Park dahinter. Als er beendet war, war Norman schweißgebadet und sah Sterne. Aber er war einer der Ersten.
Lauchi klappte nach der dritten Runde zusammen und musste ins Krankenzimmer getragen werden. Norman hörte, wie einer der Motoren ihn einen Lappen nannte und seufzte. Einerseits wollte er dem Kerl eine reinhauen. Andererseits hatte er recht. Lauchi war ein Waschlappen. Auch wenn Norman sich langsam an ihn gewöhnte.
Der Katalysatorenkurs fand wieder im selben Raum statt. Norman beeilte sich, damit er nach der Dusche der Erste dort war. Schwungvoll stieß er die Tür auf.
»Frau Sølmgard, ich habe eine Frage.«
Eterna saß im Schneidersitz in der Mitte des leeren Raums auf dem Boden und meditierte. Schneckenlangsam hob sie ein Lid.
»Noch mehr Fragen? Du bist neugieriger als ich dachte.«
»Ne, nur eine.« Norman schloss die Tür hinter sich und ließ sich vor Eterna auf die Dielen plumpsen. »Also …«
»Ja?«
»Also, ich habe eine Frage.«
»Das sagtest du bereits.«
»Wegen des … dem Keuschheitsgebot. Ich habe gehört … Stimmt das?« Er räusperte sich. »Dass das ein Schwindel ist? Damit niemand schwanger wird? Das ist nicht wahr, oder?«
Ihre dunklen Augen musterten ihn amüsiert.
»Was hast du vor?«, fragte sie. Ein Lächeln kräuselte ihre Mundwinkel. »Das scheint dich ja sehr zu beschäftigen. Hast du etwa Interesse an jemandem?«
Er spürte die Hitze seinen Hals hochkriechen.
»Ne. Ich bin nur neugierig«, brummte er. »Also was ist jetzt? Stimmt es oder nicht?«
»Nun ja …« Sie seufzte. »Dass ein Schäferstündchen die Magie hemmt, ist tatsächlich Blödsinn. Und ja, sie haben nur Angst vor ungeplanten Schwangerschaften. Wahrscheinlich ist der Hohe Rat dagegen, dass irgendjemand in diesem Haus Spaß hat. Aber das hast du nicht von mir, klar?«
Ihr Blick war eindringlich. Normans Unterkiefer klappte herunter.
»Das … Das ist wirklich … Und ich hab zwei Jahre lang …«
Er sprang auf.
»So eine verfickte Scheiße! So ein oberbekacktes Lügenmärchen!« Er stieß ein wütendes Brüllen aus. So wütend, dass die drei Katalysatoren, die gerade zur Tür hereinmarschierten, zurückwichen.
»Aus dem Weg, ihr Sauger«, knurrte er. »Ich muss wem die Zähne austreten.«
Eine zierliche Hand legte sich an sein Ohr und zerrte ihn gewaltsam zurück. Eterna zwang ihn zu Boden. Eine Kraft hatte die Alte … Unglaublich.
»Später, mein bockiges Schäfchen. Nun beginnt der Unterricht. Und den willst du bestimmt nicht verpassen, oder?«
Norman brummte irgendetwas. Er verschränkte die Arme und stierte auf seine Knie, als wären die schuld an allem. Zwei Jahre. Zwei verdammte Jahre … Wenn Lauchi ihm gestern nichts erzählt hätte, hätte er noch drei Jahre verschwendet. Er konnte ihm echt dankbar sein, dafür, dass er …
»Mein Schäfchen, passt du auf?«
»Hö? Klar.«
Diesmal schien Eterna einen Plan zu haben. Immerhin. Sie setzten sich alle im Schneidersitz in einen Kreis und atmeten. Langsam ein und aus, bis in den Bauch. So, wie sie es ihnen gestern schon gezeigt hatte. Nach ein paar Minuten fühlte Norman sich total seltsam. Ein wenig schwindlig. Fast ein bisschen übel.
Er war nicht daran gewöhnt, so lange nichts zu tun. Vielleicht hätte er sich freuen sollen, nachdem seine Muskeln immer noch vom Morgentraining schmerzten, aber … das war irgendwie bizarr.
»Nun schließt die Augen und streckt eure Hände in die Höhe«, säuselte Eterna. »Versucht, sie zu spüren.«
»Die Magie?«
»Ja, mein Schäfchen.«
»Ich sehe sie!«, sagte Gudrun triumphierend.
»Und wie sieht sie aus, mein Wieselchen?«
»Gol... Nein, grün. Richtig?«
»Nein. Konzentrier dich.«
Schweigen. Normans Arme begannen, wehzutun. Das machte ihm natürlich nichts aus, schließlich war er kein Weichei. Nicht wie der Kerl neben ihm, der leise wimmerte.
»Müssen wir noch lange?«, flüsterte ein Mädel. »Ich …«
»Da ist was.« Der Typ neben Norman schien vollkommen entsetzt. »Etwas Kaltes.«
»Lass die Hände oben, mein Äffchen.« Eternas Stimme war sanft, aber bestimmt. »Erzähl uns, was du fühlst.«
»Es ist irgendwie eklig«, sagte der Typ und jemand kicherte. Gudrun, eindeutig. »Es kriecht in meine Finger … Kann ich aufhören?«
»Hände oben lassen«, befahl Eterna freundlich. »Die Kälte tut dir nichts. Bleib ganz ruhig und lass sie ein. Und mach die Augen auf.«
Dieser erbärmliche Versager wimmerte schon wieder. Dann hörte Norman ihn leise keuchen.
»Gut gemacht, mein Äffchen. Nun dürft ihr alle die Arme herunternehmen und die Äuglein öffnen.«
Erleichtertes Gemurmel erklang. Die ganze Runde starrte das Bürschchen neben Norman an, das sich unter ihren Blicken wand. Seine Ohren waren knallrot. Eterna stand auf und umarmte ihn. Er wurde noch röter.
»Ove, das hast du wirklich gut gemacht.« Sie ließ ihn los, aber ihre Hand blieb auf seiner Schulter liegen. »Nun erzähl uns, was Magie ist. Wie sieht sie aus?«
»Sie … Gar nicht. Man sieht sie nicht richtig. Es ist mehr wie … Sie ist durchsichtig. Es sieht aus, als würde Wasser durch die Luft fließen.«
»Wir haben einen Katalysator!«, rief Eterna. Sie nickte zufrieden. »Was denkt ihr anderen?«
»Warum ist Magie durchsichtig?« Gudrun verschränkte die Arme unter ihrer beträchtlichen Oberweite. »Wenn wir doch lila leuchten und die Motoren gelb?«
»Weil wir sie umwandeln und die Motoren auch«, sagte Norman und grinste breit. »Hast du in den Vorbereitungskursen nicht aufgepasst?«
»Du doch auch nicht«, zischte sie.
»Besser als du, wie’s aussieht.« In Wahrheit hatte Lauchi ihm das heute Morgen erklärt.
»Du blöder …«
»Wieselchen, Schäfchen.« Eterna hatte irgendetwas an sich, das alle zum Verstummen brachte. »Konzentriert euch, sonst werdet ihr Ove nie einholen.«
Norman und Gudrun sahen Ove an und der versuchte, im Boden zu versinken. Aber er hatte ein kleines, stolzes Lächeln im Gesicht, das breiter wurde, als er sich unbeobachtet glaubte.
Dir zeig ich’s, dachte Norman. Und Gudrun auch. Ich bin der Nächste, der Magie spürt.
Er war der Letzte. Es dauerte bis zum Nachmittag, bis seine Finger endlich kalt wurden. Kurz vor ihm hatte Gudrun ausgerufen, dass sie die Magie sehen konnte. Sie wirkte genau so genervt wie er. Alle anderen schauten schon dämlich grinsend an die Decke, weil da angeblich Magie rumwaberte.
Kälte kroch unter seine Fingernägel. Eklige Kälte. Aber er musste sie reinlassen. Wenigstens ein bisschen.
»Sträub dich nicht«, flüsterte Eterna hinter ihm. »Öffne dein Herz.«
Wie kitschig war das denn? Er versuchte es, doch als die Kälte bis zu seinen Ellenbogen gedrungen war, war sie nur noch ein Rinnsal. Er blinzelte. Es hatte wohl gereicht. Er sah etwas durch die Luft wabern. Durchsichtige Schlieren, in denen sich das Licht brach. Wie gläserner Rauch schlängelten sie im Raum umher, vor allem unter der Decke … Norman ließ die Arme sinken.
»Hast du Angst bekommen?«, fragte Eterna. »Das ist in Ordnung, Schäfchen. Es ist seltsam, die Welt so anders wahrzunehmen, oder? Als hätte man einen weiteren Sinn entdeckt.«
Norman brummte irgendetwas und versuchte, nicht rot zu werden. Er hatte echt Angst bekommen. Angst vor dem Unbekannten. Wenn da … wenn da diese Magieschlieren waren und er sie nie gesehen hatte … Was war dann noch in der Atmosphäre? Eterna hatte von Energien gesprochen. War etwa der ganze Raum voll von dem Zeug? Kroch es jetzt gerade unter seine Klamotten? Er schüttelte sich.
Eterna stand auf und sah auf sie alle herunter wie eine gütige Göttin.
»Das habt ihr wirklich fantastisch gemacht, meine Lieben. Ganz wundervoll. Dafür habt ihr eine Belohnung verdient, meint ihr nicht auch?«
»Was zu essen?«
»Nein, mein Schäfchen. Etwas Besseres.«
Das bezweifelte Norman. Er hatte selten solchen Hunger gehabt. Magie zu suchen zehrte einen aus, mehr, als er gedacht hatte. Als hätte er einen neuen Muskel bekommen, der erbärmlich schlapp und untrainiert war. Egal, er würde ihn bewegen und aufpumpen und …
»Kommst du, Schäfchen?«
»Jau!«
11. Andere Sichtweisen
Sie führte sie bis auf das Dach des zwanzigstöckigen Gebäudes. In der Mitte der Ziegel thronte eine flache Plattform, umgeben von einem schmiedeeisernen Geländer. Das Emblem des Arkanen Instituts prangte auf allen Gitterstäben.
Die Aussicht war atemberaubend. Løbago lag zu ihren Füßen. All die riesigen Häuser und die windschiefen Hütten, die roten und die grauen Ziegeldächer und die steinernen Brüstungen, die ein chaotisches Muster ergaben. Sie konnten bis zur Stadtmauer sehen, die sich rund um Løbago erstreckte. Und sie sahen noch etwas.
Magie war überall. Viel stärker als in dem blöden leeren Raum. Sie waberte über die Stadt, durch die schmalen Gassen und die breiten Alleen. Norman legte den Kopf in den Nacken und selbst dort sah er sie. Bis hoch in den Himmel hinaus.
»Wahnsinn«, murmelte er und natürlich suchte Eterna sich diesen Moment aus, um hinter ihm zu erscheinen.
»Magst du es?«, zwitscherte sie. »Wunderbar, oder? Immerhin das ist ein Anblick, der den Motoren verwehrt bleibt.«
»Oh.« Schade. Irgendwie dachte er, dass Lauchi den Anblick gemocht hätte. Die Schwaden bewegten sich fast wie in einem unendlichen, trägen Tanz um sie herum. Sie wurden sichtbarer, wenn er sich konzentrierte, und verblassten beinahe bis zur Unsichtbarkeit, wenn er auf etwas anderes achtete. Auf die Arbeiter, die das Dach gegenüber reparierten zum Beispiel. Schweiß glänzte auf ihren bloßen Oberkörpern.
Gudrun pfiff ihnen nach und Ove schaute verletzt. Standen tatsächlich Jungs auf Gudrun Lovell? Norman hätte seine Mitstudenten gern gefragt, aber … Na ja, er redete nicht mit ihnen und sie nicht mit ihm.
»Sollte ich netter sein?«, fragte er Lauchi beim Abendessen. Es gab Runkelrübeneintopf mit Fett. »Ich meine … Kann es sein, dass ich zu gemein zu den anderen Saugern war?«
Lauchis Augen hinter den Brillengläsern musterten ihn vorsichtig. Der Kleine kaute auf der Unterlippe herum, bis sie prall und gerötet war.
Norman schluckte. Sein Mund war mit einem Mal trocken.
»Also vielleicht?« Lauchi lächelte unsicher. »Du … bist ziemlich direkt.«
»Danke, Lauchi.« Norman kratzte den Teller aus. Dann hob er ihn vor das Gesicht und leckte ihn sauber.
»Heimfried«, sagte Lauchi. Norman senkte den Teller und sah ihn fragend an. Lauchi saß sehr gerade. Sein Blick war fest, aber die schmalen Schultern zitterten ein wenig.
»Was?«
»Ich mag nicht, dass du mich Lauchi nennst«, sagte der Kleine. »Bitte nenn mich Heimfried.«
Norman grinste.
»Du hast also doch ein bisschen Rückgrat, was?« Er schüttelte den Kopf. »Ist gut, Heimfried.«
Heimfried lächelte. Seine Augen strahlten und schon wieder verwandelte er sich in ein echt hübsches Kerlchen.
»Danke, Norman.«
»He, ich muss noch ’ne Weile mit dir auskommen, oder? Kann dich doch nicht wütend machen.« Norman wackelte mit den Augenbrauen. »Immerhin bist du ein gefährlicher Typ. Klappt’s jetzt mit den Feuerbällen?«
»Ein bisschen. Also.« Heimfried schaute auf seinen nur halb leeren Teller. »Ich wollte dich etwas fragen. Aber du kannst Nein sagen. Du sagst bestimmt Nein.«
»Damit hab ich kein Problem«, bestätigte Norman. »Isst du das noch?«
»Wie? Nein.« Heimfried schob den Teller zu ihm herüber. Norman begann, gierig zu löffeln. »Was ich fragen wollte, ist … Am Samstag trainieren wir doch alle zusammen. Da ist der Hindernislauf und so. Und jeder Motor braucht einen Katalysator. Äh.«
Er schluckte. Norman tauchte den Löffel in die Suppe.
»Stimmt ja. Machen wir das zusammen?«
Lau... Heimfried blinzelte.
»Das wollte ich dich fragen. Aber ich halte dich doch bestimmt auf, oder? Da muss man schnell sein und … und stark und gut und das bin ich alles nicht.«
»Wird schon.« Norman schenkte ihm ein Grinsen, das sich anfühlte, als würde es bis zu seinen Ohren gehen. »Mit wem soll ich denn sonst den Lauf machen? Wir kriegen dich schon auf Vordermann.«
»Echt?« Heimfried schaute, als wüsste er nicht, ob er lachen oder abhauen sollte. »Du willst mich trainieren?«
»Jupp. Als Dankeschön, weil du mir die Wahrheit über diesen Keuschheitsscheiß erzählt hast.«
»Oh. Bitte.« Heimfried wurde knallrot.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.