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dd) Ausmaß der Überwachung durch den Aufsichtsrat
62
Gegenstand der Überwachung sind nicht alle, sondern nur die für die Lage und die Entwicklung des Unternehmens bedeutsamen Vorstandsentscheidungen. Die Überwachung setzt sich zusammen aus einer reaktiven Kontrolle der vergangenen und einer präventiven Beratung über künftige Führungsentscheidungen.[143] Um bereits ergangene Entscheidungen des Vorstands auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu können, ist dem Aufsichtsrat gem. § 90 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 AktG insbesondere über die Lage der Gesellschaft zu berichten.[144] Auf zukünftige Entscheidungen kann der Aufsichtsrat Einfluss nehmen aufgrund einer präventiven Informationspflicht gem. § 90 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 4 AktG und § 90 Abs. 1 S. 3 AktG. Für bestimmte Geschäfte kann er des Weiteren gem. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG Zustimmungsvorbehalte etablieren.[145]
ee) Delegation an Prüfungsausschuss
63
Der Aufsichtsrat kann fakultativ[146] gem. § 107 Abs. 3 S. 2 AktG einen Prüfungsausschuss „aus seiner Mitte“ bestellen. Dies ergibt sich schon aus dem Selbstorganisationsrecht des Aufsichtsrats und wird durch § 107 Abs. 3 S. 2 AktG noch einmal klargestellt.[147] Das Gesetz sieht als vorrangige Aufgabe des Prüfungsausschusses die Risikokontrolle, insbesondere die Überwachung der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, der Wirksamkeit des Risikomanagementsystems und der Wirksamkeit des Internen Revisionssystems vor. Dies ist nur beispielhaft zu verstehen, da seine Aufgaben grundsätzlich beliebig, unter Beachtung der Delegationsverbote des § 107 Abs. 3 S. 3 AktG, durch den Aufsichtsrat erweitert und begrenzt werden können.[148] Dem Prüfungsausschuss kann insbesondere auch die Überwachung der Compliance übertragen werden.[149] Dies sieht auch der – nicht rechtsverbindliche – DCGK in Ziff. 5.3.2 S. 1 vor. Es können dem Prüfungsausschuss neben der Überwachung der Funktionsfähigkeit des Compliance-Systems an sich, zusätzlich auch Überwachungs- und Kontrollbefugnisse bezüglich konkreter Vorgänge übertragen werden. Nach einer solchen Übertragung kann der Prüfungsausschuss dann anstelle des Gesamtaufsichtsrats dem Verdacht auf Gesetzes- oder Richtlinienverstöße nachgehen. Zu beachten ist, dass der Aufsichtsrat nicht generell seine Kernaufgabe, die Überwachung des Vorstands nach § 111 Abs. 1 AktG, übertragen kann.[150] Übertragen werden können lediglich die aus dieser allgemeinen Überwachungsaufgabe abgeleiteten konkreten Pflichten.[151] Das heißt, dass dem Prüfungsausschuss nur bestimmte Komplexe der Überwachung und die damit verbundenen Einsichts- und Prüfungsrechte übertragen werden können.[152] Es können also nur vorbereitende Tätigkeiten und konkrete, auf einzelne Geschäftsführungsmaßnahmen bezogene Überwachungsaufgaben übertragen werden.[153] Für die Überwachung des Vorstands an sich bleibt jedoch der Gesamtaufsichtsrat verantwortlich.[154]
64
Ob es empfehlenswert ist, den Prüfungsausschuss im Einzelfall mit der Überwachung der Compliance zu beauftragen oder die Ausübung der Überwachungs- und Kontrollbefugnis lieber dem Gesamtaufsichtsrat zu überlassen, hat der Aufsichtsrat im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden.[155] Ein Vorteil des Ausschusses kann seine geringere Mitgliederzahl[156] und damit eine höhere Effizienz sein.[157] Ob dies ein echter Vorteil ist, hängt jedoch vom Einzelfall und auch von der Größe des Aufsichtsrats ab. Die Einsetzung eines Prüfungsausschusses sollte auch von der Bedeutung und Tragweite des Untersuchungsgegenstands abhängig gemacht werden. Handelt es sich um die Verfolgung eines Verdachts auf schwerwiegende und für die Gesellschaft u.U. sogar existenzbedrohende Verstöße, kann vieles dafür sprechen, die Überwachungszuständigkeit beim Gesamtaufsichtsrat zu belassen. Der Gesamtaufsichtsrat kann allerdings auch jederzeit eine an den Prüfungsausschuss übertragene Aufgabe wieder an sich ziehen.[158]
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Der Aufsichtsrat kann also zu seiner Entlastung einen ständigen Prüfungsausschuss einrichten, dem auch konkrete Prüfungsaufträge erteilt werden können. Dies kann die Effektivität des Aufsichtsrats bei der Aufdeckung von Verstößen durch den Vorstand steigern. Ob in der konkreten Gesellschaft und in der im Einzelfall vorliegenden Situation jedoch tatsächlich ein Prüfungsausschuss mit der Überprüfung des Verdachts betraut werden sollte, muss der Aufsichtsrat im Einzelfall entscheiden.
c) Aktionäre
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Es ist grds. Aufgabe des Vorstands und des Aufsichtsrats, das Vermögen der Gesellschaft und damit auch die Vermögensinteressen der Gesellschafter zu schützen. Eine Gefährdung liegt z.B. vor, wenn Gelder der Gesellschaft für gesellschaftsfremde Zwecke aufgewendet und somit verschwendet werden. Es scheint angezeigt, in diesem Fall auch den Aktionären ein Recht zur Einleitung von internen Untersuchungen einzuräumen. Problematisch ist hierbei, dass die Verfassung der AG den Aktionären nur sehr beschränkte Rechte, insbesondere nur sehr schwache Initiativrechte zubilligt. Das handelnde Organ mit kaum einschränkbarer Leitungsmacht ist nach der Verfassung der AG der Vorstand.[159] Kommt es zu Verstößen durch den Vorstand oder aus den Reihen der Mitarbeiter, die die Gesellschaft direkt schädigen oder zumindest potentiell haftbar machen, so stehen den Aktionären nur wenige Möglichkeiten offen, um diese Vorgänge untersuchen zu lassen, wenn diese Untersuchungen in pflichtwidriger Weise weder durch den Vorstand noch den Aufsichtsrat eingeleitet werden.
aa) Sonderprüfung, § 142 Abs. 1 AktG
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Stärkstes Recht der Aktionäre ist die Einleitung einer Sonderprüfung nach § 142 Abs. 1 AktG. Sinn und Zweck der Sonderprüfung ist die Überprüfung „von Vorgängen bei der Gründung oder Geschäftsführung“ und somit auch die Wahrung von Ersatzansprüchen durch die Aktionäre.[160] Hierzu kann die Aktionärshauptversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit Prüfer bestellen, §§ 142 Abs. 1 S. 1, 133 Abs. 1 AktG. Betroffene Aufsichtsräte und Vorstandsmitglieder verfügen in diesem Fall über kein Stimmrecht, § 142 Abs. 1 S. 2 AktG. Unter Geschäftsführung ist hier jedes Handeln im gesamten Verantwortungsbereich des Vorstands zu verstehen, also jedwede tatsächliche oder rechtliche Tätigkeit für die AG.[161] Dies gilt auch, sofern die Wahrnehmung auf untere Ebenen delegiert wurde. Zur Geschäftsführung zählt hier auch die Tätigkeit des Aufsichtsrats, soweit es sich um Überwachung der Geschäftsführung nach § 111 Abs. 1 AktG oder die Ausübung eines Zustimmungsvorbehalts nach § 111 Abs. 4 AktG handelt.[162] Allerdings muss Gegenstand der Überprüfung ein bestimmter Vorgang sein, nicht die Geschäftsführung im Allgemeinen.[163] Es ist also nicht möglich, die Geschäftspolitik an sich oder die gesamte Geschäftsführung während eines bestimmten Zeitraums überprüfen zu lassen.[164] Werden hingegen Gesetzesverstöße oder andere Unregelmäßigkeiten durch den Vorstand vermutet, ist die Einleitung einer Sonderprüfung zur Aufklärung des konkreten Vorfalls und Feststellung der Verantwortlichen möglich. Dies wird sogar als der Regelfall der Sonderprüfung angesehen.[165]
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Problematisch ist jedoch der Fall, dass die Gesetzesverstöße/Unregelmäßigkeiten aus den Reihen der Aktionäre oder der Mitarbeiter des Unternehmens kommen. Hier ist nur eine Prüfung bzgl. der nicht ordnungsgemäßen Geschäftsführung und Überwachung durch den Vorstand möglich oder aber wenn die betroffenen Mitarbeiter übertragene Geschäftsführungsmaßnahmen wahrnehmen. Andernfalls scheidet eine Prüfung bzgl. der Vorgänge selbst dem Wortlaut nach eher aus. Allerdings ist eine Prüfung nicht möglich, wenn der Vorstand bereits selbst eine Untersuchung eingeleitet hat. Das Unterlassen einer gebotenen Untersuchung durch den Vorstand kann hingegen wieder Gegenstand einer Prüfung sein. Diese Prüfung würde dann eine inzidente Untersuchung des Fehlverhaltens des Mitarbeiters beinhalten.
bb) Minderheitenantrag, § 142 Abs. 2 AktG
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Lehnt die Mehrheit der Hauptversammlung den Antrag nach § 142 Abs. 1 AktG ab, und möchte eine Gruppe von Aktionären trotzdem eine Untersuchung durchführen lassen, so bleibt nur die Möglichkeit eines Minderheitenantrags bei Gericht nach § 142 Abs. 2 AktG. Dieser ist nur dann zulässig, wenn der Verdacht besteht, dass bei dem zu untersuchenden Vorgang Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung vorgekommen sind, § 142 Abs. 2 S. 1 AktG. Als Unredlichkeit wird – in Anlehnung an § 148 Abs. 1 Nr. 3 AktG – vorwerfbares, sittlich anstößiges Verhalten verstanden.[166] Als Regelfall hierfür sind Treuepflichtverletzungen, wie etwa beim Erstreben persönlicher Vorteile zum Nachteil der AG zu nennen.[167] Eine „grobe“ Verletzung des Gesetzes oder der Satzung liegt nur dann vor, wenn der Grad des Verschuldens oder die Höhe des Schadens außergewöhnlich sind.[168] Bei unternehmensinternen Untersuchungen geht es ja gerade um die Aufdeckung von Gesetzesverletzungen oder groben Verstößen gegen interne Richtlinien, sodass dieses Kriterium zumeist erfüllt sein wird. Erforderlich ist jedoch stets eine Beurteilung im Einzelfall.
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Der Antrag muss von Aktionären, deren Anteile bei Antragsstellung zusammen den hundertsten Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 100 000 EUR erreichen, gestellt werden. Über den Antrag entscheidet dann das zuständige Gericht. Dieses verfügt über keinen Ermessensspielraum. Liegen die Voraussetzungen des § 142 Abs. 2 AktG vor, so muss es einen Sonderprüfer bestellen.[169] Der Prüfungszeitraum ist auf Vorgänge beschränkt, die nicht länger als fünf Jahre zurück liegen, § 142 Abs. 2 S. 1 AktG.
cc) § 131 Abs. 1 AktG: Auskunftsrecht
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Finden sich nicht genug Aktionäre zusammen, um eine Sonderprüfung einzuleiten oder sind die Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten noch zu wage, so kann ein einzelner Aktionär nach § 131 Abs. 1 AktG vom Vorstand in der Hauptversammlung Auskunft verlangen. Ein Auskunftsverlangen ist allerdings nur zulässig, soweit dies zur „sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist.“ Eigenes Fehlverhalten wird der Vorstand in der Praxis wohl nur selten zum Gegenstand der Tagesordnung machen, sodass dieses Recht den Aktionären kaum Vorteile bringen dürfte.
3. Die GmbH
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Unternehmensinterne Untersuchungen spielen auch bei der GmbH eine große Rolle. Die für die AG gefundenen Ergebnisse lassen sich weitgehend auch auf die GmbH übertragen. Unterschiede ergeben sich z.B. daraus, dass nicht jede GmbH einen Aufsichtsrat hat und der Aufsichtsrat in der GmbH rein fakultativ ist. Die Aufgabe der Überwachung kommt bei der GmbH prinzipiell den Gesellschaftern zu. Diese verfügen daher über ein stärkeres Handlungsinstrumentarium als die Aktionäre der AG. Zudem ist bei der GmbH zu beachten, dass im Gegensatz zur AG weitgehende Gestaltungsmöglichkeiten in der Satzung bestehen.
a) Geschäftsführer
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Wie in der AG ist auch bei der GmbH die Leitungsmacht Teil der Geschäftsführung.[170] Sie obliegt in der GmbH den Geschäftsführern,[171] §§ 35 ff. und 45, 46 GmbHG (e contrario).[172]
aa) § 43 Abs. 1 GmbH-Gesetz: Sorgfaltspflicht der Geschäftsführer
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Bei der AG kann am schlüssigsten ein Pflichtrecht zu unternehmensinternen Untersuchungen aus der Leitungsmacht in Verbindung mit der Leitungssorgfaltspflicht hergeleitet werden (Rn. 7 f.). Gleiches hat für die GmbH zu gelten. Nach § 43 Abs. 1 GmbHG, der nicht nur Verschuldensmaßstab, sondern auch Pflichtenquelle ist,[173] haben die Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Hier wird ders. Maßstab angelegt, wie bei der Sorgfalt des Vorstands einer AG. Somit sind bei jeder einzelnen Handlung die Grundsätze der Ordnungsgemäßheit, Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu beachten.[174] Der Sorgfaltsmaßstab des § 43 Abs. 1 GmbHG entspricht nach allgemeiner Meinung dem des § 93 Abs. 1 AktG.[175] Die Geschäftsführung hat somit unverzüglich den Sachverhalt vollständig aufzuklären, sofern ausreichende Verdachtsmomente für Gesetzes- oder Richtlinienverstöße vorliegen.[176] Auch hier ist die Business Judgement Rule bei der Frage nach dem „Ob“ der Einleitung einer gebotenen Untersuchung nicht anwendbar. Der Geschäftsführung kommt daher auch bei der GmbH insoweit kein Ermessen zu (Rn. 9).
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Auch bzgl. der vertikalen und horizontalen Pflichtendelegation gilt das zur AG Gesagte.[177]
bb) Analoge Anwendbarkeit des § 91 Abs. 2 AktG
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Soweit man mit Teilen der Literatur (Rn. 14) § 91 Abs. 2 AktG als Grundlage für die Einleitung von unternehmensinternen Untersuchungen bei der AG ansieht, so ist auch eine analoge Anwendung dieser Regelung für die GmbH denkbar.[178] In der Literatur wird hierfür insbesondere unter Verweis auf die Gesetzesbegründung[179] und der vergleichbaren Problematik plädiert.[180] Wie schon oben dargestellt, bietet die Vorschrift bereits bei der AG keine ausreichende Grundlage für eine Pflicht zur Durchführung einer Untersuchung. Zudem fehlt es für eine solche Analogie bereits an einer Regelungslücke. Zwar gibt es für die GmbH-Geschäftsführung keine dem § 91 Abs. 2 AktG entsprechende gesetzliche Regelung. Jedoch resultieren bereits aus den Organisations- und Überwachungspflichten nach § 43 Abs. 1 GmbHG die gleichen Pflichten wie für den Vorstand der AG, da die Sorgfaltsmaßstäbe von § 93 Abs. 1 AktG und § 43 Abs. 1 GmbHG weitgehend übereinstimmen.[181]
cc) § 130 OWiG
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Bei der AG wird das Recht und die Pflicht zur Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen auch aus dem § 130 OWiG und der darin niedergelegten Aufsichtspflicht hergeleitet.[182] Da auch die Geschäftsführung der GmbH gem. § 130 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG dieser Aufsichtspflicht unterliegt, hat für sie das Gleiche zu gelten. Die gesellschaftsrechtliche Pflicht ergibt sich wiederum erst im Zusammenspiel mit den Regelungen zur Leitungsverantwortung.
b) Aufsichtsrat
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Eine GmbH muss im Allgemeinen nicht über einen Aufsichtsrat verfügen. Es steht den Gesellschaftern jedoch frei, im Gesellschaftsvertrag die Bestellung eines Aufsichtsrats vorzusehen, § 52 Abs. 1 1. HS GmbHG. Daher hat sich die Bezeichnung als fakultativer Aufsichtsrat oder Beirat, in Abgrenzung zum Aufsichtsrat der AG eingebürgert. Neben der Bestellung selbst können auch die Befugnisse des fakultativen Aufsichtsrats weitgehend frei in der Satzung geregelt werden, § 52 Abs. 1 letzter HS GmbHG. Für den Fall, dass die Satzung diesbezüglich nichts vorsieht, verweist § 52 GmbHG auf die aktienrechtlichen Regelungen zum Aufsichtsrat. Insbesondere verweist § 52 Abs. 1 GmbHG auf die für die internen Untersuchungen relevanten §§ 90 Abs. 3 und 111 Abs. 1 und Abs. 2 AktG i.V.m. § 93 Abs. 1 AktG. Ist also bei der GmbH ein Aufsichtsrat eingerichtet und nicht bereits durch die Satzung mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet, so obliegt ihm wie bei der AG die Überwachung des Vorstands und er verfügt auch über die gleichen Mittel zur Durchsetzung wie der Aufsichtsrat der AG.[183]
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Natürlich steht es auch dem Aufsichtsrat der GmbH frei, einen Prüfungsausschuss einzurichten. Bei der „gewöhnlichen“ GmbH ist der Prüfungsausschuss rein fakultativ. Handelt es sich jedoch um eine kapitalmarktorientierte GmbH[184] i.S.d. § 264d HGB, so besteht, wenn sie über keinen Aufsichtsrat verfügt, der die Anforderungen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllt, nach § 324 HGB die Pflicht, einen solchen Ausschuss einzurichten. Eines der Ausschussmitglieder muss dann die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllen. Nach § 100 Abs. 5 AktG muss mindestens ein Mitglied des Prüfungsausschusses unabhängig sein und über Sachverstand auf dem Gebiet der Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen. Der Prüfungsausschuss selbst verfügt dann über die gleichen Rechte wie bei der AG.[185]
c) Gesellschafter
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Der größte Unterschied zwischen der GmbH und der AG besteht bzgl. der Rechte und Pflichten der Gesellschafter. Bei der GmbH ist es zumeist den Gesellschaftern überlassen, Fehlverhalten der Geschäftsführung aufzudecken. Hierzu stehen den Gesellschaftern nach dem Gesetz verschiedene Mittel zur Aufsicht zur Verfügung. Allerdings gelten auch im Hinblick auf die Gesellschafter nach § 45 Abs. 1 GmbHG vorrangig die Regelungen der Satzung. Die gesetzlichen Regelungen können daher weitgehend modifiziert werden. Nur soweit die jeweilige Satzung keine Regelungen enthält, gelten nach § 45 Abs. 2 GmbHG die folgenden Vorschriften.
aa) Informations- und Einsichtsrechte nach § 51a GmbHG
81
Nach § 51a Abs. 1 GmbHG hat jeder Gesellschafter das Recht, von den Geschäftsführern Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu verlangen. Angelegenheit der Gesellschaft ist u.a. alles, was mit der Geschäftsführung, ihren wirtschaftlichen Verhältnissen und rechtsgeschäftlichen Betätigungen, ihren Beziehungen zu Dritten oder zu verbundenen Unternehmen zusammenhängt.[186] Es ist also wesentlich weitgehender als das Informationsrecht der Aktionäre einer AG nach § 131 Abs. 1 AktG, da sich Letzteres nur auf die zur Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung der Hauptversammlung erforderlichen Informationen bezieht.[187]
82
Das Fragerecht der Gesellschafter ist umfassend. Es findet allerdings dort seine Grenze, wo es als rechtsmissbräuchlich und schikanös angesehen werden kann.[188] Andernfalls wäre die Gefahr groß, dass die laufende Geschäftsführung durch dauernde Anfragen beeinträchtigt würde.[189] Außerdem richtet sich der Umfang der Antwort der Geschäftsführung nach dem Detaillierungsgrad der Frage. Ein Gesellschafter kann also nicht erwarten, dass die Geschäftsführung auf eine völlig unspezifische Frage zu den allgemeinen Verhältnissen der Gesellschaft mit einem umfassenden Gesamtbericht antwortet.[190] Bei einer detaillierten Frage zu einem abgrenzbaren Gegenstand kann der Gesellschafter hingegen eine ausführliche Antwort verlangen.[191] Bestehen für den Gesellschafter hingegen schon Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten, so kann er konkrete weiterführende Fragen hierzu stellen.
83
Bei dem Auskunftsrecht handelt es sich um ein Individualrecht jedes einzelnen Gesellschafters.[192] Ein Gesellschafterbeschluss ist nicht erforderlich. Träger der Auskunftspflicht ist die Gesellschaft selbst, so dass eine etwaige Klage auf Auskunftserteilung gegen sie zu richten ist.[193]
84
Neben dem Informationsrecht haben die Gesellschafter Einsichtsrechte in die Bücher und Schriften der Gesellschaft, § 51a Abs. 1 GmbHG. Hierüber ist es den Gesellschaftern möglich, erste Anhaltspunkte für einen Verdacht auf Unregelmäßigkeiten in der Gesellschaft zu erlangen oder zu verifizieren, sofern diese aus den Unterlagen der Gesellschaft ersichtlich sind. Das Einsichtsverlangen darf sich allerdings nicht global auf alle Unterlagen der Gesellschaft beziehen. Es muss auf konkrete Unterlagen Bezug genommen werden.[194] Eine Befragung von Mitarbeitern ist jedenfalls nicht umfasst.[195]
85
Sofern das Einsichts- und Auskunftsrecht verweigert wird, kann die gerichtliche Durchsetzung gem. § 51b S. 1 GmbHG i.V.m. § 132 AktG beantragt werden.
86
Bei den Informationsrechten handelt es sich um zwingendes Recht, das nicht durch Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen oder auch nur geschmälert werden darf. Eine inhaltliche Konkretisierung ist hingegen im Gesellschaftsvertrag möglich.[196]
87
Das Auskunfts- und Einsichtsrecht allein führt folglich nicht dazu, dass einzelne Gesellschafter unternehmensinterne Untersuchungen selbst durchführen oder die Geschäftsführung anweisen können, solche Untersuchungen durchzuführen. Eine Frage kann allenfalls die Geschäftsführung veranlassen, zur Beantwortung Untersuchungen anzustellen. Die Einsicht in die Unterlagen kann dazu führen, dass Verdachtsmomente bestätigt werden.
bb) § 46 Nr. 6 GmbHG: Überwachung der Geschäftsführung
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Das Informationsrecht der Gesellschafter ist wie beim Aufsichtsrat der AG ein eher schwaches Recht, da es weiterhin den Geschäftsführern obliegt, die angeforderten Unterlagen bzw. Informationen herauszugeben, so dass diese unter Umständen gefiltert oder verfälscht werden könnten. Jedoch können gem. § 46 Nr. 6 GmbHG die Gesellschafter Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung treffen. Aus diesem Kontrollrecht fließt dann ein uneingeschränktes Informationsrecht.[197] Dieses Kontrollrecht ist ein der Gesellschafterversammlung im Ganzen zustehendes Recht.[198]
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Zu beachten ist, dass die Gesellschafter nach § 46 Nr. 6 GmbHG zwar ein Recht zur Kontrolle und Prüfung der Geschäftsführung haben. Allerdings kann hieraus nach herrschender Auffassung richtigerweise keine Überwachungspflicht der Gesellschafter abgeleitet werden.[199] Die Gesellschafter haften somit auch nicht für eine unterbliebene Überwachung der Geschäftsführung. Die Geschäftsführer können sich im Rahmen einer Inanspruchnahme durch die Gesellschaft auch nicht auf ein Mitverschulden der Gesellschafter wegen unterbliebener Überwachung und Kontrolle berufen. [200]
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In der Literatur ist es einhellige Meinung, dass die Gesellschafterversammlung im Rahmen ihres Rechts die Geschäftsführung nach § 46 Nr. 6 GmbHG überwachen und auch eine Sonderprüfung einleiten kann.[201] Dieses Recht kann dazu dienen, die aus dem Informationsrecht nach § 51a GmbHG gewonnene Informationsbasis zu erweitern und zu vertiefen.[202] Wie die Aktionäre der AG können also auch die Gesellschafter der GmbH einen Sonderprüfer beauftragen. Die Sonderprüfung ist – anders als bei der AG – nicht auf Maßnahmen der Geschäftsführung beschränkt, sondern kann zu beliebigen Themen eingeleitet werden.[203] Es können also nicht nur Bedenken gegen die Geschäftsführer selbst geprüft werden, sondern auch andere Vorgänge in der Gesellschaft, wie z.B. ein etwaiges Fehlverhalten von Mitarbeitern.[204] Hierzu können auch Betriebsangehörige neben den Geschäftsführern befragt werden.[205]
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Auf die Formalia einer solchen Prüfung, wie etwa die Anforderungen an den Sonderprüfer, sind die Rechtsgedanken des § 142 AktG entsprechend anzuwenden.[206] Der Sonderprüfer muss also z.B. eine unparteiische und neutrale Person sein.
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Ein Minderheitenrecht wie § 142 Abs. 2 AktG kennt das GmbHG jedoch nicht. Ein Minderheitenantrag hat jedoch trotzdem häufig Erfolg, da betroffene Gesellschafter infolge eines Stimmverbotes nicht an der Abstimmung teilnehmen dürfen.[207] Wird die in der Sonderprüfung zu behandelnde Fragestellung also in einer Weise formuliert, dass eventuelle Gegner einer solchen Prüfung von dem Stimmverbot erfasst sind, so kann auch eine Minderheit i.d.R. ihren Wunsch nach einer Sonderprüfung erfüllen.[208] Werden somit die voraussichtlich in ein Fehlverhalten involvierten Gesellschafter von der Fragestellung erfasst, so kann der Antrag erfolgreich sein, auch wenn die Mehrheit der Gesellschafter den Antrag ablehnt. Die erforderliche Stimmenmehrheit setzt sich in diesem Fall nur aus den nicht ausgeschlossenen Gesellschaftern zusammen. Gesellschafter-Geschäftsführer sind von der Abstimmung grundsätzlich ausgeschlossen, wenn Gegenstand der Abstimmung in der Vergangenheit liegende Sachverhalte sind.[209] Bei einer Abstimmung über die Einleitung von internen Untersuchungen ist dies immer der Fall, da deren Gegenstand nur in der Vergangenheit liegende Vorgänge sein können.