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Ein tiefer Fluss floss entlang eines indischen Dorfes mit fünfhundert Häusern.
Die Dorfbewohner hatten bis dahin noch nichts über die Lehren Siddharthas vernommen, und so beschloss der Erhabene, sie aufzusuchen und zu ihnen über den Edlen Pfad zu sprechen.
Er setzte sich unter einen großen Baum, der seine Zweige über das Ufer streckte, und die Dorfbewohner versammelten sich am gegenüberliegenden Ufer. Dann begann er zu sprechen und predigte seine Botschaft von Liebe und Reinheit. Und tatsächlich wurden seine Worte wie durch ein Wunder über das fließende Wasser getragen. Die Bewohner des Dorfes jedoch weigerten sich, das zu glauben, was er sie lehrte, und murrten über ihn.
Nur einer von ihnen wollte mehr wissen und wünschte, dem Erhabenen näher zu kommen.
Es gab weder eine Brücke noch eine Fähre. Und die Legende erzählt, dass der Mann in seinem unerschütterlichen Mut auf dem tiefen Wasser des Flusses zu laufen begann. Auf diese Weise erreichte er den Meister, grüßte ihn und lauschte seinen Worten mit großer Freude.
Überquerte dieser Mann wirklich den Fluss, wie es uns erzählt wird? Wir wissen es nicht. Aber auf jeden Fall besaß er den Mut, den Weg zu gehen, der zum Fortschritt führt. Und die Bewohner seines Dorfes, ergriffen von seinem Vorbild, achteten fortan die Lehren Buddhas; und ihr Geist öffnete sich für edlere Gedanken.
*
Es gibt einen Mut, der euch Flüsse überqueren lässt, und einen anderen, der euch hilft, den richtigen Weg einzuschlagen; aber es gehört noch mehr Mut dazu, auf dem rechten Pfad zu bleiben, als ihn einzuschlagen.
Hört das Gleichnis von der Henne und ihren Küken:
Siddhartha, der Erhabene, wies seine Schüler gewöhnlich dazu an, ihr Bestes zu geben und dann darauf zu vertrauen, dass es Früchte tragen werde.
Er sprach: „Ebenso wie eine Henne Eier legt und sie bebrütet, ohne sich ständig zu sorgen: ´Werden meine kleinen Küken mit ihrem Schnabel aus der Schale brechen und das Tageslicht erblicken?`, so sollt auch ihr keine Angst haben: Folgt standhaft dem Edlen Pfad, so werdet auch ihr das Licht erreichen.“
Und dies ist wahrer Mut: den geraden Weg zu gehen, dem Sturm, der Dunkelheit und dem Leid mutig zu begegnen und durchzuhalten und immer, allen Widrigkeiten zum Trotz, dem Licht entgegenzugehen.
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Vor langer, langer Zeit, als Brahmadutta in Benares herrschte, da richtete einer seiner Feinde, der König eines anderen Landes, einen Elefanten ab, um mit ihm in den Krieg zu ziehen.
Der Krieg wurde erklärt. Der wunderbare Elefant trug den König, seinen Herrn, bis zu den Mauern von Benares.
Von den Mauern herab schütteten die Bewohner der belagerten Stadt kochend-heiße Flüssigkeit und schossen Steine mit ihren Schleudern. Anfangs zog sich der Elefant vor diesem erschreckenden Regen zurück.
Aber der Mann, der ihn abgerichtet hatte, rannte zu ihm und schrie:
„O Elefant, du bist ein Held! Handle wie ein Held und reiße die Tore nieder!“
Ermutigt von diesen Worten, griff das riesige Tier an, durchbrach die Tore und führte so seinen König zum Sieg.
Dies zeigt, wie Mut über Hindernisse und Schwierigkeiten triumphiert und die Tore zum Sieg öffnet.
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Nun seht, wie ein ermutigendes Wort Mensch und Tier gleichermaßen helfen kann.
Ein gutes Buch der Moslems gibt uns dafür ein Beispiel durch die Geschichte von Abu Said, dem Dichter, der ein tapferes Herz besaß.
Seine Freunde, die erfahren hatten, dass er daheim krank mit Fieber nieder lag, kamen eines Tages und fragten nach seinem befinden. Sein Sohn empfing sie an der Haustür mit einem Lächeln, denn dem Patienten ging es besser.
Sie traten ein, setzten sich in das Zimmer des kranken Mannes und waren überrascht, ihn in seiner gewohnten guten Laune plaudern zu hören. Da es ein sehr heißer Tag war, schlief er und alle anderen etwas später ein.
Gegen Abend erwachten sie alle. Abu Said ließ Erfrischungen für seine Gäste bringen und Weihrauch anzünden, so dass der Raum mit Wohlgeruch erfüllt werde.
Abu Said betete eine Zeitlang, dann erhob er sich und trug ein kleines, selbstverfasstes Gedicht vor:
Verzweifle nicht in deinem Kummer, denn eine frohe Stunde wird kommen und ihn hinwegtragen;
Der brennende Sommerwind mag wehen und sich doch in eine sanfte Brise verwandeln;
Eine dunkle Wolke mag aufziehen, wird aber vorüberziehen und keine Flut bringen;
Ein Feuer mag aufflammen und doch erstickt werden, und Haus und Hof bleiben unversehrt;
Schmerz kommt, Schmerz geht.
Darum sei geduldig, wenn dir Unheil widerfährt, denn Zeit ist der Vater aller Wunder;
Und dem Frieden Gottes entspringt die Hoffnung auf kommenden Segen.
Sie alle kehrten, erfreut und gestärkt von diesem schönen Gedicht von der Hoffnung, nach Hause zurück. Und so kam es, dass ein kranker Mann seinen gesunden Freunden half. Wer mutig ist, kann anderen Mut geben, genauso wie die Flamme einer Kerze eine andere entzünden kann.
Tapfere Jungen und Mädchen, die ihr diese Geschichte lest, lernt, andere zu ermutigen und selbst mutig zu sein.
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Fröhlichkeit
An einem Nachmittag, in einer großen Stadt in einem regenreichen Land, sah ich sieben oder acht Wagen mit Kindern. Sie waren an diesem Morgen zum Spielen aufs Land gebracht worden, aber das schlechte Wetter hatte sie gezwungen, zeitig im Regen heimzukehren.
Und trotzdem sangen und lachten sie und winkten den Vorbeigehenden fröhlich zu.
Sie hatten sich bei diesem trüben Wetter ihre Fröhlichkeit bewahrt. Wäre einer von ihnen traurig gewesen, so hätten die Lieder der anderen ihn wieder aufgeheitert. Und für die Vorbeieilenden, die das Lachen der Kinder hörten, schien sich der Himmel für einen Augenblick aufgehellt zu haben.
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Amir war Prinz von Khorasan und lebte in großem Stil. Wenn er in den Krieg zog, so trugen allein dreihundert Kamele die Töpfe, Pfannen und das Geschirr für seine Küche.
Eines Tages wurde er vom Kalifen Ismail gefangengenommen. Aber ein Unglück befreit einen Menschen nicht vom Hunger, und als Amir seinen Küchenchef in der Nähe sah, bat er den guten Mann, ihm ein Mahl zuzubereiten.
Der Koch hatte ein Stück Fleisch übrig, das er in einem Topf aufs Feuer stellte. Dann ging er fort, um Gemüse zu suchen, das dem Gericht etwas Geschmack verleihen sollte.
Ein streunender Hund erschnüffelte das Fleisch und steckte seine Nase in den Topf. Als er jedoch die Hitze des Feuers spürte, sprang er schnell zurück. Dabei war er so ungeschickt, dass der Topf auf seinem Kopf steckenblieb und er in Panik davonrannte, als er ihn nicht mehr abbekam.
Amir brach bei dem Anblick in lautes Gelächter aus.
„Warum lachst du“, wollte der wachhabende Offizier wissen, „wo du jeden Grund hättest, traurig zu sein?“
Amir aber zeigte ihm den Hund, der aus dem Lager lief, und sagte: „Ich lache bei dem Gedanken, dass noch an diesem Morgen dreihundert Kamele nötig waren, um meine Küche zu transportieren, und jetzt genügt ein Hund, um alles fortzutragen!“
Amir gefiel es, fröhlich zu sein, obwohl er sich nicht bemühte, diese Fröhlichkeit auch anderen zu bringen. Doch sollten wir ihm sein heiteres Gemüt hoch anrechnen. Wenn er in solch ernsten Schwierigkeiten zu scherzen vermochte, sollten wir dann nicht imstande sein, angesichts geringerer Sorgen zu lächeln?
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In Persien lebte eine Frau, die Honig verkaufte. Sie besaß eine sehr angenehme Art, und die Kunden drängten sich um ihren Stand. Der Dichter, der ihre Geschichte erzählt, behauptet, selbst wenn sie Gift verkauft hätte, die Leute hätten es von ihr gekauft, als wäre es Honig.
Ein griesgrämiger Mann sah, welch großen Gewinn sie mit ihren süßen Waren machte und beschloss, den gleichen Handel zu beginnen.
Also baute er einen Stand auf, doch hinter den Reihen von Honigtöpfen wirkte sein Gesicht wie Essig. Jeder, der zu ihm kam, wurde mürrisch behandelt. Deshalb ging jeder an ihm vorbei und er blieb auf seinen Waren sitzen. „Nicht einmal eine Fliege wagte sich an seinen Honig“, erzählt der Dichter. Als der Abend kam, hatte er immer noch nichts verdient. Eine Frau bemerkte ihn und meinte zu ihrem Mann: „Ein bitteres Gesicht macht auch den Honig bitter.“
War die Honigverkäuferin nur freundlich, um Kunden anzulocken? Lasst uns lieber hoffen, dass ihre Fröhlichkeit ihrem guten Charakter entsprang. Wir sind nicht bloß auf der Welt, um zu kaufen oder zu verkaufen; wir sollten hier einander Kameraden sein. Die Kunden der guten Frau spürten, dass sie mehr war als eine Honigverkäuferin: Sie war eine fröhliche Bewohnerin dieser Welt.
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In der nächsten Geschichte, die ich euch erzählen werde, ist die Freude wie ein sprudelndes Wasser einer schönen Quelle. Die Person, um die es dabei geht, hat nichts im Sinn mit Profit und Handel: Es ist der berühmte und glorreiche Rama.
Rama erschlug Ravana, den Dämonenkönig mit zehn Köpfen und zwanzig Armen. Ich habe euch bereits den Beginn der Geschichte erzählt. Es war die schrecklichste aller Schlachten. Tausende von Affen und Bären im Gefolge Ramas wurden getötet und die Leichen der Dämonenfeinde häuften sich. Ihr König lag leblos am Boden. Doch wie schwer war es gewesen, ihn zu besiegen! Wieder und wieder hatte Rama seine zehn Köpfe und zwanzig Arme abgeschlagen, doch wuchsen sie sofort wieder nach. Es waren so viele, dass es schließlich schien, als würde es Arme und Köpfe vom Himmel regnen.
Als der schreckliche Krieg vorbei war und die dabei getöteten Affen und Bären wieder zum Leben erweckt worden waren, standen alle da wie eine große Armee und erwarteten ihre Befehle.
Der ruhmreiche Rama, der auch nach dem Sieg bescheiden und ruhig blieb, blickte seine treuen Kameraden freundlich an.
Vibhishan, der Ravana auf den Thron folgen sollte, hatte einen Wagen voll Juwelen und kostbaren Gewändern für die Krieger gebracht, die sich so heldenhaft geschlagen hatten.
„Höre, Freund Vibhishan“, sprach Rama, „steige hoch in die Lüfte auf und schütte deine Gaben vor den Kriegern aus.“
Der König tat, wie ihm geheißen wurde und verstreute von seinem schwebenden Streitwagen glitzernde Juwelen und prächtig gefärbte Gewänder aus.
Die Affen und Bären purzelten übereinander, als sie sich beeilten, die fallenden Kostbarkeiten zu erhaschen. Es war eine lustige Balgerei.
Rama lachte herzlich bei diesem Anblick, und seine Gemahlin Sita und sein Bruder Lakshman stimmten in sein Lachen ein.
Denn die Mutigen verstehen es, so herzlich zu lachen. Es gibt nichts Herzlicheres als eine gutmütige und aufrichtige Heiterkeit. Und das Wort „herzlich“ besitzt den gleichen Ursprung wie das Wort „mutig“. In schwierigen Augenblicken ist Fröhlichkeit, die aus dem Herzen kommt, wahrhaft ein Ausdruck von Mut.
Natürlich muss man nicht ständig lachen; aber Lebendigkeit, Heiterkeit und gute Laune sind nie fehl am Platz. Und wie hilfreich können sie sein! Mit ihnen schafft die Mutter ihren Kindern ein glückliches Heim; die Krankenschwester beschleunigt die Genesung ihrer Patienten; der Herr erleichtert die Arbeit seiner Diener; der Arbeiter fördert den guten Willen seiner Kollegen; der Reisende hilft seinen Gefährten, die Mühen der Reise zu überstehen; der Bürger nährt die Hoffnung in den Herzen seiner Landsleute.
Und ihr, glückliche Jungen und Mädchen, gibt es irgend etwas, das ihr mit eurer Fröhlichkeit nicht erreichen könnt?
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Selbstvertrauen
Hatim Tai war im alten Arabien wohlbekannt für die verschwenderische Fülle, mit der er Geschenke und Almosen verteilte.
„Bist du jemals jemandem begegnet, der noch vortrefflicher ist als du?“ fragte ihn einmal ein Freund.
„Ja“, antwortete Hatim Tai.
„Wer war das?“
„Eines Tages hatte ich vierzig Kamele geopfert und lud jeden, der kommen wollte, zu einem großen Fest ein. Daher zog ich mit einigen Familienoberhäuptern aus, um Gäste von nah und fern einzuladen. Auf dem Weg trafen wir einen Holzfäller, der gerade ein Bündel Dornenzweige geschnitten hatte. Auf diese Weise verdiente er sich seinen Lebensunterhalt. Da ich sah, dass er arm war, fragte ich ihn, warum er nicht zu den vielen Festmählern ginge, die von Hatim Tai gegeben wurden. Er antworte mir folgendes: Wer sich seinen Lebensunterhalt verdient, braucht keine Gaben von Hatim Tai.“
Warum also behauptete Hatim Tai, dass der Holzfäller ein besserer Mensch war als er selbst?
Weil er dachte, es sei edler, zu arbeiten und für sich selbst zu sorgen, als an andere Geschenke zu verteilen, die weder Mühe noch Opfer kosten, und die Beschenkten überdies auch noch den Mut nehmen, ihren eigenen Fähigkeiten zu vertrauen.
Natürlich ist es ganz selbstverständlich, dass Freunde einander Geschenke machen; es ist auch richtig, dass starke Hände den Armen und Bedürftigen zur Hilfe kommen; aber ein gesunder Mensch sollte mit seinen eigenen Händen arbeiten und sie nicht für Almosen aufhalten. Das gilt natürlich nicht für diejenigen, die sich einem Leben in innerer Einkehr und der Suche nach Weisheit verschrieben haben.
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Obwohl die Haltung des Holzfällers edel war, war sie doch weniger bewundernswert als die des persischen Prinzen, von dem ich euch erzählen möchte.
Dieser Prinz lebte in alten Zeiten, und sein Name war Gushtasp.
Er ärgerte sich sehr darüber, dass sein Vater ihn nicht so behandelte, wie es einem Thronerben zugestanden wäre, und verließ deshalb sein Heimatland und wanderte gen Westen. Einsam und hungrig, wie er war, erkannte er, dass er von nun an für sein Überleben arbeiten musste. Daher ging er zum Herrscher dieses Landes und sprach zu ihm:
„Ich verstehe die Kunst des Lesens und des Schreibens und ich würde gerne als Schreiber für dich arbeiten.“
Es wurde ihm gesagt, dass er einige Tage warten müsse, da zu diesem Zeitpunkt keine Schreiber gebraucht würden. Aber er war zu hungrig, um zu warten, und so ging er zu den Kameltreibern und fragte dort nach Arbeit. Jedoch brauchten auch sie keinen neuen Gehilfen, da sie aber seine Not erkannten, gaben sie ihm etwas zu essen.
Ein wenig später hielt Gushtasp an der Tür eines Schmiedes und bot ihm seine Dienste an.
„Hier“, sagte der Mann zu ihm, „du kannst mir helfen, dieses Eisenstück zu formen.“ Und er gab Gushtasp einen Hammer in die Hand.
Der Prinz verfügte über eine enorme Kraft. Er hob den schweren Hammer, schlug ihn nieder auf den Amboss und zerschmetterte diesen beim ersten Schlag. Der Schmied raste vor Zorn und warf den Prinzen sofort hinaus.
Und so wanderte Gushtasp in großer Not weiter umher.
Wohin auch immer er sich wandte, nirgends konnte er sich nützlich machen.
Schließlich traf er einen Bauern, der auf einem Kornfeld arbeitete. Dieser hatte Mitleid mit Gushtasp und gewährte ihm Essen und Obdach.
Eines Tages verbreitete sich die Neuigkeit, dass die Tochter des Königs von Rum im heiratsfähigen Alter sei und alle jungen Männer von königlichem Geblüt zu einem Festmahl am Hofe des Königs eingeladen seien. Gushtasp entschloss sich, ebenfalls hinzugehen, und saß mit all den anderen zu Tisch. Die Prinzessin Kitaban verliebte sich auf den ersten Blick in ihn und gab ihm als Zeichen ihrer Gunst einen Strauß Rosen.
Der König empfand eine heftige Abneigung gegen den armen Gushtasp. Er wagte zwar nicht, seiner Tochter die Heirat mit ihm zu verbieten, kaum, dass die beiden jedoch verheiratet waren, vertrieb er sie aus seinem Palast. So kam es, dass die beiden in den tiefen Wald zogen und sich eine Hütte nicht weit von einem Fluss erbauten.
Gushtasp war ein großer Jäger. Jeden Tag überquerte er den Fluss mit einem Boot, erlegte einen Hirsch oder einen wilden Esel, gab die Hälfte der Jagdbeute dem Fährmann und brachte die andere Hälfte nach Hause zu seiner Frau.
Eines Tages brachte der Fährmann einen jungen Mann namens Mabrin, der Gushtasp sprechen wollte.
„Mein Herr“, sprach Mabrin, „ich möchte die zweite Tochter des Königs, die Schwester deiner Gemahlin, heiraten. Ich bekomme sie aber erst zur Frau, wenn ich den Wolf getötet habe, der die Ländereien des Königs heimsucht. Und ich weiß nicht, wie ich das anstellen soll.“
„Ich werde es für dich tun“, sprach Gushtasp, der Jäger.
Er zog in die Wüste hinaus, und als er das Untier fand, erlegte er es mit zwei Pfeilen und schnitt ihm mit seinem Jagdmesser den Kopf ab.
Der König kam, um die tote Bestie zu sehen, und in seiner Freude gab er Mabrin seine zweite Tochter zur Frau.
Einige Zeit später brachte der Fährmann wieder einen jungen Mann, genannt Ahrun, der Gushtasp sehen wollte. Ahrun wollte die dritte Tochter des Königs heiraten, musste jedoch zuerst einen Drachen töten. Gushtasp versprach, auch diese neue Heldentat zu vollbringen.
Er nahm einige Messer und band sie so zusammen, dass die Klingen wie ein Ball mit Stacheln nach allen Richtungen zeigten. Dann ging er auf die Suche und fand den feuerspeienden Drachen. Er schoss viele Pfeile auf das Ungeheuer ab, wobei er hin und her sprang, um den Klauen zu entgehen. Dann befestigte er die Kugel aus Messern an einem Speer und stieß sie dem Drachen in den Schlund. Der Drache schloss sein Maul und stürzte zu Boden, wo ihn der Prinz mit seinem Schwert erlegte.
So konnte Ahrun die dritte Tochter des Königs heiraten.
Es wird euch nicht überraschen zu hören, dass solch ein tapferer Prinz wie Gushtasp schließlich seinem Vater, dem König von Persien, auf den Thron folgte. Und es war während der Regierungszeit von Gushtasp, dass der heilige Prophet Zarathustra kam und den Persern den Glauben an Ormazd lehrte, den Herrn des Lichts, der Sonne und des Feuers sowie der Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit.
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Ihr seht, dass Gushtasp nicht sofort seinen Platz und seine Bestimmung in der Welt gefunden hat.
Er versuchte sich ohne Erfolg in vielen Dingen und erfuhr sogar die Feindseligkeit vieler Menschen, wie zum Beispiel die des guten Schmiedes.
Schließlich erwarb er sich jedoch seinen rechten Platz im Leben und war in der Lage, anderen zu helfen, bis die Zeit für ihn kam, weise zu regieren. Und eben in der Hilfe, die er anderen zuteil werden ließ, zeigte er einen edleren Charakter als der Holzfäller, von dem wir vorhin hörten; der Holzfäller nämlich war damit zufrieden, nur für sich selbst zu arbeiten. Gushtasp war auch besser als der großzügige Hatim Tai, denn statt vom Übermaß seines Reichtums abzugeben, setzte der persische Prinz die Stärke seiner Arme ein und riskierte sogar für andere sein Leben.
Niemand verdient mehr Hochachtung als jemand, der durch eigene Kraft nicht nur für seine eigenen Bedürfnisse, sondern auch für das Wohlergehen und das Glück derer sorgt, die um in sind.
Achtet den Vater, ob Ingenieur oder Holzfäller, Schriftsteller oder Arbeiter, Händler, Schmied oder Forscher, der durch seiner Hände Arbeit, welche es auch immer sein mag, seinen Lebensunterhalt verdient und für das Wohlergehen seiner Familie sorgt.
Achtet den Arbeiter, der sowohl seinen Interessen als auch denen seiner Kollegen dient, indem er sich mit ihnen zu Arbeitsgemeinschaften oder Gewerkschaften zusammenschließt, die dem Einzelnen ermöglichen, sein Recht zu wahren, indem nicht die einsame schwache und hilflose Stimme eines Einzelnen sich erhebt, sondern der mächtige Chor von Vielen.
Diese Arbeitnehmervereinigungen lehren die Werktätigen, sich auf ihre eigene Stärke zu verlassen und einander zu helfen.
Auch ihr, liebe Schulkinder, bereichert euren Verstand, indem ihr euch auf die Aufgaben konzentriert, die euch euer Lehrer stellt. Und während ihr nach besten Kräften die Stufen des Wissens erklimmt, lernt auch, dem Freund zu helfen, der weniger flink und geschickt ist als ihr.
Im Märchen braucht man nur ein Zauberwort auszusprechen oder an einer Lampe zu reiben oder mit einem Zauberstab zu schwingen, um gute Geister herbeizurufen, die Menschen durch die Lüfte tragen, mit einem Augenzwinkern Paläste bauen und Armeen von Elefanten und Reitern aus dem Boden wachsen lassen.
Aber unsere eigenen Bemühungen vollbringen noch viel größere Wunder: Sie schenken dem Boden reiche Ernten, zähmen wilde Tiere, graben Tunnel durch Berge, bauen Deiche und Brücken, errichten Städte, lassen Schiffe die Meere durchqueren und Flugzeuge den Himmel durchfliegen; kurz, sie bringen Wohlergehen und Sicherheit für alle.
Des Menschen Bemühen macht ihn edler, gerechter, gütiger; und darin liegt der wahre Fortschritt.
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