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“Was machst du hier?”, fragte eine staalhaarige Frau, und schaute mit einem Mund voll Nadeln hoch.
“Verzeihung …”, begann Sophie. “Meine Herrin … sie wird mich schlagen, wenn ihr Kleid noch später kommt … sie sagte … ich soll den ganzen Weg laufen.”
Sie konnte nicht als eine Bedienstete durchgehen, die ihre Herrin begleitete, aber sie konnte die Dienerin der Adligen sein, die für Botengänge in der letzten Minute losgeschickt wurde.
“Und der Name deiner Herrin?”, fragte die Damenschneiderin.
Ist das wirklich die Art von Dienerin, die Milady D’Angelica schicken würde? Vielleicht weil sie dieselbe Größe haben und sie wissen will, ob es passt?
Das Aufflackern von Sophias Talent kam unaufgefordert. Sie hatte mehr Sinn als Verstand.
“Milady D’Angelica”, sagte sie. “Verzeihen Sie, aber sie sagte, ich soll mich beeilen. Der Ball –“
“Der wird nicht vor ein oder zwei Stunden losgehen und ich bezweifle, dass deine Herrin nicht eher da sein will, ehe sie keinen großen Auftritt haben kann”, antwortete die Damenschneiderin. Ihr Ton war jetzt ein wenig schärfer, obwohl Sophia annahm, dass das nur an der Person lag, für die sie vorgab zu dienen.
Die andere Frau gab nach. “Warte hier.”
Sophia wartete, auch wenn es das Schwerste überhaupt in dem Moment war. Es gab ihr zumindest die Gelegenheit zuzuhören. Der Diener im Palast hatte recht gehabt: Menschen sprachen unterschiedlich, weit entfernt von dem ärmsten Teil der Stadt. Ihre Vokale waren mehr gerundet, die Spitze der Wörter mehr geschliffen. Eine der Frauen, die dort arbeitete, schien aus einem der Handelsstaaten zu kommen, ihr Akzent ließ ihr R rollen, als sie mit den anderen sprach.
Es dauerte nicht lange, bis die ursprüngliche Schneiderin mit einem Kostüm zurückkam und es Sophia zur Kontrolle anhielt. Es war das schönste Kleid, was Sophia je gesehen hatte. Es schimmerte Silber und blau und es schien zu glänzen, während es sich bewegte. Das Mieder war mit Silberfaden bearbeitet und sogar die Unterröcke schimmerten in Wellen, was wie eine Verschwendung aussah. Wer würde die sehen?
“Milady D’Angelica und du haben dieselbe Größe, ja?”, fragte die Schneiderin.
“Ja, Ma’am”, erwiderte Sophia. “Deswegen hat sie mich geschickt.”
“Dann hätte sie dich gleich zuerst schicken sollen, anstatt eine Liste an Maßen.”
“Ich werde es ihr ausrichten”, sagte Sophia.
Das ließ die Damenschneiderin blass vor Schreck zurückweichen, als wenn der schiere Gedanke daran schon ausreichte, um ihr einen Herzstillstand zu bescheren.
“Das ist nicht nötig. Es ist sehr nah dran, aber ich muss ein paar Sachen anpassen. Bist du sicher, dass du ihre Größe hast?”
Sophia nickte. “Bis auf den Zentimeter Ma’am. Sie gibt mir nur dass zu essen, was sie isst, sodass wir gleich bleiben.”
Das war ein ausgelassenes und dummes Detail, aber die Schneiderin schien es zu schlucken. Vielleicht war es die Art von Extravaganz, von der sie glaubte, dass eine Adlige sich dazu herablassen würde. Wie dem auch sei, sie machte die Anpassungen so schnell, dass Sophia es kaum glauben konnte, endlich übergab sie ihr ein Paket, das in gemustertem Papier eingepackt war.
„Die Rechnung geht auf Miladys Konto?“ fragte die Damenschneiderin. Es lag ein wenig Hoffnung da drin, als wenn Sophia ihr Geld übergeben würde, aber Sophia konnte nur nicken. „Natürlich, natürlich. Ich vertraue darauf, dass Milady D’Agelica zufrieden sein wird.“
“Ich bin sicher, dass sie das sein wird”, sagte Sophia. Sie rannte praktisch zur Tür.
Tatsächlich war sie sich sicher, dass die Adlige wütend sein würde, aber Sophia plante nicht, auf den Teil der Geschichte zu warten.
Sie musste noch in andere Läden gehen, um andere Pakete für ihre “Herrin”, “abzuholen.”
Bei einem Schuster holte sie Stiefel aus dem feinsten farblosesten Leder, mit geätzten Linien, die eine Szene aus dem Leben der namenslosen Göttin zeigen. In einer Parfümerie erwarb sie eine kleine Flasche, die roch, als wenn der Hersteller irgendwie die Essenz von allem Schönen in eine wunderbare Kombination zusammengefasst hatte.
“Das ist meine beste Arbeit”, sagte er. “Ich hoffe, Lady Beaufort hat Freude daran.”
Bei jedem Halt suchte sich Sophia eine neue Adelsfrau aus, der sie diente. Das war einfach praktisch: sie konnte nicht garantieren, dass Milady D’Angelica in jedem Laden der Stadt gewesen war. Bei einigen Läden nahm sie die Namen von den Gedanken des Eigentümers. Bei anderen, wenn ihr Talent nicht kam, musste sie das Gespräch aufrechterhalten, bis sie eine Vermutung hatte oder wie in einem Fall, bis sie einen Blick auf das Protokollbuch über der Ladentheke erhaschen konnte.
Je mehr sie stahl, umso einfacher schien es zu werden. Jedes vorherige Stück ihres gestohlenen Outfits, diente als eine Art Qualifikation für das Nächste, denn natürlich hätten die anderen Ladenbesitzer niemals Sachen an die falsche Person gegeben. Als sie an dem Laden ankam, wo sie Masken verkauften, presste der Ladenbesitzer ihr quasi seine Waren in die Hand, ehe sie durch die Tür war. Es war eine Halbmaske einer geschnitzten Ebenholzes Szene nach Szene der maskierten Göttin, die sich um die Gastfreundschaft bemüht und sich mit Federn an den Rändern und den Schmuckstücken um die Augen herum, hervorhob. Wahrscheinlich waren sie dazu gedacht, es so aussehen zu lassen, dass die Augen des Trägers im reflektierten Licht schienen.
Sophia fühlte ein wenig Schuldgefühl aufblitzen, als sie es nahm und es zu ihrer nicht unbeträchtlichen Menge an Päckchen an ihren Armen hinzufügte. Sie stahl von so vielen Menschen, sie nahm Dinge, an denen die Hersteller gearbeitet und wofür andere gezahlt hatten. Oder wofür sie zahlen würden oder noch nicht gezahlt hatten. Sophia hatte noch nicht ganz herausgefunden, wie die Adligen Dinge kauften, ohne richtig dafür zu bezahlen.
Es war nur ein kurzes Schuldgefühl, denn diese Damen hatten so viel im Vergleich zu den Waisen im Haus der Herrenlosen. Alleine die Juwelen auf dieser Maske hätten ihre Leben verändert.
Jetzt erst mal musste Sophia sich umziehen, sie konnte nicht so dreckig von ihrer Nacht am Fluss auf eine Party gehen. Sie lief um das Badehaus herum, wartete, bis sie einen Eingang fand, an dem Kutschen an der Tür standen und der getrennte Baderäume für die Damen anzeigte. Sie hatte keine Münzen zur Bezahlung, aber sie ging trotzdem zur Tür und ignorierte den Blick, den der große, muskuläre Eigentümer ihr zuwarf.
“Meine Mistress ist drinnen”, sagte sie. “Sie hat mir befohlen, alles hier herzubringen, sobald sie mit dem Baden fertig ist oder es gibt Ärger.”
Er schaute sie von oben bis unten an. Wieder schienen die Pakete in Sophias Hände wie eine Eintrittskarte zu wirken. “Dann gehst du lieber rein, oder? Die Umkleiden sind links.”
Sophia ging hinein, legte ihre gestohlenen Preise in einen Raum, der voll von heißem Dampf von den Bädern war. Frauen kamen und gingen, sie trugen umwickelte Handtücher, die dazu dienten, sie zu trocknen. Keine von ihnen sah Sophia zweimal an.
Sie zog sich aus, schlang ein Handtuch um sich und lief zu den Bädern. Sie waren in dem Stil eingerichtet, dass sie auf der anderen Seite des Flusses bevorzugten, mit mehreren heißen, warmen und kalten Pools, Masseusen an der Seite und wartenden Dienern.
Sophia war sich ihrem Tattoo auf ihrem Fußknöchel nur allzu gut bewusst, das genau sagte, was sie war, aber es gab auch abhängige Diener hier mit ihren Mistressen, die sie mit duftendem Öl massierten oder mit Bürsten durch ihre Haare fuhren. Falls jemand das Tattoo bemerkte, nahmen sie wahrscheinlich an, dass Sophia aus diesem Grund hier war.
Dennoch nahm sie sich nicht die Zeit, die sie vielleicht hätte, um in den Bädern zu schwelgen. Sie wollte hier wieder raus sein, bevor irgendjemand Fragen stellte. Sie tauchte unter Wasser, schrubbte sich mit der Seife ab und versuchte den schlimmsten Dreck von sich zu waschen. Als sie aus dem Bad trat, versicherte sie sich, dass ihr Wickeltuch bis nach unten zu ihren Fußknöcheln ging.
Wieder in der Umkleide zog sie sich Schritt für Schritt zu ihrem neuen Ich an. Sie begann mit den Seidenstrümpfen und dem Unterrock, zog die Mieder an und die äußeren Röcke, Handschuhe und mehr.
“Braucht die Dame Hilfe mit ihrem Haar?”, fragte eine Frau und Sophia sah eine Frau ihr gegenüber, die sie beobachtete.
“Wenn es keine Umstände macht”, sagte Sophia und versuchte sich zu erinnern, wie die Adligen sprachen. Ihr fiel ein, dass es einfacher wäre, wenn niemand dachte, dass sie von hier kam, sie fügte also einen Hinweis auf einen Handelsstaatenakzent hinzu, den sie bei der Schneidern gehört hatte. Zu ihrer Überraschung ging das ganz einfach, ihre Stimme passte sich genauso schnell an, wie der Rest von ihr.
Das Mädchen trocknete und flocht ihre Haare in einen anspruchsvollen Dutt, dem Sophia kaum folgen konnte. Als es fertig war, setzte sie die Maske auf und ging hinaus, ging an den Kutschen vorbei, bis sie eine sah, die leer war.
“Sie da!”, rief sie, ihre neu erfundene Stimme hörte sich merkwürdig in ihren Ohren an. “Ja, Sie! Fahren Sie mich sofort zum Palast und halten Sie unterwegs nicht an. Ich bin in Eile. Und fragen Sie nicht nach einem Tarif. Sie können die Rechnung an Lord Dunham schicken und der kann sich glücklich schätzen, dass das alles ist, was ich ihn heute Abend koste.”
Sie wusste nicht einmal, ob es überhaupt einen Lord Dunham gab, aber der Name fühlte sich richtig an. Sie erwartete, dass der Kutschfahrer diskutieren würde oder zumindest über den Preis feilschen würde. Stattdessen verbeugte er sich einfach.
“Ja, meine Dame.”
Die Kutschfahrt durch die Stadt wahr bequemer, als Sophia sich vorgestellt hatte. Bequemer als das Gerüttel hinten auf dem Wagen und vor allem kürzer. In nur wenigen Minuten konnte sie die Tore sehen. Sophia fühlte, wie ihr Herz sich zusammenzog, denn es stand immer noch derselbe Diener am Tor. Konnte sie das schaffen? Würde er sie wiederkennen?
Die Kutsche wurde langsamer und Sophia zwang sich, sich herauszulehnen, hoffend, dass sie so aussah, wie sie sollte.
“Ist der Ball schon im Gang?”, fragte sie in ihrem neuen Akzent. “Bin ich richtig, um jetzt Eindruck zu machen? Noch wichtiger, wie sehe ich aus? Meine Bediensteten sagen mir, dass dies für Ihren Hof geeignet ist, aber ich fühle mich, als wenn ich wie eine Hafenhure aussehe.”
Sie konnte sich diesen kleinen Hieb nicht verkneifen. Der Bedienstete am Tor beugte sich tief.
“Meine Dame, Sie hätten zu keiner besseren Zeit kommen können”, versicherte er ihr, mit der Art von falscher Ehrlichkeit, von der Sophia annahm, dass sie den Adligen gefiel. “Und sie sehen absolut toll aus. Bitte gehen sie durch.”
Sophia schloss die Vorhänge, als die Kutsche weiterfuhr, aber nur, damit es ihre verblüffte Erleichterung verbarg. Das funktionierte. Es funktionierte wirklich.
Sie hoffte nur, dass die Dinge auch genauso gut für Kate funktionierten.
KAPITEL SECHS
Kate genoss die Stadt alleine mehr als sie gedacht hatte. Der Verlust ihrer Schwester tat immer noch weh und sie wollte immer noch nach draußen aufs offene Land gehen, aber im Moment war Ashton ihr Spielplatz.
Sie lief durch die Straßen der Stadt und es gab etwas besonders Ansprechendes daran, sich in der Menge zu verlieren. Niemand sah sie an, ebenso wenig wie die anderen Gassenkinder oder Lehrlinge, jüngere Söhne oder potenzielle Kämpfer der Stadt. In ihrem Jungen Kostüm und mit den kurzen Stacheln ihrer Haare hätte Kate als einer von ihnen durchgehen können.
Es gab so viel zu sehen in der Stadt und nicht nur die Pferde, auf die Kate ein begehrliches Auge warf, jedes Mal, wenn sie an einem vorbeikam. Sie hielt gegenüber eines Verkäufers an, der Jagdwaffen aus einem Waggon verkaufte, die leichten Armbrüste und gelegentliche Musketen sahen unglaublich groß aus. Wenn Kate eine hätte stehlen können, hätte sie es getan, aber der Mann hatte ein wachsames Auge auf jeden, der näherkam.
Dennoch war nicht jeder so vorsichtig. Sie schaffte es eine dicke Scheibe Brot von einem Kaffeetisch zu stehlen, ein Messer, von dort, wo es jemand benutzt hatte, um ein religiöses Merkblatt aufzustecken. Ihr Talent war nicht perfekt, aber zu wissen, was die Gedanken der Menschen waren und worauf ihre Aufmerksamkeit lag, war ein großer Vorteil, wenn es um die Stadt ging.
Sie machte weiter, suchte nach einer Möglichkeit noch mehr zu bekommen, dass sie für ein Leben auf dem Land brauchen würde. Es war Frühling und das hieß an den meisten Tagen einfacher Regen anstelle von Schnee. Was würde sie brauchen? Kate begann, die Dinge an ihren Fingern abzuzählen. Eine Tasche, Zwirn, um die Fallen für die Tiere zu erstellen, eine Armbrust, wenn sie eine bekommen könnte, ein Öltuch, um den Regen von einem Pferd abzuhalten. Definitiv ein Pferd, trotz aller Risiken, die ein Pferdediebstahl mit sich bringen könnte.
Nicht, dass irgendetwas wirklich sicher war. Es gab Galgenhaken an eine der Ecken, die die Knochen von lange toten Kriminellen enthielt, die so aufbewahrt wurden, dass die Lehre anhalten würde. Über eines der ältesten Tore, die im letzten Krieg ruiniert worden waren, hingen drei Schädel auf Spikes, die anscheinend die des Verräterkanzlers und seiner Verschwörer waren. Kate fragte sich, wie das noch jemand wissen sollte.
Sie ersparte sich einen Blick auf den Palast in der Ferne, aber das war nur, weil sie hoffte, dass es Sophia gut ging. Diese Art von Ort war für die Fans der Königinwitwe und ihre Söhne, die Adligen und ihre Diener, die versuchten, die Probleme der echten Welt mit ihren Partys und ihrer Jagd auszuschließen, nicht die echten Leute.
“Hey, Junge, wenn du ein paar Münzen ausgeben kannst, dann zeige ich dir, was eine schöne Zeit ist”, rief eine Frau von den Stufen eines Hauses, während Kate die Geräusche von Menschen hören konnte, die sich selbst zu sehr genossen, obwohl es noch nicht ganz dunkel war.
“Ich bin kein Junge”, erwiderte sie schnippisch.
Die Frau zuckte die Schultern. “Ich bin nicht wählerisch. Oder komm rein und verdien dir ein paar Münzen. Die alten Lauscher mögen die Jüngeren.”
Kate ging weiter und würdigte das nicht einmal mit einer Antwort. Das war nicht das Leben, das sie für sich geplant hatte, noch war Stehlen, um etwas zu erhalten, das was sie wollte.
Es gab andere Möglichkeiten, die interessanter schienen. Überall wo sie hinschaute, schien es Rekrutierer zu geben, für die eine oder andere kostenlose Firma, die ihre hohe Zahlung im Verhältnis zu anderen erklärte oder ihre bessere Zuteilung oder den Ruhm für die Kriege der in den Kriegen auf der anderen Seite des Knife Flusses gewonnen werden konnte.
Kate ging tatsächlich zu einem von ihnen hin, ein herzhaft aussehender Mann in seinen Fünfzigern, der eine Uniform trug, die besser zu einer Kriegsidee von einem Spieler als zum echten Krieg passte.
“Hey da, Junge! Suchst du nach einem Abenteuer? Einer Heldentat? Nach der Möglichkeit des Todes durch die Schwerte deiner Feinde? Dann bist zu zum falschen Ort gekommen!”
“Der falsche Ort?”, sagte Kate und kümmerte sich nicht einmal darum, dass er auch gedacht hatte, dass sie ein Junge wäre.
“Unser General ist Massimo Caval, der wohl vorsichtigste aller Kämpfer. Er macht keinen Kampf, außer er kann gewinnen. Er verschwendet seine Männer nicht in fruchtlosen Konfrontationen. Er macht nie –“
“Sie sagen also, er ist ein Feigling?”, fragte Kate.
“Ein Feigling ist das Beste was man in einem Krieg sein kann, glaub mir”, sagte der Rekruter. “Sechs Monate vor den feindlichen Truppen davonlaufen, während sie sich langweilen und nur gelegentlich plündern, um die Dinge zu beleben. Denk darüber nach, das Leben, die ... warte, du bist kein Junge, oder?“
„Nein, aber ich kann trotzdem kämpfen“, insistierte Kate.
Der Rekruter schüttelte seinen Kopf. “Nicht für uns, das geht nicht. Geh!”
Trotz seiner Verteidigung der Feigheit sah der Rekruter aus, als wenn er ihr gleich eine Ohrfeige verpassen würde, wenn Kate weiter hier blieb, also ging sie weiter.
So viele Dinge in der Stadt machten wenig Sinn. Das Haus der Herrenlosen war ein grausamer Ort gewesen, aber zumindest hatte es eine Art Ordnung besessen. In der Stadt, so schien es, als wenn die Menschen mit wenig Input von den Machthabern der Stadt das taten, was sie wollten. Die Stadt selbst schien sicherlich keinen Plan zu haben. Kate überquerte eine Brücke, die aus Bühnen und Ständen gebaut war und sogar kleinen Häusern, bis es kaum noch genug Platz für seine eigentliche Nutzung gab. Sie lief die Straßen entlang, die sich auf sich selbst zurückwirbelten, sie lief Alleen herunter, die irgendwie zu Hausdächern auf einem niedrigeren Level wurden und Leitern platz machen.
Wenn man sich die Menschen auf der Straße anschaute, schien die ganze Stadt verrückt zu sein. Es schien an jeder Ecke jemand etwas zu schreien, die Grundlagen seiner persönlichen Philosophie erklärend, Aufmerksamkeit für die Leistung fordernd, die sie ausführen würden oder sie verurteilen die Beteiligung des Königsreichs an den Kriegen auf der anderen Seite des Flusses.
Kate duckte sich in einen Eingang, als sie die maskierten Figuren von Priestern und Nonnen sah, über den unergründlichen Geschäften der maskierten Göttin, aber nach dem dritten oder vierten Mal ging sie weiter. Sie sah, wie jemand mit einer Kette von Gefangenen umherschlug und sie fragte sich, welchen Teil der Gnade der Göttin das repräsentierte.
Überall in der Stadt gab es Pferde. Sie zogen Kutschen, sie trugen Reiter und einige der Größeren zogen Wagen voll mit allem von Steinen bis Bier. Sie zu sehen war eine Sache; eins zu stehlen war etwas ganz Anderes.
Am Ende suchte Kate sich einen Platz außerhalb eines Ostler Ladens, sie ging näher heran und wartete auf den richtigen Moment. Etwas so Großes wie ein Pferd zu stehlen, dafür brauchte sie mehr Zeit als nur einen Moment Unachtsamkeit, aber im Prinzip war es nicht anderes, als einen Kuchen zu stehlen. Sie konnte die Gedanken des Stallburschen fühlen, während diese abschweiften und wanderten. Jemand brachte eine fein aussehende Stute heraus und dachte dabei an die Adlige, für die sie gedacht war.
Verdammt, sie würde einen Damensattel brauchen, nicht das.
Der Gedanke war die Einladung, die Kate brauchte. Sie ging nach vorne, als der Stallbursche wieder hineinlief, wahrscheinlich dachte er, dass niemand das Pferd in dieser kurzen Zeit stehlen würde.
Kate wand sich ihren Weg durch die Fußgänger, die die Straßen säumten, sie stellte sich den Moment vor, wenn ihre Hände sich endlich um die Zügel schlingen würden –
“Erwischt!”, sagte eine Stimme, als eine Hand sich auf ihre Schulter legte.
Für einen Moment dachte Kate, dass jemand erahnt hatte, was sie machen wollte, aber als die Person die sie angefasst hatte, Kate zu sich umdrehte, erkannte sie die Wahrheit: es war einer der Jungen aus dem Waisenhaus.
Sie wand sich, um wegzulaufen und er schlug sie hart in den Magen. Kate fiel auf ihre Knie und sah die zwei anderen Jungen, die schnell auf sie zukamen.
“Sie haben uns nach dir geschickt, als du geflüchtet bist”, sagte der Älteste von ihnen. “Sie sagen Mädchen suchen nach mehr als nur Jungs und sie könnten uns allen Jäger hinterherschicken, wenn nötig.”
Er hörte sich bitter dabei an und Kate machte ihm keine Vorwürfe. Das Haus der Herrenlosen war ein teuflischer Ort, aber es war auch das einzige Zuhause, dass die Waisen hatten.
Aber sie machte ihm für den nächsten Schlag Vorwürfe, der ihren Kopf zurückwarf.
“Das ist für die Schläge, die du uns mit dem Schürhaken gegeben hast”, sagte er. “Und das hier ist für die Schläge, die uns der Priester danach gegeben hat.”
Er unterstrich das mit Ohrfeigen, die Kate erschütterten, wo sie kniete.
“Wir sind schon mehr als einen Tag da draußen”, sagte der Älteste. “Ich habe Hunger, ich bin müde und ich will zurück. Ich kann bald in die Armee gehen und du wirst mir das nicht kaputtmachen. Ich werde dich also dorthin hinziehen, aber nicht, ehe du mir sagst, wo deine Schwester ist.”
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