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„Du bist ein lieber Junge, Jonas.“
„Ich weiß“, erwiderte er, biss von dem Apfel ab und fügte mit vollem Mund hinzu: „Trotzdem gehe ich jetzt in mein Zimmer.“
„Tu das. Ich mach auch nicht mehr lange. Ich guck nur noch meine Serien.“
Das war allerdings etwas, das seine Mutter nur tat, wenn sein Vater mal wieder auf Geschäftsreise war. Für die restliche Zeit des Jahres interessierte sie sich keine Spur für Daily Soaps. Aber wenn sie die Abende und Nächte allein verbringen musste, nahm sie sich am Tage alle möglichen Serien auf Video auf und sah sie sich abends zum Einschlafen an. Jonas war sich nicht einmal sicher, ob sein Vater von dieser Eigenart wusste.
Jonas machte sich bettfertig und beschloss, nur noch ein bisschen zu lesen. Als er in sein Zimmer kam, hatte er wieder den Eindruck, die beiden Ratten würden ihn beobachten. Der dicke William saß auf einem Stück Apfel, aber entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten aß er nicht. Er sah ihn bloß aus seinen schwarzen Knopfaugen an. Und Ignatio, dunkelbraun und weiß, saß in einer Ecke des Käfigs und tat … nichts! Für gewöhnlich waren die Ratten immer in Bewegung. Nur wenn sie schliefen, hielten sie still. Aber die beiden schliefen nicht. Nein, sie starrten ihn an! Das war so unheimlich, dass er einen Moment lang ernsthaft darüber nachdachte, seiner Mutter beim Seriengucken Gesellschaft zu leisten. Er schüttelte den Kopf. So ein Schwachsinn! Über sich selbst verärgert ging er zum Fenster und machte es weit auf. Eine leichte Brise fuhr ihm durchs Haar. Draußen war es inzwischen etwas abgekühlt, während es in dem Zimmer unter dem Dach immer noch unerträglich heiß war. Jonas beschloss, sich abzulenken und machte es sich auf seinem Bett gemütlich. Für die Sommerferien hatte er sich einen großen Stapel Bücher und Comics aus der Bibliothek ausgeliehen. Das Lesen würde ihn ablenken, und er freute sich schon darauf, mit der Nase in einem Buch einzuschlafen.
Genau so geschah es dann auch.
Als Jonas die Augen aufschlug, war es dunkel im Zimmer. Nur die Straßenlaterne draußen vor dem Fenster spendete ein wenig Licht. Die Ziffern seines Radioweckers verrieten ihm, dass es kurz vor halb zwölf war. Dieser verrückte Tag war also noch nicht vorbei. Das Fenster stand immer noch weit offen und der Vorhang flatterte im aufgefrischten Wind. Wieder hatte Jonas das seltsame Gefühl, beobachtet zu werden. Und es war auch ungewohnt ruhig in seinem Zimmer. Die Rattenparty sollte längst im Gange sein, aber das Laufrad stand still. Nicht einmal ein Rascheln war zu hören. Jonas starrte zum Fenster. Er wusste, er sollte jetzt aufstehen, es schließen und sich einen Narren schimpfen, aber er konnte sich nicht rühren. Er hatte Angst. Richtig Angst!
Plötzlich huschte ein Schatten auf seine Fensterbank und direkt danach noch einer. Lautlos. Und da saßen sie nun: die sprechenden Katzen von Frau Rigby. Die schwarze und die weiße, die vor der Haustür gesessen hatten. Jonas machte einen Satz nach hinten, die Bettdecke mit sich reißend, und schlug schmerzhaft mit dem Hinterkopf gegen die Wand. Im Rattenkäfig fing es an, laut zu werden. William und Ignatio hatten den Feind entdeckt. Die schwarze Katze fauchte in Richtung des Käfigs. Jonas zuckte heftig zusammen. Dann hörte er den gleichen maßregelnden Ausruf wie am Nachmittag: „Caligula!“
Das kam von der weißen Katze. Jonas schnappte nach Luft. Aber es war so – genau so! Die Katze hatte gesprochen, und er hatte sie verstanden. Die weiße Katze sah die schwarze an und sagte klar und deutlich zu ihr: „Caligula, wir haben einen Auftrag, und wenn du dich nicht benehmen kannst, fliegst du aus dem Team!“
Die schwarze Katze fauchte erneut. Dann hob sie stolz den Kopf und wandte demonstrativ den Blick ab. Sie tat so, als würde Jonas’ Deckenlampe sie außerordentlich interessieren. Die weiße Katze ließ ein missbilligendes Maunzen erklingen, dann sprang sie mit einem Satz auf Jonas’ Bett. Jonas’ Hände krallten sich in die Bettdecke. Er wollte vor dem Tier zurückweichen, aber er saß ja schon an der Wand. Die Katze schnurrte, offenbar, um ihn zu beruhigen. Das funktionierte aber nicht. Dann sah sie ihn, wie ihm schien, sehr ernst an.
„Hallo Jonas“, sagte sie freundlich. „Ich weiß, dass du Angst hast, aber das musst du nicht. Wir können dir alles erklären. Ich bin Lady. Und das dort drüben“, Sie nickte in Richtung Fenster, „ist Caligula. Er ist noch jung und sehr katzisch. Katerisch, um genau zu sein.“
Jonas schwirrte der Kopf. Erwartete sie, dass er antwortete? Die Katze sah ihn eine Weile lang nur an. Dann stieß sie ihn mit dem Kopf an und meinte: „Alles okay bei dir? Du wirst doch nicht wieder ohnmächtig, oder?“
„Ich …“ krächzte er. „Ich … warum kannst du sprechen?“
„Miau“, machte die Katze und es klang wie ein Lachen. „Das ist die falsche Frage. Alle Tiere können sprechen. Die richtige Frage wäre: warum kannst du mich verstehen.“
Und plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.
„Die Limonade!“
„Helles Köpfchen!“, rief Caligula spöttisch von der Fensterbank, und Jonas fuhr erneut zusammen. Er hatte den schwarzen Kater fast vergessen. Der setzte sich nun in Bewegung und sprang mit einem eleganten Satz neben Lady auf Jonas' Bett. Allerdings rollte er sich am Fußende zusammen und begann zu schnurren, als wäre er eine ganz gewöhnliche Katze … oder war er eine gewöhnliche Katze? Konnten wirklich alle Katzen … alle Tiere sprechen?
Jonas sah Lady an, die wieder angefangen hatte zu schnurren. Vorsichtig streckte er die Hand nach ihr aus und kraulte sie zögerlich zwischen den Ohren. Ihr Fell war ganz seidig. Während er sie streichelte, begann er langsam etwas lockerer zu werden, was Lady wohl auch beabsichtigt hatte.
„Warum hat es bei Delilah nicht funktioniert?“, fragte er.
„Ach. Das wäre wirklich schön gewesen. Sie ist so ein nettes Mädchen!“
Das hörte Delilah sicher gern, beantwortete aber nicht seine Frage.
„Es funktioniert leider nicht bei jedem Menschen. Man braucht eine Grundbegabung dafür. Vermutlich ist es erblich. Aber da sind wir uns nicht sicher. Durch die Limonade wird die Fähigkeit aktiviert. Naja, natürlich nicht durch die Limonade selbst. Wir haben ein Zauberpulver hineingegeben, das im alten Ägypten entwickelt wurde, als die Katzen noch im Besitz des Schatzes waren.“
Caligula stieß ein Zischen aus. Seine Ohren zuckten, sonst rührte er sich nicht.
„Nicht so schnell, Lady!“, mahnte er, aber sie beachtete ihn gar nicht.
„Was für ein Schatz?“, fragte Jonas. Allmählich begann ihm das Gespräch Spaß zu machen. Vielleicht träumte er ja auch bloß. Er hatte zumindest nicht mehr das Gefühl, in Gefahr zu sein.
„Der Katzenschatz. Er ist uns gestohlen worden. Vermutlich von den Hunden. Aber so genau wissen wir das leider nicht. Es gibt Gerüchte …“
„Der Katzenschatz?“, unterbrach Jonas die weiße Katze. „Worum handelt es sich denn dabei? Und warum im alten Ägypten? Gab es tatsächlich schon damals Leute, die mit Katzen sprechen … oder sie verstehen konnten?“
„Tatsächlich wurde der Katzenschatz zuletzt in Ägypten gesehen. Aber das ist lange her. Ein weiser alter Kater hatte ihn in der Großen Bibliothek in Alexandria aufbewahrt. Doch nach dem verheerenden Brand war er verschwunden. Den Aufzeichnungen zufolge handelt es sich um einen Edelstein. Aber es ist keiner, wie man ihn sonst auf der Erde findet. Diesen Stein gibt es nur ein einziges Mal. Er ist unzerstörbar und er hat magische Kräfte.“
„Magische Kräfte?“ Jonas runzelte die Stirn. Er hatte nie an Magie und Zauberei geglaubt. Andererseits hatte er sich auch noch nie mit einer Katze unterhalten.
„Vielleicht sollte ich sogar sagen göttliche Kräfte“, fuhr Lady fort. „Der Schatz war ein Geschenk der Göttin Bastet. Eine Göttin der Liebe, der Fruchtbarkeit und des Schutzes. Der Schatz trägt die Liebe der Göttin in sich und die Tierart, die ihn besitzt, steht unter ihrem persönlichen Schutz.“
Jonas musste das Fragezeichen ins Gesicht geschrieben stehen, denn Caligula setzte nach: „Um das mal für einen Menschen deutlicher zu formulieren: die Tierart, die in Besitz des Schatzes ist, wird die beliebteste Tierart des Menschen. Alles klar?“
„Ja. Alles klar“, sagte Jonas schnell. Er hatte keine Lust, von einer Katze als Idiot abgestempelt zu werden. „Und der Schatz ist euch gestohlen worden. Von den Hunden. Seid ihr da sicher?“
„Ziemlich sicher“, erwiderte Lady überzeugt. „Wenn man bedenkt, wer heutzutage als der beste Freund des Menschen betrachtet wird.
Als wir noch in Besitz des Schatzes waren, damals in Ägypten, wurden wir Katzen hoch verehrt. Wie Götter! Man baute Tempel für uns und begrub uns neben Pharaonen. Es muss ein gutes Leben gewesen sein.“
Sie gab ein Geräusch von sich, das wie ein Seufzen klang.
„Ich habe nicht den Eindruck, dass es den Katzen gerade sonderlich schlecht geht“, sagte Jonas ehrlich.
„Ach nein? Und was ist mit den Laboratorien, wo sie Tierversuche machen? Was ist mit den Millionen kleiner Kätzchen, die kurz nach ihrer Geburt ertränkt werden? Davor kann man doch nicht die Augen verschließen!“
Sie klang nun richtig zornig, und Jonas zog seine Hand zurück. Caligula erhob sich von seinem Platz und setzte sich neben sie. Er stupste sie an, wie um sie zu trösten. Dann begann auch er zu sprechen: „Wir haben den Verdacht, dass derzeit die Hunde in Besitz des Schatzes sind. Wir vermuten, dass er sich ganz hier in der Nähe befindet. Statistiken zufolge ist der Hund das beliebteste Haustier der Deutschen. Und gerade in dieser Stadt gab es in letzter Zeit sehr viele neue Hunde. Überwiegend Möpse und Schnauzer. Daher gehen wir davon aus, dass ein Züchter im Umkreis der Stadt den Schatz in seinem Besitz haben muss. Wir wollen den Schatz zurück, und du wirst uns dabei helfen.“
„Warum sollte ich das tun?“, fragte Jonas kritisch. „Ich mag Katzen nicht besonders und ich finde, es gibt eine Menge Tiere, die den Schatz nötiger hätten. Eisbären zum Beispiel. Oder Seehunde. Walfische. Pandabären.“
Lady maunzte missbilligend.
„Jonas! Der Schatz gehört aber uns! Er heißt nicht umsonst der Katzenschatz. Man hat ihn uns gestohlen, und wir wollen ihn zurück!“
Ohne es zu wollen, wurde Jonas wütend. Klar, es gab Tierversuche, aber soweit er wusste, litten Affen viel mehr darunter. Oder Ratten. Er hatte wirklich nicht den Eindruck, dass es den Katzen gerade besonders schlecht erging.
„Ich brauche einen Tag Bedenkzeit“, sagte er. Lady schien beleidigt. Caligula zeigte sich unbeeindruckt, als hätte er nichts anderes erwartet. Die weiße Katze erhob sich und stolzierte über das Bett zum Fenster.
„Gut“, sagte sie hochnäsig über ihre Schulter hinweg. „Wir schicken dir eine Libelle.“
Bevor Jonas nachfragen konnte, was sie damit nun wieder meinte, waren die beiden Katzen verschwunden. Eine Weile lang starrte er reglos das offene Fenster an, dann sprang er auf und schaute hinaus. Der Garten und die Straße lagen verlassen da.
War das gerade wirklich geschehen? Oder hatte er doch nur geträumt? Kopfschüttelnd schloss er das Fenster. Dann kehrte er in sein Bett zurück.
Kapitel 3

Als Jonas am nächsten Morgen erwachte, hatte er Kopfschmerzen. Es war bereits halb zwölf und schrecklich heiß in seinem Zimmer. Er rieb sich die Augen und dachte an die beiden Katzen. Während er sich aus dem Bett quälte, beschloss er, doch an einen Traum zu glauben. Er lachte einmal laut über sich selbst und sagte dann noch lauter, um sich zu überzeugen: „Was für ein verrückter Traum!“
Dann ging er zum Rattenkäfig und öffnete die obere Klappe. Er griff nach William und nahm die Ratte heraus. Ruhig saß die grau-weiße Farbratte auf seiner Hand, bloß der gehetzte Blick, mit dem sie sich zweimal nach dem Käfig umsah, verriet die Furcht des Tieres. Nicht zu fassen, dass ihm seine Ratten gestern Abend unheimlich gewesen waren!
Jonas hielt William ganz nahe vor sein Gesicht, so dass er der Ratte in die Augen sehen konnte. Dann fragte er: „Und, William? Hast du mir auch etwas zu sagen?“
„Allerdings!“, quiekte die Ratte, und Jonas schrie erschrocken auf. Beinahe hätte er William fallen gelassen. Er sah zum Käfig. Ignatio schaute ihn an und meinte gelassen: „William, du bist ein Idiot!“
Jonas ließ sich kraftlos auf sein Hinterteil sinken und blickte abwechselnd von William zu Ignatio. Ignatio knabberte inzwischen an einem Stück Apfel vom Vortag und tat ganz unbeteiligt. Vorsichtig setzte Jonas William zurück in den Käfig, dann betrachtete er seine Ratten ernst. Sein Herz schlug wie wild, und er fragte sich kurz, ob das alles wirklich passierte oder ob er sich das womöglich nur einbildete. Dann atmete er tief durch und fragte: „Wie geht es euch denn so?“
„Ganz gut“, erwiderte William, inzwischen mit vollem Mund. „Könnte natürlich besser sein.“
„Ohne Käfig“, fügte Ignatio vorwurfsvoll hinzu. Jonas schluckte. Das hätte er sich eigentlich denken können. Ignatio und William waren zwar in einer Zoohandlung geboren, aber er würde auch nicht gerne in einem kleinen Käfig wohnen, wenn er rundherum ein verlockend großes Zimmer sah.
„Mach dir mal keine Sorgen, Jonas“, sagte Ignatio etwas freundlicher. „Du bist schon in Ordnung. Und jetzt, wo wir miteinander sprechen können, kann's ja nur besser werden. Ich schätze, wir könnten schlimmer dran sein. Hier drinnen bekommt man zwar nicht viel mit von der Welt, aber ab und an plappern die Mücken und die Fliegen, und was ich so gehört habe, gibt es Ratten, denen es viel schlechter geht als uns. Laborratten und so. Du weißt schon.“
Jonas nickte.
„Ja. Da habt ihr wohl Recht.“
Er erholte sich langsam von dem Schrecken. Immerhin waren das hier seine Ratten und keine fremden Katzen. „Können sich eigentlich alle Tiere miteinander verständigen?“
„Nein. Nicht alle. Manche Tiere, so wie viele der Insekten, unterhalten sich auf eine andere Weise. Ameisen zum Beispiel über den Geruchsinn. Und die Unterwassertiere brauchen amphibische Dolmetscher, wenn sie uns Landtieren etwas sagen wollen. Aber alles in allem ist unsere Welt recht gut organisiert. Von allem weiß ich natürlich auch nicht. Immerhin komme ich nicht oft hier raus. Beim Tierarzt bekommt man was mit und im Sommer, wenn die lauteren Insekten hier ein und aus gehen.“
Jonas nickte. Ihm schwirrte immer noch der Kopf, aber inzwischen kam es ihm fast normal vor, sich mit seiner Ratte zu unterhalten.
„Was hat Lady gestern damit gemeint: sie schickt mir eine Libelle?“
„Libellen sind so etwas wie Expressboten. Sie halten sich an immer gleichen Stellen auf, wohin die anderen Tiere gehen können, um mit ihnen Nachrichten zu versenden. So wie Brieftauben. Viele arbeiten auch als Nachrichter. Fliegende Zeitungen. Das ist ganz praktisch, auch wenn sich hierhin leider eher selten eine verirrt.“
„Wow“, machte Jonas nur und stellte sich ein Büro voller beschäftigter Libellen vor. „Irre.“
Er stand auf.
„Hört mal, ich muss jetzt los. Delilah anrufen. Die war heute bestimmt schon hier. Ich hab so fest geschlafen. Hab wahrscheinlich nicht mal das Klingeln gehört. Und Mama war bestimmt auch schon hier drin. Die wollte mich ja eigentlich zum Arzt schleppen. Habt ihr noch irgendeinen Wunsch für nachher? Soll ich euch was mitbringen?“
„Oh ja!“, rief William, der schon wieder am Futtertrog saß. „Diese Knabberstangen von letzter Woche. Die waren super!“
Jonas grinste. „Okay. Geht klar!“
Das linderte sein schlechtes Gewissen ein wenig. Und doch war es merkwürdig, die beiden Ratten in ihrem kleinen Käfig zurück zu lassen, jetzt, wo er wusste, dass sie sprechen konnten.
Unten auf dem Küchentisch lagen seine Versichertenkarte und ein Zettel von seiner Mutter. Sie hatte für ihn einen Termin beim Arzt besorgt. Zum Glück erst um 15 Uhr. So hatte er noch ein paar Stunden Zeit. Er machte sich ein Toastbrot mit Marmelade. Dann rief er von seinem Handy aus bei Delilah an.
„De! Hey. Wie geht’s dir? Wo steckst du? Warst du schon hier?“
„Ja, war ich. Isst du gerade?“
Er schluckte.
„Tschuldigung.“
„Schon gut. Ich bin gerade Accessoires shoppen. Soll ich vorbei kommen?“
„Klar! Ach, und wenn du gerade in der Stadt bist, kannst du mir aus der Zoohandlung Rattenschmaus Knabberstangen Premium mitbringen.“
„Okay. Bin gleich da.“
Jonas aß sein Brot auf und ging erst einmal duschen. Kaum dass er fertig angezogen war, klingelte Delilah auch schon an der Tür. Heute trug sie zwei hohe, abstehende Zöpfe, die von Haarspangen zusammengehalten wurden, die wie reife Zwillingskirschen aussahen. Dazu ein schwarzes Top mit einem Mangamotiv und einen Minirock mit Schottenmuster.
„Wo warst du denn heute Morgen?“, fragte sie vorwurfsvoll und drückte ihm die Knabberstangen in die Hand.
„Ich war hier. Hab verschlafen. Ich hab vielleicht eine wilde Nacht hinter mir!“
„Wieso?“
Jonas war sich nicht sicher gewesen, ob er Delilah von dem Katzenbesuch berichten sollte. Aber er war so aufgeregt, dass er es einfach jemandem erzählen musste. De war seine beste Freundin. Wenn sie ihm nicht glaubte, wer dann?
„Komm mal mit rauf“, sagte er und nahm sie bei der Hand. Oben öffnete er wieder den Käfig.
„Hey ihr beiden!“ Er hängte eine der Knabberstangen in den Käfig. „Von Delilah“, sagte er.
„Oh! Firma dankt“, rief Ignatio und Jonas musste grinsen.
„Hast du gehört?“
Delilah runzelte die Stirn.
„Was denn? Deine Ratten freuen sich über Fressen.“
Jonas schüttelte den Kopf.
„Sie haben sich bedankt.“
Delilah verdrehte die Augen.
„Wann war noch gleich dein Arzttermin?“, fragte sie schnippisch und ließ sich auf sein Bett fallen.
„Um drei.“
Er setzte sich auf den Boden neben den Käfig und sah sie an. Das hatte ja schon einmal nicht so gut angefangen.
„Wenn du nachts sowieso wach bist, kannst du ja mal in den Chat kommen“, sagte sie gelangweilt, während sie einen ihrer pinkfarbenen Zöpfe um ihren Mittelfinger wickelte.
„Was soll ich denn mit dir chatten? Wir sehen uns doch eh jeden Tag. Und bei J-Rock kann ich nicht mitreden. Das ist deine Welt, De, nicht meine.“
„Ich mein’ ja nur.“ Sie setzte sich auf und ließ die Strähne von ihrem Finger hüpfen. Das Rosa ihres Nagellacks harmonierte sehr schön mit dem Rosa ihrer Haare. Sofort fing sie wieder an, ihre Haare aufzuwickeln.
„Was war denn nun los letzte Nacht?“
„Ich hatte Besuch.“
Sie hielt in der Bewegung inne und sah ihn an. In Windeseile entstanden rote Flecken auf ihren Wangen.
„Jonas! Du hast doch nicht etwa …“
Er lachte laut, aber sie lachte nicht mit. Sie sah ihn nur herausfordernd an.
„Quatsch!“, rief er.
„Was ist? Hast du eine Freundin? Wie heißt sie? Wer ist sie? Kenne ich sie?“
Er lachte immer noch.
„Ich habe keine Freundin! Und wenn: wie solltest du sie nicht kennen? Wir sind doch den ganzen Tag zusammen, De! Nein. Es war kein Mädchen.“
„Ein Junge?“, fragte sie und legte schnell die Hände auf die Wangen, weil sie spürte, dass sie rot geworden war.
„Jonas …“
Er schüttelte den Kopf.
„Was in deinem Kopf vorgeht, möchte ich auch nicht wissen.“
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