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Uli und Hannes ließen Titus augenblicklich wieder los.
Gustav, der Friedhofswärter, starrte Titus weiterhin voller Hass an.
„Und was Lisa betrifft, sie ist keine Hexe“, stellte der Pfarrer klar. „Oder hat sie einen von euch schon einmal verhext?“
„Sie hat als einziges Mitglied ihrer Familie einen Angriff von Lamien überlebt“, sagte Gustav. „Und wie wir alle wissen, ist ihr Mann eines Nachts schreiend aus ihrem Haus geflohen und nie wieder zurückgekehrt. Lisa steht mit denen im Bunde. Damals wurde sie von den Lamien nicht einmal angefasst.“
Zustimmendes Raunen erfüllte die Runde.
„Und“, fügte Gustav bedeutungsvoll hinzu, „es ist kein Geheimnis, dass Lisa vor einem Jahr versuchte, mich zu verhexen. Nur mit Mühe gelang es mir, mich von ihrem Zauber zu befreien. Wir hätten bereits damals Lisa zusammen mit ihrem Haus verbrennen sollen.“
Erneut zustimmendes Gemurmel. Aber auch den ein oder anderen höhnischen Lacher.
„Und wenn Leute in ihrem Haus wohnen, dann sind diese schon allein dadurch gebrandmarkt. Besonders, wenn sie wie dieser Mann einfach auf unserem Friedhof herumschnüffeln.“
Titus sah sich einer Vielzahl weit aufgerissener Augen gegenüber. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als unsichtbar zu sein. Die Leute meinten es ernst mit dem, was sie sagten. So irrsinnig und abgehoben es auch erschien. Diese Typen glaubten daran. Von Vernunft keine Spur. Vielleicht war es doch besser, Tiefenfall so schnell wie möglich zu verlassen.
Walter Dorn breitete seine Arme in einer umarmenden Geste aus. „Seid nicht zu voreilig. Lisa vermietet ihr Haus an Gäste, auch wenn, wie ich zugeben muss, diese lange auf sich warten lassen. Und esst ihr nicht ihre Torten und Kuchen, die sie extra für unsere kirchlichen Veranstaltungen backt?“
„Na ja …“, kam es kleinlaut aus manchen Kehlen.
„Da habt ihr es. Lasst Lisa einfach in Ruhe. Sie tut niemanden etwas. Und habe ich nicht einmal gehört, Gustav, dass du Lisa in gewisser Weise verhexen wolltest?“
Gelächter.
Gustavs Kopf wurde dunkelrot. Mit zorniger Miene machte er kehrt und stapfte zurück zur Palisade.
„Und jetzt zu unseren Gästen“, kam der Pfarrer auf das eigentliche Thema zurück. „Wir lassen sie in Ruhe gehen. An Heilig Abend werden sie an unserer Messe teilnehmen. Dann kann jeder von euch sich ein Bild von ihnen machen. Bei der anschließenden Vesper kommt ihr wahrscheinlich sogar schnell ins Gespräch und werdet euch für euer jetziges Verhalten schämen. Es sind schließlich Menschen wie wir. Ich habe bereits mit ihnen gesprochen und kann keinerlei Makel an ihnen feststellen. Im Gegenteil, die Unterhaltung war jedes Mal äußerst interessant und bereichernd. Ich habe viel dazugelernt. Wann kommt man schon in direkten Kontakt mit Wissenschaftlern und Schriftstellern?“
Uli und Hannes zögerten. Auch wenn sie jetzt nachgaben, so war es offensichtlich, dass die Stimmung sofort wieder kippen konnte. Titus, Gregor und Theresa galten von nun an als Zielscheiben, wenn es darum ging, ein Opfer zu suchen. Sie mussten sich hüten. Ein falsches Wort, eine falsche Bewegung, ein falscher Blick konnten dazu führen, dass man sie erneut jener ominösen Bestrafung zuführen würde. Und was Lisa betraf, daran wollte Titus erst gar nicht denken. Am liebsten würde er sie in seinen Koffer stecken und heimlich aus Tiefenfall tragen. Wieso hatte sie diesen Ort nicht schon längst verlassen?
Walter Dorn schüttelte ihnen nacheinander die Hände. „Entschuldigt bitte diese Unannehmlichkeit. Es sind im Grunde genommen gute Menschen. Machen Sie sich lieber wieder auf den Weg. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen ein zweites Mal beistehen kann.“
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