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Ich kann Alpbacher jedoch nichts vorwerfen, denn er hat sich mir gegenüber immer völlig korrekt verhalten. Nichtsdestotrotz hat mich sein Blick aber nicht mehr losgelassen, so Anna abschließend. Diese stumme Forderung, zu sein, was er in mir gesehen hat, dieses rätselhafte Wesen, von dem ich nichts wusste, das aber irgendwo in mir schlummern musste, war gleichzeitig Fluch und Versprechen. Einerseits wollte ich wie jede andere Jugendliche auch mich selbst entdecken, andererseits war ich natürlich neugierig auf dieses unbekannte Wesen in mir und hatte außerdem das ungute Gefühl, dass mein eigener Lebensentwurf niemals heranreichen würde an die Vorstellungen, die Alpbacher von mir hatte. Und auch die Männer, denen ich von da an begegnete und die ich hätte lieben wollen: Ihre Blicke kamen nicht heran an die Blicke von Alpbacher. Was sie in mir sahen, kannte ich schon längst. Zumindest kam mir das so vor.
Die Worte waren nur so aus Anna herausgesprudelt wie etwas, das schon die längste Zeit den Weg ins Freie gesucht hatte. Jetzt schien ihr bewusst zu werden, dass sie ihr wahrscheinlich größtes und intimstes Geheimnis gerade mir erzählt hatte, einem ehemaligen Klassenkollegen, von dem sie nie besonders viel gehalten hatte.
Gleich darauf stand Anna auf und ging aufs Klo. Als sie zehn Minuten später nicht wieder zurück war, zahlte ich und verließ das Lokal. Ich schlief schlecht in dieser Nacht und schreckte frühmorgens auf aus einem Traum. Anna war darin vor dem Fresko im Esszimmer der Mysterienvilla gestanden und hatte mit einem Schraubenzieher dem blassen Mädchen Stück für Stück das Gesicht weggekratzt. Der weißbärtige Alte war in meinem Traum zu Alpbacher geworden. Er beobachtete Anna, bis sie ihr Werk vollendet hatte, und verschwand dann rückwärts im Dunkel der gemalten Türöffnung. Alpbachers Gesichtsausdruck war dabei unbestimmt, sodass ich nicht hätte sagen können, ob er bedrückt war oder froh über das endgültige Verschwinden des Mädchens.
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