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Hier liegt meiner Ansicht nach sogar eine Aufgabe der SF – dem Leser aufzuzeigen, dass er eben innerhalb des Weltraums, innerhalb des Kosmos, seine überkommenen und herkömmlichen Ideen und Gedanken nicht mehr aufrechterhalten kann. Er wird dann einfach gezwungen, in anderen Maßstäben zu denken.
Ich glaube also, selbst wenn jemand SF als Fluchtliteratur benutzt, um seinen Alltagssorgen zu entkommen, er früher oder später doch wieder auf eben diese Probleme stoßen wird, und zwar in einem erhöhten Maße. Ich glaube, dass er dadurch sogar ermuntert wird, sich mit diesen Problemen auseinanderzusetzen, und er hat dann, was vorher nicht der Fall war, zumindest das Rüstzeug der Phantasie und der technischen Machbarkeit. Was er vor seiner Beschäftigung mit SF überhaupt nicht hatte.
(Aus einem Radio-Interview, das Jochen Maes
am 25.11.1977 mit William Voltz führte)
Umwelt prägt!
Schon 1957 hatte K. H. Scheer in seinen Romanen um Gesko Speed, »Über uns das Nichts« und »Die lange Reise«, spekuliert, dass sich bei hoher Schwerkraft die Muskulatur verstärkt. Später hatte er in seinem Exposé für Heft 42 von PERRY RHODAN die an Welten von doppelter Schwerkraft angepassten grünhäutigen Überschweren eingeführt, eine Kampftruppe der Springer, anderthalb Meter groß und ebenso breit – und 1964 tauchten die ersten terranischen Umweltangepassten auf: Bewohner des Planeten Siga.
Die Grundidee zu den Siganesen – genau wie seinerzeit zu den verbrecherischen Aras – stammte von Kurt Brand. In seinem Heft 149, »Kampf um die Hundertsonnenwelt«, war Owen DeSoto, der siganesische Chief-Controller der Kraftstationen des Raumschiffs THEODERICH, noch 81 Zentimeter groß, doch der USO-Spezialist Lemy Danger, den Scheer im folgenden Heft schilderte, mit dem 212 Handlungsjahre später der neue Zyklus startete, maß nur noch 22,21 Zentimeter. Die Bewohner von Siga wurden von Generation zu Generation kleiner, bis sie sich nach Jahrtausenden auf elf Zentimeter einpendelten.
Mit Melbar Kasom führte Scheer im selben Roman auch einen Bewohner des Riesenplaneten Ertrus ein, zweieinhalb Meter groß, zwei Meter breit und sechzehn Zentner schwer – bis auf den für Ertruser charakteristischen Sichelkamm kahlrasiert … Er und Lemy Danger sollten die Serie den ganzen Zyklus über begleiten – als Spezialagenten der von Atlan gegründeten United Stars Organisation (USO), die von ihrem Hauptquartier aus, einem ausgehöhlten Mond, der nach dem Chef der legendären Abteilung III Quinto-Center heißt, als übergeordnete Schutzmacht und Polizeitruppe der Galaktischen Allianz fungiert.
Im Goldmann Verlag war 1960 das SF-Buch »Auch sie sind Menschen« erschienen, für dessen vier Erzählungen der spätere Star-Trek-Autor James Blish den Begriff der Pantropie prägte, was so viel wie »gedeiht überall« oder »verwandelt alles« heißt. Gemeint ist die Ausbreitung der Menschheit im ganzen Milchstraßensystem, wo sie mit Hilfe gezielter Anpassung zahllose verschiedene Umwelten besetzt. Durchaus möglich, dass Scheer dieses Buch kannte – obwohl seine Romane um Gesko Speed zeigen, dass er schon selbst auf den Gedanken der Umweltanpassung gekommen war.
Ähnliche Problemstellungen führen eben zu ähnlichen Lösungen!
Lockruf der Unsterblichkeit
Der neue Zyklus »Das zweite Imperium«, in dem das legendäre Volk der Blues in die Serie eingeführt wurde, nahm sich zunächst ein Thema vor, das wie ein Echo der Aushändigung der zwanzig Zellaktivatoren durch das Geistwesen ES an Thomas Cardif nur 38 Hefte vorher wirkt – als wäre es beim ersten Mal unbefriedigend behandelt worden …
ES eröffnet Perry Rhodan, dass es die Zelldusche auf dem Planeten Wanderer nicht mehr gewähren kann, und verstreut über die gesamte Milchstraße 25 Zellaktivatoren. Die Galaktische Abwehr ermittelt, dass diese Botschaft auch in anderen Bereichen der Milchstraße gehört worden ist und die Suche nach den Aktivatoren schon begonnen hat. Wenige Monate Handlungszeit später sind neunzehn davon gefunden und in terranischer Hand. Sie werden wichtigen Personen des Solaren Imperiums, vor allem den Mutanten, übergeben.
Nachhaltigen Eindruck bei der Suche nach den Zellaktivatoren hinterließ bei den Lesern der Doppelroman 153/154, »Eine Handvoll Leben« und »Der Gehetzte von Aralon« von William Voltz, der jedoch weder in die Leihbuchausgabe noch in die SILBERBÄNDE Eingang fand. Er bildet jetzt den Hauptteil von »Fluch der Unsterblichkeit«, des 2000 beim HJB Verlag erschienenen ersten Bandes der Reihe PERRY RHODAN EXTRA – zusammen mit PLANETENROMAN 212, »Expedition der Todgeweihten«.
Wieder war es Peter Terrid, der an ein ungelöstes Zellaktivator-Thema anschloss: Sechzehn Jahre Realzeit nach der Serienhandlung schilderte er das Schicksal derjenigen Empfänger der Zelldusche, die keinen Zellaktivator erhalten hatten.
Kürzere Exposés?
Im Januar 1964 hatte es in Friedrichsdorf, im Hause der Scheers, eine PERRY RHODAN-Besprechung gegeben. Darin wurde von Lektor Günter M. Schelwokat vorgeschlagen, künftig an Stelle umfassender Exposés nur noch Kurzexposés von höchstens zwei Seiten Länge zu erstellen und den Autoren ansonsten freie Hand zu lassen.
Alle anwesenden PERRY RHODAN-Autoren, allen voran K. H. Scheer und Kurt Brand, aber auch Clark Darlton, Kurt Mahr und William Voltz, sowie Cheflektor Kurt Bernhardt lehnten den Vorschlag ab. Ihre Begründung: Dies würde die Serie bald auf das vergleichsweise niedrige Niveau von MARK POWERS reduzieren, einer mit wenig Erfolg beim Konkurrenzverlag Pabel erscheinenden SF-Serie.
Allerdings wurde vereinbart, dass zur Vereinfachung im Umgang mit dem ständig größer werdenden Hintergrundapparat eine »Rhodan-Liste« erstellt werde, die sämtliche Daten der Serie konzentriert enthalten solle. Scheer fertigte sie sehr umfangreich an.
Nicht ganz neun Monate später, am 30. September, besuchte das Ehepaar Brand auf der Heimreise von einem Urlaub den in Straubing wohnhaften Schelwokat. Kurz vor dem Urlaub hatte Brand noch einen Zweiteiler für PERRY RHODAN abgeschlossen, Doppelband 175/176, der inzwischen fast fertig lektoriert war. Schelwokat sah in seiner Gegenwart die bereits erfolgten Korrekturen durch, die zu seiner Entlastung seine Ehefrau durchgeführt hatte.
Wieder kam das Thema auf die Kurzexposés. Falls Scheer nicht einverstanden sei, sie an die Stelle der neun- bis zehnseitigen ausführlichen Exposés zu setzen, meinte der Lektor, könne doch ein anderer sie nach seinen Vorgaben verfassen – vielleicht H. G. Ewers, ein junger, aufstrebender TERRA-Autor. Dann könnten die Kollegen künftig ohne Fesseln und von haargenauen Exposéanleitungen unbeengt schreiben.
Unausgesprochen stand im Hintergrund, dass zu dieser Zeit ein weiterer junger, aufstrebender Autor, Hans Kneifel, bereits nach dieser Maxime verfahren war. Sein TERRA-Band 351 war nach einer Idee des Lektors entstanden.
Aber Kurt Brand blieb bei seiner ablehnenden Haltung. Vielleicht zufällig, vielleicht mutwillig wurde schließlich am 13. Oktober Cheflektor Bernhardt zugetragen, dass der Serien-Zweiteiler von Brand, besagter Doppelband, angeblich sehr schlecht geschrieben sei. Über diese Behauptung war Brand, als er von Bernhardt zur Rede gestellt wurde, sehr erbost. Scheer mochte sich diesem Urteil nach der Lektüre nicht anschließen.
Anscheinend verfolgte der Lektor seine Idee einer knapperen Exposégestaltung weiter. Am 15. oder 16. Oktober rief er Clark Darlton an und fragte, ob dieser – der nicht nur PERRY RHODAN schrieb, sondern auch regelmäßig Übersetzungen für Schelwokats Heyne-SF-Reihe verfasste und dort Anthologien herausgab – ausgelastet sei oder bei einer größeren Sache mitmachen könne. Anscheinend schwebte ihm ein Alternativprojekt zu PERRY RHODAN vor. Eine Mitarbeit von Ewers und Kneifel hatte Schelwokat vermutlich im Hinterkopf – wovon diese Autoren allerdings nichts wussten.
Darlton lehnte ein wenig verwundert ab.
Wenige Tage später, am 18. des Monats, kam es zu einer Aussprache Brands mit Scheer, die dazu führte, dass der Verleger Rolf Heyne, dem auch der Moewig Verlag gehörte, über die Auseinandersetzungen informiert wurde. Ob es eine Intervention seinerseits gab, ist nicht bekannt. Vermutlich glättete Cheflektor Bernhardt die innerbetrieblichen Wogen.

Illustrator Johnny Bruck 1968. (Foto: Dirk Hess)
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