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- 100%
- +
4.1.4 Die Zustimmung als empfangsbedürftige Willenserklärung
4.1.5 Die Zustimmung als Akt wirklicher Selbstbestimmung
4.1.6 Die Zustimmung und die Urteilsfähigkeit
4.1.7 Mutmassliche Einwilligung bzw. Zustimmung?
4.2 Weitere Gültigkeitsvoraussetzungen der Zustimmung
4.2.1 Das Fehlen von Willensmängeln
4.2.2 Das Fehlen von Inhaltsmängeln (Art. 27 ZGB)
4.3 Zustimmung bzw. Einwilligung als Rechtfertigungsgrund oder Grundrechtsverzicht
4.3.1 Einleitung
4.3.2 Die Reichweite der Zustimmung bzw. Einwilligung
4.3.3 Die Zustimmung bzw. Einwilligung als Grundrechtsverzicht?
4.3.3.1 Ausgangslage
4.3.3.2 Die Einwilligung als Ausnahme vom Legalitätsprinzip
4.3.3.3 Die Zulässigkeit des Grundrechtsverzichtes?
4.3.3.4 Voraussetzungen für einen Grundrechtsverzicht und Schlussfolgerung
4.4 Die fehlende Zustimmung und der Widerruf der Zustimmung
4.4.1 Die fehlende bzw. nicht beweisbare Zustimmung
4.4.2 Der Widerruf der Zustimmung
4.5 Auswirkungen auf die übrigen behördlichen Massnahmen
4.5.1 Andere Beistandschaftsarten
4.5.2 Verzicht auf eine Beistandschaft (Art. 392 ZGB)
5. Die Verhältnismässigkeit
5.1 Das Verhältnismässigkeitsprinzip als Grundprinzip des Verwaltungsrechts und als Element für die Einschränkung von Grundrechten
5.2 Voraussetzungen für die Prüfung der Verhältnismässigkeit
5.2.1 Diagnose
5.2.2 Prognose
5.2.3 Zielsetzung
5.3 Die Geeignetheit
5.4 Die Subsidiarität staatlicher Massnahmen bzw. der Erforderlichkeitsgrundsatz
5.4.1 Subsidiaritätsprinzip («subsidiarité de principe»)
5.4.1.1 Familie sowie Freundes- und Bekanntensysteme
5.4.1.2 Privatautonome Handlungen, insbesondere spezielle Dienstleistungsanbieter im Sozialwesen
5.4.2 Subsidiarität in Bezug auf die Massnahmen («subsidiarité de mesure»)
5.4.2.1 Begleitbeistandschaft oder Dienstleistungsanbieter im Sozialwesen?
5.4.2.2 Sozialhilfe
5.4.2.3 Die bundesgerichtliche Sichtweise der Erforderlichkeit im Rahmen der Begleitbeistandschaft
5.5 Das angemessene Verhältnis von Eingriffszweck und -wirkung
IV. Die Rechtsfolge: Anordnung einer Begleitbeistandschaft und damit verbundene Pflichten
1. Rechtsfolge und statistische Häufigkeit
2. Der Doppelcharakter der Verfügung
3. Der Begleitbeistand und sein Anforderungsprofil
3.1 Die Eignung
3.2 Das Anforderungsprofil
3.3 Die erforderliche Zeit
4. Der Auftrag und die Rechtsmacht
4.1 Einführung
4.2 Die Auftraggeberin
4.3 Der Auftrag und die Rechtsmacht bei den Beistandschaften
4.3.1 Einführung
4.3.2 Analoges und ergänzendes Stellvertretungsrecht im Aussenverhältnis
4.3.3 Analoges und ergänzendes Auftragsrecht im Innenverhältnis
4.3.4 Das Zusammenspiel von Auftrag und Vertretungsmacht bzw. die beiläufige Personensorge im Sinne der Rechtsmacht
4.4 Die Rechtsmacht und der Auftrag bei der Begleitbeistandschaft
4.4.1 Die Rechtsmacht bei der Begleitbeistandschaft
4.4.1.1 Vertretungsmacht und Rechtsmacht
4.4.1.2 Begleitung als Teil der Rechtsmacht im Aussenverhältnis?
4.4.2 Der Auftrag bei der Begleitbeistandschaft
4.4.3 Das Zusammenspiel von Auftrag und Rechtsmacht im Rahmen der Begleitbeistandschaft
4.4.4 Die Auswirkungen der begleitenden Unterstützung auf die Handlungsfreiheit und –fähigkeit
4.4.4.1 Ausgangslage
4.4.4.2 Weitere juristisch geprägte Sichtweisen und deren Beurteilung
4.4.4.3 Ein philosophisch geprägter Zugang zur Handlungsfreiheit
4.4.4.4 Begriffsbestimmung und Schlussfolgerung
5. Sorgfaltspflichten
5.1 Sorgfaltspflicht im Sinne des auftragsrechtlichen Tätigkeitsgebotes
5.1.1 Ausgangslage
5.1.2 Bedeutung für Berufsbeistände
5.1.2.1 Konkretisierung durch den behördlichen Beschluss und gesetzliche Aufgaben
5.1.2.2 Operationalisierung der Aufgaben
5.1.2.3 Der Beistand als selbstverantwortlicher Tätiger mit eigenem Wirkungskreis
5.1.3 Bedeutung für Begleitbeistände
5.2 Sorgfaltspflicht auf Verschuldensebene
5.2.1 Allgemein
5.2.2 Bedeutung für alle Berufsbeistände, inklusive Begleitbeistand
6. Übertragbarkeit des behördlichen Auftrages an Dritte
6.1 Allgemein
6.2 Bedeutung für Berufsbeistände
6.3 Bedeutung für Begleitbeistände
7. Datenschutzrechtliche Fragestellungen
7.1 Schweigepflicht (Art. 413 Abs. 2 ZGB)
7.2 Reaktive Informationsweitergabe
7.3 Aktive Informationsbeschaffung bzw. -weitergabe
7.3.1 Informationsbeschaffung bei der Übernahme des Amtes (Art. 405 Abs. 1 ZGB)
7.3.1.1 Informationsbeschaffung und Begleitbeistandschaft
7.3.1.2 Vergleichbarkeit mit Art. 308 Abs. 1 ZGB?
7.3.1.3 Schlussfolgerungen
7.3.2 Die Orientierungspflicht über die Beistandschaft (Art. 413 Abs. 3 ZGB) und die Durchbrechung der Schweigepflicht (Art. 413 Abs. 2 ZGB)
8. Die Berichterstattungspflicht (Art. 411 ZGB)
9. Mitwirkungspflichten bei zustimmungsbedürftigen Geschäften
10. Pflichten im Zusammenhang mit der Vermögenssorge
11. Die Vertretung ausserhalb der behördlichen Massnahme bzw. der Begleitbeistandschaft
11.1 Möglichkeiten der privatautonomen Vertretung
11.2 Eignung der Instrumente neben einer (Begleit-)Beistandschaft
11.3 Art. 416 Abs. 3 ZGB als Grenze
11.4 Folgen in Bezug auf die Verantwortlichkeit
11.5 Folgen in Bezug auf die Aufsicht, Berichterstattung und Entschädigung
11.6 Weitere methodische Aspekte
11.7 Schlussfolgerungen
12. Kombinationsmöglichkeiten mit anderen behördlichen Instrumenten des Erwachsenenschutzes
12.1 Kombinationsmöglichkeiten mit anderen Beistandschaftsarten (Art. 397 ZGB)
12.1.1 Verhältnis zur Vertretungsbeistandschaft (Art. 394 f. ZGB)
12.1.2 Verhältnis zur Mitwirkungsbeistandschaft (Art. 396 ZGB)
12.1.3 Verhältnis zur umfassenden Beistandschaft (Art. 398 ZGB)
12.1.4 Folge der Kombinationsmöglichkeiten: Häufigere Mehrfachbeistandschaften?
12.2 Kombination mit Öffnen der Post und Betreten der Wohnung (Art. 391 Abs. 3 ZGB)
12.3 Kombination mit Art. 392 ZGB
12.4 Kombination mit anderen Instrumenten des Erwachsenenschutzes
V. Die «Beschwerde» nach Art. 419 ZGB und die Beendigung der Massnahme
1. Die «Beschwerde» nach Art. 419 ZGB
1.1 Legitimation
1.2 Anfechtungsgegenstand und -frist
1.3 Anwendbares Verfahrensrecht und Kognition
1.4 Exkurs: Verfahrensrechte zwischen Schutzinteressen, Drittinteressen und verfassungsmässigen Ansprüchen
1.5 Bedeutung für die Begleitbeistandschaft
2. Die Beendigung der Massnahme
2.1 Die Beendigung und deren Voraussetzungen
2.1.1 Die Beendigung ex lege und auf Antrag hin
2.1.2 Bedeutung für die Begleitbeistandschaft
2.2 Folgen der Beendigung
TEIL 3 HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE BEGLEITBEISTANDSCHAFT DURCH DIE UN-BEHINDERTENRECHTSKONVENTION
I. Grundlagen
1. Einleitung
2. Zwecksetzung und Entstehungsgeschichte
3. Überblick über die Bestimmungen der UN-Behindertenrechtskonvention
II. Ausgewählte für die Begleitbeistandschaft relevante Aspekte
1. Behindertenbegriff und Erwachsenenschutz
2. Schwächezustände gemäss Art. 390 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB und Behindertenrechtskonvention
3. Die Art und Weise der Unterstützung aus Sicht der Behindertenrechtskonvention im Vergleich zum Behindertengleichstellungsgesetz
4. Die Unterstützung im Sinne von Art. 12 BRK im Besonderen und Erwachsenenschutz
4.1 Ausgangslage
4.2 Legal capacity und Rechts- und Handlungsfähigkeit gemäss schweizerischem Privatrecht
4.3 Geeignete Massnahmen nach Art. 12 Abs. 3 und 4 BRK
4.4 Vertretung als Unterstützung?
4.4.1 Ausgangslage
4.4.2 Selbstbestimmung und Vertretung im Erwachsenenschutz
4.4.2.1 Behördliche Ebene
a) Massschneiderung, Subsidiarität und Verhältnismässigkeit als Garanten der Selbstbestimmung
b) Qualifizierte Beweislast für behördliche Massnahmen
c) Präzise und wissenschaftsbasierte Abklärungen
d) Selbstbestimmung durch Beistandschaften und durch das Verfahren
e) Verbesserungsmöglichkeiten
4.4.2.2 Mandatsführungsebene
a) Der behördliche Auftrag als Verpflichtung zur Selbstbestimmung
b) Autonome Handlungsspielräume zur Selbstbestimmung
c) Dualistisches System zwischen Rechtsmacht und selbstbestimmteren Rechtshandlungen
d) Die fremdbestimmte Selbstbestimmung des Beistandes
e) Staatlich eingesetzter Beistand als Schranke der Selbstbestimmung?
f) Verbesserungspotenzial
4.4.3 Schlussfolgerungen
4.5 Schlussfolgerungen für die Begleitbeistandschaft
III. Ansätze zur Förderung der Autonomie im Entscheidungsprozess bei Menschen mit kognitiven Einschränkungen und an der Grenze der Urteilsunfähigkeit
1. Förderung der Autonomie bei Urteilsfähigen mit kognitiven Einschränkungen
2. Supported Decision Making gemäss der Behindertenrechtskonvention
2.1 Subsitute Decision Making
2.2 Supported Decision Making
2.3 Das Spektrum von Subsitute zu Supported Decision Making
3. Ansätze und Konzepte zur Förderung des Supported Decision Making
3.1 Mehrfachbeistandschaft
3.1.1 Beschreibung
3.1.2 Beurteilung für die Begleitbeistandschaft
3.2 Rechtliche bzw. persönliche Assistenz
3.2.1 Beschreibung
3.2.2 Beurteilung für die Begleitbeistandschaft
3.3 Shared Decision Making
3.3.1 Beschreibung
3.3.2 Beurteilung für die Begleitbeistandschaft
3.4 Clearing Plus
3.4.1 Beschreibung
3.4.2 Beurteilung für die Begleitbeistandschaft
3.5 Supported Network/Trusted-Person-Ansatz
3.5.1 Beschreibung
3.5.2 Beurteilung für die Begleitbeistandschaft
3.6 Aufsuchende Vertrauensperson
3.6.1 Beschreibung
3.6.2 Beurteilung für die Begleitbeistandschaft
3.7 Familienrat-Ansatz/Circle-Network
3.7.1 Beschreibung
3.7.2 Beurteilung für die Begleitbeistandschaft
3.8 Peer-Group-Ansatz
3.8.1 Beschreibung
3.8.2 Beurteilung für die Begleitbeistandschaft
3.9 Choose-Get-Keep-Leave
3.9.1 Beschreibung
3.9.2 Beurteilung für die Begleitbeistandschaft
4. Einordnung der diversen Konzepte und Ansätze
5. Ausdehnung auf Menschen an der Grenze zur Urteilsunfähigkeit?
5.1 Grenzen von Supported Decision Making und Begleitbeistandschaften
5.2 Kommunikationsverhalten als Mitursache für Urteils(un)fähigkeit
5.3 Delegation von Teilaspekten der Urteilsfähigkeit an Dritte?
5.3.1 Der Begleitbeistand als Übersetzer zur Ermöglichung von Urteilsfähigkeit
5.3.2 Der Kern der Urteilsfähigkeit
5.3.3 Delegation von Teilaspekten ausserhalb des Kerns der Urteilsfähigkeit an Dritte?
6. Herausforderungen für die Begleitbeistandschaft
6.1 Herausforderung, Subsidiarität und Verhältnismässigkeit
6.2 Herausforderung Missbrauchspotenzial
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Materialien, Berichte und Stellungnahmen
1. Revision Erwachsenenschutz
2. Weitere Materialien
3. Weitere Berichte und Stellungnahmen

1. Ziel und Zweckbestimmung des Erwachsenenschutzes
1
Natürliche handlungsfähige Personen handeln als Rechtssubjekte im Rahmen der Rechtsordnung grundsätzlich selbstständig. Diese Selbstständigkeit kann dann infrage gestellt werden, wenn eine Person einen Schwächezustand aufweist, der ihr Wohl gefährdet und zur Folge hat, dass sie wichtige Angelegenheiten nicht mehr oder nur noch unzureichend besorgen kann.[1] Hier sollen die Instrumente des Erwachsenenschutzes greifen, und zwar in zweifacher Hinsicht: Sie sollen zunächst ermöglichen, dass die schutzbedürftige Person im Rechtsverkehr als eigenverantwortliche Entscheidungsträgerin trotz ihres Schwächezustandes auftreten kann. Die Instrumente haben somit zum Ziel, die Selbstbestimmung der betroffenen Person zu verwirklichen. Zudem kommt den Instrumenten des Erwachsenenschutzes – und hier insbesondere den behördlichen Massnahmen – auch die Aufgabe zu, davor zu schützen, dass sich die betroffene Person aufgrund ihres Schutzbedarfes selbst an Person oder Vermögen schädigt.[2] So kann der Erwachsenenschutz auch darin bestehen, dass eine handlungsfähige Person zu ihrem eigenen Schutz aufgrund eines hoheitlichen Aktes vom Zugang zum Rechtsverkehr rechtlich oder tatsächlich beschränkt wird.[3] Damit enthält der Erwachsenenschutz auch zentrale fremdbestimmende Elemente.
2. Erwachsenenschutz als Teil des Sozialrechts
2
Die schweizerische Rechtsordnung kennt kein Gebiet, das sich «Sozialrecht» nennt. «Sozial» ist letztlich jede Rechtsnorm, da sie Ausdruck des sozialen Kontexts der Gesellschaft ist. Dennoch gibt es Rechtsgebiete, die den Begriff «sozial» tragen, wie Sozialhilfe, Sozialversicherungen etc. Die Begrifflichkeit ist unscharf, und die älteren unterschiedlichen Definitionsversuche haben die sozialpolitische Zwecksetzung als Gemeinsamkeit, weil die Definitionen massgeblich von der sozialpolitischen Literatur geprägt sind.[4]
3
Anknüpfungspunkt des Sozialrechts waren in der Vergangenheit vielfach soziale Spannungen in der Bevölkerung, so insbesondere im Sozialversicherungs- und Arbeitsrecht. Es ging darum, die damit verbundenen persönlichen und gesellschaftlichen Risiken gerade für unterprivilegierte Bevölkerungsschichten abzufedern. Später kamen Massnahmen hinzu, die unabhängig von einer Schichtzugehörigkeit bestanden, wie Mieterschutz, Opferhilfe Konsumentenschutz. Die dafür ursächlichen sozialen Problemlagen konnte der Einzelne nicht ohne die Mithilfe des Staates verändern respektive verbessern.[5] Sozialrechtliche Massnahmen beinhalten solche zur Gewährleistung «der als notwendig erachteten Lebensbedürfnisse der Daseinsfürsorge und –vorsorge gerade dort, wo sie aufgrund der tatsächlichen Situation (z. B. Wohnungsmarkt) nicht mehr gewährleistet sind. Was zu diesen Lebensbedürfnissen gehört, ergibt sich aufgrund einer gesellschaftlich wandelbaren Wertung. Sozialrecht ist somit Ausdruck des verfassungsmässig verankerten Sozialstaatlichkeitsprinzips (z. B. Art. 12, 19, 29 Abs. 3, 41, 111 f. BV)».[6] Sozialrecht versteht sich nach dieser Auffassung als Querschnittsmaterie zwischen öffentlichem und Privatrecht und umfasst sämtliche rechtlichen Normen, «welche die für die Lebensbewältigung notwendige Teilhabe ermöglichen sollen und zugleich Ausdruck einer besonderen sozialstaatlichen Zielsetzung sind, also auf soziale Absicherung, sozialen Ausgleich, Schutz, Teilhabe und Chancengleichheit ausgerichtet sind.»[7]
4
Gemäss dieser Definition gehören zum Sozialrecht neben den klassischen Bereichen Sozialhilfe–, Sozialversicherungs– und Eingriffssozialrecht auch das Bildungs- und Gesundheitsrecht. Damit ergibt sich eine Ausweitung der Begrifflichkeit von sozialpolitischen auf sozialstaatliche Massnahmen. Diese erscheint angezeigt, weil sich das Gesundheits- und Bildungsrecht häufig mit den klassischen Bereichen des Sozialrechts überschneiden. So beinhaltet das Sozialversicherungsrecht auch gesundheitsrechtliche Fragestellungen, das Kindesschutzrecht findet sich auch im Bildungsrecht etc. Gleiches gilt auch für das revidierte Erwachsenenschutzrecht, in dem diverse Bestimmungen zum Gesundheitsrecht zu finden sind.[8]
3. Erwachsenenschutzrecht als Eingriffssozialrecht
5
Eingriffssozialrecht bezieht sich auf zwei Aspekte: zunächst als Eingriff in die verfassungsmässig geschützten Grundrechte im Bereich des Sozialrechts. Daneben rekurriert der Begriff auch auf Eingriffe im Sinne einer Verwaltungstätigkeit, nämlich auf die Eingriffsverwaltung. Dieser letztere Aspekt wird weiter unten ausgeführt.[9]
6
Zivilrechtlicher Erwachsenenschutz ist nach schweizerischem Rechtsverständnis nicht nur Sozialrecht, sondern – insbesondere bei den behördlichen Massnahmen gemäss Art. 388 ff. ZGB – auch Eingriffssozialrecht. Anknüpfungspunkt des behördlichen Erwachsenenschutzrechtes ist die Handlungsfähigkeit, die faktisch oder rechtlich beschränkt werden kann.[10] Die einzelne Person ist vor Eingriffen in die Rechtsstellung insbesondere durch das Grundrecht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) geschützt.[11] Dieses bewahrt das Individuum vor Eingriffen des Staates – insbesondere in die körperliche Integrität, in die Bewegungsfreiheit und in die geistige Unversehrtheit.[12] Daneben können weitere Grundrechte tangiert sein. Aufgrund der sich potenziell überschneidenden Schutzbereiche des Grundrechtsrechts auf Privatsphäre nach Art. 13 BV und der geistigen Unversehrtheit als Teil des Grundrechts auf persönliche Freiheit greift Erwachsenenschutz je nach Konzeption des Verhältnisses dieser Grundrechte zueinander mehr oder minder – auch überschneidend – in das Grundrecht auf Privatsphäre ein.[13] Zusätzlich werden auch das Grundrecht auf Menschenwürde (Art. 7 BV) und das Recht auf Ehe (Art. 14 BV) genannt.[14]
7
Dieser grundrechtliche Schutz gilt nicht allumfassend. Gemäss Art. 36 BV können Grundrechte eingeschränkt werden, sofern eine gesetzliche Grundlage besteht, der Eingriff durch ein öffentliches Interesse bzw. durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt und verhältnismässig ist,[15] das heisst geeignet sowie erforderlich und in einem angemessenen Verhältnis von Eingriffszweck und Eingriffswirkung steht. Zudem ist der Kerngehalt der jeweiligen Grundrechte unantastbar und darf nicht verletzt werden.[16]
8
Die behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes bieten eine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in die obgenannten Grundrechte. Sie sind angesichts des Eingriffs ausreichend bestimmt und in einem Gesetz im formellen Sinne verfasst.[17] Das öffentliche Interesse ist sozialpolitischer Natur und hat Wohl und Schutz der betroffenen Person zum Inhalte.[18] Mit einer Interessenabwägung im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung kann das Spannungsverhältnis zwischen angeordneter Betreuung und Freiheit bzw. Selbst- und Fremdbestimmung austariert werden.[19]






