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„Sag’ mal, denkst Du gerade an etwas Schönes?” Konstantin wandte seinen Kopf zu Michael herum.
„Wie kommst Du darauf”, fragte der verwundert zurück.
„Weil Monsieur Bouchon den Kopf ‘rausstreckt, deshalb.”
Michael sah an sich herab. „Oh! Hab’ ich gar nicht gemerkt.”
„Schwindler!”
„Na gut, ja. Ich habe mich an etwas erinnert und auch an ein schönes Idealweib gedacht. Nur woher nehmen und nicht entführen?”
Michael richtete seinen Oberkörper auf und stützte sich nach hinten mit den Händen ab. Er hatte plötzlich eine Idee.
„Du bist doch gerade solo, Kon, nicht wahr?”
„Der Kandidat hat hundert Punkte für die überflüssigste Frage des Tages”, schnaubte der Gefragte etwas ungehalten. „Das weißt Du doch, daß Renata in Berkeley ist und sich inzwischen ziemlich sicher von einem kalifornischen Eight-incher-Hengst besteigen läßt. Was fragst Du denn so blöd?” Konstantin runzelte die Stirn.
Michael ließ sich durch den Rüffel nicht beirren.
„Und Du bist knapp bei Kasse, richtig?”
„Sag’ mal, worauf willst denn Du hinaus? Du weißt doch, daß mein Vater mich auf schmale Kost gesetzt hat.”
„Als ob ich das nicht wüßte!”
„Wir sind alle knapp bei Kasse …”
„Sonst wären wir jetzt auf den Bahamas”, ertönte es mehrstimmig. Alle hatten zugehört.
„Richtig. Und könnte man das nicht ändern?”
„Wie denn? Am Ende Zeitungen oder Briefe austragen? Dürfte kaum die Flugkosten one-way begleichen.” Kon sah etwas ungehalten aus.
„Keineswegs”, beruhigte Michael ihn. „Wir können etwas ganz anderes machen.”
„Und das wäre?” Damian hatte sich erhoben und war näher gekommen.
„Zieh mal Deine Badehose aus”, kommandierte Michael.
„Und dann?” Damian grinste. „Willst Du mir zum allgemeinen Gaudium und meinem Plaisir einen blasen?”
Derweil nestelte Damian das Zugband auf und stieg aus seiner Badeseide heraus. Er bekam keine Antwort.
„Und jetzt?” Er wedelte mit dem neongrünen Textil.
„Jetzt zieht Kon seine Badehose aus”, bestimmte Michael.
„Oh, cool”, schnalzte Damian mit der Zunge. „Eine römische Orgie!” Dabei grinste er breit.
„Quatschkopp!” rügte Michael ihn. Im nächsten Moment stand Konstantin ebenfalls nackt da und fragte „Und nun?”
„Jetzt Alexander.”
Auch der ließ bereitwillig alles fallen, fragte sich aber nicht minder, was das denn nun sollte.
„Sehen wir uns doch einmal an”, forderte Michael seine Freunde auf.
„Da sehen wir aber mal richtig ’was Neues”, spöttelte Konstantin, zog eine geringschätzige Schnute und verschränkte seine Arme.
„Mann, ernsthaft, Kon. Wie sehen wir aus?” Michael sah alle reihum an. Er setzte seine Seht-doch-mal-alle-richtig-hin-Miene auf.
„Klasse seht Ihr aus”, meldete sich eine angenehme weibliche Stimme. Lou war auf das Fragenspiel aufmerksam geworden, aufgestanden und näher gekommen. „Und weiter?” Sie stemmte ihre zarten Hände in die Hüften.
„Und wie sehen wir in Uniform aus?”
„Klasse”, kam es im Chor.
„Und in Smoking oder Nadelstreifen?”
„Klasse!”
„Wie sind unsere Manieren?”
„Klasse!”
„Und wie sind wir im Bett?”
„Erste Sahne!”
„Angeber”, fauchte Lou, aber sie grinste doch.
Die jungen Männer ließen sich davon nicht beeindrucken.
„Und was macht man mit solchen Qualitäten?”
Allgemeines Schweigen. Fragendes Herumschauen. Achselzucken.
„Da macht man einen Eskort auf, Ihr Trantüten im Mitdenken!” Michael ärgerte sich ein wenig, daß seine Freunde derart auf der Leitung standen.
„Wie bitte?” Konstantin war baff.
Damian fand als Erster seine Worte wieder.
„Warum eigentlich nicht? Hm?” Er sah seine Freunde und Lou der Reihe nach an. „Wir kennen uns in den oberen und obersten Gesellschaftskreisen qua Abstammung und Erziehung bestens aus, nicht wahr?”
„Richtig”, stimmte Alexander zu. Die Anderen nickten beifällig.
„Eben. Und wer von uns hat nicht schon einmal auf öden Empfängen gelangweilte Ehefrauen erlebt, die mit ihren dickbäuchigen, nur ans Geschäft denkenden Männern wie bestellt und nicht abgeholt herumstanden, mit schal gewordenem Champagner im Glas, bescheuertem Blah-blah-Small Talk links und rechts, während sie vergeblich nach einem jungen Hengst Ausschau gehalten haben, dem sie den Champagner lieber in die Rückenbeuge oder in den Bauchnabel gegossen hätten oder sich selbst gießen ließen, hm?”
„Richtig”, stimmte Alexander erneut zu. „Wenn ich da an die heiße Prinzessin Urbinowa denke. Hhmmm!” Der junge Prinz brummte mit geschlossenen Augen vor sich hin. „Sie war rassige Fünfunddreißig, Anatol Urbinow siebzig. Das Kätzchen hätte ich vor einem Jahr schon nur zu gern gebürstet.”
Alle lachten auf, auch Lou mußte grinsen.
„Warum hast Du nicht?” Lou war nah zu ihm hingetreten und streichelte seine Brust. „Konnte er nicht?” Dabei sah sie an ihm herab, um ihn gleich darauf schelmisch anzulächeln.
„Er kann immer, Du kleiner Frechdachs, aber ehe ich nicht sicher weiß, daß Elena Anatols Duellpistolen auf die Seite gebracht hat …, ich bin nicht lebensmüde.” Dabei nahm er Lou mit seiner rechten Hand beim Kinn, um sie zurechtzuweisen, aber sie entzog sich dem Griff mit einer ruckartigen Kopfbewegung und schlug ihm auf die Hand.
„Wir haben wohl einen Schisseranfall, lieber Kurijakin, hm? Ficken wollen, aber kein Risiko dabei.”
Lou müffelte Alexander mit gekräuselter Nase und verzogener Mund-Kinn-Partie an.
„Hört schon auf, Ihr Zwei”, ging Konstantin dazwischen. „Aber was Alexander sagt hat etwas für sich. Mir fällt auf Anhieb unsere Karin Tamelow ein, Alexander kennt sie auch. Für die anderen: sie ist Privatdozentin an unserem Institut, fünfundvierzig Jahre alt, geschieden, von ihrem Gewesenen bei der Trennung gut ausgestattet, sie ist sehr hübsch, gute Figur, aber allein.”
„Woher weißt Du das alles”, wunderte sich Damian.
„Ich kann gut mit unserer Dekanatssekretärin”, bekannte Konstantin und senkte schmunzelnd den Blick.
„Ach nee, Herr von Seesenheim hat nebenher schon mal probegevögelt, wie? Da tun sich ja Abgründe auf”, lästerte Michael und klopfte ihm gleichzeitig mit einem breiten Lächeln anerkennend auf die Schulter. „Wie alt ist sie denn?”
„Oh, zweiundvierzig”, leuchteten Konstantins Augen auf, „und eine Figur hat sie, dank ihres unfruchtbaren Mannes nicht kindergeschädigt, da kann man schon zum Sünder werden. Und überhaupt, ihr Mann versteht sie nicht.” Mit geschürzten Lippen und leicht vorgeschobenem Kinn schüttelte er wie bedauernd den Kopf.
„Aber Du hast sie verstanden, Kon, nicht? Du alter Schwerenöter, und uns nichts davon erzählen”, rüffelte Damian den Freund.
„Na ja. Leute, das war im letzten Jahr, ihr Mann war nicht da, es hat sich so ergeben und der Kavalier genießt und schweigt.”
Die ganze Runde lachte herzhaft auf. Neckisch wurde er von allen gestupst und lachte alsbald selber mit.
„Und Du hast es natürlich umsonst gemacht, nicht wahr?” Michaels Blick auf Kon war ein einziger Vorwurf.
„Ja sicher, ich bin auf meine Kosten gekommen und sie …”
„Eben”, unterbrach ihn Michael, den die Geschäftstüchtigkeit gepackt hatte. „Sie ist auch auf ihre Kosten gekommen, kostenlos, und hat mit Dir ohne Zweifel zum ersten Mal wirkliche Chevallerie und den Sex ihres Lebens erlebt.”
„Könnte man so sagen”, gab Konstantin sich selbstbewußt geschmeichelt.
„Damit ist jetzt Schluß, Freunde“, stellte Michael mit Bestimmheit fest. „Fortan werden wir diese Damen zahlen lassen. Und glaubt mir, sie werden gerne zahlen. In den meisten Fällen wird es ohnehin das Geld des eigenen Mannes sein. Dann reut es sie erst recht nicht.” Damit hatte Michael ihr Ziel klar abgesteckt. „Wir werden nicht nur erstklassigen Sex anbieten, sondern auch echte Begleitung, wohin immer die Damen uns mitnehmen wollen. Und Lou wird unsere Organisatorin und Dienstplanchefin, nicht wahr, Lou?”
Die Baroness riß überrascht die Augen groß auf, sah jeden Einzelnen ihrer Freunde an, überlegte kurz und meinte dann lapidar: „Warum eigentlich nicht? Klar, ich übernehme das. Aber wie preisen wir Euch an?”
„Mundpropaganda ist die beste Lösung, denke ich”, schlug Michael vor. „Damian − Dein Vater ist doch Mitglied in diesem elitären Golfclub bei Euch in der Nähe.”
„Richtig”, bestätigte es der Gefragte.
„Darfst Du da mit ’rein?”
„Klar!”
„Gut. Dann gehst Du am nächsten Wochenende mit Lou dorthin. Es werden genügend vernachlässigte Ehefrauen mit ihren Cocktails herumsitzen und darauf warten, daß ihre Männer ihr Handicap verbessern. Und dabei wird sie Dich als Superhengst ins Gespräch bringen. Ihr werdet sehen, das geht herum wie ein Lauffeuer. Ein Anruf hier, ein Anruf da − und Lous Handy als Zentralnummer für uns alle wird nicht mehr stillstehen. Und bis dahin überprüfen wir Männer unsere Garderoben, unsere sinnlichen Düfte und besorgen uns Kondomgroßpackungen.”
„Aber erwähne auch, daß da noch andere heiße Hengste zur Verfügung stehen”, beeilte Alexander sich zu bemerken.
„Du wirst schon nicht zu kurz kommen, Alter”, tätschelte Michael dessen Schulter.
„Aber wie machen wir es mit unseren Namen”, warf Konstantin ein. „Wir können doch nicht mit unseren echten Namen auftreten, oder?”
„Natürlich nicht”, stimmte Michael ihm zu. Er überlegte kurz. „Hm, wie nennst Du mich immer, Kon?”
„Cheval. Das weißt Du doch.”
„Eben. Also bin ich künftig der ‚Chevalier’, Du, Kon, bist der ‚Rittmeister’, Du, Alex, der ‚Großfürst’ und Du, Freckles, bist der ‚Pirat’. Einverstanden?”
„Könnte ich nicht ‚Long John Silver’ sein”, maulte Damian ein wenig.
„Pirat wirkt aber abenteuerlicher, das klingt mehr nach wildem Eroberer. Daß Du einen tollen Schwanz hast, werden die Ladies schnell genug spitz haben.”
„Und es wird sie spitz machen”, lachte Damian. Plötzlich gefiel es ihm gut, der „Pirat” zu sein. Seine roten Haare paßten dazu.
„Und welche Taxe nehmen wir?” Michael wollte auch das gleich geklärt haben. Er sah nur Achselzucken und schlug dann vor:
„Ich denke, für einen Abend und die ganze Nacht sind tausend €uro als Spende nicht zuviel. Für eine ganze Woche Begleitung ohne Sex dreitausend, mit täglichem Sex und Verwöhnprogramm fünftausend und nach zehn Buchungen ein und desselben Begleiters gibt es eine Nacht oder einen Nachmittag umsonst. Dazu Spesen. Was haltet Ihr davon? Und natürlich wird Vorkasse in bar genommen, versteht sich.”
„Einverstanden”, nickte Konstantin zustimmend. Damian und Alexander hielten beide den Daumen hoch.
„Und was bekomme ich?” Lou sollte alles organisieren und wollte ihren Anteil.
„Du bekommst zehn Prozent von unseren Buchungen, Süße. Einverstanden, Jungs?” Michael sah seine Freunde Zustimmung heischend an.
„Klar.” „Immer.” „Selbstverständlich.” Damit war es beschlossene Sache.
„Und das wollen wir jetzt begießen, Leute”, bestimmte Michael.
„Hast Du denn gekühlten Champagner im Haus”, fragte Lou den neben ihr stehenden Konstantin.
„Nein, aber das machen wir anders”, verkündete er grinsend.
Im nächsten Moment hatte Konstantin Lou auf den Arm genommen, die sogleich ahnte, was ihr bevorstand und Widerstand spielte.
„Du wirst es doch wohl nicht wagen, Du unverschämter Kerl”, und dabei boxte sie ihn was sie nur konnte. Aber es nützte ihr nichts. Konstantin strebte mit ihr ungerührt dem Swimmingpool zu, gefolgt von den lachenden Freunden. „Aaah, Du wirst das lassen, Du unmöglicher Mensch”, kreischte sie noch, ehe sie, unter dem herzlichen Gelächter der jungen Männer im hohen Bogen in das kühle Wasser rauschte und untertauchte. Im nächsten Moment sprangen alle Vier hinter ihr her und umringten sie, als sie prustend an die Oberfläche kam.
„Ihr verflixte Bande”, schimpfte sie, mußte aber selber lachen, wobei sie in typisch weiblicher Weise um sich knuffte und boxte, nur, um von Michael erneut untergetaucht zu werden.
Die jungen Männer gaben sich bestens gelaunt der Reihe nach die „hohe Fünf”. Nun würden sie besseren Zeiten entgegengehen und sich von der Abhängigkeit der Geldbörsen ihrer Eltern lösen können. Für Michael würde es schlicht und endlich die Freiheit bedeuten.
*
Bevor sie aus ihrem Porsche Carrera ausstiegen, den sie zuvor auf Hochglanz poliert hatten, instruierte Lou Damian noch einmal, sie reden zu lassen. Er könne mit den Augen flirten, aber im übrigen auf geheimnisvollen Schweiger machen. Sie würde schon die richtige Kandidatin für ihn aussuchen. Damian hatte bewußt drei Tage lang nicht Hand an sich gelegt, um unter Vollspannung zu stehen. Er würde einen Probefick setzen können − und der müsse „sitzen”.
Er hatte sich weiße Leinenhosen herausgesucht, ein hellblaues Seidenhemd, und seine nackten Füße steckten in hellblauen Leinenschuhen. Drunter trug er nichts. Er wollte Monsieur Bouchon sofort und ungehindert zum Einsatz kommen lassen können. Seine Hose war eng genug, um seine Qualitäten optisch gut zur Geltung zu bringen. Die Blicke der Damen würden ohne Zweifel dorthin gelenkt werden, wohin zu blicken es erwünscht war. Um seinen angenehmen Eigenduft nicht zu „erschlagen”, hatte er nur ganz dezent Moschus genommen.
Lou sah an jenem Tag besonders entzückend aus. Man hätte meinen können, sie wolle ausschließlich auf sich aufmerksam machen.
Sie trug ein dekolletiertes blaues Bustier, einen blauen Wickelrock, blieb bauchfrei und hatte ein blaugerändertes weißes Bolero-Jäckchen angelegt. Ihre nackten Füße steckten in hellblauen, schmalriemigen Sandalen.
Als einzigen Schmuck hatte sie neben dem Siegelring den Saphirring ihrer Großmutter auf den linken Ringfinger gezogen. Die drei Steine waren Mehrkaräter. Ihre sorgfältig durchgekämmte Haarflut trug sie offen.
Als sie das große Clubhaus betraten, wurde Damian sogleich von einem Freund seines Vaters begrüßt, der mit wohlgefälligem Blick Louisiana musterte und vorgestellt werden wollte.
„Lou, meine Liebe, das ist Oberst a.D. von Gaylwitz, ein langjähriger Freund meiner Familie. − Herr Oberst, ich darf Ihnen die Baroness Louisiana Tantzow-Lerchenbach vorstellen.”
Lou reichte dem Grauhaarigen die Hand, der sie ergriff, ohne sie zu küssen. Der Handkuß für eine unverheiratete junge Dame verbot sich in der Öffentlichkeit. Lou deutete einen leichten Knicks an.
„Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Baroness. Ich glaube, ich kannte Ihren Herrn Papà, Brigadegeneral Hans-Christian Tantzow …”
„Das war mein Großvater”, korrigierte sie ihn umgehend, mein Vater ist Christian Ludwig Tantzow, Major der Reserve und in der freien Wirtschaft sehr erfolgreich tätig.”
Der alte Oberst räusperte sich. Lou hatte ihm seine Altersklasse verdeutlicht und mit einem freundlichen Lächeln zu verstehen gegeben, daß er mit irgendwelchen Charmeattacken bei ihr nicht würde landen können.
„Ist mein Vater da?” Damian versuchte abzulenken.
Mit einem nochmaligen Räuspern erklärte Gaylwitz ihm, Pintowitz senior an jenem Tag noch nicht gesehen zu haben. Damian heuchelte Bedauern.
„Wie schade. − Tja, meine Liebe, dann muß ich Dir die Anlage ohne Vaters Begleitung zeigen”, womit er Lou bei der Hand nahm. „Wir dürfen uns empfehlen, Herr Oberst.”
Damian und er gaben sich die Hand, Gaylwitz nickte Lou mit einem etwas verunglückten Lächeln zu und ging an die Bar, um seine Niederlage zu bedauern und die dazu passende Laune in einem fünfzigjährigen Whiskey zu ertränken.
Weitere männliche Clubmitglieder vermied Damian geschickt. Er suchte den Sammelpunkt der vernachlässigten Damen; zum Park hinaus fand er ihn. Das Auftreten der Beiden löste augenblicklich Aufmerksamkeit aus. Ein Köpfezuneigen und kurzes Tuscheln setzte ein, als sie sich auf einen Tisch mit vier cocktailversorgten Damen zubewegten.
„Sag mal, Clarissa, ist das nicht der junge Pintowitz?” Dagmar Müller-Gantermann neigte sich flüsternd ihrer Freundin, der Gattin des Staatssekretärs Schastikow zu.
„Ganz ohne Zweifel. Die Ähnlichkeit mit seinem Vater ist unverkennbar, aber wie jung der noch ist.” Die ganz bewußte Bewunderung in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Ihre Augen wurden das Ausrufungszeichen dazu.
„Man möchte sich glatt noch ein paar Jahre hinweglügen, um so etwas ins Bett zu kriegen, nicht wahr?”
„Ganz meine Meinung. Und sieh Dir an, wie er seinen Schwanz zur Schau stellt. Ich fange gleich an, in meinem Paß zu radieren.” Aufgeregt saugte sie am Strohhalm, der in ihrem Cocktail steckte.
„Wer sagt Euch denn, daß er nicht auf wirkliche Frauen steht und nicht nur solch junges Gemüse, hm?” Die das zur Diskussion stellte, war Eleonore de Treville, die Gattin des französischen Generalkonsuls, eine geborene Deutsche.
„Es käme auf die Probe an. Welche von Euch will ihn haben?” Die das sagte, war die Gattin des Inhabers eines großen Autozulieferers, vielfache Millionärin − Gustava Tallianowski.
Eine Antwort bekam sie zunächst nicht, denn Damian und Lou waren schon zu nah herangekommen, aber beide hatten sofort registriert, daß über sie gesprochen worden war und sich mit leichtem Handdrücken darüber verständigt.
Damian und Lou wollten so tun, als würden sie nur den damenquartettbesetzten Tisch passieren wollen, er mit einem artigen Kopfnicken als Gruß reihum, Lou mit einem freundlichen Lächeln, doch das wollten die Vier nicht zulassen.
Madame de Treville übernahm die Initiative. Sie erschnupperte den heißen jungen Hengst in sie überwältigender Weise und sprach ihn an.
„Ja, wenn das nicht der junge Pintowitz ist − und in so zauberhafter Begleitung.”
Ihr Blick musterte das schöne Paar, aber ihr Fokus war eindeutig auf seinen Schoß gerichtet. Monsieur Bouchon war einfach zu deutlich zu sehen. Damians Abenteuerlust hatte bereits für optisch deutliche Reklame gesorgt. Er fühlte es und bemerkte das Interesse an ihm.
„Die heiße Stute estimiert bereits meine Möglichkeiten. Guuut!”
Das Paar, das keines war, blieb stehen.
„Wir haben gerade von Ihnen gesprochen, lieber Damian”, flötete Frau Müller-Gantermann, „ob Sie ebenso gekonnt wie Ihr sportlicher Herr Vater auf dem Platz einlochen könnten und fragten uns, wo Ihr Handicap wohl liegen möge. Wir konnten uns nicht einigen …”
„Tja, und da tauchen Sie gerade rechtzeitig auf”, ging Frau Schastikow dazwischen, „um als unser Paris den Apfel der Entscheidung zu überreichen.”
„Wohl gesprochen, liebe Clarissa, aber unter uns wird unser schöner junger Freund wohl kaum wählen wollen, da er doch in solch angenehmer Begleitung ist, nicht wahr?” Madame de Treville sah ihn dabei mit ihrem schönsten Lächeln an, doch drohte sie ihm in Gedanken, nur ja nicht die falsche Antwort zu geben.
„Zu liebenswürdig, meine Damen, uns Ihre werte Aufmerksamkeit zu schenken”, wobei er ein strahlendes Lächeln aufsetzte. „Ich darf Ihnen meine liebste Freundin vorstellen: Louisiana Freiin von Tantzow-Lerchenbach.” Lou nickte allen vier Damen der Reihe nach zu und lächelte sie höflich an. „Eine von Euch vögelt er gleich. Ich bin gespannt, welche.”
Sodann machte er Lou mit den Damen bekannt, die nun ihrerseits, selbstverständlich ohne sich zu erheben, Lou höflich zunickten. Dabei konnten sie den Neid ob deren blendender Jugend, die sie offensiv, fast schamlos, zeigte, nicht ganz verbergen − und Lou genoß es sichtlich.
Damian vollzog darauf den cercle de courtoisie. Er ging reihum um den Tisch und begrüßte die Damen einzeln mit Handkuß.
„Spielen Sie auch Golf, meine Liebe”, flötete Frau Tallianowski Louisiana an. „Und setzen Sie sich doch zu uns”, lud sie sie huldvoll ein.
Es war kein fünfter Stuhl vorhanden, weshalb Lou Damian nur kurz ansah, der schon auf dem Sprung war, am Nachbartisch eine Sitzgelegenheit zu organisieren, die er ihr gekonnt unterschob, und so nahm Louisiana Platz.
„Danke, mein Lieber”, beschied sie Damian, der artig hinter ihr Stellung bezog.
„Die Zwei vögeln schon mal nicht miteinander”, beurteilte Madame de Treville den Umgang der beiden miteinander.
„Ach, nur ein wenig. Ich habe im letzten Jahr die Rosenheim Open gewonnen und bei den Münsterland Open den Zweiten gemacht. Wirklich nichts Besonderes, aber es hat Spaß gemacht. Mal sehen, was es dieses Jahr noch gibt. Aber ich spiele ganz gern mal mit den kleinen, handlichen Bällen. Vor allem, wenn man männliche Mitspieler dabei außer Atem bringen kann, nicht wahr.”
Sie unterstrich diese Mitteilung mit einem Lächeln, daß sich das Quartett nur vielsagend anzusehen vermochte. Sie hatten die Kleine unterschätzt.
„Aber am liebsten spiele ich Beachvolleyball, bevorzugt nackt − und gemischt. Eine wunderbare Art, Bälle sportlich einzusetzen.” Lou grinste so frech wie sie nur konnte. Sie wollte provozieren.
„Oh!”, ertönte es vierstimmig. Das hatte gesessen. „Sie ist eine wunderbare Ballkünstlerin”, fügte Damian hinzu. „Sie müßten sie nur mal dabei beobachten.” Dabei kraulte er ihr ein wenig den Nacken.
„Und machen Sie auch dabei mit?” Madame de Treville wurde neugierig.
„Oh ja, obwohl es meist schlecht für meinen Partner und mich ausgeht. Sie legt uns mit ihrer Freundin nach drei Runden immer flach in den Sand.”
„Das würde ich mit Dir jetzt gleich auch gerne tun”, stimulierte sich die Tallianowski, die Damian bereits mit Blicken auszog.
„Und was machen Sie sonst? Ich meine, beruflich, liebe Louisiana? Ich darf Sie doch beim Vornamen nennen?” Madame de Treville wollte mehr wissen.
„Aber gern. Ich bin ja noch so jung, fast ein kleines Mädchen”, untertrieb Lou schamlos. Sie bemerkte mit diebischer Freude, daß der Stich getroffen hatte. Um so mehr würde es diese reifen Damen nach einem jungen Hengst gelüsten.
„Ich studiere, und ich bin gerade dabei eine Pferdezucht aufzumachen, eine ganz besondere Pferdezucht, mit speziellem Augenmerk auf Deckhengste. Es ist äußerst lukrativ sich für jeden Sprung gut bezahlen zu lassen. Damian und seine Freunde helfen mir dabei.”
Louisiana bemerkte an den Augen der vier Damen, daß sie augenblicklich verstanden worden war. Damians Anwesenheit wurde unzweifelhaft als Lockzucker erkannt.
„Es ist nicht nur lukrativ, meine Damen, es ist schon ein ganz eigenes, animalisches Erleben, wenn solch gewaltigen männlichen Wesen mit ihren enormen Pferde-Phalli die Lebenssahne abgemolken wird, um danach die aufnahmebereiten Stuten mit neuem Leben zu erfüllen.”
In jenem Moment war Lou sich sicher, daß die Schöße des Quartetts lustvoll überschwemmt waren. Sie bemerkte an sich selbst, daß sie sich heiß geredet hatte. Lou mußte sich stark beherrschen, den Damen nicht augenblicklich vorzuführen, wozu Damian fähig wäre, wenn er losgelassen würde. Dessen Leinenhose gab unübersehbare Signale.
„Da führen Sie aber ein interessantes Leben, liebe Louisiana”, säuselte Madame de Treville, dem sie ein leichtes Schnurren folgen ließ, als sie sich vorbeugte, ihren rechten Arm auf dem Tisch abstützte und lässig ihren Kopf in die Fingergabel von Daumen−Zeigefinger−Mittelfinger legte. „Und sagen Sie, wie kommt man zu solch einem aparten Vornamen?”
„Oh, ganz einfach, indem man Eltern hat, die sich beim Mardi gras in New Orleans so sehr amüsiert haben, daß neun Monate später ein lebenslanges Andenken zur Welt kam, und da der spießige deutsche Standesbeamte ‚Orleans’ partout nicht als Vornamen eintragen wollte, habe ich gleich den ganzen Staat als ersten Vornamen bekommen.”
„Ach, wie apart”, meinte die Schastikow. „Wirklich originell”, beurteilte Madame de Treville die Namenswahl. „Das hat nicht jede.”
„Tja, ich bin einzigartig”, trumpfte Lou auf und erntete ein pflichtschuldiges Gekicher der Runde. Damian lächelte, als wollte er verkünden, die Damen sollten mal nur aufpassen, sich nicht mit ihr zu messen, aber er amüsierte sich mehr darüber, wie Lou diese reiche Frauentruppe bereits an der Angel hatte.
Deshalb entschloß er sich, den zweiten Akt einzuleiten. Er entschuldigte sich mit einem dringenden körperlichen Bedürfnis, verbeugte sich leicht, klopfte Lou dabei mit der rechten Hand kurz auf die Schulter, und begründete sein geplantes längeres Fortbleiben mit der Absicht, seinen Vater suchen zu wollen, der irgendwo auf dem Gelände sein müsse.