Der Malaiische Archipel

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Porträt eines jungen Dajak (nach einer Skizze und Photographien; Baines)
Der »Orang Kaya« oder reiche Mann, wie der Häuptling des Stammes genannt wird, kam nun mit mehreren älteren Leuten herein; und es begann die »Bitchara« oder Verhandlung über das Anschaffen eines Bootes und von Männern, um mich am folgenden Morgen weiterzubringen. Da ich nicht ein Wort ihrer Sprache verstand, die sehr vom Malaiischen verschieden ist, so nahm ich an der Verhandlung nicht teil, sondern wurde von meinem Burschen Bujon vertreten, der mir das Meiste von dem, was sie sagten, übersetzte. Ein chinesischer Händler war in dem Haus, und auch er wollte Leute für den folgenden Tag haben; aber als er das dem Orang Kaya andeutete, wurde ihm ernstlich gesagt, dass eines weißen Mannes Geschäft augenblicklich verhandelt werde und dass er bis zu einem anderen Tag warten müsse, ehe man an das seinige denken könne.
Als die »Bitchara« zu Ende und die alten Häuptlinge fort waren, bat ich die jungen Leute zu spielen oder zu tanzen oder sich in gewohnter Weise zu unterhalten; und nach ein klein wenig Sträuben taten sie es. Sie machten zuerst eine Kraftprobe, indem sich zwei Knaben einander gegenübersetzten, Fuß gegen Fuß, und ein starker Stock von beiden gefasst wurde. Jeder trachtete nun, sich nach rückwärts zu werfen, um seinen Gegner vom Boden aufzuheben, entweder durch größere Kraft oder durch eine plötzliche Anstrengung. Dann versuchte ein Mann seine Kräfte gegen zwei oder drei Knaben; darauf fasste jeder seinen eigenen Knöchel mit einer Hand und, während der eine so fest zu stehen suchte, als er konnte, schwang sich der andere auf einem Bein herum, um des anderen freies Bein zu schlagen und ihn auf die Weise zu Boden zu werfen. Als diese Spiele mit verschiedenem Erfolg rund gespielt waren, begann eine mir ganz neue Art von Konzert. Einige kreuzten ein Bein übers Knie und schlugen mit den Fingern scharf an den Knöchel, andere schlugen die Arme gegen ihre Seiten wie ein Hahn, der krähen will, und so brachten sie eine große Mannigfaltigkeit von klatschenden Geräuschen hervor, während einer noch mit der Hand unter seiner Achselgrube einen tiefen Trompetenton hören ließ; und da sie alle sehr gut Takt hielten, so war die Wirkung durchaus nicht unangenehm. Es schien eine Lieblingsunterhaltung von ihnen zu sein, und sie führten es mit viel Laune durch.
Am anderen Morgen fuhren wir in einem ungefähr dreißig Fuß langen und nur achtundzwanzig Zoll breiten Boot ab. Der Fluss ändert hier plötzlich seinen Charakter. Bis dahin war er, wenn auch reißend, so doch tief und eben und von steilen Ufern begrenzt gewesen. Jetzt rauschte und brauste er über ein kieseliges, sandiges oder felsiges Bett, bildete gelegentlich kleine Wasserfälle und Stromschnellen und warf hier und da breite Bänke von schön gefärbten Kieseln auf. Mit Rudern konnte man hier nicht weiter kommen, aber die Dajaks stießen uns mit Bambusstangen mit großer Geschicklichkeit und Schnelligkeit vorwärts und verloren nie das Gleichgewicht in dem so engen und schwanken Schiff, obgleich sie aufrecht standen und mit aller Kraft arbeiteten. Es war ein herrlicher Tag, und die muntere Tätigkeit der Männer, das Rauschen des perlenden Wassers mit dem glänzenden und mannigfaltigen Laubwerk, das von beiden Ufern aus sich über unsere Köpfe erstreckte, riefen in mir ein Gefühl der freudigen Erregung wach, das mir meine Kanufahrten auf den großen Flüssen Südamerikas in die Erinnerung brachte.
Früh am Nachmittag erreichten wir das Dorf Borotoi, und obgleich es ein Leichtes gewesen wäre, bis in das nächste noch vor der Nacht zu kommen, so war ich doch genötigt zu bleiben, da meine Leute zurückkehren wollten und andere unmöglich ohne vorhergehende Verabredung zu haben waren. Außerdem war ein weißer Mann für sie eine zu große Seltenheit, als dass man ihn sich hätte entgehen lassen sollen, und ihre Frauen würden es ihnen nie vergeben haben, wenn sie von ihren Feldern zurückkehrend eine solche Merkwürdigkeit nicht für sie zur Ansicht aufbewahrt gefunden hätten. Als ich in das Haus trat, in das man mich geladen, umstand mich eine Menge von sechzig oder siebzig Männern, Weibern und Kindern, und die erste halbe Stunde saß ich da wie ein seltsames Tier, das zum ersten Mal den Blicken eines neugierigen Publikums preisgegeben wird. Metallringe waren hier im größten Überfluss und viele der Frauen hatten ihre Arme sowohl vollständig damit bedeckt, als auch ihre Beine vom Knöchel bis zum Knie. Um den Leib trugen sie ein Dutzend oder mehr Bänder von schöner roter Farbe aus Rohr geflochten, an welchen der Unterrock befestigt ist. Darunter sind gewöhnlich einige Metalldrahtbänder, ein Gürtel von kleinen Silbermünzen und manchmal ein breites Gehänge einer Metallringrüstung. Auf dem Kopf tragen sie einen konischen Hut ohne Boden, von verschiedenfarbigen Perlen gemacht und durch Rotang-Ringe in Façon gehalten, eine phantastische aber nicht unmalerische Kopfbedeckung.
Ich machte einen Spaziergang hin zu einem kleinen Hügel in der Nähe des Dorfes, der wie ein Reisfeld bebaut war, von dem aus ich einen hübschen Blick auf das Land hatte, das hier ganz hügelig und gegen Süden zu bergig wurde. Ich nahm Messungen auf und machte Skizzen von allem Sichtbaren, ein Unternehmen, das die Dajaks, die mich begleiteten, sehr in Erstaunen setzte, und als ich zurück war, die Bitte, ihnen den Kompass zu zeigen, hervorrief. Es umgab mich dann noch eine größere Menge als vorher, und als ich mein Abendbrot nahm in der Mitte eines Kreises von etwa hundert Zuschauern, die aufmerksam jede Bewegung beachteten und jeden Mundvoll kritisierten, musste ich unwillkürlich an die Löwen zur Fütterungszeit denken. Ebenso wie diese edlen Tiere gewöhnte auch ich mich daran, und es beeinträchtigte meinen Appetit nicht. Die Kinder waren hier scheuer als in Tabokan, ich konnte sie nicht zum Spiel bewegen. Ich wurde also selbst Schaugeber und warf den Schatten eines fressenden Hundekopfes, was ihnen so sehr gefiel, dass das ganze Dorf in Prozession herauskam, um es zu sehen. Das »Kaninchen auf der Mauer« macht auf Borneo keinen Effekt, da dort kein ähnliches Tier ist. Die Knaben hatten Kreisel, die geformt waren wie Kreisel zum Schlagen, aber mit Schnur umsponnen.
Am anderen Morgen fuhren wir wie vorher weiter, aber der Fluss wurde so reißend und seicht und die Boote waren alle so klein, dass, obgleich ich nichts bei mir hatte als ein Gewand zum Wechseln, eine Büchse und wenige Kochgeräte, dennoch zwei Männer notwendig waren, um mich weiterzubringen. Der Fels, der hier und da am Flussufer zum Vorschein kam, war ein harter Tonschiefer, an einige Stellen kristallinisch und fast senkrecht ansteigend. Rechts und links von uns zeigten sich isolierte Kalksteinberge, deren weiße Abhänge in der Sonne glänzten und sich schön von der üppigen Vegetation, die sie überall bedeckte, abhoben. Das Flussbett bestand aus Haufen von Kieseln, meist reiner weißer Quarz, aber sehr stark untermischt mit Jaspis und Agat und dadurch von schön buntscheckigem Aussehen. Es war erst zehn Uhr morgens, als wir in Budw ankamen und obgleich eine Menge Volkes umherlungerte, so konnte ich die Leute doch nicht dazu bewegen, mir zu erlauben, bis zum nächsten Dorf weiterzufahren. Der Orang Kaya sagte zwar, dass wenn ich darauf bestünde, Männer zu haben, er natürlich welche stellen würde, aber als ich ihn beim Worte nahm und sagte, dass ich sie haben müsse, machte er mir neue Einwendungen; und die Idee meines Fortgehens an demselben Tag schien ihm so schmerzlich zu sein, dass ich genötigt war, mich zu ergeben. Ich machte daher einen Spaziergang über die Reisfelder, die hier sehr ausgedehnt sind und eine Anzahl kleiner Hügel und Täler bedecken, welche überhaupt das ganze Land zu überziehen scheinen, und erhielt dabei eine schöne Übersicht über Hügel und Berge nach allen Seiten hin.
Abends kam der Orang Kaya in vollem Ornat (eine beflitterte Samtjacke, aber ohne Hosen) und lud mich in sein Haus, wo er mir den Ehrensitz anwies unter einem Baldachin von weißem Kattun und bunten Tüchern. Die große Veranda war voll von Menschen, und große Schüsseln mit Reis und mit gekochten und frischen Eiern wurden als Geschenke für mich niedergelegt. Darauf bekleidete sich ein sehr alter Mann mit hell gefärbten Gewändern und vielen Zierraten und murmelte an der Tür sitzend ein langes Gebet oder eine Anrufung, während er aus einer Schale, die er in seiner Hand hielt, Reis umherstreute, ferner mehrere große Gongs laut geschlagen und Salutschüsse abgefeuert wurden. Dann ließ man einen großen Krug mit Reiswein, sehr sauer aber von einem angenehmen Geruch, herumgehen und ich verlangte, einige ihrer Tänze zu sehen. Diese waren nun, wie die meisten Darstellungen von Wilden, sehr abgeschmackt und reizlos; die Männer kleideten sich ganz absurd wie Frauen und die Mädchen stellten sich so steif und lächerlich an wie nur möglich. Während der ganzen Zeit wurden sechs oder acht große chinesische Gongs von den kräftigen Armen ebenso vieler junger Männer geschlagen und brachten einen solch betäubenden Lärm hervor, dass ich froh war, nach meinem runden Haus hin entschlüpfen zu können, wo ich sehr angenehm mit einem halben Dutzend geräucherter menschlicher Schädel über mir schlief.
Der Fluss wurde von da an so seicht, dass Boote kaum darauf fahren konnten. Ich zog es deshalb vor, zu Fuß nach dem nächsten Dorf zu gehen, indem ich hoffte, bei der Gelegenheit etwas von dem Land zu sehen; aber ich wurde sehr enttäuscht, da der Weg fast gänzlich durch dickes Bambusgebüsch führte. Die Dajaks ernten zwei Mal hintereinander; ein Mal Reis und das andere Mal Zuckerrohr, Mais und Gemüse. Dann liegt der Boden acht bis zehn Jahre brach und bedeckt sich mit Bambusrohr und Sträuchern, die sich oft gänzlich über den Weg wölben und jede Aussicht versperren. Drei Stunden Gehen brachten uns in das Dorf Senankan, wo ich wieder den ganzen Tag bleiben musste, was ich auf das Versprechen des Orang Kaya hin, dass seine Leute mich am folgenden Tag durch zwei weitere Dörfer quer durch nach Senna hin, an die Quelle des Sarawak-Flusses bringen sollten, auch gern tat. Ich unterhielt mich, so gut ich konnte, bis zum Abend mit Spazierengehen auf den Höhenzügen der Umgegend, um eine Anschauung von der Gegend und von der Höhe der hauptsächlichsten Berge zu gewinnen. Dann kam wieder eine öffentliche Audienz an die Reihe mit Geschenken von Reis und Eiern und Trinken von Reiswein. Diese Dajaks bebauen eine große Strecke Landes und bringen eine Menge Reis nach Sarawak. Sie sind reich an Gongs, Metallschüsseln, Draht, Silbermünzen und anderen Gegenständen, in denen der Reichtum eines Dajaks besteht; und ihre Weiber und Kinder sind alle aufs Höchste ausgeschmückt mit Perlhalsbändern, Muscheln und Metalldraht.
Am Morgen wartete ich etwas, aber die Männer, welche mich begleiten sollten, erschienen nicht. Als ich zu dem Orang Kaya schickte, war sowohl er als auch ein anderer Häuptling für den Tag fortgegangen, und als ich nach dem Grund fragte, hörte ich, dass sie keinen ihrer Leute dazu hätten überreden können, mit mir zu gehen, weil die Reise lang und ermüdend sei. Da ich zum Gehen entschlossen war, so sagte ich zu den wenigen Leuten, die noch geblieben, dass die Häuptlinge sehr übel daran getan hätten, dass ich mich bei dem Radscha wegen ihres Betragens beklagen würde und dass ich sofort aufbrechen wolle. Jeder der Anwesenden hatte eine andere Entschuldigung, aber es wurde nach anderen gesandt und mittels Drohungen und Versprechungen und der Anwendung der ganzen Beredsamkeit Bujons kamen wir endlich nach zweistündigem Hin- und Herreden fort.
Die ersten paar Meilen ging unser Weg über für Reisfelder gelichtete Ländereien, die nur aus kleinen aber tief und scharf eingeschnittenen Rinnen und Tälern bestehen, mit nicht ein paar Fuß ebenen Bodens. Über dem Kayan-Fluss, einem Hauptarm des Sadong, kamen wir an die niedrigen Abdachungen des Seboran-Berges; der Weg ging längs eines scharfen und mäßig steilen Abhanges und bot eine herrliche Aussicht auf das Land.
Die Gegend glich im Kleinen der Himalaya-Gegend, wie sie Dr. Hooker und andere Reisende beschrieben haben; sie sah wie ein natürliches Modell einiger Teile jener ungeheuren Berge aus, nach einem Maßstab von etwa einem Zehntel, in dem Tausende von Fuß hier durch Hunderte repräsentiert waren. Ich entdeckte jetzt den Ursprung der hübschen Kiesel, die mir im Flussbett so gefielen. Die schieferartigen Felsen hatten aufgehört, und diese Berge schienen aus einem Sandsteinkonglomerat zu bestehen, das an einigen Stellen nur aus einer Masse von aneinander haftenden Kieseln aufgebaut war. Ich hätte wissen sollen, dass so kleine Flüsse nicht so ungeheure Mengen schön gerundeter Kiesel vom allerhärtesten Material hervorbringen können. Sie waren augenscheinlich in fernen Zeitaltern durch die Tätigkeit irgendeines kontinentalen Stromes oder Seegestades gebildet worden, bevor die große Insel Borneo aus dem Ozean gehoben wurde. Die Existenz eines derartigen Systems von Hügeln und Tälern, das im Kleinen alle Züge einer großen Bergregion trägt, hat für die moderne Theorie, dass die Bodengestaltung hauptsächlich mehr von atmosphärischer als von unterirdischer Tätigkeit abhängig ist, eine wichtige Tragweite. Wenn wir eine Anzahl verzweigter, nach vielen verschiedenen Richtungen hin laufender Täler und Spalten innerhalb einer Quadratmeile sehen, so scheint es kaum möglich, ihre Entstehung Rissen und Sprüngen, die durch Erdbeben hervorgebracht wären, zuzuschreiben oder auch nur sie von solchen abzuleiten. Auf der anderen Seite sind in diesem Fall die Natur des Felsens, der so leicht von Wasser zersetzt und weggeschwemmt werden kann, und die bekannte Tätigkeit der so mächtigen tropischen Regen zumindest ganz zureichende Gründe für die Bildung solcher Täler. Allein die Ähnlichkeit ihrer Formen und ihrer Umrisse, ihres Auseinanderstrahlens, ihrer sie trennenden Abhänge und Firste mit denen der großen Bergszenerie des Himalaya ist so bemerkenswert, dass wir zu dem Schluss hingedrängt werden, dass die Arbeitskräfte in beiden Fällen dieselben gewesen sind und dass nur in der Zeit, in der sie in Tätigkeit gewesen und in der Natur des Materials, auf das sie zu wirken hatten, der Unterschied liegt.
Ungefähr am Nachmittag erreichten wir das Dorf Menyerry, schön gelegen auf einem Ausläufer des Berges, ungefähr sechshundert Fuß über dem Tal und eine prächtige Aussicht auf die Berge dieses Teils von Borneo darbietend. Von hier aus sah ich den Berg Penrissen an dem Ursprung des Sarawak-Flusses, einen der höchsten des Distriktes, der bis zu sechstausend Fuß über der See ansteigt. Nach Süden schienen die Rowan- und weiterhin die Untowan-Berge im holländischen Gebiet gleich hoch zu sein. Von Menyerry herabsteigend passierten wir wieder den Kayan, der sich um den Bergvorsprung herumwindet, und erstiegen den Pass, welcher die Sadong- und Sarawak-Täler voneinander trennt und der an zweitausend Fuß hoch ist. Das Herabsteigen von diesem Punkt war sehr schön. Ein Strom rauschte an jeder Seite tief unten in einer Felsschlucht, und allmählich stiegen wir zu dem einen hinunter, indem wir über viele seitliche Rinnen und Abgründe auf Bambusbrücken der Eingeborenen gingen. Einige dieser Brücken waren mehrere Hundert Fuß lang und fünfzig oder sechzig Fuß hoch; ein einzelnes glattes Bambusrohr von vier Zoll Durchmesser bildete den Gehweg, während ein dünnes Geländer von demselben Material oft so schwankte, dass es nur als Führung, nicht als Unterstützung dienen konnte.
Spät am Nachmittag erreichten wir Sodos, auf einem Vorsprung zwischen zwei Flüssen gelegen, aber so von Fruchtbäumen umgeben, dass man nichts von der Gegend sehen konnte. Das Haus war geräumig, rein und bequem und das Volk sehr verbindlich. Viele der Frauen und Kinder hatten nie vorher einen Weißen gesehen und verhielten sich sehr skeptisch in Beziehung darauf, dass ich ganz von derselben Farbe sei wie mein Gesicht. Sie baten mich, ihnen meine Arme und meinen Körper zu zeigen und waren so freundlich und gutgesittet, dass ich mich bewogen fand, ihnen zu willfahren; ich streifte meine Hosen in die Höhe und ließ sie die Farbe meines Beines sehen, welches sie mit großem Interesse betrachteten.
Morgens früh stiegen wir weiter hinab, ein schönes Tal entlang mit Bergen von zweitausend bis dreitausend Fuß Höhe nach jeder Richtung hin. Der kleine Fluss wuchs sehr schnell, bis wir Senna erreichten, wo er schon als schöner kieseliger Strom für kleine Kanus schiffbar war. Hier kamen wieder die gehobenen schieferigen Felsen zum Vorschein mit demselben Streichen und Fallen wie am Sadong-Fluss. Als ich um ein Boot bat, das mich stromabwärts bringen sollte, sagte man mir, dass die Senna-Dajaks, obgleich sie an Flussufern lebten, doch nie Boote bauten oder gebrauchten. Sie waren Bergbewohner, die erst vor zwanzig Jahren ins Tal herabgekommen waren und noch nicht in neue Gewohnheiten sich eingelebt hatten. Sie sind von demselben Stamm wie die Bevölkerung von Menyerry und Sodos. Sie bauen gute Wege und Brücken, kultivieren viel Bergland und geben daher der Gegend ein gefälligeres und zivilisierteres Aussehen als jene, welche nur in Booten fahren und sich in ihrem Anbau auf die Stromufer beschränken.
Nach einiger Mühe mietete ich ein Boot von einem malaiischen Händler und fand drei Dajaks, die mehrere Male mit Malaien nach Sarawak gewesen waren und die die Sache sehr gut zu verstehen glaubten. Sie trieben sehr ungeschickt hinaus, rannen immer auf den Grund, stießen gegen Felsen und verloren ihr Gleichgewicht, sodass sie selbst und das Boot fast umstürzten; es war ein in die Augen springender Gegensatz zu der Geschicklichkeit der See-Dajaks. Endlich kamen wir an eine wirklich gefährliche Stromschnelle, wo oft Boote versanken, und meine Leute fürchteten sich darüberzufahren. Einige Malaien überholten uns hier mit einer Schiffsladung Reis, und nachdem sie sicher hinübergekommen waren, sandten sie in gefälliger Weise einen ihrer Leute zurück, um mir zu helfen. Wie es so geht – gerade an der kritischen Stelle verloren meine Dajaks das Gleichgewicht und hätten, wenn sie allein gewesen wären, sicherlich das Boot umgekippt. Der Fluss wurde nun außerordentlich malerisch, da das Land jederseits teilweise für Reisfelder gelichtet war, die die Aussicht nicht behinderten. Zahlreiche kleine Kornspeicher waren hoch oben in über den Fluss hängenden Bäumen angebracht, zu denen Bambusbrücken vom Ufer aus schräg hinaufführten; und hier und da gingen Bambus-Hängebrücken über den Strom, wo querüber wachsende Bäume ihre Herstellung begünstigten.
Ich schlief die Nacht in dem Dorf der Sebungow-Dajaks und erreichte folgenden Tages Sarawak nach Durchwanderung einer sehr schönen Gegend, in der Kalksteinberge mit ihren phantastischen Formen und weißen Abhängen jederseits aufstiegen, drapiert und geschmückt mit einer üppigen Vegetation. Die Ufer des Sarawak-Flusses sind allerorten mit Fruchtbäumen bedeckt, welche den Dajaks einen großen Teil ihrer Nahrung bieten. Die Mangustan, Lansat, Rambutan, Jack, Jambou und Blimbing10 sind alle im Überfluss vorhanden; aber am reichlichsten vorkommend und am geschätztesten ist die Durian11, eine Frucht, die man in England wenig kennt, aber welche sowohl von Eingeborenen als von Europäern im Malaiischen Archipel allen anderen vorgezogen wird. Der alte Reisende Linschott, der um 1599 schrieb, sagte: »Sie ist von so ausgezeichnetem Geschmack, dass sie an Aroma alle anderen Früchte der Welt übertrifft, wenn man denen glaubt, welche sie gekostet haben.« Und Doktor Paludanus fügt hinzu: »Die Frucht ist gewürzt und wässerig. Wenn man nicht an sie gewöhnt ist, scheint sie zuerst nach faulen Zwiebeln zu riechen, aber sowie man sie geschmeckt hat, zieht man sie aller anderen Nahrung vor. Die Eingeborenen geben ihr Ehrennamen, preisen sie und machen Verse auf sie.« Im Haus ist der Geruch oft so unangenehm, dass einige Menschen sich nie überwinden können, sie zu kosten. So ging es mir, als ich es zuerst in Malakka versuchte, aber auf Borneo fand ich eine reife Frucht am Boden, und als ich sie im Freien aß, wurde ich mit einem Schlag eingeschworener Durian-Esser.
Die Durian wächst an einem großen und hohen Waldbaum, etwa der Ulme ähnlich in ihrem Hauptcharakter, aber mit einer glatteren und mehrblättrigen Rinde. Die Frucht ist rund oder leicht oval, von der Größe einer großen Kokosnuss ungefähr, von grüner Farbe und ganz mit kleinen starken und scharfen Stacheln bedeckt, deren Basen sich gegenseitig berühren und infolgedessen etwa sechseckig sind. Sie ist so vollständig bewaffnet, dass es bei abgebrochenem Stängel schwierig ist, sie vom Boden aufzuheben. Die äußere Rinde ist so dick und zäh, dass, von welcher Höhe sie auch herabfallen mag, sie doch nie zerbricht. Von der Basis zur Spitze sieht man fünf sehr schwach gezeichnete Linien, über welche die Stacheln sich ein wenig wölben; es sind die Nähte der Karpellarblätter und sie zeigen, wo die Frucht mit einem starken Messer und einer kräftigen Hand geteilt werden kann. Die fünf Zellen sind atlasartig weiß von innen und jede ist von einer ovalen Masse rosafarbigen Breies gefüllt, in dem zwei oder drei Samen von der Größe einer Kastanie liegen. Dieser Brei ist das Essbare und Zusammensetzung und Wohlgeschmack desselben sind unbeschreiblich. Ein würziger, butteriger, stark nach Mandeln schmeckender Eierrahm gibt die beste allgemeine Idee davon, aber dazwischen kommen Duftwolken, die an Rahmkäse, Zwiebelsauce, braunen Xereswein und anderes Unvergleichbare erinnern; dann ist der Brei von einer würzigen, klebrigen Weichheit, die sonst keinem Ding zukommt, die ihn aber noch delikater macht. Die Frucht ist weder sauer noch süß noch saftig, und doch empfindet man nicht den Mangel einer dieser Eigenschaften, denn sie ist vollkommen, so wie sie ist. Sie verursacht keine Übelkeit und bringt überhaupt keine schlechte Wirkung hervor, und je mehr man davon isst, desto weniger fühlt man sich geneigt aufzuhören. Durian essen ist in der Tat eine neue Art von Empfindung, die eine Reise nach dem Osten lohnt.
Wenn die Frucht reif ist, so fällt sie von selbst herab, und die einzige Art, Durians in Vollkommenheit zu essen, ist, dass man sie frisch gefallen genießt; der Geruch übernimmt dann auch weniger. Unreif ist sie als Gemüse sehr gut zu kochen, sie wird aber auch dann roh von den Dajaks gegessen. In einem guten Fruchtjahr werden große Mengen in Krügen und Bambusgefäßen eingesalzen und das ganze Jahr aufbewahrt; dann erlangt sie für Europäer einen höchst widerwärtigen Geruch, aber die Dajaks schätzen sie sehr als Beigabe zum Reis. Im Wald gibt es zwei Varietäten wilder Durians mit viel kleineren Früchten, eine innen orange gefärbt, und von dieser stammen wahrscheinlich die großen und schönen Durians her, die nie wild vorkommen. Allein es würde doch nicht ganz richtig sein, wenn man sagte, die Durian sei die beste aller Früchte, weil sie doch nicht die säuerlich saftigen Früchte ersetzen kann, die Orange, die Weintraube, die Mango12 und die Mangustan, deren erfrischende und kühlende Eigenschaften so heilsam und angenehm sind; aber als eine Nahrung von höchst ausgezeichnetem Wohlgeschmack ist sie unübertrefflich. Wenn ich zwei Früchte nennen sollte als vollkommenste Repräsentanten der beiden Klassen, so würde ich zweifellos die Durian und die Orange wählen als König und Königin unter den Früchten.
Die Durian ist aber auch manchmal gefährlich. Wenn die Frucht zu reifen beginnt, so fällt sie täglich und fast stündlich, und nicht selten hört man von Unglücksfällen bei Leuten, die unter den Bäumen gerade gingen oder arbeiteten. Wenn eine Durian bei ihrem Fall jemanden trifft, so verursacht sie eine furchtbare Wunde, die starken Stacheln reißen das Fleisch auf und der Schlag selbst ist sehr heftig; aber gerade darum stirbt man selten daran, weil die reichliche Blutung die Entzündung, die sonst Platz greifen könnte, hintanhält. Ein Dajak-Häuptling erzählte mir, dass er von einer auf seinen Kopf gefallenen Durian niedergeschlagen sei und geglaubt habe, sterben zu müssen, allein er erholte sich in einer sehr kurzen Zeit.
Poeten und Moralisten, die nach unseren englischen Bäumen und Früchten urteilten, haben gedacht, dass kleine Früchte, deren Fall den Menschen nicht schädigen könne, stets auf hohen Bäumen wachsen, während die großen sich am Boden hinziehen. Zwei der größten und schwersten Früchte aber, die man kennt, die brasilianischen Nussfrüchte (Bertholletia) und die Durian wachsen auf hohen Waldbäumen, von denen sie reif herabfallen und oft Eingeborene verwunden oder töten. Wir können zwei Dinge daraus lernen: erstens, dass wir nicht allgemeine Schlussfolgerungen aus einer örtlich sehr beschränkten Kenntnis der Natur ziehen dürfen; und zweitens, dass Bäume und Früchte, ebenso wenig wie die mannigfaltigen Produkte des Tierreiches, nicht in ausschließlicher Beziehung auf den Nutzen und die Annehmlichkeit für den Menschen organisiert sind.