Die Verdammten Reiche

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Casy Paix
Die Verdammten Reiche
Soul´s Divide
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Inhaltsverzeichnis
Titel
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1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kaptiel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
Prolog
Impressum neobooks
Casy Paix
Die Verdammten
Reiche
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Dieser Roman enthält Abschnitte, in denen Gewaltdarstellungen und Sex ( auch zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren ) vorkommen.
Sollte es gegen deine Moral verstoßen bitte ich dich dieses Buch nicht zu lesen.
Allen anderen wünsche ich viel Spaß ...
© Copyright 2020 – Alle Inhalte dieses Werkes, insbesondere Texte, Fotografien und Grafiken sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, einschließlich der Vervielfältigung, Veröffentlichung, Bearbeitung und Übersetzung, bleiben der Autorin vorbehalten.
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Für all jene,
welche die Dunkelheit
ebenso sehr lieben wie ich ...
1. Kapitel
Zacharias
„Zacharias? Komm schon mein Hübscher, mach die Augen auf! Oder ich werde dir Schmerzen zufügen, sodass du keine andere Wahl hast, als mir zu gehorchen.“
Viktors dunkle, hartnäckige Stimme erreichte mich in meinem Losgelöstsein und raubte mir die vollkommene Zufriedenheit, in der ich mich befand. Er holte mich aus meiner Euphorie zurück und befahl mir, mich wieder gnadenlos dem Hier und Jetzt zu stellen.
Wie konnte er nur so grausam sein?
Zuerst ließ er mich alles vergessen, trieb mich mit Qualen, Schmerz und Leidenschaft in unbeschreibliche Höhen, nur um mich dann wieder von dort wegzureißen.
Müde drehte ich mich zur Seite, schob meine Hände unter den Kopf und rollte mich zu einer Kugel zusammen. Ein straffer Zug um meinen Hals hinderte mich allerdings daran und benommen tastete ich danach. Ich spürte kaltes Leder und irgendwie wusste ich, dass es da etwas gab, das ich erfolgreich verdrängte hatte. Bis jetzt.
„Zacharias!“
Ein strenger, kalter Befehl, der mir einen Schauer über die Haut jagte. Der mich unbarmherzig daran hinderte mich in meine Träume zu flüchten, in denen ich mich so gerne verlieren würde. Plötzlich spürte ich die Berührung von Fingern. Wie sie über meine nackte Brust strichen, höher wanderten und fast sanft meine Wange berührten.
Langsam kam die Erinnerung und ich verfluchte Viktor dafür, das er es mir nicht gönnte noch ein bisschen länger, dieses losgelöste Gefühl zu genießen. Er hatte mich gefickt, bis ich alles um mich herum vergessen hatte. Viktor hatte so viel gefordert, dass ich nur zu gerne losgelassen hatte und jetzt?
Jetzt holte er mich wieder in die kalte Wirklichkeit zurück. Verlangte von mir, die Augen zu öffnen und der unumstößlichen Wahrheit zu begegnen. Wieder einmal!
Wie oft hatte er das schon getan, seitdem wir nach Kassathor zurückgekehrt waren?
Mit Viktor Spaß zu haben, war alles, was mich im Moment davon abhielt durchzudrehen.
Warum konnte er mich nicht einfach wieder ficken, damit ich wieder dieses Losgelöstsein spüren konnte?
Damit ich alles vergessen konnte, was außerhalb dieses Bettes existierte und so verflucht falsch war.
Viktors Hand verschwand von meiner Wange, nur um mein Kinn zu ergreifen und meinen Kopf zu sich umzudrehen.
„Lass mich!“, zischte ich und neue Wut erfüllte mein Innerstes.
Wut auf Viktor, der mich hier festhielt, der seine Drohung mich anzuketten wahr gemacht hatte. Wut auf Akesh, der Ellysa mit sich genommen hatte und uns wie Abschaum unserem Schicksal überlassen hatte und Wut über mein eigenes Unvermögen, irgendetwas dagegen unternehmen zu können.
„Ich werde dich in Ruhe lassen, wenn du die Augen aufmachst!“
Der Griff um mein Kinn wurde fester und ich spürte, wie Viktors dämonische Aura dunkler wurde.
Schön, ich konnte ihn also genauso reizen wie er mich!
„Ich weiß was du vorhast Zacharias und du weißt, das es bei mir nicht wirkt. Wenn du also nicht das warme Bett gegen die kalte Wand tauschen willst, dann rate ich dir, auf mich zu hören.“
„Als ob es einen Unterschied macht, wo du mich ankettest!“, meinte ich Zähne knirschend, öffnete dennoch widerwillig die Augen und funkelte den Dämon neben mir böse an.
Ein teuflisches Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht und ich konnte nicht anders, als das hinreißende Muskelspiel seines nackten Oberkörpers zu betrachten, als er sich näher zu mir beugte.
„Sei brav, immerhin habe ich dir die Bannsiegel abgenommen.“
„Ja, nur um mir dieses Halsband anzulegen!“
„Ich hatte dich gewarnt keine Dummheiten zu machen.“
Viktors Lippen senkten sich auf meine und erstickten meinen aufkeimenden Protest. Er wusste genau, wie er mir den Wind aus den Segeln nehmen konnte. Sein Kuss wurde tiefer, hungriger und ich konnte mich nicht länger zurückhalten und schlang meine Arme um seinen Nacken um ihn näher zu ziehen. Sein atemberaubender Körper an meiner nackten Haut fachte erneut das schwelende Feuer in mir an. Seit wir nach Kassathor zurückgekehrt waren, verbrachten wir die meiste Zeit ihm Bett. Das hieß, eigentlich war Viktor derjenige, der es überhaupt verlassen konnte.
Der Bastard hatte seine Drohung wahr gemacht und mich mit einem mit Dämonenmagie verstärkten Lederhalsband, an einer ziemlich kurzen Leine, ans Bett gekettet.
Dabei hatte ich mich benommen!
Ich hatte weder jemanden umgebracht, noch angegriffen – noch nicht.
Ich hatte mich nur aufgeführt wie ein Irrer und gewütet wie eine Bestie. Zum Glück hatten sich Kassathors Bewohner in ihren Löchern verkrochen, denn ich hätte wahrscheinlich nicht einmal vor ihnen Halt gemacht.
Viktor wusste, dass wenn er mich hier nicht festhielt, ich Hals über Kopf in die Verdammten Reiche zurückkehren würde, um Akesh mit bloßen Händen zu erwürgen. Das Problem war nur, das es schwierig war, lebendig in die Verdammten Reiche zu gelangen, wenn man keine persönliche Einladung von Akesh oder ein verfluchtes Tor besaß. Unser verfluchtes Tor hatte Ysa unglücklicherweise versiegelt und weder ich, noch sonst irgendjemand in Kassathor, konnte es öffnen.
Viktor unterbrach unseren Kuss und richtete sich etwas auf.
„Sehr schön, ich habe wieder deine uneingeschränkte Aufmerksamkeit.“
Ich hörte die Belustigung in seiner Stimme und verzog den Mund.
„Warum bringst du mich erst in diesen Zustand, wenn du es mir nicht gönnst?“
Viktors Augen verdunkelten sich und er stand auf.
„Zacharias ich ficke dich, weil ich nicht genug von dir bekommen kann. Mir wäre es am liebsten du würdest dieses Bett überhaupt nicht mehr verlassen. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass du dich mir so hingeben könntest. Dass ich alles mit deinem Körper anstellen kann, was ich will. Es gibt nichts Begehrenswerteres, als dich in diesen Zustand der Losgelöstheit zu sehen, aber je länger du dich in diesem Zustand befindest, umso schwerer wird es dir fallen zurückzukommen. Ich weiß, was für ein machtvolles Gefühl das sein kann, wenn deine erfüllte Lust dich in Trance versetzt und du alles um dich herum vergisst.“
„Das ist dein wahres Ziel. Du willst das ich meinen Plan vergesse Akesh den Kopf abzureißen.“
„Ich will nur verhindern, das du die gleichen Fehler wie früher begehst. Damals habe ich bei deinen kleinen Aufständen gegen Akesh nur zugesehen, aber jetzt werde ich das nicht mehr.“
„Kleine Aufstände?“, fauchte ich und setzte mich hin.
Am liebsten wäre ich aufgesprungen, aber Halsband und Kette hinderten mich gekonnt daran.
Viktors Grinsen wurde breiter und ich stieß einen Fluch aus. Wütend beobachtete ich, wie er in seine Hose schlüpfte und sich durch sein kurzes Haar fuhr.
„Überlasse es mir, Kontakt mit Akesh aufzunehmen.“
„Und du denkst, er antwortet dir? Er hat uns in Keross mit einer Horte wütender Magier zurückgelassen!“
Viktors Blick verdunkelte sich, als er nach seiner Tunika griff.
„Er wird seine Gründe gehabt haben.“
„So wie immer!“, rief ich zornig und ballte hilflos die Fäuste.
Die Kette klirrte leise und Viktor hob eine Augenbraue. Sein dunkler Blick verschlang mich und mit zwei Schritten war er bei mir, schob seine Hand in meinen Nacken und küsste mich besitzergreifend.
„Wenn du so wütend bist, könnte ich dich sofort wieder nehmen“, murmelte Viktor amüsiert.
Ich biss ihm in die Lippe, woraufhin ein dämonisches Funkeln in seinen Augen auftauchte. Ich sah die schwarzen Bluttropfen auf seinem Finger, als er darüber strich und einen Schritt zurücktrat.
„Wir werden später genau an dieser Stelle weiter machen mein Hübscher.“
Er drehte sich um, schnappte sich seinen Mantel und ging zur Tür.
„Verflucht Viktor! Wie lange willst du mich noch hier fest ketten? Viktor!“
Ich hörte, wie die Zimmertüre ins Schloss fiel und krallte meine Finger wütend in die Laken. Dieser Bastard hatte mich ohne ein weiteres Wort alleine gelassen. Unwillig ließ ich mich zurückfallen und starrte die Decke über mir an.
Wie lange sollte es noch so weiter gehen? Wie viel Zeit musste noch verstreichen, bis wir endlich zu Ellysa konnten?
Glaubte Viktor wirklich, Akesh würde uns in die Verdammten Reiche zurückkehren lassen, ohne etwas dafür zu fordern?
Ich legte einen Arm über die Augen und nur all zu deutlich wurde mir meine Hilflosigkeit bewusst. Zwölf Wochen waren vergangen, seit Ysas schwarze Seele einen Teil Keross verschlungen hatte. Zwölf Wochen seit sie verschwunden war, seit sie Akesh mitgenommen hatte. Zwölf Wochen, in denen ich nicht einmal wusste, ob sie überhaupt noch lebte. Ich hatte versagt.
Damals, vor all den Jahren,hatte mich Akesh zu Ellysa gesandt, um ein Auge auf sie zu haben, damit ihm die Seelen des Gleichgewichts nicht wieder entwischten. Meine anfängliche Strafe hatte sich nach und nach in mein neues Leben verwandelt, in ein Leben, das so anders war als in den Verdammten Reichen und nun auf gar keinen Fall wieder missen wollte. Vor allem wollte ich Ysa wieder an meiner Seite! Ich hatte gesehen, wie Akesh seine Hand nach ihr ausgestreckt, wie er sie mitgenommen hatte, umhüllt von reinster Finsternis.
Ysas schwarze Magie hatte Akeshs Anwesen den Erdboden gleichgemacht, genauso wie das ganze Stadtviertel. Hunderte waren gestorben und ich wollte mir nicht einmal ausmalen, wie ihre schwarze Seele triumphiert hatte.
So schwer es mir auch fiel, so musste ich mir doch andererseits eingestehen, das Akesh richtig gehandelt hatte. Hätte er Ysa nicht aufgehalten, so hätte sich ihre Zerstörungskraft noch weiter ausgebreitet. Das Einzige das ich nicht akzeptieren konnte war, dass er sie von mir fortgerissen hatte. Er hätte sie doch auch wieder nach Kassathor bringen können. Sie wäre hier sicher gewesen.
Ich rollte mich auf die Seite und wieder klirrte die Kette leise. Ich konnte regelrecht hören, wie mich das Schicksal hämisch auslachte.
Keross war unser aller Untergang gewesen. Wir waren zur schwarzen Magiergilde gegangen, um ein paar Antworten zu bekommen. Nun, zumindest hatten wir das vorgehabt. Eine unbestimmte Vorahnung hatte uns aber zögern lassen und das war unser Glück. Aus der Ferne sahen wir wie das Stadtviertel, indem sich die schwarze Magiergilde befand, dem Erdboden gleichgemacht wurde. Wie es unaufhaltsam in Dunkelheit versank und nichts mehr davon übrig blieb. Das Schicksal hatte uns seine dunkelste Seite offenbart. Wir kehrten nach Kassathor zurück, ohne Ellysa und ohne Hoffnung. Ich fühlte mich wie erstarrt und dieses Gefühl war in all den Wochen nicht gewichen. Einzig Viktor wusste wie er mich aus der Spirale von Entsetzen, Trauer, Hilflosigkeit und Wut herausreißen konnte.
„Hey Zacharias?“
Aus meinen Gedanken gerissen setzte ich mich erschrocken auf und blickte in Kyrans silbrige Augen.
„Was tut ihr hier? Wenn euch Viktor hier findet seit ihr wieder im Verlies“, murrte ich und zog mir eine der Decken über meine Blöße.
„Als ob es dort schlimmer sein könnte als hier“, entgegnete Kyran mit einem Schulterzucken.
„Du musst endlich etwas unternehmen!“
Mein Blick huschte zu Ayaz, der neben seinem Bruder aufgetaucht war.
Ich verzog missmutig den Mund und ließ mich zurückfallen. Der Tag wurde anscheinend noch schlimmer als gedacht. Die Anwesenheit der Zwillinge verschlechterte meine eh schon miese Laune gewaltig.
„Ihr wisst genau, dass ich das nicht kann.“
„Du kannst! Du hast nur Angst vor dem, was du finden könntest! Bist du nur Viktors Spielzeug oder mehr als das?“
Ich ballte wütend meine Finger und verkniff mir ein Knurren. Die Dämonenbrüder trafen genau ins Schwarze. Eine Tatsache, die ich niemals zugeben würde. Ich hatte wirklich Angst davor aus diesem Bett zu steigen. Meine Wut würde mich zwar vorantreiben, würde mich handeln lassen, egal welche Konsequenzen es nach sich ziehen würde, aber sie war eben nicht das einzige, was ich tief in mir drinnen verspürte. Sondern da war noch diese kalte Angst davor, was ich finden würde, wenn ich nach Ysa suchte. Ich müsste zurück in die Verdammten Reiche und müsste mich meiner Vergangenheit stellen. Meinem Vater, meiner Familie und notgedrungen auch Akesh.
„Wir wissen nicht ob Ellysa noch die ist, die uns verlassen hat.“
„Warum sollte sie es nicht sein?“, fragte Ayaz und hielt sich am Arm seines Bruders fest.
„Ihr wisst doch, was Akesh mit den Seelen des Gleichgewichts tun muss. Er muss sie versiegeln, nur deshalb hat er Ellysa mitgenommen. Sie wird nicht mehr dieselbe sein.“
„Das weißt du nicht mit Sicherheit! Wir brauchen die Meisterin hier in Kassathor oder alles wird auseinander brechen! Es breitet sich Unruhe innerhalb der Mauern aus. Nicht mehr lange und es wird Blut fließen.“
Kyran kletterte auf das Bett und funkelte mich aufgebracht an. Ein kalter Schauer jagte über meine Haut, als ich direkt in seine silbrigen Seen sah.
„Viktor wird für Ruhe sorgen.“
„Ach und wie lange? Glaubst du, der Meisterin würde es gefallen, wenn sie wüsste, dass sich die Bewohner untereinander abschlachten. Nur ihre Anwesenheit hat sie bisher davon abgehalten. Selbst Najem überlegt Kassathor zu verlassen. Seit Leahs und Jarons Tod ist er kaum wiederzuerkennen. Er gibt sich die Schuld daran, dass er sie nicht retten konnte. Warum redest du nicht einmal mit ihm? Wir brauchen ein paar gute Seelen innerhalb dieser Mauern.“
„Fürchtest du dich davor noch mehr in der Dunkelheit zu versinken?“, stichelte ich halbherzig und erntete daraufhin einen Faustschlag auf meine Brust.
Wütend fing ich Kyrans Arm ein, als er mich erneut schlagen wollte.
„Vorsicht kleiner Dämon! Nur weil ich an dieser Kette hänge, heißt das nicht, das ich dich nicht in Stücke reißen kann.“
Wütend ließ ich ihn los und setzte mich auf. Kyran wich etwas zurück, blieb aber auf dem Bett sitzen.
„Anscheinend hast du deinen Kampfgeist doch noch nicht verloren“, murrte er und starrte auf die Decken vor sich.
Ich verstand seinen Missmut und erkannte auch einen Teil Angst und Hilflosigkeit darin. Mir erging es schließlich nicht anders.
Ysa hatte diesen ganzen Abschaum zusammen gehalten. Sie hatten sie gefürchtet und respektiert. Aber selbst wenn sie wieder hier sein würde, zweifelte ich daran, das sie noch die Macht hätte, sie wieder alle unter Kontrolle zu bekommen. Akesh würde niemals zulassen das die Seelen des Gleichgewichts weiter frei herumliefen.
Und die Frage war, ob Ysa mit nur einer Seele mächtig genug wäre Kassathors Thron zu besteigen? Wohl eher nicht.
„Was hast du nun vor?“
Ich sah zu Ayaz der ein genauso ungewöhnlich ernstes Gesicht machte wie sein Bruder. Ich stieß ein resigniertes Schnauben aus und zog prüfend an der Kette.
„Ich werde mit Viktor reden.“
Kyran lachte genervt und stand auf.
„Dann weiß ich jetzt schon wie es endet. Er wird dich genauso wie die letzten Wochen gefügig und schweigsam machen.“
„Du kleiner …“
„Ist es nicht so?“, rief Kyran aufgebracht und stemmte die Hände in die Hüften.
„Falls es dir entgangen ist, ich bin nicht freiwillig hier angekettet!“
„Das ist der Grund, warum du nicht endlich handelst?“, stieß Kyran ungläubig hervor.
„Warum legst du es nicht einfach ab?“, fragte Ayaz.
Ich zählte innerlich bis drei, um ruhig zu bleiben, denn die beiden brachten mich zur Weißglut.
Glaubten sie wirklich ich würde freiwillig drei Wochen in einem Bett angekettet bleiben?
Ich hatte nicht die Macht dazu Viktors dämonische Magie aufzulösen, die das Lederhalsband um meinen Hals verschloss und mich somit hier festhielt.
„Erledigt!“
„Was?“
Mit einem ungläubigen Fluch drehte ich mich zu Kyran um. Er hielt das Ende der Kette in seiner Hand, an dessen Ende das braune Lederhalsband baumelte. Fassungslos langte ich an meinen Hals und spürte dort – nichts.
„Wie …“
„Du als Wolf der Verdammten Reiche kannst vielleicht Viktors dämonische Magie nicht lösen, aber ich bin ein Dämon und diese Magie war wirklich äußerst einfach gewirkt.“
Kyran sprang vom Bett und griff nach der Hand seines Bruders.
„Was ist jetzt? Hindert dich noch irgendetwas daran unsere Meisterin zurückzuholen?“
Mit knirschenden Zähnen stieg ich aus dem Bett. Viktor würde toben und es wunderte mich, das die Zwillinge wirklich dafür bereit waren, Viktors Zorn auf sich zu ziehen, nur damit ich Ysa suchen konnte.
Ich ging zu dem großen Sessel neben dem Kamin, auf dem Viktor fein säuberlich meine Kleider hingelegt hatte.
Wie viele Wochen hatte ich sie schon nicht mehr getragen? Viel zu lange!
„Habt ihr euch dann auch überlegt, wie ich Viktor nicht in die Arme laufe? Ich glaube nämlich nicht das er sehr begeistert ist mich außerhalb seines Bettes anzutreffen.“
„Viktor ist zur Schlucht geritten“, antwortete Ayaz und sah mir beim Anziehen zu.
Von Anstand hatten die beiden Dämonen wohl noch nichts gehört.
„Was will er da?“
„Nach Feinden Ausschau halten“, meinte Kyran locker und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
„Nach Feinden?“, fragte ich irritiert und verharrte mit einem Bein in der Hose und dem anderen in der Luft.
„Es werden immer wieder Magier am Eingang zur Schlucht und in den Bergen gesichtet. Viktor will nicht, das wir unvorbereitet überrascht werden.“
„Er befürchtet also einen Angriff?“
„Ja, sie sind anscheinend hinter der Macht der Meisterin her.“
Meine Augen huschten zu den obsidianfarbenen Steinen der Mauer.
Welch gewaltige Macht ihrer schwarzen Magie steckte wohl wirklich in Kassathors Mauern? Wäre überhaupt ein einzelner Magier stark genug sie aufzunehmen?
Warum hatte mir Viktor nichts von den drohenden Angriffen erzählt?
Ich verfluchte ihn im Stillen und verließ das Zimmer. Sofort überkam mich ein ungutes Gefühl, als ich in den kalten Korridor trat. Ich beeilte mich zu der Treppe zu gelangen, die nach oben führte. Zum wiederholten Male fragte ich mich, was Viktor und dem restlichen Gesindel hier in den untersten Ebenen von Kassathor so gut gefiel, das sie hier ihr Quartier bezogen. Ysas und meine Räume in den obersten Etagen waren viel bequemer und vor allem wärmer.
„Könnt ihr mir sagen, wo Najem gerade ist?“
Ayaz schüttelte den Kopf und Kyran zuckte mit den Schultern.
„Warum? Seit Leahs und Jarons Tod ist er zu nichts mehr zu gebrauchen.“
„Ich will, das er mich begleitet. Wenn er sowieso überlegt Kassathor zu verlassen, dann kann er gleich mit mir kommen.“
„Wo willst du überhaupt hin? Ich meine, Akesh beherrscht die Tore in die Verdammten Reiche. Wie willst du unsere Meisterin retten, wenn du noch nicht einmal dorthin kommst“, wollte Ayaz wissen.
„Lasst das nur meine Sorge sein. Ihr wolltet doch das ich Ellysa zurückhole.“
Ich würde den beiden bestimmt nicht erzählen, das wir Wölfe unser eigenes Tor besaßen. Am Schluss würden sie nur auf dumme Ideen kommen und mein Vater würde mich bestimmt einen Kopf kürzer machen, wenn ich zwei Tunichtguten den Zugang in die Verdammten Reiche verraten würde. Akesh hatte meinem Vater das Tor überlassen, damit dieser hin und wieder seinen menschlichen Gelüsten nachgehen konnte, denn Glücksspiel und das Handeln mit begehrten Waren, suchte man in den Verdammten Reichen vergebens. Das ich dafür durch das halbe Land reisen musste um zu diesem Tor zu gelangen, war etwas anderes.
Ich erreichte die letzte Treppenstufe und stand in der Eingangshalle. Wie von selbst fiel mein Blick auf das versiegelte Tor und wie immer konnte ich den leichten Hauch der Aura der Verdammten Reiche wahrnehmen. Ysa hatte dieses Tor verabscheut und jetzt war sie selbst an diesen furchtbaren Ort dahinter gefangen.
„Zacharias? Hey Zacharias!“
Ich zuckte bei Rieels lauter Stimme zusammen und wirbelte zu ihm herum.
„Rieel musst du so schreien?“
„Du brauchst keine Angst haben, Viktor ist noch unterwegs“, meinte er mit einem Grinsen und kam auf mich zu.
Warum gingen alle davon aus, das ich vor Viktor Angst hatte, oder mich vor ihm rechtfertigen musste?
„Ich weiß, das er nicht hier ist! Du hast mich einfach überrascht“, murmelte ich leise.
Rieel trug wie üblich seine schwarze Kleidung, doch irgendetwas war anders. Und dann mit einem Mal roch ich es – Blut!
„Verdammt, was ist passiert?“, rief ich und packte ihn am Ärmel.
Rieel sah mich nur verständnislos an und auch die Zwillinge beobachteten mich argwöhnisch.
„Geht es dir gut?“, frage Rieel ehrlich besorgt und musterte mich nun genauer.
„Ja verflucht! Ich meine, warum ist deine Kleidung mit Blut getränkt?“
Ein verstehender Ausdruck erschien auf Rieels Gesicht und er verzog den Mund.
„Ach das meinst du! Ja, es geht mir gut. Das Blut ist nicht von mir.“
„Sondern?“, fragte ich lauernd.
Rieels Blick huschte zu den Zwillingen, die ungewöhnlich still waren.
„Wie viel habt ihr ihm erzählt?“, fragte Rieel streng und verengte die Augen.
Während Ayaz schuldbewusst den Kopf senkte, streckte Kyran Rieel die Zunge heraus.
„Wir haben ihn nur auf den neusten Stand gebracht. Was ist so schlimm daran? Selbst dem Wolf wird irgendwann die Unruhe in Kassathor und die Magier, die uns beobachten und ihre Kreise immer enger ziehen, auffallen. Ihr tötet einen von ihnen und es kommen doppelt so viele wieder. Wie lange wollt ihr noch so weiter machen? Es wird Zeit Zacharias aus seinem Selbstmitleid hauszuholen! Er ist vielleicht der Einzige, der unsere Meisterin zurückbringen kann. Viktor kann hier nicht weg, genauso wenig wie du. Es gibt niemanden, außer dem Wolf, der die Meisterin zurückholen könnte. Akesh wird ihm vielleicht wenigstens erst anhören, bevor er ihn umbringt.“