- -
- 100%
- +

5.
Februar
„Denn der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest.“
Psalm 84,4
Wenn wir in diesen Tagen am Morgen erwachen, dann hören wir vielleicht, wie die Leute noch auf dem verschneiten Weg laufen oder mit ihren Schneeschiebern den Fußweg freischaufeln. Wir vermissen immer noch den fröhlichen Gesang der Vögel.
Hans und Christa saßen eines Tages im kalten Winter mit ihren Eltern am Tisch. Draußen lag überall hoher Schnee, leise pfiff der Wind, die Wetterfahne quietschte hin und wieder. Auf einmal pickte es am Fenster. Christa stand leise von ihrem Platz auf und beobachtete hinter der Gardine zwei Vögel. Ganz vorsichtig zog sie die Gardine zur Seite und öffnete das Fenster ganz sacht. Die Vögel waren durch den anhaltenden Frost sehr geschwächt - sie flogen nicht fort, sondern kamen in die warme Stube und setzten sich gleich auf das Ofengitter. Die Kinder richteten ihnen eine Futterstelle und ein Nestlein ein.
So blieben die Vögel in der warmen Behausung der Menschen. Am Mittag, wenn die Kinder aus der Schule kamen, sangen sie ihnen ein Lied vor. Die Vögel wurden durch den Gesang ermuntert und zwitscherten ihre Melodien mit. Oft sagte die Mutter dann: „Nun seid doch endlich still, ihr kleinen Schreier, dieses Gepfeife macht mich ganz nervös.“ Aber die Vögel gaben keine Ruhe und die Kinder hatten ihre helle Freude an ihnen. Morgens, wenn sie erwachten, saßen die Vögel schon an ihrem Bett, so zutraulich waren sie geworden. Oft pfiff Hans die Melodie: „Gott ist die Liebe, lässt mich erlösen, Gott ist die Liebe, er liebt auch dich.“ Einer der Vögel versuchte schon einige Tage dieses Lied nachzuahmen. Hans und Christa freuten sich sehr über ihre gelehrigen Schüler und riefen auch die Nachbarskinder. Dann sangen sie alle zusammen: „Drum sag ich‘s noch einmal, Gott ist die Liebe, Gott ist die Liebe, er liebt auch dich.“
Als aber der Frühling kam, pickten die Vögel wieder an die Fensterscheibe, jetzt von der Innenseite. Sie wollten nun wieder hinaus in den Wald fliegen. Doch die Kinder mochten ihre lieben Freunde gar nicht fortlassen. Da sagte der Vater zu ihnen: „Seid ihr denn bei schönem Sonnenschein auch so gern im Zimmer eingesperrt?“
„Nein“, antworteten die Kinder, „wir wollen sie fortfliegen lassen. Aber sie müssen bald wiederkommen.“
Dann öffneten sie das Fenster und husch - waren die Vögel in die freie Natur geflogen. Die Kinder legten nun Moos und Wolle auf das Fensterbrett. Damit bauten die Vögel ein richtiges Nest im Garten. Bald legten sie acht Eier ins Nest.
Als Hans und Christa wieder einmal im Garten saßen, sahen sie, wie sechs kleine Vögel ihre Schnäbelchen aufsperrten und von den Vogeleltern gefüttert wurden. Seht ihr die sechs fröhlichen Jungvögel im Fliederbusch pfeifen und singen? Die Kinder legten im nächsten Winter wieder Futter aufs Fensterbrett. Ob die Vögel aber wieder ins Zimmer gekommen sind, weiß ich nicht. Wenn ich Hans und Christa wieder einmal treffe, dann will ich sie fragen.
Nun wollen wir beten: Jedes Tierlein hat sein Essen,
jedes Blümlein trinkt von dir,
hast auch meiner nicht vergessen,
lieber Gott, ich danke dir. Amen

6.
Februar
„Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen.“
Josua 24,15
Am Tisch sitzt der Vater und hat seine Hände über der geöffneten Bibel gefaltet. Die Mutti und die Kinder beten auch. Es ist immer gut, wenn wir am Abend noch beten, denn wir wissen nicht, was in einer Nacht alles passieren kann. Da habe ich eine Geschichte gelesen, die sich im vorigen Jahrhundert zugetragen hat.
In einem großen Haus wohnte eine Familie mit zwei Söhnen. Der ältere hieß Frank, der jüngere Wilhelm. Eines Abends brachte die Mutter ihren Kleinen ins Bett.
„Wir haben noch nicht gebetet, Mutter“, sagte der kleine Wilhelm.
„Wir werden morgen beten“, antwortete die Mutter.
Wilhelm flehte: „Mutti, lass uns doch jetzt beten.“
Die Mutter strich dem Kleinen über das Köpfchen: „Im Sprechzimmer wartet noch Besuch auf mich, jetzt habe ich keine Zeit, aber morgen können wir beten“, dabei stellte die Mutter das Licht auf den Tisch und ließ die Tür halb geöffnet, damit sie hörte, wenn jemand rief. Doch der Wind blies durch die Tür und löschte das Licht aus.
„Komm, wir wollen noch aufstehen und beten“, flüsterte Wilhelm.
„Es ist doch so kalt und finster“, meinte Frank. „Das macht nichts, Gott sieht uns auch im Finstern.“
„Die Mutter hat ja gesagt: ,Wir wollen morgen beten‘“, antwortete Frank.
„Und wenn der liebe Gott nicht warten will bis morgen? Komm Frank, ich bete mit dir.“
Eine Zeitlang war es ganz still im Raum, Frank hörte ein leises Geräusch.
„Was machst du?“ fragte er. „Ich knie am Bett und bete auch für dich, Frank.“
Als Wilhelm wieder ins Bett kam, sagte Frank: „Hui, wie bist du kalt, Wilhelm.“
Wilhelm zitterte: „Das macht nichts, ich freue mich darüber, noch einmal zu dem lieben Heiland gebetet zu haben. Wenn ich in dieser Nacht sterbe, dann werde ich im Paradies sein.“
„Ich will aber lieber bei Vati und Mutti und meinen Spielsachen bleiben“, flüsterte Frank.
„Wenn wir aber im Himmel sind, dann hören wir die Engel Gottes singen und mit ihnen können wir auch spielen“, meinte Wilhelm. So ging das Gespräch noch eine ganze Zeit hin und her.
Morgens stand Frank allein auf. Die Mutter fragte ihn: „Wo ist denn Wilhelm?“ „Er schläft noch!“
„Nun, dann halten wir ihm das Frühstück warm und lassen ihn schlafen, solange er will.“
Am Tisch sagte die Mutter zum Vater: „Ich glaube, Wilhelm scheint krank zu sein, er hat gestern so rot ausgesehen. Als ich ihn fragte, ob ihm etwas fehle, sagte er: ,Ich habe nur ein wenig Kopfweh, es wird bald wieder gut sein.‘“
Nun mischte sich Frank in das Gespräch ein: „Ich hatte heute Nacht einen sonderbaren Traum von Wilhelm.“
„Was hast du denn geträumt?“ wollte der Vater wissen.
Nun erzählte Frank, wie Wilhelm am Abend gebetet und so viel vom Himmel und vom Paradies gesprochen habe. „Als er ins Bett kam, war er ganz schrecklich kalt. Als ich eingeschlafen war, sah ich im Traum, wie er noch immer betete und ich nicht. Der Mond schien ganz hell, als plötzlich zwei Engel vor unserem Fenster erschienen. Sie zeigten auf Wilhelm und der eine sagte zum anderen: ,Diesen sollen wir ins Himmelreich führen, der andere muss noch lernen zu beten.‘ Dann wurde es ganz hell im Zimmer. Wilhelm streckte seine beiden Hände einem Engel entgegen, der hat ihn auf seinen Arm genommen und Wilhelm schlang seine Arme um den Hals des Engels. Dann schwebten die Engel mit Wilhelm durch die Luft, bis ich ihn nicht mehr sah. Als ich heute früh aufwachte, war ich sehr froh, dass Wilhelm noch im Bett lag. Aber er schlief ganz fest und war genauso kalt wie gestern Abend, als er ins Bett kam. Ich rief leise: , Wilhelm, Wilhelm!‘, aber er wachte nicht auf.“

Den Eltern wurde ganz sonderbar zumute, sie ließen den Kaffee stehen und eilten schnell ins Kinderzimmer. Da lag Wilhelm mit geschlossenen Augen und lächelte wunderschön. Als sie ihn aber anrührten, war er ganz kalt. Im Bett lag nur noch sein Körper, der Geist und seine Seele waren schon im Paradies bei Gott. Da weinte die Mutti bitterlich, weil sie am Abend nicht noch einmal mit ihrem kleinen Sohn gebetet hatte.
Nun wollen wir miteinander beten:
„Und die Kindlein, und die Kindlein zieht er an die Brust,
die ihm kindlich ihre Herzen hier schenkten voll Lust.
O dann werden sie glänzen wie die Sterne so rein,
in des Heilandes Krone als Edelgestein.“ Amen.
7.
Februar
„Ein gütiges Auge wird gesegnet; denn er gibt von seinem Brot den Armen.“
Sprüche 22,9
Der Herr Jesus hat seinen Jüngern gesagt, dass wir zu Gott beten sollen: „Unser tägliches Brot gib uns heute.“ Es ist nicht selbstverständlich, dass wir immer satt zu essen haben. Auf unserem Bild nebenan sehen wir, wie sich die Kinder freuen, als ein Mann zwei große Brote ins Haus bringt. Nur Brote? - Keine Schokolade oder Kuchen, keine Bonbons oder sonst etwas zum Naschen? Hört die Geschichte, wie wunderbar Gott Hilfe schickt.
Eine arme Witwe, die fünf Kinder zu ernähren hatte, wusste eines Tages nicht mehr, was sie ihren Kindern zu essen geben sollte, die Speisekammer war nämlich gänzlich leer. Aber sie vertraute Gott und dachte: „Was unser Gott erschaffen hat, das wird er auch erhalten; darüber wird er früh und spät mit seiner Gnade walten.“
Sie betete zu Gott und dankte ihm für die Hilfe, die sie immer wieder erhalten hatte. Sie war ja eine fleißige Frau und ihre Kinder hatten auch den Heiland sehr lieb, waren gehorsam und halfen der Mutti. Eines Morgens sagte die Mutter: „Kinder, an diesem Morgen kann ich euch nichts zu essen geben, ich habe kein Brot, kein Mehl und nicht einmal ein Ei; aber betet jetzt nur fleißig, der liebe Gott ist reich und mächtig. Er hat gesagt: ,Rufe mich an in der Not, so will ich euch erhören.‘“ Der kleine Christian ging ganz betrübt ohne ein Stückchen Brot zur Schule. Als er auf dem Weg war, kam er an einer offenen Kirchentür vorbei. Er ging ins Gotteshaus hinein und, da er niemand erblickte, betete er laut: „Lieber Heiland, gib uns doch etwas zu essen, unsere Mutter hat kein Brot, kein Mehl und nicht einmal ein Ei. Hilf du uns doch, du kannst doch alles verwandeln, du hast es in deinem Wort versprochen, so halte nun dein Wort.“ Dann stand er auf und ging mit leerem Magen in die Schule.
Während der Pause, als die Kinder auf dem Schulhof spielten, dachte er immer: „Ob der Heiland nun mein Gebet erhört hat?“
Als er nach Hause kam, sah er zwei große Brote, eine Schüssel voll Mehl und einen Korb mit Eiern auf dem Tisch stehen.
„Gott sei Dank!“ rief das Kind, „er hat mein Gebet erhört, Mutter. Hat ein Engel Gottes das alles hierher gebracht?“
„Nein“, sagte die Mutter, „aber Gott hat trotzdem dein Gebet erhört. Während du in der Kirche gebetet hast, saß die Frau des Bürgermeisters neben dem Altar, wo du sie nicht sehen konntest. Sie hat gehört, was du gebetet hast. Nun hat sie uns all die schönen Sachen schicken lassen. Sie ist der Engel gewesen, den Gott gesandt hat, wir wollen Gott danken, denn er hat es so geführt, dass gerade die Frau des Bürgermeisters in der Kirche sitzen musste, als du dort gebetet hast. So macht es Gott oft.“
Dann sangen sie alle miteinander: „Danket dem Herrn! Wir danken dem Herrn; denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich.“
Nun wollen wir beten: Du großer Gott im Himmel, wir danken dir, dass du alle Gebete in der weiten Welt erhörst und auch dieser armen Familie geholfen hast. Darum wollen wir dir alle Ehre geben. Amen.

8.
Februar
„Vom Odem Gottes kommt Eis und die weiten Wasser liegen erstarrt.“
Hiob 37,10
Wie kahl die Landschaft aussieht, alles scheint erstorben. Kalt und tot wie ein Friedhof liegt die Welt erstarrt. Auf den kahlen Ästen hocken die schwarzen Raben und schreien ihr krächzendes Winterlied über den verschneiten Friedhof. Dunkle Wolken haben den Himmel verdeckt, raue Winde ziehen von Norden und die Sonne scheint nicht mehr. Graf Franz von Pocci schrieb darüber eine Geschichte:
„Ich mag den Winter nicht leiden. Ach, wär‘s doch wieder grün draußen!“
„Ei, du magst den Winter nicht? Sage nur warum?“
„Guck ich zum Fenster hinaus, ist alles tot und öde. Kein Blättlein am Baum, kein Blümlein im Garten, kein Vogel singt!“
„Alles hat seine Zeit. Sag mir, magst du auch die Nacht nicht leiden?“
„Die Nacht? Ei, warum nicht? Die hab ich sehr lieb, denn da lieg ich im Bett und schlafe wie eine Ratte.“
„Besonders, wenn du müde bist von der Tagesarbeit und vom Laufen und Springen.“
„Nun, sollt ich nicht? Ich muss doch ausruhen und dazu muss ich schlafen!“
„So musst du dir auch den Winter gefallen lassen! Sieh! Wenn im Frühling alles keimt und hervorsprießt, wenn im Sommer alles wächst und reift, damit wir im Herbst von Feld und Garten Früchte jeder Art zu unserer Nahrung einsammeln können, so bedarf doch wohl auch die ganze Natur, die so vieles hervorbringt, der Ruhe, damit sie ihre Kräfte allmählich sammeln könne, um fürs nächste Jahr wieder zu sorgen. So ist denn der Winter Schlafenszeit für Garten, Feld und Wald. Das alles hat Gott wohlweislich geregelt und angeordnet und darum lässt er auch dich ruhen und schlafen in der stillen Nacht, damit du frühmorgens wieder erwachen mögest zu frischem Leben. Was sagst du nun zum Winter?“
„Ich muss ihn mir schon gefallen lassen und will ihm auch gleich entgegenlaufen, wenn er einzieht mit Schnee und Eis, weil auch er nicht umsonst da ist.“
„Und wenn du nun in der warmen Stube sitzt, so bedenke wohl, wie viele Menschen frieren müssen, weil sie kein Holz haben! Und wenn du, in ein warmes Jäckchen gekleidet, hinausgehst, so bedenke wohl, wie viele Menschen frieren müssen, weil sie keine Winterkleider haben! Und wenn du ein warmes Süpplein isst und noch etwas dazu, so bedenke wohl, wie viele, viele Menschen hungern, weil sie nichts zu essen haben! Und wenn du dich in dein warmes Bettlein kauerst, so bedenke wohl, wie viele, viele Menschen auf dem blanken Stroh liegen müssen, weil sie nichts anderes haben, und ich könnte dir noch viel dergleichen vorhalten, was du dir im Winter denken magst, nein, ich will dir nur noch eines sagen: Danke Gott, dass du nicht frierst und nicht hungerst und hilf den Armen, so gut du es vermagst.“
Ach ja, Kinder, wir können Gott immerzu danken und daran denken, wem wir vielleicht ein schönes Paket schicken können, für die, die arm und hungrig sind, die jetzt frieren und krank sind.
Wir wollen beten: Lieber Gott, vergib uns, wenn wir so herummeckern und murren. Wir haben vieles und danken dir so wenig dafür. Wir wollen dir danken und dich preisen. Amen.

9.
Februar
„Ich will singen von der Gnade des Herrn ewiglich und seine Wahrheit verkündigen mit meinem Munde für und für.“
Psalm 89,2
Wenn‘s draußen stürmt und schneit, wenn der Regen an die Scheiben prasselt, dann freut man sich über ein gemütliches, warmes Zimmer.
Oft aber sagen die Kinder: „Es ist so furchtbar langweilig jetzt.“ Sie haben viele Spielsachen, aber sie verstehen nicht, die Langeweile aus ihren Herzen zu vertreiben.
Wie schön ist es dann, wenn man ein Lied singt und der Vati oder die Mutti dazu auf dem Klavier spielt. Aber leider hört man heute sehr wenig Hausmusik, weil Schallplatten, Kassettenrekorder oder der Fernseher immerzu laufen. Da die Leute nicht mehr selber singen und musizieren, gibt es auch so viele traurige Menschen. Wer ein Lied Gottes singt, wird dabei fröhlich, weil Gottes guter Geist die Menschen dabei erfüllt. Wo dieser Gottesgeist nicht vorhanden ist, da breiten sich bald traurige und böse Geister aus. Dann hat man zu nichts mehr Lust.
So war es auch bei dem König Saul. Er hatte einst viel Freude, denn er liebte Gott und Gott liebte ihn. Er arbeitete für Gott und war ein hübscher, großer Mann voller Lebensfreude. Weil er aber den guten Geist Gottes betrübt hatte, wurde er selber sehr traurig. Immer wieder musste er denken: „Gott liebt mich nicht mehr! Bald werde ich wohl als König abgesetzt werden und dann wird sich Gott einen neuen König erwählen.“
Die Diener des Königs litten auch unter den bösen Launen ihres Herrn. Plötzlich sagte einer der Diener: „Es gibt nur ein Mittel, den König in bessere Stimmung zu bringen, nämlich die Musik. Die Musik wird die zornigen Wutanfälle des Königs lindern und sein Gemüt besänftigen.“
Ein Diener erklärte dann: „Ich kenne einen jungen Hirten, der kann wunderbar auf der Harfe spielen. Er hat eine gute Stimme und singt immer wieder neue Lieder, die er selbst dichtet. Es ist David, der in Bethlehem wohnt.“
Nun, Kinder, wer wurde denn später in Bethlehem geboren? Wisst ihr es noch? Natürlich, der Herr Jesus!
David kam nun zu König Saul und immer, wenn David spielte und sang, wurde es besser mit Saul. Aber weil Saul nicht selber mitsang, wurde er nie wieder richtig fröhlich. So ist es, selber singen ist die beste Medizin für eine traurige Seele. Seht einmal, wie sie auf unserem Bild alle fröhlich mitsingen. Die beiden Kinder, die vor dem Ofen stehen, die Mutti und die älteste Tochter neben dem Vater. Selbst das Baby auf dem Arm der Mutter quietscht vergnügt mit heller Stimme. Unter dem Klavier sitzt einer, der nicht mitsingt, aber er spielt schon Geige. Wollt ihr in der Kirche oder in der Sonntagsschule mitspielen und Menschen erfreuen? Jetzt wollen wir alle miteinander singen:
„Kommt, stimmet alle jubelnd ein: Gott hat uns lieb!
Freut euch in seinem Gnadenschein: Gott hat uns lieb!
Die ihr in Sünden schlaft, erwacht!
Suchet, was euch nun selig macht!
Hin ist die bange Todesnacht! Gott hat uns lieb!“

Die Oma, die schon etwas kränklich ist, singt nicht mehr mit, aber sie freut sich an dem jubelnden Gesang der Familie und denkt an ihre Jugendzeit.
Nun wollen wir beten: Großer Gott, wir wollen dir immer wieder Lob- und Dankeslieder singen. Du hast uns eine schöne Stimme dazu gegeben. Wir danken dir, dass wir dich auch im Gesang anbeten dürfen. Amen.
10.
Februar
„Du siehst es doch, denn du schaust das Elend und den Jammer; es steht in deinen Händen. Du bist der Waisen Helfer.“
Psalm 10,14
Es war ein fürchterlicher, kalter Winter. Man konnte in den Ofen so viel Holz hineinwerfen, bis die Ofentür glühend war, trotzdem fror in der Stube das Wasser im Eimer zu Eis. Die Vögel, die sonst im Winter bei uns bleiben, die Sperlinge, die Krähen und Raben, fielen erfroren aus der Luft herunter. Die Fische in den Flüssen und Teichen fanden im Eis ihren Tod und die Hasen, die Rehe, ja sogar die großen Hirsche lagen tot unter eisiger Schneekruste. Bei dieser eisigen Kälte zersprangen sogar große Bäume mit furchtbarem Krachen.
Aber wie ging es den Menschen, liebe Kinder? Die Geschichte von dem armen Waisenkind Valentin will ich euch erzählen.
Valentin hatte keine Eltern mehr und andere Verwandte kannte er nicht. Er war ein fleißiger Junge, der den Leuten viele Botengänge abnahm und ihnen oftmals auch die Stiefel putzte. So verdiente sich Valentin sein tägliches Brot. Bekam er ein Stück Brot, so dankte er Gott für jeden Bissen. Nur nachts war es für den Kleinen schlecht. Er schlief in Pferdeställen oder in Scheunen, manchmal legte er sich sogar in eine leer stehende Hundehütte. Einmal kroch er unter die Hobelspäne in der Werkstatt eines Zimmermanns. Dort fand er noch einen alten Fußteppich, mit dem er sich zudecken konnte. - Nun kam aber dieser schreckliche Winter, in dem selbst die Tiere in den Ställen jämmerlich erfroren. Da fand er in einem Rittergut einen kleinen Schafstall, der etwas abseits vom Herrenhaus lag. Vor dem Stall war ein großes Schild angebracht: „Vorsicht! Sehr bissiger Hund!“ Es war schon dunkel, als Valentin an das Tor des Stalles kam. Lesen konnte der arme Junge sowieso nicht.
„Lieber Gott im Himmel“, betete er, „beschütze mich auch in dieser Nacht. Lass deinen Schutzengel bei mir sein.“ Dann legte er sich bei den Schafen in einen Heuhaufen in die Ecke. Mit ein paar Säcken deckte er sich zu und schlief todmüde ein. Mitten in der Nacht schlich sich der bissige Schäferhund in den Stall. Diesen Hund hatten viele Kinder geärgert, darum biss er immer, wenn Kinder in seine Nähe kamen. Ja, Tiere erinnern sich oft, wenn sie misshandelt worden sind. Jetzt geschah ein Wunder. Als der grimmige Schäferhund den Valentin so friedlich schlafen sah, legte er sich über ihn, ja er schmiegte sich ganz fest an den Knaben, so dass dieser meinte, einen dicken Pelz anzuhaben. Es wurde ihm so warm, als hätte er eine große Wärmflasche über sich. Am Morgen erwachte Valentin neu gestärkt wie an einem warmen Ofen. Der Hund beschnupperte ihn und verschwand schnell.
Am Tage bettelte Valentin an den Haustüren und brachte seinem Schlafkameraden einen schönen Knochen mit, worüber sich der Hund natürlich mächtig freute. Eine ganze Woche verging, Abend für Abend schliefen die beiden wie Geschwister dicht beieinander. Als eines Morgens der Rittergutsbesitzer in den Stall kam und den Knaben neben dem Hund fand, war er sehr erschrocken. Er meinte, der Hund habe den Jungen totgebissen. Aber da schlug Valentin seine Augen auf und lächelte dem Mann ins Gesicht „Großer Gott!“ rief der Herr, „die Engel Gottes haben diese kleine Menschenseele behütet. Das ist ein Wunder Gottes!“ Von jener Stunde an wurde Valentin der zweite Hirte über die Tiere des Gutsherren. Mit seinem Beschützer, dem großen Schäferhund, verband ihn immer eine innige Freundschaft. Ja, Gott kann auch die Tiere lenken und leiten, dass sie Freunde der Menschen werden.

Nun wollen wir beten: Wir danken dir, Vater, dass du uns in allen Lebenslagen hilfst und dass du ganz besonders ein Gott der Waisen und Witwen bist, dass du auch diese Kinder, die keine Eltern haben, behütest und beschützest. Amen.
11.
Februar
„Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“
l. Mose 8,22
Ludwig Richter, der Maler all der schönen Bilder, die in diesem Buch abgebildet sind, las gern die Geschichten von Matthias Claudius. Er hat ihn nie gesehen und doch liebte er diesen Dichter, weil ihm seine Geschichten, die vom Heiland und von der Bibel handelten, so sehr gefielen. Wir haben den Herrn Jesus auch noch nicht gesehen, aber wir kennen ihn so gut durch die Bibel und deshalb lieben wir ihn auch. Matthias Claudius hat eine Geschichte über die Winterszeit geschrieben:
„Was doch für eine Menge Schnee in der Welt ist. Hier so viel Schnee! und in Russland! und in Amerika! und auf unseren Bergen! Und dabei müssen die armen Leute Holz holen gehen, den Tag über in Frost und Schnee herumlaufen, nach wenigen dürren Ästen suchen, nur damit sie sich und ihren Kindern die Stube wärmen und die Kartoffeln kochen können.
Am Nordpol, hinter Petersburg, da liegt sogar im Sommer und im Winter hoher Schnee und in den Sommertagen treiben da in der See Eisschollen herum, die so groß sind wie der größte Bauernhof. Und doch hat der liebe Gott auch dorthin allerlei Tiere gesetzt, weiße Bären, die auf den Eisschollen herumgehen und guter Dinge sind, und große Walfische, die im Wasser fröhlich spielen und scherzen. Auf der anderen Seite der Erde, über Italien hinaus, in Afrika, brennt die Sonne das ganze Jahr hindurch, dass man sich die Fußsohlen verbrennt, und dort ist niemals Winter. Und hier bei uns ist es bald Sommer und bald Winter. Nicht wahr, Kinder, das ist doch recht wunderbar! Der Mensch muss es sich heiß und kalt um die Ohren wehen lassen und kann nichts davon oder dazu tun, er sei Fürst oder Knecht, Edelmann oder Bauer. Wenn du aber einmal groß bist und ein Stück Holz übrig hast im Winter, so gib es hin und denke, dass die armen Leute keine weißen Bären noch Walfische sind.“
Die weißen Bären und Walfische frieren nämlich nicht. Hast du schon einmal einen weißen Bären im Zoologischen Garten gesehen? Die gehen bei größter Kälte ins eiskalte Wasser und freuen sich. Hat Gott nicht alles wunderbar geschaffen? Der Mann auf dem Bild muss durch den hohen Schnee gehen. Der Wind ist kalt und weht ihm ins Gesicht. Auf dem Rücken trägt er einen Sack. Ob er wohl etwas zum Essen für die Kinder mitgebracht hat? Vielleicht hat er aber nur etwas Brennholz für den Ofen. Da haben wir es doch besser mit der Zentralheizung oder dem Gasofen. Dafür wollen wir immer recht dankbar sein und Gott loben. Die Dorfstraße hat der Wind hoch mit Schnee zugeweht. Damals gab es noch keine Räumfahrzeuge, nur Schneepflüge, die von Pferden gezogen wurden. Vor allem hatten die Menschen noch kein Streusalz, das der Natur so viel Schaden zufügt. Man blieb eben mehr in den Wohnungen.