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Ganz anders gestaltet sich beispielsweise die Schreibung der Familiennamen im Niederländischen. Deren Schreibung wurde erst relativ spät – im Jahr 1811 – und damit nach Einführung der Orthographie fixiert (NÜBLING UND MARYNISSEN 2010: 317). Das bedeutet, dass die Schreibung der niederländischen Familiennamen stark an die Rechtschreibung angepasst wurde und „sich die meisten FamN in den Niederlanden orthographiekonform, z.B. Bakker, Haan, Lang, Kuiper(s) ‘Böttcher’“ schreiben (NÜBLING UND MARYNISSEN 2010: 317, Hervorh. i.O.).3
Dass im Deutschen die Graphematik der onymischen Markierung dient, lässt sich am besten an besonders alten, natürlich entstandenen Namensystemen wie den Familiennamen und den Ortsnamen aufzeigen. Diese konservieren häufig alte und auch regionale Schreibungen. So finden sich in Familiennamen besonders häufig „[p]eriphere Grapheme“ wie , die im Lexikon, d.h. im nicht-onymischen Wortschatz, weitaus seltener vorkommen (NÜBLING ET AL. 2015: 89, Hervorh. i.O.).4 Es sind überwiegend Fremdwörter – zum Beispiel
Eine weitere onymische Besonderheit besteht in der „Aufhebung des morphologischen Prinzips“ (NÜBLING ET AL. 2015: 87). So ist es für Namen nicht relevant, morphologische Beziehungen zu anderen Wörtern oder Wortformen anzuzeigen (NÜBLING ET AL. 2015: 87). Bei einigen Namen lassen sich dementsprechend graphematische Abweichungen in der Morphemfuge erkennen, durch die die ursprüngliche morphologische Struktur weniger klar ersichtlich ist (NÜBLING ET AL. 2015: 87). Dies zeigt sich beispielsweise an Familiennamen wie Matthießen und Lorenzen, die zurückgehen auf Matthias + das onymische Suffix –sen bzw. Lorenz + –sen, in denen die Morphemgrenze verunklart ist. Auch an Familiennamen wie
Solche Bezüge brauchen bzw. sollen nicht im FamN aktualisiert werden – im Gegenteil: Durch all diese onymischen Sonderschreibungen vermeidet der Name solch eine falsche, ja irreführende Verbindung. Er macht sich ausdrucksseitig onymischer und distanziert sich vom APP[ellativ]. (2015: 88)
So gibt es im Deutschen häufiger die Familiennamen
Auch bei der Graphotaktik, die auch als Graphemsyntax bezeichnet wird, lassen sich Unterschiede zwischen Name und Appellativ erkennen: Für das Deutsche allgemeingültige Regeln der Graphotaktik sind bei Namen außer Kraft gesetzt. So kommt es, dass Graphemkombinationen wie in Bismarck und Roth, bei denen
Namen verhalten sich auch anders in Bezug auf die Graphem-Phonem-Korrespondenzen (NÜBLING ET AL. 2015: 88f., NÜBLING 2005: 33f.). NÜBLING schreibt dazu, dass im Deutschen generell „relativ eindeutige Lese- (Graphem-Phonem-Korrespondenzen), aber mehrfache Schreibregeln (Phonem-Graphem-Korrespondenzen)“ bestehen, sodass etwa ein Phonem wie [i:] in vierfacher Weise verschriftet werden kann (2005: 33).5 In einem Wort wie Bibel wird [i:] als geschrieben, in Lied als
Ein Verfahren, das in vielen Sprachen verwendet wird, um Namen von anderen Wortarten abzugrenzen, ist die onymische Großschreibung.6 Auch im Deutschen werden Namen und einige deonymische Adjektive wie Kölner in Kölner Dom großgeschrieben (NÜBLING ET AL. 2015: 89). Deonymische Adjektive mit dem Suffix -sch- wie in grimmsche Märchen können mittlerweile auch kleingeschrieben werden. In anderen Sprachen, z.B. im Engl., Frz., Span. und Poln., in denen mit Ausnahme der Namen alle anderen Substantive kleingeschrieben werden, fungiert die Namengroßschreibung als wichtiger onymischer Marker. Im Deutschen ist sie jedoch aufgrund der Großschreibung jeglicher Substantive weniger wirkungsvoll (NÜBLING 2005: 32), HARWEG spricht sogar davon, die onymische Markierung durch Großschreibung sei „[f]ast völlig außer Kraft gesetzt oder besser: von vorneherein unmöglich gemacht“ (1999: 202). Dass in einer Sprache, die Klein- und Großschreibung aufweist, die Großschreibung in einem so geringen Maß als onymischer Marker genutzt wird, stellt nach HARWEG „weltweit eine absolute Ausnahme“ dar (1999: 204). NÜBLING vermutet, dass „das Deutsche genau wegen dieser mangelnden Kontrastwirkung der EN-Großschreibung so stark auf andere graphische Abweichungen“ setzt (2005: 33).
Schließlich kann auch auf den „besonderen Gebrauch von Syngraphemen“, zu denen Apostroph und Bindestrich zählen, hingewiesen werden (NÜBLING ET AL. 2015: 90, Hervorh. i.O.). Der Apostroph findet sich häufig in Namen wie Andrea’s Büdchen, um das Genitiv-Flexiv –s vom Namenkörper abzugrenzen. Weil der Apostroph so häufig in ebendieser Funktion verwendet wurde, wird diese Nutzung mittlerweile vom amtlichen Regelwerk akzeptiert (NÜBLING ET AL. 2015: 90f.). Ursprünglich zeigte der Apostroph die Auslassung eines Lautes an, er wurde allerdings zu einem „morphographischen Grenzsignal“ umgedeutet, „das den graphischen EN-Körper von nicht-onymischem Material […] abhebt, ihn damit schont und seiner sofortigen Erfassung dient“ (NÜBLING ET AL. 2015: 91). Im Fall von Andrea’s Büdchen ist der Namenkörper Andrea für den Leser deutlicher erkennbar und es kann zu keiner Verwechslung mit der männlichen Variante Andreas kommen.7 Auf die „Schonung, Abgrenzung und Konstanthaltung des Namenkörpers“ zielt auch die zunehmende Nutzung von Bindestrichen ab, die sich bei Komposita mit einem onymischen Bestandteil findet (NÜBLING ET AL. 2015: 92, Hervorh. i.O.). Anhand eines Kompositums wie Erdoğan-Besuch lässt sich der Nutzen der Bindestrichschreibung sehr gut erkennen. Insbesondere Komposita mit Namen, die nicht-native phonologische und graphematische Strukturen aufweisen, profitieren von einer Bindestrichschreibung, weil so der Namenkörper möglichst unangetastet bleibt und die Wortgrenze deutlich markiert ist.
3.4.3 Graphische Markierung der Namen
Die onymische Markierung kann auch auf graphischer Ebene erfolgen, d.h., dass Namen – insbesondere, wenn sie syntaktisch integriert sind – durch verschiedene graphische bzw. visuelle Mittel vom restlichen Text abgesetzt werden. Voraussetzung für das Wirksamwerden dieser Mittel ist allerdings eine Realisierung der Namen im Medium der Schrift. KALVERKÄMPER formuliert dazu 1978 folgende Ausgangsbeobachtung:
Nicht nur das Sprachsystem selbst kann die Determination auf propriale Kommunikationsfunktion eines Sprachzeichens erbringen; es stehen auch Signale außerhalb des Sprachsystems zur Verfügung, die entweder allein oder gemeinschaftlich mit der Sprache die Festlegung eines Sprachzeichens als Proprium übernehmen. (1978: 309f.)
Er spricht dabei von einer „Transposition“ (KALVERKÄMPER 1978: 312), die die Graphie leistet, indem sie ein Wort in die Substantivklasse der Namen überführt.1 Mit den Strategien der graphischen Auszeichnung von Namen haben sich bisher allerdings nur einige wenige Autoren beschäftigt, was erstaunlich ist, weil viele Zeitungen und Magazine bei Namen von speziellen Auszeichnungstechniken Gebrauch machen.2 Ein Aufsatz, der gezielt die Kennzeichnung von Namen durch graphische Mittel thematisiert, stammt von TIPPE, der diesbezüglich auch von der „Leistung graphischer Elemente“ spricht (1995: 349). Den Beobachtungen von KALVERKÄMPER (1978) und TIPPE (1995) folgend, wird diese Möglichkeit der onymischen Markierung im Folgenden als graphische Markierung bezeichnet.
Die onymische Markierung durch graphische Mittel ist für einige Namenklassen weniger relevant als für andere. Bei Ruf- und Familiennamen sowie geographischen Namen ergeben sich kaum Abgrenzungsprobleme, weil die Differenzierung in der Regel bereits auf verschiedenen sprachlichen Ebenen und insbesondere auf graphematischer Ebene geleistet wird. Das zeigt sich auch daran, dass diese Namen in Texten, z.B. in Zeitungsberichten, selten durch Kursivschreibung, Fettschreibung etc. hervorgehoben werden. Schwieriger ist die Unterscheidbarkeit hingegen bei voll-transparenten – KALVERKÄMPER spricht auch von „appellativ-homophon[en]“ – Namen (1978: 317). Diese finden sich nach NÜBLING ET AL. bei einer Sortierung der Namen anhand ihrer Individualität und Belebtheit insbesondere in den „unteren Klassen“, also den Namen mit einem geringen Individualitäts- und Belebtheitsgrad (2015: 105).3 Namenklassen wie Ergonyme (z.B. Warennamen, Unternehmensnamen, Institutionsnamen), Praxonyme (z.B. Kriegsnamen, Revolutionsnamen und Veranstaltungsnamen) sowie Phänonyme (z.B. Namen von Großbränden, Hoch- bzw. Tiefdruckgebieten, Wirbelstürmen und Sturmfluten) weisen demzufolge oft „nicht-onymische […] Bausteine“ wie Appellative, Adjektive und Präpositionen auf und sind demzufolge anfälliger für Verwechslungen (NÜBLING ET AL. 2015: 105).
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