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»Nichts!«, antwortete der rotäugige Krieger. »Danke für das Buch. Wirklich nett von dir.«
Umso näher die Hochzeit von Prinz Hignir und Prinzessin Lavia rückte, umso emsiger bereiteten sich die Khuz von Kazhad Mekral auf den großen Tag vor. Der Sohn von König Albarach würde mit einer Gruppe ausgewählter Krieger mitten durch das Felssäulengebirge ziehen, Lavia in Kazhad Harush abholen und zugleich ihren Vater um Erlaubnis fragen, um dann wieder in die heimatliche Zwergenstadt zurückzukehren. So verlangte es die khuzische Tradition.
Das Abholen einer zukünftigen Braut bestand aus einem rituellen Aus- und Einmarsch. In Prinz Hignirs Fall würde der beliebte Königssohn Kazhad Mekral unter gewaltigen Jubelstürmen verlassen und unter noch größeren wieder betreten. Dann Hand in Hand mit Prinzessin Lavia, der Tochter von Colmir IX., des Königs von Kazhad Harush.
So bereiteten sich Tausende von Zwergen in beiden Städten auf die Hochzeitsfeierlichkeiten vor. Gewaltige Banner wurden genäht und damit steinerne Säulen und Wände geschmückt. Überall in Kazhad Mekral wurde geputzt, geschrubbt, gewaschen und gebügelt. Vor allem die großen Hallen im Inneren des Berges wurden nach und nach in riesenhafte Festsäle verwandelt.
Die Zwerge des Felssäulengebirges waren in den letzten Jahrhunderten manch harter Prüfung unterzogen worden. Von Hungersnöten und Minen, die keine Erze mehr hergaben, bis hin zu langen Kriegen mit den Grünhautstämmen der Gebirge hatten die Kleinwüchsigen unter Vielem zu leiden gehabt.
Inzwischen war jedoch nicht nur Kazhad Mekral wieder zu einem Ort blühenden Zwergenlebens geworden, sondern auch die meisten anderen Bergstädte der Khuz. Sämtliche Krisen der Vergangenheit galten als überwunden, während so mancher Zwergenherrscher schon wieder davon sprach, dass der kleinwüchsigen Art goldene Zeiten bevorstünden.
Kazhad Mekral, der bevölkerungsreichste und mächtigste Stadtstaat der Zwerge, war im Laufe der Zeit zu einem regelrechten Symbol für das erneute Erstarken des Khuzvolkes geworden. König Albarachs Reich erfreute sich eines gehörigen Wohlstandes, wobei es im Felssäulengebirge zugleich jeden Feind bezwungen hatte. Es ging den Khuz so gut wie lange nicht mehr, was bedeutete, dass sie allen Grund hatten, sich an königlichen Hochzeiten und prunkvollen Festen zu erfreuen.
Derweil ging das Leben in der Ostmark seinen gewohnten Gang. Zaydan Shargut wich kaum noch von Fürst Loghars Seite, denn der Adelige genoß die Anwesenheit des fremden Berbianers, der sich mehr und mehr bemühte, ein echter Leevländer zu werden. Loghar liebte es, wenn ihn sein neuer Finanzberater bewunderte, umgarnte, stetig lobte und mit interessanten Ideen fütterte. Vor kurzem hatte Zaydan dem Fürsten eine Vielzahl neuer Besteuerungsmöglichkeiten aufgezeigt; das Befahren öffentlicher Wege, das Fischen in öffentlichen Gewässern – es gab so viele Gelegenheiten, noch mehr Geld von seinen Untertanen zu verlangen. Man musste sie eben nur wahrnehmen, meinte Zaydan.
Der berbische Geldverleiher, der die Kaufmannstätigkeit mittlerweile völlig eingestellt hatte und sich nur noch der Vergabe von Krediten widmete, war der beste Berater, den man sich vorstellen konnte. So jedenfalls sah es Loghar; ganz im Gegensatz zu seinem Sohn Irmynar, der Shargut nach wie vor misstraute. Doch das Gerede seines Erben interessierte den Fürsten wenig. Er war Zaydans Umgarnungskünsten längst verfallen. So sehr, dass er dem Berbianer auch in politischen Fragen zunehmend Glauben schenkte. Die umfassende Schlauheit des Fremden besaß er nicht einmal im Ansatz, das musste der im Grunde recht leichtgläubige Loghar einfach zugeben. Zaydan war eben eine ganz besondere Persönlichkeit.
Somit wurde der Bankier zum engsten Vertrauen des Fürsten der Ostmark, was bedeutete, dass er bald bestens in die Geheimnisse der leevländischen Politik eingeweiht war. Zaydan wusste inzwischen, welche Fürsten miteinander im Streit lagen, welche Adelshäuser befreundet und welche verfeindet waren, wer den Kaiser in Asenburg unterstützte und wer ihn ablehnte. Loghar schwieg selten und sein scharfsinniger Freund aus Berbia hörte immer genau zu.
Schließlich stellte der ostmärkische Kurfürst seinen klugen Berater dem Imperator selbst vor und nahm ihn mit nach Asenburg an den kaiserlichen Hof. Damit erfüllte er Sharguts größten Wunsch, denn dieser brannte schon lange darauf, endlich in die Nähe des leevländischen Herrschers zu kommen. Fürst Loghar war die Eintrittskarte für den Kaiserpalast in Asenburg gewesen; so hatte es Zaydan von Anfang an geplant gehabt.
Der hochgewachsene Monarch mit dem blonden Vollbart lächelte kurz, um Fürst Loghar anschließend wieder ernst anzusehen. Carolus II. sei ein harter und unerbittlicher Charakter, erzählte man sich in Adelskreisen. Und wen der strenge Blick des Imperators traf, der konnte diesen Eindruck bestätigen.
»Wie geht es mit dem Trockenlegen der Knathsümpfe voran?«, fragte der Kaiser.
Loghar wirkte ein wenig verlegen. »Es wird immer mehr Ackerland gewonnen, aber diese Arbeiten sind sehr mühsam.«
»Verstehe!«, brummte Carolus.
Der Imperator hatte den Kurfürsten und seinen fremden Berater heute in einem der vielen Besprechungszimmer des Asenburger Kaiserpalastes empfangen. Schwerwiegende politische Fragen gab es allerdings nicht zu erörtern, weshalb sich der Monarch kurz zu fassen gedachte.
»Was macht der Ausbau Eurer Residenz? Ist der denn wenigstens abgeschlossen?«, wollte Carolus wissen.
Loghar nickte. »Ja, der ist so gut wie fertig.«
Zaydan saß schweigend auf einem Stuhl und beobachtete den Kaiser. Dieser Mann strahlte eine unglaubliche Autorität aus. Die machtvolle Stimme, das durchwegs bestimmte Auftreten, der Blick der klaren, hellen Augen; Kaiser Carolus II. benötigte nicht viele Worte, er war durch und durch eine Herrscherpersönlichkeit.
»Ihr hattet Finanzprobleme, nicht wahr?«, hakte der Imperator nach und verzog dabei keine Miene. Loghar sah sich für einen Moment verunsichert um, dann nickte er.
»Mein Freund, der ehrenwerte Herr Shargut, hat mir geholfen, einige Engpässe zu überwinden«, antwortete der Fürst, wobei er den Blick auf den Bankier richtete.
»Das habe ich gerne getan«, fügte Zaydan mit einem freundlichen Lächeln hinzu.
Carolus II. richtete seine Aufmerksamkeit nun auf ihn; genau das hatte Zaydan beabsichtigt. Die Augen des Monarchen zogen sich zu dünnen Schlitzen zusammen, der fremde Geldverleiher wurde eindringlich geprüft.
»Ihr seid Berbianer, habe ich gehört«, sprach der Kaiser nach einem kurzen Augenblick des Schweigens.
»So ist es, Eure Majestät.«
»Und Ihr habt dem lieben Loghar ausgeholfen. Durch einen Kredit, wie?«, schob Carolus nach.
»Das ist richtig!« Zaydan versuchte die aufkommende Nervosität zu unterdrücken. Die offenkundige Skepsis seines Gegenübers bekam ihm überhaupt nicht. Allerdings hatte er nichts anderes erwartet. Es dauerte immer eine Weile, bis die Leevländer einem Fremden vertrauen. War es aber endlich so weit, dann liefen sie ihm treu und gutgläubig nach wie die Schäfchen.
Der Imperator strich sich durch seine blonden Haare, die von breiten, grauen Stähnen durchzogen wurden. Noch immer war sein Gesicht wie versteinert. Mit tonloser Stimme bemerkte er: »Ich habe bereits von Euch gehört, Zaydan Shargut aus Berbia.«
»Ich hoffe nur Gutes«, gab der Bankier zurück.
»Dies und das«, brummte Carolus II. ein wenig gelangweilt. »Man erzählt sich, dass Ihr in Manchin gelebt habt.«
»Ja, das ist richtig, Eure Majestät. Ich bin zwar aus Berbia, aber ich habe viele Jahre in Kin-Weig gelebt.«
»Kin-Weig?«, wiederholte der Kaiser.
»Eine große Stadt der Händler. Leider existiert sie nicht mehr«, erklärte Zaydan.
»Existiert nicht mehr? Was soll das heißen?«, wollte der Imperator wissen.
»Orks haben diese schöne Stadt zerstört. Sie haben alle Bewohner getötet, Eure Majestät«, sagte Zaydan erschüttert.
Allmählich schien das Gespräch für den Kaiser von Leevland interessant zu werden. Er kratzte sich grübelnd am Kinn, um dann die Hand zu heben.
»Orks? Dann sind die Gerüchte tatsächlich wahr, dass die Grünhäute das sagenhafte Land Manchin verwüstet haben?«
»Wenn Ihr wollt, kann ich Euch alles erzählen, verehrter Kaiser. Meine Augen haben viel gesehen, das Leid von Manchin, versteht Ihr?«
Carolus II. schob die Mundwinkel nach unten. Dann nickte er zustimmend.
»Nur wenige Menschen haben Aurania und zugleich das Land Manchin gesehen. Ihr seid von einem Ende der Welt zum anderen gereist, nicht wahr?«
»Ja, Majestät, ich habe die Große Mauer im fernen Osten gesehen, genau wie Euren Palast in Asenburg«, sprach Shargut.
Mittlerweile schenkte der Kaiser Fürst Loghar kaum noch Beachtung. Seine ganze Aufmerksamkeit hatte der fremde Bankier aus Berbia auf sich gezogen; die Geschichten aus den fernen, sagenhaften Ländern des Ostens, die langen Reisen und die Berichte über die Orks faszinierten ihn. Selbst am kaiserlichen Hof in Asenburg hörte man derartige Dinge nur äußerst selten.
Der Imperator zeigte das erste Lächeln des Tages, welches eine gewisse Milde ausstrahlte. Dieser Fremde hatte das Potential, ihn gut zu unterhalten.
»Orks haben also das Reich Manchin erobert. Man erzählt sich in Leevland, dass Manchin größer als ganz Aurania sei. Dort gibt es Städte, wo die Häuser goldene Dächer haben. Und es leben dort mehr Menschen als sonst irgendwo auf der Welt. Und dann sollen wilde Orks ein so mächtiges Reich erobert haben?«
»König Grimzhag, der Schlächter aus den Steppen«, warf Fürst Loghar mit ernster Miene in die Runde.
Der Kaiser winkte ab. »Von diesem Ork habe ich bereits gehört. Er soll mit seiner Horde irgendwo in der Einöde hausen. Aber ich glaube kaum, dass dieser Grimzhag ein Reich wie Manchin bezwingen konnte. Das klingt eher nach einem Ammenmärchen.«
Zaydan lächelte gequält, dann erwiderte er: »Ehrwürdiger Kaiser von Leevland, Grimzhag ist kein normaler Ork.«
»Kein normaler Ork?«, wunderte sich der bärtige Monarch.
»Herr Shargut will sagen, dass diese Bestie kein gewöhnlicher Ork ist. Er ist ein Grauaugenork. Grauaugen sind besonders kluge und gefährliche Orks«, erläuterte Loghar.
»Grauaugenorks? Davon habe ich noch nie etwas gehört.« Ungläubig zog Carolus II. die Augenbrauen nach oben.
»Grimzhag ist eine gewaltige Gefahr, Eure Majestät. Vielleicht sogar für Aurania. Die Orks sind wieder mächtig und gefährlich, so wie es in den alten Zeiten war«, ereiferte sich Zaydan. Er stand von seinem Platz auf und warf die Arme in die Höhe.
»Kin-Weig! Manchin! All diese schrecklichen Bilder in meinem Kopf, verehrter Herr. Ich erzähle Euch gerne alles, was vorgefallen ist. Gerne tue ich das, damit Ihr gewarnt seid«, fuhr Shargut fort, während ihn der Imperator fragend anstarrte.
»Tut das, Berbianer«, antwortete der Kaiser, nachdem die Neugier die Skepsis überwunden hatte, »vielleicht sollte ich mir Euren Bericht doch anhören.«
»Und ich ducke mich weg, die Klinge geht über meinen Kopp drüber und ich haue dem Menschling das Schwert in den Unterleib! Zack!«, lallte Zugrakk. Er war schon wieder stark angetrunken und musste sich an der grob zusammengezimmerten Theke festhalten, um nicht vom Hocker zu fallen.
»Ja, nicht schlecht«, brummte der Ork neben ihm.
»Dann der nächste Menschling …«, fuhr Zugrakk fort. »Der nächste Menschling kommt an und ich donner` ihm das Schild in die Schnauze! Baff! Den mach` ich platt, dachte ich mir. Den verdammten Menschling nehme ich noch mit, wenn ich schon draufgehe, versteht ihr?«
Mehrere Grünhäute, die an der langen Theke saßen, murmelten zustimmend, während Zugrakks Stimme lauter und lauter wurde. Wieder einmal erzählte er von der Schlacht auf den Feldern von Yang-Weig, der größten und epischsten Schlacht der Weltgeschichte, wie der Krieger betonte.
»Noch ein Pilzbier! Nachfüllen!«, rief Zugrakk in Richtung des Wirtes, der ihm einen genervten Blick schenkte.
Wie so oft in letzter Zeit verbrachte Grimzhags bester Freund endlose Stunden in Karokums beliebtester Trinkhöhle, dem »Schwankenden Warnox«. Hier konnte man zechen und saufen, bis es nicht mehr ging. Genau der richtige Ort für einen überall bekannten Kriegshelden wie Zugrakk, der gegenwärtig allerdings unter der Friedenszeit zu leiden hatte.
Der Wirt, eine äußerst korpulente Grünhaut, füllte Zugrakks Krug mit kühlem Pilzbier auf. Dieser nahm einen kräftigen Schluck und grinste breit. Dann drückte er dem Ork hinter der Theke eine manchinische Goldmünze in die Klaue.
»Is` für dich, Graggax, davon habe ich noch genug. Ohne Ende, das sag` ich dir. Alles geplündert und erbeutet bei den Menschlingen. Nä, was haben wir die fertiggemacht. Damals auf den Feldern von Yang-Weig, das war eine Schlacht. Da waren Millionen Menschlinge, aber wir haben sie alle erschlagen«, rief Zugrakk, um im nächsten Augenblick mit der Faust auf die Theke zu schlagen.
»Wie oft müssen wir uns diese Geschichte eigentlich noch anhören?«, kam es plötzlich vom anderen Ende der langen Holztheke.
Zugrakk brummte verwirrt, er rieb sich die Augen und glotzte benebelt in Richtung eines noch recht jungen Orks, der einen unüberhörbaren Würgelaut ausstieß.
»Was hast du da hinten gesagt?«
»Schon gut, vergiss es!«, meinte der Ork.
»Gefällt dir meine Geschichte nicht, oder was?«, hakte der betrunkene Kriegsheld nach, wobei er mit jedem Wort ein wenig zorniger klang. Schlagartig verstummten die Gespräche an der Theke. Der Wirt warf Zugrakk einen finsteren Blick zu.
»Nein, ich meinte nur, dass …«, erwiderte der junge Krieger, wobei er beschwichtigend die Klauen hob.
»Darf ich in meiner Trinkhöhle keine Geschichten aus Manchin mehr erzählen, du vorlaute Snagschnauze? Hä? Muss ich dich erst um Erlaubnis fragen?« Zugrakk stieß sich von der Theke ab, warf dabei den Hocker um und torkelte schnurstracks auf den anderen Ork zu.
»Keine Schlägereien in der Trinkhöhle! Prügelt euch draußen auf der Straße oder im Hinterhof!«, schrie der besorgte Wirt dazwischen und deutete auf ein großes Schild neben der Theke, wo die Hausregeln für alle Gäste sichtbar nachzulesen waren.
»Ja, sicher …«, murmelte Zugrakk. Er schwankte an mehreren verdutzt dreinschauenden Orks vorbei, packte den vorlauten Jungkrieger am Kragen und riss ihn hoch.
»Du willst mir hier blöd kommen, was?«, knurrte er.
Bevor der Nachwuchsork die Frage beantworten konnte, hatte ihm Zugrakk schon eine Kopfnuss verpasst. Laut jaulend fiel er zu Boden, um dort noch einen Tritt in den Magen zu bekommen. Zugrakk brüllte auf, beugte sich zu dem jungen Krieger herab und donnerte ihm seine klobige Faust ins Gesicht.
»Du hältst in Zukunft dein Maul, wenn die Großen reden! Hast du das kapiert?«, schrie ihn Zugrakk an.
»Keine Prügeleien in meiner Trinkhöhle! Das ist gegen die Regeln! Raus mit dir! Sofort!«, fuhr der Wirt dazwischen. Dann packte er den angetrunkenen Krieger an der Schulter und riss ihn zurück.
»Pack mich nicht an!«, erhielt er als Antwort. Zugrakk reagierte trotz seiner Trunkenheit erstaunlich schnell; er rammte dem Wirt den Ellbogen ins Gesicht, drehte sich um und schickte ihn dann mit einem Fußtritt zu Boden.
»Behandelt man so einen Kriegshelden? Ich soll gehen? Nur weil ich meine Ehre verteidigt habe?«, röhrte Zugrakk durch die Trinkhöhle.
In seiner Wut hatte der Krieger nicht bemerkt, dass sich inzwischen mehr als ein Dutzend Orks um ihn herum versammelt hatten. Einige der Gäste hielten Knüppel in ihren Klauen, andere schwangen Holzstühle. Alle starrten sie Zugrakk feindselig an, während sie langgezogene Knurrlaute ausstießen.
»Raus hier! Niemand schlägt Graggax zusammen!«, sagte einer der Orks drohend.
Der verprügelte Wirt kroch indes über den Boden und zischte eine Reihe übler Orkflüche. Zugrakks Tritt hatte ihm schwer zugesetzt.
»Du hast hier Hausverbot! Scher dich raus!«, stöhnte er. Grimzhags bester Freund reagierte auf diese Aussage mit einem ohrenbetäubenden Lachen. Dieser Haufen Orks beeindruckte ihn nicht im Geringsten, immerhin hatte er die Riesenschlacht von Yang-Weig überlebt.
»Geh nach Hause und komm nie mehr wieder, Zugrakk! Und deine blöden Kriegsgeschichten kannst du demnächst den Gnoggs in der Steppe erzählen!«, schrie ein Gast aus dem Hintergrund.
»Ja, die will hier niemand mehr hören!«, fügte ein anderer hinzu. Zugrakk ballte knurrend die Fäuste. Wutschnaubend stürmte er auf die Gruppe Orks zu und wurde von einem Hagel aus Faustschlägen und niedersausenden Stühlen empfangen. Von allen Seiten prügelten die Gäste auf ihn ein, so dass er nach einem kurzen Kampf zu Boden ging und dann ordentlich Schläge kassierte.
»Das ist für dich, Snagschnauze!« Graggax hatte sich wieder aufgerappelt und riss einen dicken Holzknüppel in die Höhe. Rasend vor Wut ging er auf den schon halb benommenen Zugrakk los und drosch unbarmherzig auf ihn ein.
Mit letzter Kraft hielt sich der Krieger die Klauen vor den Kopf, hoffend, dass ihn der zornige Wirt nicht bis in den Wirbel der Seelen prügelte.
Die faltige Berbianerin wankte langsam auf ihren ältesten Sohn zu und griff mit ihrer zitternden Hand nach der seinen. Zaydan drückte seine Mutter kurz an sich. Anschließend wandte er den Blick wieder seinen vier Brüdern, den drei Schwestern und den übrigen Anwesenden zu.
»Jetzt bist du ein gemachter Mann, mein Junge. Mutter ist so stolz auf dich«, krächzte die Alte, die bis auf die Knochen abgemagert war und den Eindruck machte, dass sie nicht mehr lange zu leben hatte.
Zaydan, der bemüht war, den um ihn herum stehenden Gehilfen seinen Familiensinn und Großmut zu zeigen, lächelte seiner Mutter zu.
»Bald sind alle deine Söhne reiche Männer. Wie schön wäre es, wenn dies Vater noch erleben könnte«, sagte er dann.
»Mein Junge, ich habe dich sehr vermisst«, hauchte die Alte mit letzter Kraft, hinkte auf Zaydan zu und fasste ihn am Unterarm. Sie roch nach Mamukmist, dem Gestank der berbischen Hauptstadt Hach-Hephrai. Für einen kurzen Moment rümpfte Zaydan angeekelt die Nase.
»Die Überfahrt nach Aurania ist sehr anstrengend für dich gewesen, nicht wahr?«, bemerkte Schmekel und zog seine Mutter ein wenig von ihrem ältesten Sohn weg.
»Ja, ja!«, schnarrte diese angestrengt.
»Wundert mich, dass sie die Schiffsreise überhaupt überlebt hat«, flüsterte Zaydan seinem Bruder Echach ins Ohr.
»Sie bekommt kaum noch Luft. Aber das kühlere Klima hier wird ihr sicherlich gut bekommen. Wir konnten sie ja auch nicht ewig bei den Hischachs lassen«, gab dieser zurück.
Auf Zaydans Anraten hatten seine Brüder die Mutter in den letzten Jahren bei Verwandten untergebracht, doch diese waren es inzwischen leid, die alte und gebrechliche Frau weiter zu pflegen.
Schließlich hatte sie Schmekel doch nach Leevland geholt, obwohl Zaydan bereits betont hatte, dass ihm seine Geschäfte wenig Zeit für Familienangelegenheiten lassen würden. Der Mutter waren schließlich auch die drei Shargut Schwestern mit ihren Familien gefolgt. Zaydan jedoch ignorierte diese völlig. Lediglich seine vier Brüder, die ihm bei seinen Geschäften behilflich sein konnten, waren für ihn von Interesse.
»Erzähl doch noch ein wenig, was du so gemacht hast, mein Junge. Du warst doch so selten bei deiner armen Mutter. Ich dachte manchmal schon, dass es dich gar nicht mehr gibt«, sagte die Alte, schüttelte Schmekels Arm ab und ging erneut auf Zaydan zu.
Schmekel jedoch lenkte die Mutter sanft, aber bestimmt, wieder in Richtung Ausgang. »Wir gehen jetzt in deine Wohnung und dort machst du ein Schläfchen, nicht wahr? Wenn was ist, dann kannst du ja jederzeit die Dienerinnen rufen.«
»Von mir aus …«, keuchte die Mutter. Daraufhin ging sie an der Hand ihres Sohnes aus dem Raum heraus, während ihr Zaydan genervt hinterher schaute. Nachdem Schmekel die Alte in ihrem Zimmer abgeladen hatte und wieder zu den anderen zurückgekehrt war, atmete der Bankier durch. Mahnend hob Zaydan die Hände, so dass sich alle Aufmerksamkeit auf ihn richtete.
»Ich habe großartige Neuigkeiten für euch, meine Freunde! Die Zinsgewinne sprudeln, die Kreditgeschäfte laufen hervorragend und sogar die alte Mutter ist jetzt bei uns. Ist das nicht großartig?«, rief er aus.
Seine Brüder lachten laut durcheinander, während ein paar der anderen Berbianer anerkennend klatschten. Zaydan riss den Zeigefinger in die Höhe.
»Im Namen des Shargut Bankhauses haben wir bereits in mehreren Städten Geldwechselstuben eingerichtet. Wir bieten unsere Kredite also nicht mehr nur in Richtenhof an, was ein gewaltiger Fortschritt ist. Und die Leevländer nehmen unser Geld, allen voran die Adeligen, die gar nicht genug davon bekommen können.
Manche wollen ihre Residenzen verschönern, andere benötigen das Geld für junge Huren, wieder andere finanzieren damit ihre Trunksucht und so weiter. Es ist viel leichter als in Manchin oder in den Wüstenländern, das kann ich euch sagen. So vertrauensselige Trottel wie hier in Leevland habe ich noch nie zuvor getroffen.«
Die Berbianer lachten hämisch auf. Einige begannen erneut zu klatschen. Zaydan jedoch würgte die Begeisterung mit einer Handbewegung ab, denn er hatte noch eine Menge zu sagen.
»Aber lassen wir die Späße, meine Freunde. Ich werde euch heute meinen Plan vorstellen, wie wir das Shargut Bankhaus in den nächsten Jahren zur führenden Finanzmacht in ganz Leevland machen werden. Große Dinge stehen uns allen bevor. Das Shargut Bankhaus wird nämlich eines Tages den Kaiser selbst am Haken haben, das prophezeie ich euch schon heute.
Ich bin deshalb immer ein erfolgreicher Geschäftsmann gewesen, weil ich mich nie mit Kleinigkeiten zufrieden gegeben habe. Und das tue ich auch jetzt nicht, denn ich will ein noch viel erfolgreicher Bankier werden«, sprach Zaydan mit geschwellter Brust.
Anschließend ließ er sich von Weng ein zusammengerolltes Stück Pergament bringen. Mit einem selbstbewussten Grinsen hob er es in die Höhe und rief seinen Brüdern und Gehilfen zu: »Ich habe euch allen noch weitere Aufgaben zugeteilt. Stück für Stück werden wir die Macht der Shargut Bank ausbauen, bis das Geld der Leevländer in unseren berbischen Händen liegt.«
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