Der Malaiische Archipel

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Der holländische Postdampfer brachte mich von Ternate nach Surabaja, der größten Stadt und dem bedeutendsten Hafen des östlichen Teils von Java, und nachdem ich vierzehn Tage damit zu tun gehabt hatte, meine letzten Sammlungen zu verpacken und fortzuschicken, machte ich mich auf eine kurze Reise ins Innere auf. In Java zu reisen, ist eine sehr bequeme, aber sehr teure Sache; die einzige Art ist die, dass man einen Wagen mietet oder leiht und dann eine halbe Krone die Meile für Postpferde zahlt, die alle sechs Meilen regelmäßig gewechselt werden und mit einer Schnelligkeit von zehn Meilen die Stunde von einem Ende der Insel zum anderen laufen. Ochsenkarren oder Kulis werden dazu gebraucht, alles Extra-Gepäck zu transportieren. Da diese Art zu reisen meinen Mitteln nicht entsprach, so beschloss ich, nur eine kurze Tour in den Distrikt am Fuß des Berges Arjuna zu machen, wo es ausgedehnte Wälder geben sollte und wo ich einige gute Sammlungen zu machen hoffen konnte. Das Land meilenweit hinter Surabaja ist vollkommen flach und überall bebaut; es ist ein Delta oder eine angeschwemmte Ebene, die durch viele verästelte Ströme getränkt wird. Dicht um die Stadt waren die handgreiflichen Zeichen des Reichtums und einer fleißigen Bevölkerung sehr wohltuend; aber beim Weiterreisen wurden die beständig sich folgenden offenen Felder von Bambusreihen besetzt, mit hier und da weißen Gebäuden und hohen Schornsteinen von Zuckermühlen, monoton. Die Straßen laufen meilenweit in gerader Linie und sind von Reihen staubiger Tamarinden beschattet. Jede Meile steht ein kleines Wächterhaus, wo ein Polizist stationiert ist; und mittels einer hölzernen Handtrommel (Gong) können sie sich mit großer Schnelligkeit über das ganze Land in Verbindung setzen und Signale geben. Ungefähr alle sechs oder sieben Meilen kommt ein Posthaus, wo die Pferde gewechselt werden, ebenso schnell wie die der Post in der guten alten Zeit der Kutschen in England.
Ich blieb in Modjo-karta, einer kleinen Stadt ungefähr vierzig Meilen südlich von Surabaja und der nächste Ort an der Hauptstraße des Distriktes, den ich zu besuchen beabsichtigte. Ich hatte ein Einführungsschreiben an Herrn Ball, einen Engländer, der schon seit Langem in Java wohnte und mit einer Holländerin verheiratet war, und dieser lud mich freundlichst ein, bei ihm zu bleiben, bis ich einen passenden Aufenthalt gefunden hätte. Hier lebt sowohl ein holländischer Assistentresident als auch ein Regent oder inländischer javanischer Fürst. Die Stadt ist nett und hatte einen hübschen offenen Platz wie einen Dorfanger, auf welchem ein prächtiger Feigenbaum stand (verwandt mit der indischen Banane, aber höher), unter dessen Schatten eine Art von Markt beständig abgehalten wird und wo die Einwohner zusammenkommen, um zu faulenzen und zu plaudern. Den Tag nach meiner Ankunft fuhr ich mit Herrn Ball nach einem Dorf namens Modjo-agong, wo er ein Haus mit Nebengebäuden aufführte zum Tabakhandel, der hier nach einem ähnlichen System des Bebauens durch Eingeborene und des Vorausverkaufs betrieben wird, wie der Indigohandel in Britisch-Indien. Auf dem Wege hielten wir bei einem Bruchstück der Ruinen der alten Stadt Modjopahit an, anscheinend den aus zwei hohen Backsteinmauern bestehenden Seiten eines Torweges. Die äußerste Vollendung und Schönheit der Backsteinarbeit setzte mich in Erstaunen. Die Backsteine sind außerordentlich fein und hart mit scharfen Kanten und geraden Oberflächen. Sie sind mit großer Genauigkeit aufeinandergelegt, ohne dass man Mörtel oder Zement entdeckt, und doch so fest zusammengehalten, dass die Stellen, wo sie zusammenstoßen, schwer zu finden sind, und manchmal fließen die zwei Oberflächen ganz unmerklich ineinander. Eine so bewundernswerte Backsteinarbeit habe ich weder vorher noch nachher je gesehen. Es war keine Skulptur daran, aber eine Menge kühner Vorsprünge und ein schön gearbeitetes Gesims. Spuren von Gebäuden kommen meilenweit nach jeder Richtung hin vor, und fast jede Straße und jeder Fußweg hat eine Grundlage von Backsteinen – die gepflasterten Straßen der alten Stadt. In dem Haus des Waidono oder Distrikt-Häuptlings in Modjo-agong sah ich eine schöne Figur in Basrelief aus einem Lavablock, die unter der Erde nahe dem Dorf gefunden worden war. Auf meinen Wunsch etwas Ähnliches zu haben, bat Herr C. den Häuptling darum, und zu meiner Verwunderung gab er es mir sofort. Es stellte die Hindu-Gottheit Durga dar, auf Java Lora Jonggrang (die erhabene Jungfrau) genannt. Sie hat acht Arme und steht auf dem Rücken eines knienden Ochsen. Ihre niedrigste rechte Hand hält den Schwanz des Ochsen, während die korrespondierende linke in das Haar eines Gefangenen fasst, Dewth Mahikusor, die Personifikation des Lasters, der versucht hat, ihren Ochsen zu erschlagen. Er hat einen Strick um seinen Leib und liegt um Gnade bittend zu ihren Füßen. Die anderen Hände der Gottheit halten rechts einen Doppelhaken oder kleinen Anker, ein breites gerades Schwert und eine Schlinge von dickem Tau; links einen Gürtel oder ein Armband von großen Perlen oder Muscheln, einen ungespannten Bogen und eine Standarte oder Kriegsfahne. Diese Göttin war eine besonders beliebte bei den alten Javanern, und man findet ihr Bild oft in den Tempelräumen des östlichen Teils der Insel.
Das Exemplar, welches ich erhielt, war nur klein, etwa zwei Fuß hoch und vielleicht einen Zentner schwer; am anderen Tag brachten wir es nach Modjo-karta, von wo ich es nach Surabaja mit zurücknehmen wollte. Da ich beschlossen hatte, mich einige Zeit in Wonosalem aufzuhalten, auf den niedrigeren Abhängen des Arjima-Berges, wo ich Wald und viel Wild finden sollte, so musste ich erst eine Empfehlung vom Assistentresidenten an den Regenten und dann einen Befehl vom Regenten an den Waidono haben; als ich endlich nach einer Woche Verzögerung mit meinem Gepäck und meinen Leuten in Modjo-agong ankam, fand ich dort alles mitten in einem fünf Tage währenden Fest, da die Beschneidung des jüngeren Bruders und Vetters des Waidono gefeiert wurde, und bekam nur ein kleines Zimmer in einem Nebenhaus. Der Hofraum und die große offene Empfangshalle waren voll von Eingeborenen, die kamen und gingen und die Vorbereitungen zu einem Fest trafen, das um Mitternacht stattfinden sollte, zu dem ich auch eingeladen wurde: Aber ich zog es vor, zu Bett zu gehen. Ein inländisches Orchester, oder Gamelang, spielte fast den ganzen Abend, und ich hatte gute Gelegenheit, die Instrumente und Musikanten kennenzulernen. Erstere sind meist Gongs von verschiedenen Größen in Reihen von acht bis zwölf auf niedrige Holzrahmen gesetzt. Jeder Satz wird von einem Musikanten mit einem oder zwei Trommelstöcken gespielt. Es sind auch einige sehr große Gongs dabei, die einzeln oder paarweise geschlagen werden und die Stelle unserer Trommeln und Pauken einnehmen. Andere Instrumente sind aus breiten metallenen Stäben gemacht, die an zwischen Rahmen ausgespannten Stricken aufgehängt werden; noch andere aus Bambusstreifen sind ähnlich angeordnet, um die höchsten Töne hervorzubringen. Ferner noch eine Flöte und eine seltsame zweisaitige Violine; alles in allem Instrumente für vierundzwanzig Musikanten. Ein Kapellmeister leitete es und taktierte, und jeder Musikant fiel dann und wann mit ein paar Takten ein, sodass es ein harmonisches Zusammenspiel gab. Die Stücke waren lang und verwickelt, und einige der Spieler waren noch Knaben, sie führten aber ihre Partie mit großer Präzision durch. Die allgemeine Wirkung war sehr angenehm, da jedoch die meisten Instrumente sich sehr ähnelten, so glich es mehr einer riesigen Spieluhr als unseren musikalischen Aufführungen; und um es ganz zu genießen, muss man die große Zahl der Ausübenden, die dabei beschäftigt sind, beobachten. Am anderen Morgen, als ich auf die Leute und die Pferde für mich und mein Gepäck wartete, wurden die beiden Knaben, die ungefähr vierzehn Jahre alt waren, herausgebracht, bekleidet mit einem Sarong über den Leib, und den ganzen Körper mit einem gelben Pulver und mit weißen Blumengewinden, Halsbändern und Armspangen bedeckt, auf den ersten Anblick ganz wie Bräute von Wilden aussehend. Sie wurden von zwei Priestern an eine Bank vor dem Haus unter freien Himmel geleitet, und die Zeremonie der Beschneidung wurde dann vor der versammelten Menge vollführt.

Altes Basrelief (nach einem im Besitz des Autors befindlichen Stück; Baines)
Die Straße nach Wonosalem ging durch einen prächtigen Wald, in dessen Gründen wir bei einer schönen Ruine vorbeikamen, die ein königliches Grabmal oder Mausoleum gewesen zu sein schien. Es ist ganz aus Stein gemacht und sorgsam ausgehauen. Nahe der Basis ist eine Lage kühn hervorspringender Blöcke mit Skulpturen in Hochrelief, einer Reihe von Szenen, welche wahrscheinlich Vorfälle aus dem Leben des Toten darstellen. Diese sind alle sehr schön ausgeführt, besonders einige Tierfiguren sind leicht zu erkennen und sehr genau. Der allgemeine Plan, soweit der zerfallene Zustand des oberen Teils einen Schluss erlaubt, ist sehr gut, und durch sehr viele und mannigfaltig geformte hervor- oder einspringende Lagen von viereckigen Gesimssteinen wird ein wirksamer Effekt hervorgebracht. Die Größe dieses Gebäudes ist etwa dreißig Quadratfuß bei zwanzig Fuß Höhe, und da es dem Reisenden plötzlich in die Augen springt auf einer kleinen Erhöhung neben der Straße, überschattet von riesigen Bäumen, bewachsen mit Sträuchern und Schlingpflanzen und gehoben durch den düsteren Wald im Hintergrund, so erstaunt er über den Ernst und die pittoreske Schönheit des Anblicks und fühlt sich angeregt über das seltsame Gesetz des Fortschritts (welcher einem Rückschritt so ähnlich sieht) nachzusinnen, ein Gesetz, welches in so sehr voneinander entfernten Teilen der Erde hoch künstlerische und erfinderische Rassen untergehen ließ, um anderen Platz zu machen, welche, soweit wir urteilen können, sehr hinter jenen zurückstehen.
Wenige Engländer wissen um die Zahl und Schönheit der architektonischen Überreste Javas. Sie sind nie in populären Werken abgebildet und beschrieben worden, und es wird daher die meisten Menschen überraschen zu erfahren, dass sie bei Weitem jene von Zentralamerika übertreffen, vielleicht selbst die von Indien. Um eine Idee von diesen Ruinen zu geben und vielleicht reiche Liebhaber dazu anzuregen, dass sie dieselben durchforschen und uns, ehe es zu spät ist, ihre schönen Skulpturen durch die Photographie anschaulich machen, will ich die wichtigsten nach der kurzen Beschreibung von Sir Stamford Raffles’ »History of Java« aufzählen.
Brambanam – Nahe dem Zentrum von Java, zwischen den Hauptstädten der Eingeborenen, Djokjokarta und Surakarta, liegt das Dorf Brambanam, nahe welchem sehr viele Ruinen gefunden werden, von denen die wichtigsten die Tempel von Loro-fongran und Chaudi Sewa sind. In Loro-fongran waren zwanzig getrennte Gebäude, sechs große und vierzehn kleine Tempel. Sie sind jetzt zu einer Masse von Ruinen zusammengefallen, aber die größten Tempel sollen neunzig Fuß hoch gewesen sein. Sie waren alle von solidem Stein aufgebaut, überall mit Verzierungen und Basreliefs und mit zahllosen Statuen, von denen noch viele unversehrt sind, geschmückt. In Chaudi Sewa oder den »Tausend Tempeln« sind viele schöne Kolossalfiguren. Hauptmann Baker, der diese Ruinen beaufsichtigt, sagte, er habe nie in seinem Leben »so erstaunliche und vollendete Proben der menschlichen Arbeit, der Wissenschaft und des Geschmacks längst vergessener Zeiten auf einem so kleinen Raum wie hier zusammengedrängt« gesehen. Sie bedecken einen Raum von fast sechshundert Quadratfuß und bestehen aus einer äußeren Reihe von vierundachtzig kleinen Tempeln, einer zweiten Reihe von sechsundsiebzig, einer dritten von vierundsechzig, einer vierten von vierundvierzig und die fünfte bildet ein inneres Parallelogramm von achtundzwanzig, alles in allem 296 kleine Tempel, in fünf regelmäßigen Parallelogrammen angeordnet. Im Mittelpunkt steht ein großer kreuzförmiger Tempel, umgeben von hohen Treppenreihen, reich mit Skulptur geschmückt und in viele einzelne Abteilungen geteilt. Die tropische Vegetation hat die meisten der kleineren Tempel zugrunde gerichtet, aber einige sind ziemlich erhalten geblieben, nach denen man sich die Wirkung des Ganzen vergegenwärtigen mag.
Ungefähr eine halbe Meile davon ist ein anderer Tempel, Chaudi Kali Bening genannt, zweiundsiebzig Fuß im Quadrat und 60 Fuß hoch, sehr schön erhalten und mit Skulpturen aus der Hindu-Mythologie bedeckt, schöner als irgendeiner in Indien. Andere Ruinen von Palästen, Hallen und Tempeln mit einer Fülle von Götterstatuen werden in der Nachbarschaft gefunden.
Borobodo – Etwa achtzig Meilen westlich in der Provinz Kedu befindet sich der große Tempel von Borobodo. Er ist auf einem kleinen Hügel erbaut und besteht aus einer Zentralkuppel in sieben Reihen terrassenförmiger Mauern, welche den Abhang des Hügels bedecken und offene, durch Stufen und Torwege miteinander verbundene übereinanderliegende Galerien bilden. Der Dom in der Mitte ist fünfzig Fuß im Durchmesser; um ihn herum ist ein dreifacher Kreis von zweiundsiebzig Türmen, und das ganze Gebäude hält 620 Fuß im Quadrat und ist etwa hundert Fuß hoch. In den Terrassenmauern sind Nischen angebracht, in denen Kolossalfiguren mit gekreuzten Beinen stehen, etwa vierhundert an Zahl, und beide Seiten aller Terrassenmauern sind bedeckt von Basreliefs, lauter aus hartem Stein gehauene Figuren; diese Mauern haben also eine Länge von fast drei Meilen! Das Aufgebot menschlicher Arbeit und Geschicklichkeit, das verschwendet wurde, um die große Pyramide in Ägypten aufzurichten, sinkt bis zur Bedeutungslosigkeit herab, wenn man es mit der Anstrengung vergleicht, die nötig war, um diesen prachtvollen Hügel tempel im Inneren von Java zu vollenden.
Gunong Prau – Ungefähr vierzig Meilen südwestlich von Samarang auf einem Berg namens Gunong Prau ist ein ausgedehntes Plateau mit Ruinen bedeckt. Um diese Tempel zu erreichen, sind von entgegengesetzten Seiten aus vier Fluchten steinerner Treppen den Berg hinauf gelegt; jede Reihe besteht aus mehr als tausend Stufen. Es sind hier Spuren von fast vierhundert Tempeln gefunden worden, und viele (vielleicht alle) waren mit reichen und zart gearbeiteten Skulpturen verziert. Das ganze Land von hier bis Brambanam, eine Entfernung von sechzig Meilen, ist voll von Ruinen, sodass man schön gemeißelte Bildwerke in Gräben liegen sieht und dass sie zu Umzäunungsmauern verbaut werden.
Im östlichen Teil von Java, in Kediri und Malang, sind ebenfalls zahlreiche Spuren von Altertümern, aber die Gebäude selbst sind meist zerstört. Steinerne Bildwerke jedoch kommen vielfach vor, und überall findet man Überreste von Festungen, Palästen, Bädern, Wasserleitungen und Tempeln. Es ist durchaus dem Plan dieses Buches entgegen, etwas zu beschreiben, was ich nicht selbst gesehen habe; aber da ich gelegentlich ihrer erwähnte, so fühlte ich mich verpflichtet, etwas dazu beizutragen, dass diesen wunderbaren Kunstwerken einige Aufmerksamkeit geschenkt werde. Man fühlt sich überwältigt bei der Betrachtung dieser zahllosen Skulpturen, die mit Zartheit und künstlerischem Gefühl aus einem harten und schwer zu behandelnden Trachyt gearbeitet sind und die alle auf einer tropischen Insel gefunden werden. Wie der Zustand der Gesellschaft beschaffen sein konnte, wie die Höhe der Bevölkerung, wie die Subsistenzmittel, welche so gigantische Werke möglich machten, das wird vielleicht für immer ein Rätsel bleiben; und es ist ein wunderbares Beispiel von der Macht religiöser Ideen im sozialen Leben, dass in demselben Land, in welchem fünfhundert Jahre früher diese großen Bauten viele Jahre hindurch ausgeführt wurden, die Einwohner jetzt nur rohe Häuser aus Bambus mit Strohdächern errichten und auf diese Überbleibsel ihrer Voreltern mit unwissender Verwunderung blicken als auf unbezweifelte Produkte von Riesen oder Dämonen. Es ist sehr zu bedauern, dass die holländische Regierung nicht energische Schritte ergreift, um diese Ruinen dem zerstörenden Einfluss der tropischen Vegetation zu entziehen und um die schönen Skulpturen, die überall hin über das Land zerstreut sind, zu sammeln.
Wonosalem liegt ungefähr tausend Fuß über dem Meer, aber unglücklicherweise ist es von dem Wald etwas entfernt und umgeben von Kaffeeplantagen, Bambusdickicht und groben Gräsern. Es war zu weit, um täglich nach dem Wald zurückzugehen, und in anderen Richtungen konnte ich keine Gründe, die sich dem Insektensammeln ergiebig erwiesen, auffinden. Aber der Ort war wegen seiner Pfaue berühmt, und mein Bursche schoss bald mehrere dieser prachtvollen Vögel, deren Fleisch wir zart, weiß und delikat, ähnlich dem des Truthahns fanden. Der javanische Pfau ist eine von der indischen verschiedenen Art; der Nacken ist mit schuppenartigen grünen Federn bedeckt und der Kamm anders geformt; aber der äugige Schweif ist ebenso groß und ebenso schön. Es ist eine sonderbare Tatsache in Beziehung auf die geographische Verbreitung, dass der Pfau nicht auf Sumatra und Borneo gefunden wird, während der prächtige Argus-Fasan, die Fasanen mit feuerrotem Rücken und die augenfleckigen Fasane dieser Inseln ebenso unbekannt auf Java sind. Genau parallel damit geht die Tatsache, dass auf Ceylon und im südlichen Indien, wo der Pfau reichlich vorkommt, die herrlichen Lophophori und andere prächtige Fasane, welche Nordindien bewohnen, nicht gefunden werden. Es könnte so scheinen, als litte der Pfau keine Rivalen in seiner Domäne. Wären diese Vögel selten in ihrem Vaterland und lebend unbekannt in Europa, so würden sie sicherlich als die wahren Fürsten des Federgeschlechts angesehen werden und, was Stattlichkeit und Schönheit anbetrifft, ihnen niemand den Rang streitig machen. Wie die Sache aber liegt, so glaube ich, dass kaum jemand, den man aufforderte, den schönsten Vogel der Erde zu nennen, den Pfau nennen würde, ebenso wenig wie der Papua-Wilde oder der Bugi-Händler den Paradiesvogel dieser Ehre teilhaftig werden ließe.
Drei Tage nach meiner Ankunft in Wonosalem besuchte mich mein Freund Herr Ball und erzählte mir, dass vor zwei Abenden ein Knabe von einem Tiger getötet und gefressen worden sei nahe bei Modjo-agong. Er fuhr auf einem Ochsenkarren und kam in der Dämmerung die Hauptstraße entlang auf dem Weg nach Hause; kaum eine halbe Meile vom Dorf sprang ein Tiger auf ihn, trug ihn in den Dschungel dicht dabei und verzehrte ihn. Am nächsten Morgen fand man seine Überreste, die nur aus ein paar zermalmten Knochen bestanden. Der Waidono hatte ungefähr siebenhundert Männer zusammengebracht und wollte das Tier jagen; es wurde auch, wie ich später hörte, gefunden und getötet. Man gebraucht bei der Verfolgung eines Tigers nur Speere. Man umstellt eine große Strecke Landes und zieht sich allmählich zusammen, bis das Tier in einen vollständigen Ring bewaffneter Männer eingeschlossen ist. Wenn es sieht, dass es nicht mehr entfliehen kann, so macht es gewöhnlich einen Sprung und wird von einem Dutzend Speere aufgefangen und fast augenblicklich zu Tode gestochen. Das Fell eines so getöteten Tieres ist natürlich wertlos, und in diesem Fall war der Schädel, den ich Herrn Ball gebeten hatte, mir zu sichern, in Stücke gehauen, um die Zähne zu verteilen, die als Zaubermittel getragen werden.
Nach einem einwöchigen Aufenthalt in Wonosalem kehrte ich an den Fuß des Berges zurück in ein Dorf mit Namen Djapannan, welches von verschiedenen Waldpartien umgeben war und für meine Zwecke durchaus zu passen schien. Der Häuptling des Dorfes hatte für mich zwei kleine Bambuszimmer an der einen Seite seines eigenen Hofraumes hergerichtet und schien geneigt zu sein, mir so viel wie möglich zu helfen. Das Wetter war außerordentlich heiß und trocken, und da seit mehreren Monaten kein Regen gefallen, so waren infolgedessen Insekten und hauptsächlich Käfer sehr spärlich vorhanden. Ich ließ es mir daher hauptsächlich angelegen sein, eine gute Reihe Vögel zu erlangen, und es gelang mir auch, eine erträgliche Sammlung zu machen. Alle Pfaue, welche wir bisher geschossen, hatten kurze oder unvollkommene Schwänze gehabt, aber jetzt erhielt ich zwei prachtvolle Exemplare von mehr als sieben Fuß Länge, von denen ich einen vollständig aufbewahrte, während ich von zwei oder drei anderen nur den an dem Schwanz befestigten Schweif behielt. Wenn man diesen Vogel auf dem Boden nach Nahrung gehen sieht, so scheint es wunderbar, wie er mit einem so langen und schwerfälligen Schweif von Federn sich in die Luft erheben kann. Und doch tut er es mit großer Leichtigkeit, indem er ein kleines Stück schnell läuft und dann schief in die Höhe steigt; er fliegt über Bäume von beträchtlicher Höhe. Ich erhielt hier auch ein Exemplar des seltenen grünen Dschungelhahns (Gallus furcatus), mit einem aus bronzenen Federn schön geschuppten Rücken und Nacken und einem sanft gerandeten ovalen und an der Basis grünen Kamm von violett-purpurner Farbe. Es ist auch dadurch bemerkenswert, dass es einen einzigen großen Kehllappen hat, glänzend gefärbt mit drei roten, gelben und blauen Flecken. Der gewöhnliche Dschungelhahn (Gallus bankiva) kommt auch hier vor. Er ist fast genauso wie ein gewöhnlicher Kampfhahn, aber seine Stimme ist anders, viel kürzer und abgebrochener, woher er auch seinen inländischen Namen Bekeko hat. Sechs verschiedene Arten von Spechten und vier Königsfischer fand ich hier, den schönen Nashornvogel, Buceros lunatus, mehr als vier Fuß lang, und den hübschen kleinen Loriket, Loriculus pusillus, kaum mehr als ebenso viele Zolle.
Eines Morgens als ich gerade meine Spezimina präparierte und ordnete, sagte man mir, dass eine Gerichtsverhandlung stattfinden würde; und bald traten vier oder fünf Männer ein und hockten auf einer Matte unter dem Audienzdach auf dem Hof nieder. Dann kam der Häuptling mit seinem Schreiber und setzte sich ihnen gegenüber. Einer sprach nach dem anderen und erzählte seine Geschichte, und ich fand heraus, dass die zuerst Eingetretenen der Gefangene, der Ankläger, der Polizist und der Zeuge waren und dass der Gefangene nur dadurch sich auszeichnete, dass er ein loses Stück Tau um den Leib geschlungen, aber nicht fest zusammengebunden hatte. Es war ein Fall von Diebstahl, und nachdem die Aussage des Zeugen gemacht war und der Häuptling einige Fragen gestellt hatte, sagte der Angeschuldigte ein paar Worte, und dann wurde das Urteil gesprochen; es war ein günstiges. Die Parteien standen auf und gingen zusammen fort; sie schienen ganz freundschaftlich gegeneinander gesinnt zu sein; und von Leidenschaft oder übler Stimmung war durchaus nichts bei irgendeinem der Anwesenden zu sehen – eine sehr gute Illustration zu dem malaiischen Charaktertypus.
In einem Monat sammelte ich in Wonosalem und Djapannan achtundneunzig Vogelarten, aber eine armselige Anzahl von Insekten. Ich beschloss also, Ost-Java zu verlassen und es mit den feuchteren und üppigeren Distrikten am Westende der Insel zu versuchen. Ich kehrte nach Surabaja zu Wasser zurück in einem großen Boot, welches mich selbst, meine Diener und mein Gepäck zu einem Fünftel des Preises beförderte, den ich hatte bezahlen müssen, um nach Modjo-karta zu kommen. Der Fluss ist durch sorgfältiges Abdämmen schiffbar gemacht worden, was aber den gewöhnlichen Erfolg gehabt hat, dass das anliegende Land gelegentlich heftigen Überschwemmungen preisgegeben ist. Ein ganz bedeutender Handel nimmt seinen Weg diesen Fluss hinunter; an einer Schleuse, die wir zu passieren hatten, warteten eine Meile weit zwei beladene Boote zwei bis drei Reihen tief, die je sechs auf einmal nacheinander durchgelassen werden.

Portrait eines javanischen Häuptlings (nach einer Photographie; Baines)
Nach ein paar Tagen ging ich per Dampfschiff nach Batavia, wo ich ungefähr eine Woche in dem größten Hotel blieb und Vorbereitungen zu einem Ausflug ins Innere traf. Die Geschäftsgegend der Stadt ist nahe dem Hafen, aber die Hotels und alle Wohnungen der Beamten und europäischen Kaufleute sind in einer Vorstadt zwei Meilen davon, in breiten Straßen und Plätzen gelegen, sodass sie einen großen Flächenraum einnehmen. Das ist für den Besucher höchst lästig, da die einzigen Beförderungsmittel hübsche zweispännige Wagen sind, deren niedrigster Preis fünf Gulden (8 s. 4 d.) für den halben Tag beträgt, sodass eine Geschäftsstunde morgens und ein Besuch abends allein 16 s. 8 d. Wagenmiete per Tag kosten.
Die malerische Schilderung, die Herr Money von Batavia macht, passt sehr gut mit Ausnahme seiner »klaren Kanäle«, welche alle schmutzig waren, und seiner »glatten Kieswege«, die einer wie der andere aus groben Steinen bestanden, auf denen sich nur höchst schmerzhaft gehen ließ und die man kaum durch die Tatsache erklären kann, dass in Batavia jedermann fährt, da doch schwerlich zu glauben ist, dass die Menschen nie in ihren Gärten spazieren gehen. Das Hôtel des Indes war sehr bequem eingerichtet; jeder Gast hat ein Wohn- und Schlafzimmer, das sich auf eine Veranda öffnet, wo er seinen Morgenkaffee und Abendtee nehmen kann. In der Mitte des Vierecks steht ein Gebäude mit einer Anzahl Marmorbäder, die stets zum Gebrauch bereit sind; um zehn Uhr wird vortrefflich table d’hôte gefrühstückt und um sechs Uhr gegessen, wofür man alles in allem einen sehr mäßigen Preis per Tag bezahlt.