Der Bergboss und die Königskinder: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 3)

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Bebo nickte zustimmend und setzte sich auf seine Flugschale. »Na gut, ich bin bereit, wann soll es losgehen?«
Gandobart drehte sich zu seinen Leuten um und brüllte los. »Männer, aufgepasst! Wir werden jetzt dem Kobold folgen. Er zeigt uns die Stelle, wo die Bestien zugeschlagen haben. Macht euch bereit, wir fahren mit der Erzkarre sofort los.«
Einen Augenblick später war Gandobart mit seinen zwanzig Kameraden unterwegs. Sie saßen auf ihrer Erzkarre, einem langen Wagen, den sie eigentlich zum Transportieren ihrer Erzladungen oder Eisenwaren benutzten. Zwei zottelige Pferde zogen das Gefährt. Die waren zwar klein, aber doch recht kräftig. Gandobart saß vorn auf dem Kutschbock und mahnte mit einer Peitsche die Pferde zur Eile.
Noch bevor es Mittag war, kamen die Zwerge zu der Stelle, wo immer noch einsam und verlassen der Waagen des Kaufmanns stand. Albanarius und Bebo blieben vorsichtshalber mit ihren Flugschalen in der Luft und beobachteten die nähere Umgebung. Die Zwerge untersuchten den Waagen und die Spuren im Wald. Als sie fertig waren, versammelten sie sich auf der Straße.
Gandobart winkte dem Zauberer und den Kobold zu sich. Dann berichtete er, was er und seine Männer feststellen konnten. »Hört genau zu, was ich jetzt sage ist sehr wichtig. Der Überfall fand in der Nacht statt. Der Kaufmann wurde von zwei Kriegsknechten begleitet. Alle drei hatten nicht mal die kleinste Möglichkeit, diesen Lumichs zu entkommen. Die Spuren dieser Lumichs führen geradewegs nach Osten. Sie werden langsam zur Ruine von Banda ziehen. Bei den Resten dieser alten Stadt kommen viele Kaufleute vorbei. Sie werden sich in den Ruinen auf die Lauer legen. Das haben sie schon früher gemacht.«
Albanarius stimmte dem überraschend schnell zu. »Da hast du sicher recht. Doch es ist ein weiter Weg dahin und die Lumichs haben einen gehörigen Vorsprung. Bei meinem letzten Besuch habe ich deinem König Gallbart meine Hilfe zugesichert. Jetzt sag mir, ob du mich und den Kobold noch brauchst. Ich würde gern mit Bebo zu Gallbart fliegen und ihn sagen, wo du hinziehst.«
Gandobart sah Albanarius verwundert an. Dann überlegte er. Dabei kratzte er sich hinter seinen großen Ohren und strich sich über den Bart. Mitten in diesem roten Gestrüpp hatte ihm jemand einen Zopf geflochten. Daran zog er kurz und erklärte dann. »Wenn ich es so genau bedenke, so brauchen wir euch jetzt nicht weiter. Den Weg nach Banda kennen wir. Da müssen wir nur der Handelsstraße und dann der alten Heerstraße folgen. Am besten ist es wohl, wenn ihr zu unserem König fliegt und ihn fragt, was ihr ihm noch helfen könnt. Sagt ihm, das wir nach Banda wollen.«
Albanarius nickte und stimmte wieder zu. »Ja das werden wir machen. Ihr habt ja eure Netze bei euch, und mit ein wenig Glück könnt ihr die Lumichs in den Ruinen fangen. Da können wir euch kaum helfen. Die würden uns beim Anflug gleich entdecken und damit gewarnt sein.«
Gandobart hob beide Hände kurz hoch. »Oh, das wäre bestimmt nicht in unserem Sinne, also beeilt euch, wir können des Königs Hilfe in Banda gut gebrauchen.«
Der Zauberer und der Kobold verabschiedeten sich von den Zwergen und flogen auch gleich davon. Bebo wusste nicht genau, was er von diesem raschen Aufbruch halten sollte, doch er hatte so eine Ahnung. Unterwegs bat er Albanarius, auf einer kleinen Lichtung zu landen.
Nach dem sich beide kurz umgesehen hatten, stellte Bebo auch gleich ein paar Fragen. Dabei wurde er lauter als er beabsichtigte. »Sag mal Albanarius, glaubst du nicht auch, dass wir diesen Zwergen bei ihrer Jagd helfen sollten? Wir könnten doch an bestimmten Stellen einen Schutzbann legen oder die Lumichs mit magischen Blitzen aus ihrem Versteck treiben? Trotzdem lässt du sie allein ziehen! Du hast doch irgendetwas vor?«
Albanarius legte beschwörend einen Finger auf seine Lippen und zischte leise. »Pst.« Dann flüsterte er. »Sei nicht so laut und hör mir zu. Dieser Gandobart braucht mit seinen Helfern und dem Wagen bestimmt zwei Tage, um nach Banda zu kommen. Wir dagegen schaffen die Strecke bequem in zwei Stunden. Es bleibt also genügend Zeit, um noch andere wichtige Dinge zu erledigen. Und dabei werde ich deine Hilfe brauchen und Gallbart kann sich schon denken, was seine Leute so treiben. Er ist ein ganz ordentlicher Magier.«
Bebo setzte sich auf seine Schale und sah den Zauberer durchdringend an. »Jetzt erzähl mir schon, was du alles vorhast. Du verfolgst doch irgendeinen Plan.«
Albanarius sah sich noch einmal um. Dann berichtete er Bebo von seinem letzten Besuch beim Zwergenkönig. »Ich war schon wenige Tage nach der Schlacht bei diesem Gallbart. Als ich ihm von meiner fliegenden Kammer berichtete, da tat er völlig unwissend. Doch ich zeigte ihm, was ich in ihr gefunden hatte. Er hat seine eigene Kriegskeule gleich wieder erkannt. Ich konnte es in seinen Augen lesen. Aber er hat alles abgestritten und mich gebeten, über Nacht sein Gast zu sein. Angeblich wollte er sich mal umhören. Doch er hat sich in derselben Nacht zu seinem Schatzversteck geschlichen. Sein schlechtes Gewissen hat ihn bestimmt dazu getrieben. Er dachte wohl, ich schlafe tief und fest, aber nein, ich habe ihn beobachtet.«
Der Nekromant sah sich um, bevor er weiter sprach. »Er war danach auf der Jagd nach den Lumichs. Sogar dafür habe ich ihm meine Hilfe angeboten. Doch jetzt, da wir wissen, wo sich die Lumichs hinbegeben, sollten wir die Zeit nutzen. Wir müssen uns meine Kiste mit den Geheimnissen der Nekromanten holen. Sollte Dämonicon schneller sein und wir zu spät kommen, so wäre das eine absolute Katastrophe. Stell dir mal vor, dem Geist des Dämonicon gelingt es, sich einen Nekromantenkörper herzustellen und in diesen hineinzufahren. Dann würde es nicht lange dauern und er könnte versuchen, sich alles Leben in dieser Welt zu unterwerfen. Also mein Freund, Eile ist geboten. Wir müssen zum Schatzversteck des Zwergenkönigs.«
Bebo war bei den Worten des Zauberers nachdenklich geworden. Natürlich wusste er, das Albanarius nichts Böses vorhatte, auch wenn der einem nicht immer gleich alles erzählte.
Nachdenklich stimmte der Kobold dem Zauberer zu. »Du hast sicher Recht, Albanarius, doch sind solche Abenteuer wohl eher etwas für Artur oder die Minitrolle. Aber da die nun mal gerade nicht zur Hand sind, werde ich dir selbstverständlich helfen. So lass uns zu deiner Kiste fliegen. Hoffentlich ist sie noch da.«
Albanarius war froh, das Bebo ihm beistehen wollte. Doch einige gewisse Dinge erzählte er dem Kobold lieber noch nicht. Dafür musste sich ein besserer Zeitpunkt ergeben.
Der Zauberer und der Kobold setzten sich auf ihre Flugschalen und flogen wieder über die dichten Wälder. Bebo folgte Albanarius und landete neben ihm am Fuße eines kleinen Berges. Sofort nach ihrer Landung verschwanden die beiden in den Büschen und Sträuchern des Waldes.
Als sie sicher waren, dass kein Zwerg oder ein anderes Wesen in der Nähe war, stellte Bebo leise eine Frage. »Albanarius, wie geht es jetzt weiter?«
Verärgert flüsterte der Zauberer zurück. »Ihr Kobolde seid noch schlimmer als die Minitrolle. Immer habt ihr eine Frage parat. Aber wenn du es unbedingt wissen willst, dann sage ich es dir. Wir warten auf die Wachen, die hier dreimal am Tage vorbeikommen. Dann schleichen wir uns in das verlassene Bergwerk des Königs Gallbart. In gut einer halben Stunde kommen hier drei Zwerge zu dem kleinen Berg vor uns und kontrollieren den Eingang zum Schatzversteck des Zwergenkönigs. Wenn die weg sind, dann gehen wir hinein und holen uns meine Kiste. Ich hoffe du weißt jetzt genug und stellst keine dummen Fragen mehr.«
Doch Bebo war nicht so leicht zu beeindrucken. Ungerührt stellte er noch eine weitere Frage. »Weißt du auch, was uns in diesem Bergwerk erwarten wird?« Albanarius sah den Kobold grimmig an und gab dann verärgert seine Antwort. »Woher, zum Donnerwetter, soll ich das wissen? Ich war ja noch nicht in diesem Bergwerk drin. Frag nicht weiter und sei leise. Wir werden bald herausbekommen, was es mit Gallbarts Schatzversteck auf sich hat.«
Bebo schüttelte nur den Kopf und dachte sich seinen Teil. Es gab doch immer wieder jemanden, der einen armen Kobold wie ihn, in ein gefährliches Abenteuer verwickelte. Der Kobold sollte bald merken, wie Recht er mit diesem Gedanken hatte.
Schon kurze Zeit später gingen tatsächlich drei Zwerge zum kleinen Berg und schauten nach etwas bestimmten. Als sie weg waren, kamen Albanarius und Bebo hinter ihren Büschen hervor. Sie nickten sich zu und schlichen zum Eingang des Bergwerkes. Ein kleines eisernes Tor, mit einem verwitterten Wappen darauf, versperrte ihnen den Weg. Ein Schloss war nicht zu erkennen, so sehr die beiden auch danach suchten.
Albanarius klopfte das Tor ab und lauschte dem Klang seiner Mühen. Bebo sah ihm mit verschränkten Armen zu und grinste. Dann gab er dem Zauberer einen Tipp. »Ich würde es ja mal mit Magie probieren. Das ist aber nur so eine Idee von mir.«
Albanarius hörte auf zu klopfen und sah zu Bebo. »Mein kleiner Freund, dass habe ich mir auch schon gedacht. Doch die normalen Zaubersprüche würden hier versagen. Dieses Tor ist besonders gut gesichert. Doch keine Angst, gleich hab ich es auf meine Weise aufgemacht. In der letzten Nacht hatten wir Vollmond und da habe ich etwas Seltenes gefangen, was ich jetzt freilassen kann.«
Der Zauberer stellte sich vor das Tor und pustete einen feinen magischen Nebel aus seinem Mund. Der schwebte geradewegs zum Tor und bildete ein dunkles Loch darin. Staunend sah Bebo sich die Sache an. Dann stieg er durch das Loch und sah sich um. Albanarius folgte ihm sogleich und das Loch im Tor verschwand wieder.
Der Zauberer entzündete eine Fackel und leuchtete vor sich hin. Vor ihnen war ein düsterer Gang. Den hatten die Zwerge einst mit groben Holzpfählen und dicken Bohlen abgestützt. Er führte schräg nach unten und ein Ende war im Fackelschein nicht zu erkennen.
Albanarius drehte sich zu Bebo um. »Da müssen wir wohl oder übel hinabgehen. Aber ganz vorsichtig. Hoffentlich haben die Zwerge hier kein Labyrinth gebaut. Ich hasse Labyrinthe.«
Bebo entzündete sich jetzt ebenfalls eine Fackel und ging kopfschüttelnd voran. Dabei sah er sich aufmerksam die Wände und die Decke des Ganges an. Aber es passierte zunächst nichts. Dann kamen die beiden jedoch in einen kreisrunden Raum. Seine Wände waren mit Felssteinen gemauert und absolut glatt. Hinter ihnen verschloss eine Steinplatte plötzlich den Rückweg. Krachend fiel sie zu Boden. In der Mitte des Raumes fuhr eine Säule aus dem Boden und stieß gegen die Decke. Jetzt begriffen die beiden, was hier vor sich ging.
Der Raum senkte sich sehr schnell ab und drehte sich dabei. Albanarius wurde als Erstem schwindelig, er musste sich auf den Boden setzen. Bebo hockte sich ebenfalls hin. Mit einem Poltern und Krachen war die Fahrt plötzlich zu Ende und alles stand still. Die beiden sahen sich um und entdeckten an der Säule mehrere kleine Löcher. Sie bildeten einen Kreis. Bebo zählte sie und sah zu Albanarius. »Neun kleine Löcher, das ist alles, was es hier zu finden gibt. Oder hast du noch etwas entdeckt?«
Albanarius sah sich die Löcher an, dann winkte er ab. »Ich klopfe mal die Wände ab, und wenn ich einen Hohlraum oder etwas Ähnliches finde, dann gehen wir durch die Wand.«
Doch Albanarius konnte an den Wänden klopfen, soviel er wollte. Er fand keinen Gang dahinter. Langsam merkten die beiden, dass sie in einer Falle saßen. Bebo beschäftigte sich mit den neun Löchern in der Säule. Er hatte einen kleinen Stab bei sich. Den steckte er in jedes Loch hinein und bekam so ganz schnell heraus, dass sie unterschiedlich tief waren.
Albanarius sah sie sich auch an und ihm fiel sogleich etwas dazu ein. »Warte Bebo, das ist eine Art Schloss. Bei meinem letzten Besuch in Gallbarts Haus habe ich einen Zwerg mit einer seltsamen Scheibe hantieren sehn. Er gab sie Gallbart und der steckte das komische Ding schnell weg.«
Bebo war mit einem Mal hellwach und seine Augenbrauen zogen sich zusammen. »Was für eine Scheibe meinst du? Sag mir, wie das Ding aussah.« Albanarius kraulte sich den langen Bart und dachte nach. Dann zeichnete er mit einem Stöckchen etwas in den Staub auf den Boden. »Die Scheibe war kreisrund und hatte drei kleine Stifte. So sah sie aus.«
Bebo betrachtete sich die Zeichnung und nickte zufrieden. »Das haben wir gleich. Ich bau uns den Schlüssel nach.« Er sah sich noch einmal die Löcher in der Säule genau an und holte aus seinem Beutel einen polierten Bronzespiegel. Dann begann er mit einigen magischen Beschwörungen die Form der Bronze zu verändern, bis sie eine runde Platte mit drei Stiften am Rand ergab. Bebo legte die Platte auf den Lochkreis und drehte sie nach rechts. Doch auf einmal senkte sich die Decke mit viel Getöse langsam herab.
Albanarius war erschrocken. Laut rief er Bebo zu. »Dreh das Ding in die andere Richtung, oder sind wir beide tot!«
Bebo drehte die Platte nach links. Die Decke hielt an und hob sich wieder. Albanarius atmete erleichtert auf. Doch jetzt hob sich der Raum wieder und fuhr langsam kreisend in die Höhe. Dann stand er wieder still und ein weiterer Gang war zu sehen. Vorsichtig leuchteten sie hinein und konnten nichts Ungewöhnliches erkennen. Albanarius atmete tief durch und ging als Erster in den Gang. Bebo folgte ihm mit klopfendem Herzen.
Schon nach wenigen Schritten kamen sie an ihr Ziel. Vor ihnen tauchte aus der Dunkelheit ein großer Raum auf. Was sie nun betraten, war König Gallbarts Schatzversteck. Hier standen Truhen mit Gold und Juwelen in Hülle und Fülle. Säcke voller Goldmünzen lagen herum und am anderen Ende stand Albanarius eiserne Truhe.
Bebo entdeckte in dem ganzen Durcheinander der Schätze einen riesigen roten Edelstein. »Na sieh dir mal diesen Brocken an, Albanarius«, rief der Kobold. »Dieser Stein muss der Feuerrubin der Achanten sein. Artur hat mir erzählt, dass eine Beschreibung in seinen Büchern steht. Er soll Fewur heißen und unbeherrschbar sein. Ich hätte nicht gedacht, dass wir dieses schöne Stück hier finden werden.«
Noch bevor Albanarius reagieren konnte, hatte Bebo ihn schon in den Händen. Albanarius rief Bebo zu. »Leg ihn zurück, bei allen Mächten dieser Welt, leg ihn zurück!«
Doch es war schon zu spät. Sieben rote Krieger standen im Raum und blitzen mit den Augen. Der Zauberer knurrte Bebo leise zu. »Jetzt zeig mal, was du kannst, du einfältiger Narr. Hoffentlich kannst du dich deiner Haut gegen diese Krieger erwehren.«
Aber die Krieger standen still da und bewegten sich nicht. Den Rubin in beiden Händen haltend näherte sich Bebo ihnen und sprach sie leise an. »Ich wollte euch nicht erwecken. Seid mir nicht böse gesonnen.«
Der Kobold sah sich die Krieger von allen Seiten an. »Ihr seht ja aus, als hätte euch jemand aus Glas gemacht.« Die sieben Krieger rührten sich nicht vom Fleck. Da wollte er den Rubin schon wieder an seinen Platz zurücklegen. Doch jetzt zogen die Krieger ihre Schwerter.
Sofort rief Albanarius wieder. »Behalt den Stein ja in deinen Händen. Ich glaube, wenn du ihn ablegst, fallen die über uns her. Also mach bitte, was ich dir sage. Wenn ich meine Truhe öffnen kann, sind wir hier sicher.«
Schritt für Schritt wich der Zauberer rückwärts zu seiner Truhe zurück und drehte sich vorsichtig um. Er legte beide Hände auf ihren Deckel und murmelte schnell eine Beschwörung. Die Truhe sprang mit einem quietschenden Geräusch auf.
Schnell nahm Albanarius einen Zauberstab heraus und richtete sich zu voller Größe auf. Dann sprach er ganz laut. »Jetzt, mein Freund Bebo, jetzt zeige ich dir, was ein wahrer Zirkelmagier und Nekromant ist! Unsterblichkeit durch immer fortwährende Wiedergeburt, das ist mir gegeben worden. Und genau das will unser Feind Dämonicon haben. Doch mit diesem Zauberstab werde ich uns beide und die Truhe beschützen. Leg jetzt den Rubin beiseite. Den Rest erledige ich.«
Bebo tat, wie Albanarius von ihm verlangte, doch die Krieger steckten nur ihre Schwerter wieder ein und taten nichts. Albanarius war erstaunt, er sah sich diese roten Kerle genauer an. Einen berührte er nur leicht. Da fielen alle sieben Krieger in sich zusammen und lösten sich auf.
Der Zauberer und der Kobold sahen sich verwundert an. Bebo nahm den Rubin erneut in die Hände und die Krieger waren wieder da. Albanarius berührte einen, und alle zogen ihre Schwerter. Doch als Bebo den Rubin wieder zurücklegte, lösten sich die Krieger wieder auf. Der Zauberer warf ein Tuch über den Rubin und steckte ihn in seine Truhe.
Hastig verschloss er sie wieder mit Magie und wendete sich zu Bebo. »Die Truhe wird uns jetzt folgen wie ein Hund. Und deinen Rubin werden wir untersuchen, wenn wir Zeit dafür haben. Jetzt sollten wir hier erstmal verschwinden.«
Da stimmte Bebo sofort zu. »Das ist die beste Idee, die ich heute von dir gehört habe. Am allerbesten wird es sein, wir fliegen zum Steinbruch von Garend. Die Jagd nach den Lumichs sollten wir erstmal den Zwergen überlassen.«
Albanarius gab seiner Truhe einen Wink und sie schwebte in der Luft. Er ging ein Stück in den Gang und Bebo sah, wie die Truhe ihrem Herrn folgte. Der Zauberer gelangte wieder in den runden Raum und seine Truhe schwebte neben ihm.
Bebo sah sich die Säule im Raum an. Sein Schlüssel steckte immer noch. Doch er hatte keine Ahnung, was er jetzt machen sollte. Fragend sah er Albanarius an. »Wie soll ich ihn jetzt drehen? Nach rechts oder lieber nach links?«
Albanarius Augenbrauen zogen sich zusammen. Seine Stirnfalten verrieten deutlich, dass er angestrengt nachdachte. Dabei strich er sich über seinen Bart und rückte seine kleine Kappe auf dem Kopf zurecht. Dann faste er einen Entschluss. »Bebo, mein Freund, zieh die Platte einfach mal raus. Sollte etwas schief gehen, werde ich uns mit meinem Zauberstab beschützen.«
Dem Kobold war trotzdem ganz schön flau in der Magengegend. Aber er zog die Platte heraus. Zunächst passierte nichts. Der Kobold und der Zauberer sahen sich fragend an und Bebo wollte die Platte schon wieder auf den Lochkreis in die Säule stecken. Doch plötzlich sackte der Raum in die Tiefe. Das ging so schnell, dass die beiden kurz in der Luft schwebten und hart auf den Boden prallten, als der Raum genau so plötzlich wieder anhielt.
Fluchend und jammernd erhoben sie sich. Der Staub war vom Boden aufgewirbelt worden und schwebte in der Luft. Er löste beim Zauberer wie beim Kobold gleichermaßen einen ordentlichen Husten aus. Beim letzten Schein der erlöschenden Fackeln sahen sie einen weiteren Gang.
Bebo zog ein Tuch aus seinem Beutel und schnäuzte sich. Dann zeigte er auf den Gang. »Ich hoffe doch sehr, dass wir dort einen Ausgang haben. Sonst werde ich echt sauer und dann grabe ich mir einen Weg ins Freie. Ich bin nicht um sonnst Bebo der Bergboss!«
Albanarius hob beschwichtigend die Hände. »Ich weiß, es war mein Fehler. Die Platte hätte wohl doch in der Säule bleiben müssen. Aber wer konnte denn ahnen, dass Gallbart sein Schatzversteck so raffiniert schützt? Diese Zwerge sind noch hinterlistiger als ich dachte. Wir werden wohl durch diesen Gang gehen müssen. Ich werde uns mit meinem Zauberstab den Weg beleuchten. Dann sehen wir wenigstens, wo uns dieser Gang hinführt.«
Wieder ging Albanarius voraus und seine Kiste folgte ihm. Bebo sah sich noch einmal um und lief dem Zauberer hinterher. Der Gang führte zunächst nach oben, und als die beiden schon dachten, der Ausgang sei schon ganz nah und es gäbe jetzt keine weiteren bösen Überraschungen mehr, da kamen sie wieder im Schatzversteck an. Völlig überrascht drehten sie sich nach allen Seiten um und konnten es nicht glauben.
Albanarius verlor fast die Beherrschung. Dann verschloss sich auch noch der Weg hinter ihnen mit einer schweren Steinplatte und alle beide saßen endgültig in der Falle.
Der Zauberer fluchte los. »Das kann doch alles nicht war sein! Dieser verdammte Zwergenkönig hat uns gefangen! Alle Gänge sind verschlossen und wir haben keinen Plan von diesem Bergwerk!«
Wild fuchtelnd leuchtete der Zauberer mit seinem Zauberstab mal hierhin und mal da hin. Doch es gab keinen weiteren Ausgang zu entdecken. Bebo griff den Zauberer am Ärmel seines Mantels und versuchte ihn zu beruhigen. »Jetzt lauf hier nicht so wild herum, das bringt uns gar nichts ein. Wir setzen uns hier hin und überlegen was wir falsch gemacht haben. Es gibt für alles eine Lösung. Bestimmt haben wir etwas übersehen.«
Sie setzten sich beide auf Albanarius Kiste und für ein kurzes Weilchen fiel kein einziges Wort. Albanarius ging in Gedanken noch einmal das Geschehen seid ihrem Eindringen in das Bergwerk durch. Bebo beschäftigte sich dagegen mit dem Schatzversteck, in dem sie beide festsaßen. Sein Blick schweifte über einen dicken Sack mit Goldmünzen und ruhte daneben auf einer Stelle. Dort war im Boden so etwas wie ein Steinkreis eingelassen worden. Der Kobold sprang von der Kiste und sah sich den Kreis genauer an. Erst berührte er ihn mir den Händen, dann legte er sein Ohr auf den Boden und lauschte.
Albanarius sah ihm mit aufkeimender Hoffnung zu und fragte ihn sogleich. »Kannst du etwas hören? Hast du da etwas gefunden? So sprich doch mit mir.« Bebo legte einen Finger auf den Mund und stand auf. Dann grinste er über sein ganzes Gesicht. »Ich hoffe doch, deine Kiste kann schwimmen. Ich habe das Rauschen von Wasser gehört.«
Albanarius sprang auf, bückte sich und horchte selbst im Steinkreis. Dann stellte er sich vor Bebo und klopfte ihm auf die Schulter. »Mein Freund, da ist tatsächlich das Rauschen eines unterirdischen Baches zu hören. Wie bist du nur darauf gekommen?«
Bebo nahm einen großen Edelstein und sah ihn sich an. Im Licht von Albanarius Zauberstab leuchtete er in einem satten honiggelb. »Artur sagt immer, dass man nur Antworten bekommt, wenn man Fragen stellt. Die richtige Antwort bekommt man nur für die richtige Frage. Und ich habe mich gefragt, was ein Zwergenkönig macht, wenn er hier bei seinem Schatz ist und genau weiß, dass vor dem Eingang seine Feinde warten. Für einen solchen Fall muss man doch einen Notausgang haben.«
Albanarius nickte anerkennend und Bebo legte den Edelstein in die Mitte des Kreises. Dann sprach er eine Beschwörung aus. Er wiederholte sie immer wieder und da wo eben noch der Steinkreis mit dem Edelstein war, da bildete sich ein Loch. Albanarius leuchtete hinein und sah in eine dunkle Höhle. In ihr floss ein plätschernder Bach und der zeigte mit seinem Wasser die Richtung an, die der Zauberer und der Kobold jetzt einschlagen mussten.
Albanarius ließ zuerst seine Kiste durch das Loch gleiten und dann sprangen sie beide hinterher. Hinter ihnen schloss sich der Zugang wieder und sie folgten dem eiskalten Wasser. Die Höhle verengte sich nach und nach, bis nur noch ein niedriger Gang übrig war und Albanarius sich immer mehr und mehr bücken musste. Doch dann kamen sie in eine geräumige Grotte. Ihre Wände waren schwarz und selbst das Wasser schien das Licht des Zauberstabs kaum wieder zuspiegeln.
In Ihrer Mitte staute sich das Wasser zu einem kleinen See. Dann floss es weiter zur anderen Seite und verlor sich in der Dunkelheit des nächsten Ganges. Vorsichtig folgten sie diesem Gang und wieder tat sich vor ihnen eine Grotte auf. Diese war viel größer und höher. Ihren Boden bedeckte ein einziger See und die Decke erstreckte sich soweit in die Höhe, dass in ihrer Mitte ein Loch war, durch das die Sterne des nächtlichen Himmels schienen. Da war er also, der Ausgang.
Im Wasser stehend schaute Albanarius sich um und Bebo rieb sich die Hände. Er holte seine Flugschale hervor. »Sieh dir das an, Albanarius. Es ist schon Nacht und die Sterne leuchten. Kein Wunder, das mein Magen so laut knurrt.« Albanarius fiel tatsächlich ein leises Knurren auf. War Bebos Magen wirklich so deutlich zu hören? Der Zauberer sah sich noch einmal in der Grotte um und erkannte im Wasser eine Welle, die sich schnell auf sie zu bewegte. Sofort sprach er einen Zauberspruch aus und ein feuriger Blitz peitschte durch das Wasser. Mit einem fürchterlichen Brüllen hob sich ein gigantisches Ungeheuer aus dem Wasser heraus.
Bebo war zu Tode erschrocken und schrie den Zauberer an. »Albanarius, was ist das für eine Bestie?!«
Der Zauberer schob den Kobold hinter sich und rief ihm zu. »Das muss Gallbarts Wächter sein! Ein uralter Grottenschrat, aus den Tiefen der Erde herbeigerufen, nur um diese Grotte zu bewachen. Spring auf deine Schale und lass dich nicht aufhalten. Ich werde dieser Bestie hier Manieren beibringen.«