Die Verdammten Reiche

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Irgendwann, nach Minuten oder Stunden, erlag ich der endgültigen Erschöpfung. Ich kippte haltlos zur Seite und spürte schon nicht mehr den Aufprall. Die Dunkelheit, die mich umfing, war ein größerer Trost, als alles bisherige und zufrieden ergab ich mich ihr.
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Das Erste, das ich wahrnahm, war der kalte Steinboden, unter meiner Wange. Das Zweite, war die überwältigende, schwarze Aura, die das kleine Verlies zu sprengen drohte.
„Wieder auferstanden von den Toten?“
Akeshs dunkle Stimme strich über meine Haut und hinterließ einen ungewollt wohligen Schauer.
Ich war zu schwach um zu antworten und am liebsten hätte ich wieder die Augen geschlossen und mich der alles verschlingenden Schwärze hingegeben.
„Kleine Hexe, wenn ich schon mit dir rede, verlange ich von dir, dass du mich ansiehst!“
Akeshs Stimme zog mich zurück aus meiner Betäubung und mit verschwommenen Blick sah ich zu der großen Gestalt auf, die direkt vor mir hockte.
„So ist es brav. Was mache ich nur mit dir? Du weigerst dich zu essen und bereitest Aelos Schwierigkeiten. Deinetwegen musste er zwanzig Peitschenhiebe über sich ergehen lassen.“
Ich zog die Augenbrauen zusammen, denn ich konnte seinen Anschuldigungen nicht ganz folgen.
„Das nächste Mal, wenn er dir Essen bringt, wird er seinen Unmut an dir auslassen. Somit schließt sich der Kreis der Bestrafung wieder.“
Ich sah noch, wie Akesh sich wieder erhob, bevor abermals schwarze Ränder mein Blickfeld trübten und sich immer enger zusammen zogen.
Wie sollte ich essen, wenn ich selbst zum Reden zu schwach war? Konnte er mich nicht einfach in Frieden sterben lassen?
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Das Nächste was mich aus meiner Bewusstlosigkeit riss, war ein brennender Schmerz auf meiner Wange. Betäubt riss ich die Augen auf, konnte aber nur wogende Schwärze um mich herum erkennen. Eine sonderbare Dunkelheit, in dessen Tiefen zwei eisblaue Feuer leuchteten. Meine Lider wurden schwerer und ich dämmerte wieder davon. Vielleicht hatte ich mir den Schmerz auch nur eingebildet. Meine Gedanken zerstoben und lösten sich auf. Waren so schwer zu fassen, wie Sand, der einen durch die Finger rinnt.
Plötzlich fühlte ich mich sonderbar leicht, so als würde ich schweben und schon im nächsten Moment, spürte ich göttliche Wärme an meinem Körper. Zufrieden schmiegte ich mich näher und ergab mich diesem wunderbaren Gefühl.
Wie lange hatte ich mich nicht mehr so geborgen gefühlt? War ich vielleicht endlich gestorben und die weißen Götter hatten gnädigerweise ihre Pforten für mich geöffnet?
Dass dem nicht so war, wurde mir bewusst, als ich eine entfernt bekannte, dunkle Stimme hörte. Sie holte mich aus den Tiefen des Vergessens zurück und hieß mich im Hier und Jetzt willkommen. Ein leises Seufzen kam über meine Lippen, doch für mehr war ich viel zu müde.
„Sei still! Ich will nicht das er vorzeitig weiß, das ich hier bin!“
Trotz der leisen Rüge dämmerte ich wieder davon und ergab mich zufrieden einem traumlosen Schlaf, bis mich etwas unvermittelt weckte. Benommen öffnete ich die Augen und blinzelte mehrmals. Um mich herum herrschte rötlich, graues Zwielicht und erst nach einigen Augenblicken wurde ich mir bewusst, das ich nicht mehr auf dem kalten Steinboden meines Verlieses lag, sondern in einem riesigen, weichen Bett. Ein rabenschwarzer Baldachin spannte sich über meinem Kopf und es kam mir vor, als würde ich erneut in der Dunkelheit versinken. Meine Glieder fühlten sich bleischwer an, als ich mich langsam auf die Seite drehte. Allmählich gewöhnten sich meine Augen an das spärliche Licht und ich konnte immer mehr Einzelheiten erkennen. Ein mächtiger, kunstvoll verzierter Schrank, dicke Teppiche auf dem Boden, eine Truhe neben einem bodentiefen Fenster. Gegenüber des Bettes befand sich ein Durchgang und ein Stück daneben ein weiterer. Vorsichtig richtete ich mich auf und verharrte. Von irgendwo außerhalb dieses Zimmers vernahm ich eine Stimme und keinen Augenblick später erklang der leise Schrei einer Frau. Gänsehaut breitete sich auf meiner Haut aus und mit klopfendem Herzen überlegte ich, was ich jetzt tun sollte.
Das erste was ich herausfinden musste war, wo ich mich überhaupt befand und warum mich Akesh aus meinem Verlies geholt hatte? Was wiederum die Frage aufwarf, was er sich davon erhoffte?
Entschlossen rutschte ich an den Rand des Bettes und zum Glück fühlte ich mich nicht mehr ganz so schwach wie zuvor. Meine nackten Füße berührten den weichen Teppich und nach einem weiteren kurzen Moment wagte ich es aufzustehen. Meine Beine fühlten sich noch etwas schwach an, aber immerhin besaß ich genügend Kraft um überhaupt stehen zu können.
Leises Wispern und Raunen drang aus Richtung des Durchgangs zu meiner Rechten und neugierig ging ich näher. Akeshs dunkle Präsenz war nirgends zu spüren, doch dafür eine andere, die mir irgendwie bekannt vor kam. Leider ließ mich mein Gedächtnis noch immer im Stich. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen und einzig meine innere Stimme riet mir, mich
lieber unter den Decken des Bettes zu verkriechen, als weiterzugehen.
Je näher ich dem Durchgang in das angrenzende Zimmer kam, desto lauter klopfte mein Herz. Ich hatte das Gefühl direkt in eine Falle hineinzulaufen.
Warmer Kerzenschein, der unter einer angelehnten Türe hervorschien, erleuchtete den kurzen Flur. Auf Zehenspitzen schlich ich weiter, jeden Moment darauf gefasst, plötzlich Akesh vor mir aufragen zu sehen. Meine weiße Magie zeigte sich in hauchzarten Schlieren an meinen Fingerspitzen und versuchte mich zu beruhigen. Mit einem Mal vermisste ich meine schwarze Seele so sehr, das es weh tat. Ich war nicht mehr ich, ich war unvollständig, die Hälfte meines früheren Ichs.
Als ich die Tür erreichte schob ich sie vorsichtig einen Spalt breit auf und erinnerte mich daran, das es das letzte Mal nicht gut geendet hatte, als ich mich in einer ähnlichen Situation befand. Wie so oft war jedoch meine Neugier einfach stärker als meine Vernunft und keinen Herzschlag später stockte mir der Atem.
Das so sanfte Kerzenlicht stand in starken Kontrast zu der ansonsten beklemmend kalten Atmosphäre. Lederne Handschellen umschlossen zarte Handgelenke und hielten die beiden nackten Körper aufrecht an der Wand. Langes Haar, einmal braun, einmal blond verbarg die Gesichter der Frauen, die seltsam ruhig in ihrer Fesselung hingen. Mit Erschrecken sah ich, das sie nicht die einzigen waren. Eine weitere Frau lag ausgestreckt auf einem großen Bodenkissen, ihre Beine unanständig weit geöffnet und ihre linke Brustwarze zwirbelnd zwischen den Fingern. So gern ich auch weggesehen hätte, so konnte ich doch nicht meine Augen von der Szene vor mir nehmen. Erst recht nicht, als eine vierte Frau sich der am Boden liegenden näherte und sich lasziv auf sie setzte. Ein leises Seufzen entschlüpfte der Liegenden, als die andere spielerisch mit ihrem Finger über ihre Scham strich.
Plötzlich bemerkte ich eine Bewegung auf der anderen Seite des Zimmers. Eine blonde Frau schälte sich aus den dort herrschenden Schatten und als das Licht der überall verstreut stehenden Kerzen ihr Gesicht erreichte, sog ich zischend den Atem ein.
Arlana! Arlana war hier, hier in den Verdammten Reichen.
Bei allen Göttern hatte sie dieser Magier tatsächlich umgebracht?
Ich versuchte mich an die Nacht in Akeshs Bibliothek zurückzuerinnern und ich war mir sicher, das Arlana dort noch gelebt hatte.
Hatte sie der Magier womöglich zurückgelassen und meine Magie hatte sie letztendlich getötet?
Genau wie so viele andere in Keross?
„Ich dachte, du kannst deine Anwesenheit nicht vor ihm verbergen“, meinte Arlana vorsichtig und drehte sich zu dem Schatten in ihren Rücken um.
„Du sollst nicht denken Arlana und vor allem sollst du dich nicht in Dinge einmischen, die dich nichts angehen. Mein Bruder weiß mit ziemlicher Sicherheit das ich hier bin. Ich hätte ihn vielleicht nur vorwarnen sollen, dass ich ihm einen Besuch abstatte, denn wie du weißt, mag er keine Überraschungen.“
Ich unterdrückte einen verräterischen Laut und presste mir die Hand vor den Mund. Diese Stimme! Ich hatte sie tatsächlich schon einmal gehört. Ungläubig beobachtete ich, wie sich Arlana einen Becher von einem goldenen Tablett nahm und sich auf ein weiteres großes Bodenkissen setzte. Sie sah einen Moment den beiden nackten Frauen bei ihrem Liebesspiel zu und verzog dann ergeben den Mund.
„Ich bin noch keinen Schritt weiter gekommen. Akesh lässt nicht mit sich reden.“
„Warum sollte er auch? Glaubst du, er hört auf so ein armseliges Weib wie dich?“
Arlana schwieg, doch ich sah ihr an, das sie am liebsten etwas darauf erwidert hätte.
Ketten klirrten leise und meine Augen huschten zu der braunhaarigen Frau an der Wand. Sie hatte ihr Gesicht zur Decke gehoben und ich sah den glücklich, entrückten Ausdruck darin. Die reinste Ekstase hatte von ihr Besitz ergriffen, sie schien nicht im Geringsten die engen Fesseln wahrzunehmen.
Plötzlich geriet Bewegung in den Schatten auf der anderen Seite und als ich die große Gestalt neben Arlana aufragen sah, wurde mir endgültig schlecht. Bittere Galle stieg mir in den Hals und ich schluckte krampfhaft. Meine Finger krallten sich in das Holz der Tür und ich wich einen Schritt zurück. Ich war tatsächlich verflucht worden! Das konnte unmöglich wahr sein! Es war, wie ein Albtraum der einen verfolgte, obwohl man wach war.
Genau neben Arlana stand der Magier von jener verhängnisvollen Nacht. Diesmal kam mir seine Aura noch gefährlicher, noch mächtiger vor.
Zu meiner Übelkeit gesellte sich Angst, Trauer und Wut. Der Mörder meiner Gefährten stand direkt vor mir. Nur wenige Schritte trennten mich von ihm und doch war ich unfähig für sie Rache zu nehmen. Wieder einmal!
Wie als hätte er meine Gedanken gehört schweifte sein Blick in meine Richtung und ich wich hastig weiter in die Dunkelheit des Flurs zurück. Ein wölfisches Lächeln teilte seine Lippen und entsetzt hörte ich seine nächsten Worte.
„Weißt du Arlana, so wie Akesh meine Anwesenheit spüren kann, so kann auch ich eine unliebsame Gegenwart spüren. Eine, von der ich eigentlich dachte, mein Bruder hätte sie ausgelöscht.“
Aufgrund meiner wachsenden Angst, zeigte sich auch immer mehr meiner weißen Magie, die in silbrigen Wirbeln unruhig um mich herum strich. Seit dem Verlust meiner schwarzen Seele, fühlte ich mich angreifbarer als jemals zuvor. Damals hatte ich mich gegen den Magier nur dank meiner schwarzen Seele behaupten können, doch jetzt stand ich ihm wehrlos gegenüber.
„Was meinst du?“
„Wir werden belauscht Arlana.“
„Wer sollte so dumm sein …“
„Die weiße Hexe.“
Mit einem erstickten Laut wirbelte ich herum und wollte zurück in den Raum mit dem Bett fliehen, aber es blieb bei einem Versuch. Ich kam nur wenige Schritte weit.
Heiß, brennender Schmerz schlang sich um meine Taille, mein rechtes Handgelenk und meinen Hals. Es fühlte sich an, als würden sich tausende, spitze Nadeln in meine Haut bohren. Panisch griff ich mit meinen Fingern nach der magischen Schlinge, die mir die Luft raubte, in dem vergeblichen Versuch sie zu lösen. Ich stolperte und schlug hart auf dem Steinboden auf. Immer mehr meiner weißen Magie strömte aus meinem Innersten hervor und endlich lockerte sich die glühende Schlinge, die mir den Atem nahm. Dafür zogen sich die beiden anderen enger zusammen und ich schrie gepeinigt auf. Schlagartig hüllte mich silbrige Helligkeit ein, in einer Intensität, die ich so noch nie erlebt hatte. Meine weiße Magie schwoll an und rauschte einer wilden Gischt gleich über mich hinweg. Sie löste die beiden verbliebenden magischen Fäden und erleichtert biss ich die Zähne zusammen. Panisch versuchte ich meinen rasenden Herzschlag zu beruhigen, denn ich musste wieder auf die Beine kommen um von hier zu fliehen. Einen weiteren Angriff seitens des Magiers würde ich nicht überstehen. Verbissen drückte ich die Beine durch, doch ich hatte keine Kraft mehr mich zu bewegen. Eine bleierne Schwere hatte sich meiner bemächtigt und unfähig mich auch nur das kleinste bisschen zu bewegen lauschte ich hilflos den näher kommenden Schritten.
Eine Welle aus Furcht und Verzweiflung brach über mich herein, denn ich ahnte, das wenn er mich erreichen sollte, mir neben dem brennenden Schmerz noch etwas viel Gefährlicheres drohte.
Meine weiße Seele verdichtete sich zu einer silbrig schimmernden Barriere und schloss mich vollständig ein. Sofort konnte ich leichter atmen und die Schmerzen ebbten ab. Absolute Stille umgab mich. Nichts was jenseits dieser Barriere war, schien mir etwas anhaben zu können. Ich fühlte mich geschützt, geborgen und losgelöst. Ich war mir sicher, das die Kraft des Magiers nicht ausreichen würde, bis zu mir durchzudringen. Er würde mir nichts mehr anhaben können. Ich musste es nur schaffen aufzustehen und von hier zu verschwinden.
Nie hätte ich gedacht das meine weiße Seele so mächtig sein konnte. Immer hatte ich ihr Gegenstück für das machtvoller von beiden gehalten, doch anscheinend hatte ich mich da getäuscht. Die silbrige Barriere meiner weißen Seele hüllte mich in einen schützenden Kokon und fasziniert beobachtete ich die kleinen Wirbel, die immer wieder darin entstanden. Es war so wunderschön anzusehen, das ich mich regelrecht in diesen Anblick verlor und die sich nähernde Gefahr vergaß.
Jedoch nur so lange, bis ich grob am Kinn gepackt wurde und von einem Augenblick zum nächsten in zwei amarantfarbene Abgründe blickte.
„Du bescherst mir nichts als Ärger kleine Hexe. Wie kannst du es wagen in meinem Reich diese Reinheit freizulassen? Ich hätte dir beide Seelen nehmen sollen!“
Akeshs harte, gefühllosen Worte lösten eine andere Art von Angst in mir aus, doch gleichzeitig entfachte die Berührung seiner Finger ein fast vergessenes Gefühl. Von jetzt auf gleich erlosch meine weiße Magie und ich kam mir wieder unsagbar verletzlich vor. Akeshs Augen huschten über meinen Hals, aber bevor ich etwas sagen konnte, ließ er mich los und stand auf.
Ein Zittern überkam mich und ängstlich sah ich zu seiner riesigen Gestalt auf. Er beachtete mich aber nicht weiter, sondern trat an mir vorbei und dem Magier gegenüber, der direkt hinter mir stand.
Ich hatte nicht einmal bemerkt das er mir so nahe gekommen war.
„Xylas, was bei allen Verdammten tust du hier?“
Akeshs Stimme war mehr ein Knurren als verständliche Worte, doch der Magier schien ihn nur zu gut zu verstehen. Ein entwaffnendes Lächeln erschien auf seinen schön geschwungenen Lippen und mir wurde mit einem Mal noch kälter.
„Freust du dich denn nicht mich zu sehen?“
„Nicht im Geringsten.“
„So ehrlich wie immer, aber genau das liebe ich an dir mein Bruder.“
Xylas warf mir an Akesh vorbei einen unleserlichen Blick zu und mir wurde erst in diesem Moment bewusst, wie falsch ich lag. Xylas war nicht nur irgend ein Magier, nein, er war viel mehr. Er war ein wilder Gott!
„Anscheinend begreift deine kleine Hexe endlich, mit wem sie sich angelegt hat.“
„Ist es nicht eher so, das du sie provoziert hast? Du holst sie aus dem Verlies nur um sie dann umzubringen?“, fragte Akesh missmutig.
„Ich wollte dich nur zum Handeln zwingen. Du wirktest so unentschlossen“, verteidigte sich Xylas mit einem Schulterzucken.
Ungläubig starrte ich Xylas an. Er war es also gewesen der mich aus meiner kalten Zelle hierher gebracht hatte. Unmöglich, das konnte nicht wahr sein!
Das Schlimmste daran war jedoch, dass mich in seinen Armen dieses verräterische Gefühl der Geborgenheit ergriffen hatte und allmählich begriff ich meinen Irrtum. Xylas Gefährlichkeit lag im Verstecken, anders als bei Akesh, dessen tiefschwarze Aura schon Warnung genug war. Xylas war derjenige, der Rias und die anderen umgebracht hatte. Selbst wenn er es nicht eigenhändig getan hatte, so hatte er zumindest den Befehl dazu gegeben. Wütend ballte ich meine Hände.
„Ich werde dich eigenhändig umbringen!“, zischte ich zornig und funkelte ihn böse an.
„Nur zu, versuche dein Glück!“
„Du hast sie alle umgebracht! Du -“
„Sei still Ellysa!“
Akeshs scharfer Befehl ließ mich verstummen. Xylas zog herausfordernd eine Augenbraue nach oben während sich seine Augen unheilvoll verdunkelten.
„Du hast es ihr also nicht gesagt? Du hast ihr die Wahrheit über ihre Gefährten verschwiegen? Anscheinend willst du sie doch quälen.“
„Verschwinde Xylas! Misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein!“, stieß Akesh wütend hervor, während seine Aura dunkler und erdrückender wurde.
Xylas verkniff sich ein Lächeln und in einer fast sanft anmutenden Geste strich er Akesh mit dem Finger über die Wange.
„Lass uns ein anderes Mal darüber sprechen. Ich habe gerade tatsächlich nicht so viel Zeit und die will ich mir schließlich nehmen, wenn ich mit dir zusammen bin. Wie es scheint, macht meinen Männern ein kleiner Dieb Probleme. Bis bald mein Lieber.“
Nach einem letzten eisigen Blick auf mich, drehte sich Xylas um und war schon im nächsten Moment verschwunden.
„Was hat das alles zu bedeuten?“, hauchte ich.
Zu mehr war ich nicht in der Lage. Der brennende Schmerz von Xylas Angriff war zwar verschwunden, aber das änderte nichts daran, das ich mich kraftlos und müde fühlte. Mit klopfendem Herzen wartete ich darauf, das mir Akesh antwortete.
Bedeuteten Xylas Worte das Rias, Viktor und die anderen noch lebten? Das ich auf einen uralten Trick hereingefallen war? Bedeutete es, das ich mich von Xylas gekonnt hab täuschen und anstacheln lassen? Das Keross teilweise Vernichtung tatsächlich nichts weiter war, als das Ergebnis eines kleinen Spiels, indem ich einer braven Schachfigur gleich den Zug der Zerstörung ausgeführt hatte? Und wofür das alles? Nur um zu zeigen wie gefährlich ich war? Das meine Kräfte endlich versiegelt werden mussten?
Ich musste es von Akesh hören, ich musste die Wahrheit erfahren!
„Es ist Zeit, das ich dich zurückbringe.“
Akesh Worte jagten mir einen kalten Schauer über den Rücken und ich sah die Chance verstreichen von ihm die Antwort zu bekommen, die ich so sehr begehrte.
„Nein, warte!“, flehte ich, als er sich mit einer geschmeidigen Drehung zu mir umwandte.
Seine unheilvolle Aura legte sich wie ein erstickender Mantel über mich, als er sich hinabbeugte und mich hochhob. Ich sackte an seine breite Brust und eine vernebelte Erinnerung blitzte in meinem Kopf auf.
„Bitte, bitte bring mich nicht zurück in das Verlies.“
Ich konnte die Tränen in meiner Stimme hören und hasste mich selbst dafür.
Seit wann war ich so hilflos geworden? So verwundbar?
Die Antwort kam sofort, seit mir meine schwarze Seele fehlte. Die Kraft, die sie mir gegeben hatte, war mit nichts gleichzusetzen.
„Hast du Angst vor der Kälte, der Dunkelheit oder vor mir?“, fragte Akesh und ich konnte das dunkle Vibrieren seiner Stimme an seiner Brust hören.
„Ich weiß es nicht. Ich weiß momentan gar nichts mehr“, antwortete ich ehrlicherweise.
Wahrscheinlich war es von allem etwas. Das Eingesperrt sein in dieser kalten Zelle hatte mich mit meinen Ängsten und meiner Einsamkeit konfrontiert. Seltsamerweise verspürte ich gerade in Akeshs Nähe nichts davon. Sogar meine Angst war im Moment verschwunden.
Darüber, dass sich das schlagartig ändern konnte, war ich mir nur all zu bewusst. Unbewusst krallte ich meine Finger in Akeshs Tunika und erntete ein tiefes Brummen von ihm.
„Ich hatte nicht vor dich in das Verlies zu bringen. Zumindest noch nicht.“
Stattdessen brachte er mich zurück in den Raum mit dem großen Bett. Er setzte mich darauf ab, hob die Decke an und als ich ihn verständnislos ansah, hob er missmutig eine Augenbraue.
„Ab mit dir unter die Decken!“
Zögerlich kam ich seiner Aufforderung nach, auch wenn es mich ungeheure Kraft kostete meine Arme und Beine zu bewegen.
„In Zukunft wirst du meinen Befehlen schneller nachkommen“, grollte Akesh und zog mir die Decke bis zur Nase hoch.
„Wie kommst du darauf, das ich dir gehorchen werde?“, murmelte ich müde und spürte wie meine weiße Seele tröstend ihre Finger nach mir ausstreckte.
„Aus dem einfachen Grund, das dir gar keine andere Wahl bleibt. Du bist hier in den Verdammten Reichen Liebes. Wenn du keine Gefangene in Ketten sein willst, dann wirst du dich mir unterwerfen und meinen Befehlen nachkommen.“
Meine Wiederworte blieben mir im Hals stecken, als sich Akesh drohend zu mir hinabbeugte und seine Lippen den meinen so nahe kamen.
Ich wartete darauf das er mich küsste und verfluchte mich im selben Moment dafür. Ich durfte mir durch Akeshs Spiel nicht erneut die Sinne vernebeln lassen. Er musste mir erzählen was wirklich mit Rias und den anderen passiert war. Wenn es Hoffnung gab, durfte er es mir nicht verheimlichen.
Einzelne, hauchzarte Fäden meiner Magie sammelten sich an meinen Fingern und zerstoben sofort wieder. Meine weiße Magie strömte durch mein Innerstes und drängte darauf herauszukommen.
„Wie nervig“, knurrte Akesh und richtete sich wieder auf.
Seine ungewöhnlichen Augen schienen mich regelrecht zu verschlingen und hätte ich es gekonnt, dann hätte ich fluchtartig das Zimmer verlassen.
„Was mache ich nur mit dir Liebes?“
Ich wusste, dass er nicht wirklich eine Antwort erwartete und somit schwieg ich. Stattdessen beobachtete ich, wie er sich seine Tunika über den Kopf zog und mir einen unverhüllten Anblick auf das beeindruckende Muskelspiel seines Oberkörpers gab. Noch immer wie betäubt sah ich, wie er nach dem Knopf seiner Hose griff und sie sich in einer einzigen fließenden Bewegung auszog. Schnell schloss ich die Augen, während mir heiß brennende Röte in die Wangen stieg.
Bei allen Göttern was tat er da? Ich war verloren!
Woher ich die Kraft nahm die Decken zurückzuschlagen, mich auf die Seite zu rollen, bereit für die Flucht aus dem Bett, wusste ich nicht. Aber es spielte auch keine Rolle.
Starke Arme umschlossen mich von hinten und zogen mich an einen stahlharten Körper. Ich keuchte auf und erstarrte.
„Flüchten ist sinnlos kleine Hexe. Du würdest es nicht einmal bis zur Tür schaffen und um ehrlich zu sein bin ich überrascht, das du es überhaupt noch schaffst, die Augen offen zu halten.“
Akesh zog mich enger an sich und ich meinte regelrecht zu ersticken. Vielleicht lag es auch daran, das ich schlichtweg vergaß zu atmen. Zittrig saugte ich Luft in meine brennenden Lungen. Ich fühlte mich wie ein wehrloses Tierchen in den Fängen eines Monsters, eines sehr gut gebauten Monsters. Meine weiße Magie versiegte endgültig und ich fühlte mich seltsam verlassen.
„Was hast du mit mir gemacht? Was hast du mit meiner schwarzen Seele getan? Warum hältst du mich in diesem … diesem Zustand gefangen?“, fragte ich leise und versuchte nicht an den gut gebauten Körper zu denken, der sich an mich drückte.
Bei allen Göttern, der Mann war die reinste Sünde!
„Wäre es dir lieber ich hätte dich getötet?“
Akeshs Atem strich über meinen Hals und ein unerwartetes Kribbeln erwachte in meinem Bauch.
Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Ich wollte auf gar keinen Fall sterben, aber so wie ich mich jetzt fühlte, so unvollständig, war auch nicht das, was ich wollte. Wenn mein weiteres Leben so aussehen sollte, gefangen in irgendeinem Verlies, mit diesem Sturm an Gefühlen in mir, mit dieser Wut, der Trauer, Hoffnungslosigkeit, dann war die Antwort auf Akesh Frage ein klar und deutliches ja. Ja, er hätte mich töten sollen. Aber …
„Ich weiß was in deinem Innersten vorgeht, aber glaube mir, ich werde es dir nicht so einfach machen. Ich habe eine Entscheidung getroffen und du wirst damit zurechtkommen. Sollte ich spüren, dass du aufgibst, werde ich dich wirklich töten. Ich werde deine verbliebene Seele im Nichts auflösen, so wie es der Rat befohlen hatte und es wird nicht einmal mehr ein Hauch von dir übrig bleiben.“