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Er war dreißig Jahre alt und noch ziemlich jung für seine Position als Detektiv. Aber er war schnell aufgestiegen, besonders nachdem er als Straßenpolizist dazu beigetragen hatte, einen berüchtigten Serienmörder namens Bolton Crutchfield zu fassen.
Als er und Offizier Decker herauskamen, ließ ihn etwas, das sein Chef gesagt hatte, in dieses warme, leichte Grinsen ausbrechen, das so sympathisch war. Dieses Lächeln war sogar in Befragungen von Verdächtigen zu sehen. Zu ihrer Überraschung löste der Anblick von ihm eine unerwartete Reaktion in ihr aus. Irgendwo in ihrem Bauch entstand ein seltsames Gefühl, das sie seit Jahren nicht mehr gespürt hatte: Schmetterlinge.
Hernandez erblickte sie und winkte, als die beiden Männer sich auf den Weg zu ihr machten. Sie stand auf, ärgerte sich über das unerwartete Gefühl und hoffte, dass Bewegung es ersticken würde. Sie zwang ihre Gedanken in den professionellen Modus und versuchte basierend auf ihrem Gesichtsausdruck herauszufinden, worüber sie privat gesprochen haben könnten. Aber beide Männer trugen Masken, die darauf hindeuteten, dass sie versuchten, den Inhalt ihrer Diskussion geheim zu halten. Jessie bemerkte jedoch eine Sache: Ryan sah müde aus.
„Willkommen zurück, Hunt“, sagte Decker oberflächlich. „Ich hoffe, Ihre Zeit in Virginia war aufschlussreich?“
„Sehr wohl“, antwortete sie.
„Ausgezeichnet. Während ich gerne die Einzelheiten hören würde, müssen wir das vorerst noch verschieben, stattdessen werden Sie Ihre neuen Fähigkeiten sofort auf die Probe stellen. Sie haben einen Fall.“
„Bitte?“, fragte sie etwas überrascht. Sie nahm an, dass er mit ihr über ihre neuen Aufgaben sprechen wollte, die sie als nun fest angestellter Profiler übernehmen sollte.
„Hernandez wird Ihnen unterwegs die Details erklären“, sagte Decker. „Der Fall ist etwas heikel und Ihre Dienste wurden ausdrücklich angefordert.“
„Wirklich?“ fragte Jessie und bedauerte ihre Begeisterung sofort.
„Wirklich, Hunt“, antwortete Decker und blickte finster drein. „Anscheinend haben Sie sich einen gewissen Ruf aufgebaut. Ich kann jetzt nicht näher darauf eingehen. Es genügt zu sagen, dass die Leute da oben diesen Fall mit Bedacht behandeln wollen. Ich erwarte, dass Sie das während den Ermittlungen im Hinterkopf behalten.“
„Selbstverständlich.“
„In Ordnung. Wir sehen uns später“, sagte er. Dann drehte er sich um und ging ohne ein weiteres Wort davon.
Ryan, der bis dahin nicht gesprochen hatte, tat es schließlich jetzt.
„Willkommen zu Hause“, sagte er. „Wie geht es dir?“
„Nicht schlecht“, sagte sie und ignorierte das flatternde Gefühl, das plötzlich zurückgekehrt war. „Ich lebe mich gerade erst wieder ein.“
„Nun, gleich wieder voll einzusteigen sollte dir dabei helfen“, sagte er. „Wir müssen sofort los.“
„Habe ich noch Zeit, die Waffe abzuholen, die ich angefordert habe, bevor ich nach Quantico gegangen bin?“
„Ich habe das heute Morgen für dich überprüft“, sagte er, als sie begannen, durch das Büro zu laufen. „Leider ist da bürokratisch etwas schief gelaufen und dein Antrag wurde noch nicht bearbeitet. Ich habe das Problem mit dem Papierkram gelöst, aber du wirst deine Waffe wahrscheinlich erst nächste Woche bekommen. Denkst du, du kannst erstmal noch deinen Kopf als Waffe benutzen in den nächsten Tagen?“
Er lächelte sie an, aber sie bemerkte etwas, das sie vorher nicht bemerkt hatte. Er hatte Augenringe unter seinen Augen, die ein wenig rot waren.
„Klar“, sagte sie nickend und versuchte, mit seinem zügigen Tempo Schritt zu halten. „Ist alles in Ordnung?“
„Ja. Warum?“ fragte er und blickte zu ihr hinüber.
„Du siehst nur ein wenig… müde aus.“
„Ja“, sagte er und schaute wieder geradeaus, während er sprach. „Ich habe in letzter Zeit Schlafprobleme. Shelly und ich werden uns trennen.“
Kapitel neun
Sie waren bereits einige Minuten im Auto gewesen, bevor sich wieder alles normal anfühlte.
Jessie hatte ihm auf dem Revier ihr Mitgefühl ausgesprochen und Ryan hatte ihr gedankt. Aber er erzählte nicht wirklich etwas darüber und sie hielt es nicht für angebracht, Fragen zu stellen. Und da der Fall, den sie behandelten, zu heikel war, um im Revier darüber zu sprechen, sprachen sie über ihren Rückflug und Supermarkt-Sushi. Sie waren aus der Übung.
Als sie sich auf den Weg machten war zu Beginn weiterhin eine komische Stimmung zwischen den beiden. Als sie aus der Garage auf die Straße fuhren, klopfte ein Obdachloser an ihr Fenster und bat um Kleingeld. Sie sprang in ihrem Sitz auf und schlug sich mit dem Kopf an der Decke.
„Alles in Ordnung?“ fragte Ryan und schaute sie kurz an.
„Ja, ich schätze, ich bin nur nicht mehr daran gewöhnt“, sagte sie, als sie die wunde Stelle rieb. „Es gibt nicht so viele Obdachlose in den Straßen von Virginia.“
Ryan sah aus, als wolle er antworten, überlegte es sich dann aber anders. Als sie durch die Stadt fuhren, entspannte sich die Situation zwischen ihnen langsam.
„Also, was ist so heikel an diesem Fall, dass wir ihn nicht auf dem Revier besprechen konnten?“, fragte sie.
„Das hätten wir wahrscheinlich gekonnt“, gab Ryan zu, als er auf die Autobahn Richtung Westen fuhr. “Aber Decker kann ein wenig paranoid sein und ich finde es einfacher, das zu tun, was er möchte. Wir sind auf dem Weg nach Pacific Palisades.“
„Das ist ein bisschen außerhalb unseres Bereichs, oder?“
Ja, etwa 30 Kilometer. Aber obwohl es fast in Malibu ist, ist es technisch gesehen Teil der Stadt Los Angeles, also liegt es in der Zuständigkeit des LAPD. Die Leute vom Revier West-LA haben einen Fall bekommen, von dem sie dachten, wir könnten helfen. Eigentlich dachten sie, du könntest helfen. Ich bin nur für die Fahrt da.“
„Wie jetzt?“ fragte Jessie völlig verwirrt.
„Lass mich von vorne beginnen“, sagte Ryan. „Irgendwann in den letzten zwölf Stunden wurde eine Frau namens Penelope Wooten ermordet. Sie wurde mindestens achtmal in die Brust und den Bauch gestochen. Mein alter Partner, Brady Bowen, hat den Fall übernommen. Es stellte sich heraus, dass Penelope mit Colton Wooten verheiratet ist. Klingelt bei diesem Namen etwas?“
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