Der Malaiische Archipel

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Während meiner vielen Reisen auf Borneo und hauptsächlich während meines Aufenthalts unter den Dajaks an verschiedenen Orten, kam ich erst dazu, die wunderbaren Eigenschaften des Bambusrohrs schätzen zu lernen. In den Teilen Südamerikas, welche ich früher besucht hatte, waren diese Riesengräser verhältnismäßig sparsam; und wo sie vorkommen, werden sie wenig gebraucht, da sie einesteils von den verschiedenartigsten Palmen, anderenteils von den Kalebassen13 und Kürbissen14 ersetzt werden. Fast alle tropischen Länder produzieren Bambusrohr, und wo immer es in Überfluss gefunden wird, da brauchen die Eingeborenen es zu einer Menge von Dingen. Seine Härte, Leichtigkeit, Glätte, Geradheit, Rundung und sein Hohlsein, die Bequemlichkeit und Regelmäßigkeit, mit der er gespalten werden kann, seine sehr verschiedene Größe, die wechselnde Länge seiner Knoten, die Leichtigkeit, mit der es geschnitten und mit der Löcher hineingebohrt werden können, seine harte Außenseite, sein Freisein von jedem ausgesprochenen Geschmack oder Geruch, sein reichliches Vorkommen und die Schnelligkeit seines Wachstums und seiner Vermehrung, alles das sind Eigenschaften, die es für hundert verschiedene Zwecke verwendbar machen, denen zu dienen andere Materialien viel mehr Arbeit und Vorbereitungen erfordern würden. Der Bambus ist eins der wundervollsten und schönsten Produkte der Tropen und eins der wertvollsten Geschenke der Natur an unzivilisierte Völker.
Die Dajak-Häuser stehen alle auf Pfählen und sind oft zwei- oder dreihundert Fuß lang und vierzig bis fünfzig Fuß breit. Der Fußboden ist immer aus Brettern von großen Bambussen gemacht, sodass jedes fast eben und ungefähr drei Zoll breit ist, und diese Bretter sind mit Rotang an die Querbalken darunter festgebunden. Es geht sich auf solchen Fußböden, wenn sie gut gemacht sind, sehr angenehm barfuß, da die gerundete Oberfläche des Bambus sehr weich und dem Fuß sehr wohltuend ist, während sie zu gleicher Zeit einen festen Halt bietet. Aber, was noch wichtiger ist, sie geben mit einer Matte darüber ein vortreffliches Bett ab, da die Elastizität des Bambus und seine gerundete Oberfläche einem härteren und mehr ebenen Fußboden weit vorzuziehen ist. Hier finden wir also eine Anwendung des Bambus, in der es durch ein anderes Material ohne ein großes Stück Arbeit nicht ersetzt werden könnte, da Palmen und andere Bäume viel Schneiden und Glätten erfordern und doch nicht ebenso gut werden. Wenn man aber einen flachen, dichten Fußboden haben will, so lassen sich vortreffliche Bretter dadurch herstellen, dass man große Bambusstämme nur an einer Seite aufschlitzt und sie glättet, sodass sie Dielen von achtzehn Zoll Breite und sechs Fuß Länge bilden; mit solchen belegen einige Dajaks ihre Häuser; sie werden durch das beständige Reiben mit den Füßen und den jahrelangen Rauch dunkel und poliert, wie Walnuss- oder altes Eichenholz, sodass man das ursprüngliche Material kaum wiedererkennt. Welche Arbeit ist hier einem Wilden gespart, dessen einzige Werkzeuge eine Axt und ein Messer sind, und der, wenn er Bretter machen wollte, sie aus dem soliden Stamm eines Baumes aushauen und Tage und Wochen lang arbeiten müsste, um eine so ebene und schöne Oberfläche zu erhalten, wie der Bambus, so behandelt, sie ihm darbietet. Ebenso ist, wenn der Eingeborene in seinen Anpflanzungen oder der Reisende im Wald ein interimistisches Haus braucht, nichts so zweckentsprechend wie der Bambus, aus dem ein Haus mit dem vierten Teil der Arbeit und der Zeit errichtet werden kann, als wenn andere Materialien angewendet würden.

Dajak über eine Baumbrücke gehend (nach einer Skizze des Autors; Fitch)
Wie ich schon erwähnte, bauen sich die Hügel-Dajaks im Inneren von Sarawak Wege auf weite Entfernungen hin, von Dorf zu Dorf und zu ihren Pflanzungen, in deren Verlauf sie viele Spalten und Bergwasser, ja selbst Flüsse überbrücken oder manchmal, um große Umwege zu vermeiden, den Pfad einen Abgrund entlangführen müssen. In all diesen Fällen machen sie die Brücken aus Bambus, und das Material ist dafür so wunderbar geeignet, dass es zweifelhaft ist, ob sie je solche Werke unternommen haben würden, wenn sie es nicht besessen hätten. Die Dajak-Brücke ist einfach, aber nach einem guten Plan angelegt. Sie besteht lediglich aus starken, sich wie ein X kreuzenden und ein paar Fuß über dem Boden liegenden Bambusstäben. An der Kreuzungsstelle sind sie fest aneinander und an ein großes Bambusrohr gebunden, das auf ihnen liegt und den einzigen Fußweg bildet, mit einem dünnen und oft sehr schwankenden Rohr, das als Handseil dienen soll. Wenn ein Fluss überbrückt wird, so wählen sie einen überhängenden Baum, von dem die Brücke teils getragen, teils durch diagonale Strebebalken vom Ufer aus gestützt wird, um seine Pfeiler in den Strom selbst zu stellen, die dem Fortschwemmen durch Fluten ausgesetzt sein würden. Wenn sie einen Pfad Abhänge entlang anlegen, so brauchen sie die Bäume und Wurzeln zum Tragen; Streben steigen von passenden Einschnitten oder Rissen in dem Felsen auf, und wenn diese nicht genügen, so werden ungeheure fünfzig bis sechzig Fuß lange Bambusstämme an den Ufern oder an dem Zweig eines Baumes unten befestigt. Diese Brücken werden täglich von Männern und Frauen mit schweren Lasten begangen, sodass irgendeine Gebrechlichkeit bald entdeckt und, da die Baustoffe nah zur Hand sind, sofort beseitigt wird. Wenn ein Weg über einen sehr abschüssigen Boden führt und bei sehr nassem oder sehr trockenem Wetter schlüpfrig wird, so benutzt man den Bambus noch anders. Es werden Stücke von einer Elle Länge geschnitten und an jedem Ende einander sich gegenüberstehende Einkerbungen gemacht, dann Löcher gebohrt und Pflöcke hindurch getrieben, und so sind feste und bequeme Stufen mit der größten Leichtigkeit und Schnelligkeit verfertigt. Wohl verfällt in ein oder zwei Jahren viel davon, allein es kann so schnell wieder hergestellt werden, dass es noch immer ökonomischer ist, als wenn man es von einem härteren und dauerhafteren Holz machte.
Eine der überraschendsten Anwendungen des Bambus besteht darin, dass die Dajaks ihn zum Erklettern hoher Bäume verwerten, indem sie Pflöcke auf die Weise hineintreiben, wie ich es schon S. 81 beschrieben habe. Diese Methode wird stets angewandt, um sich in den Besitz des Wachses zu setzen, das eins der geschätztesten Produkte des Landes ist. Die Biene Borneos hängt gewöhnlich ihre Honigscheiben unter die Zweige des Tappan, eines Baumes, der alle anderen im Wald überragt und dessen glatter zylindrischer Stamm oft hundert Fuß hoch unverästelt ansteigt. Die Dajaks erklimmen diese hohen Bäume des Nachts, indem sie ihre Bambusleiter konstruieren, und holen riesige Honigscheiben herunter. Diese geben ihnen einen delikaten Leckerbissen von Honig und jungen Bienen, außer dem Wachs, das sie Händlern verkaufen und für den Erlös sich die sehr geschätzten Metalldrähte, Ohrringe und goldberandeten Tücher erstehen, mit denen sie sich selbst zu schmücken lieben. Wenn sie Durians und andere Fruchtbäume ersteigen, deren Zweige dreißig bis vierzig Fuß vom Boden beginnen, so benutzen sie, wie ich gesehen habe, nur die Pflöcke ohne den aufrechtstehenden Bambusstamm, der die Sache so sehr viel sicherer macht.
Die Außenrinde des Bambus, gespalten und dünn geschabt, ist das stärkste Material für Körbe; Hühnerkäfige, Vogelhäuser und konische Fischbehälter werden sehr schnell aus einem einzigen Glied verfertigt, indem man die Rinde in schmale Streifen schneidet, die man an dem einen Ende nicht loslöst, während Ringe von demselben Material oder von Rotang in regelmäßigen Entfernungen dazwischen geflochten werden. Auf kleinen Aquädukten, die aus großen halbierten Bambusstämmen bestehen, getragen von gekreuzten Stöcken verschiedener Höhe, um einen regelmäßigen Fall hervorzurufen, wird das Wasser zu ihren Häusern hingeleitet. Dünne langgliedrige Bambusstämme dienen den Dajaks allein zu Wasserbehältern, und ein Dutzend davon steht in dem Winkel eines jeden Hauses. Sie sind reinlich, leicht und gut zu tragen und aus vielen Gründen den irdenen Gefäßen vorzuziehen. Sie geben auch vortreffliches Kochgeschirr ab; Gemüse und Reis kann in ihnen vollständig gekocht werden, und man benutzt sie viel auf Reisen. Gesalzene Früchte und Fische, Zucker, Essig und Honig werden in ihnen statt in Krügen oder Flaschen aufbewahrt. In einem kleinen, zierlich geschnitzten und verzierten Bambuskasten trägt der Dajak seinen Sirih und Kalk zum Betelkauen, und sein kleines langklingiges Messer hat eine Bambusscheide. Seine Lieblingspfeife verfertigt er sich in wenigen Minuten, indem er ein kleines Stück Bambus als Pfeifenkopf schräg in einen großen bis zu sechs Zoll Höhe Wasser haltenden Zylinder einsetzt, durch welchen der Rauch in ein langes dünnes Bambusrohr zieht. Es gibt noch viele andere kleine Dinge, für die der Bambus täglich gebraucht wird, aber ich habe jetzt schon genug angeführt, um seinen Wert ins rechte Licht zu stellen. In anderen Teilen des Archipels habe ich ihn selbst noch zu vielen weiteren Dingen verwenden sehen, und es ist wahrscheinlich, dass ich durch die mangelhafte Gelegenheit zur Beobachtung nicht mit der Hälfte der Dinge bekannt geworden bin, zu denen er von den Dajaks von Sarawak gebraucht wird.
Da ich gerade von einer Pflanze spreche, so will ich einige der hervorragendsten pflanzlichen Produkte Borneos hier erwähnen. Die wundervollen Kannenpflanzen, die die Gattung Nepenthes der Botaniker bilden, kommen hier zur schönsten Entfaltung. Jeder Berggipfel ist voll von ihnen; sie wachsen am Boden oder schlingen sich über Gebüsch und verkrüppelte Bäume; ihre eleganten Kannen hängen überall. Einige sind lang und schmal und gleichen in der Form dem schönen philippinischen Spitzenschwamm (Euplectella), der jetzt so bekannt geworden ist; andere sind breit und kurz. Sie sind von verschieden nuancierter grüner Farbe mit Rot oder Purpur gesprenkelt. Die schönste bis jetzt bekannte wurde auf dem Gipfel des Kini Balon im Nordwesten von Borneo gefunden. Eine der breiteren Arten, Nepenthes rajah, fasst zwei Quart Wasser in ihrer Kanne. Eine andere, Nepenthes edwardsiana, hat eine schmale, zwanzig Zoll lange Kanne; während die Pflanze selbst zwanzig Fuß lang wird.
Farne sind reichlich vorhanden, aber nicht in so verschiedenen Arten wie auf den vulkanischen Gebirgen Javas; und Baumfarne sind weder so zahlreich noch so groß wie auf dieser Insel. Sie wachsen jedoch ganz hinunter bis an den Spiegel der See und sind gemeinhin schlanke und zierliche Pflanzen von acht bis fünfzehn Fuß Höhe. Ohne gerade viel Zeit daran zu setzen, sammelte ich fünfzig Arten von Farnen auf Borneo, und ich zweifle nicht daran, dass ein guter Botaniker das Doppelte gefunden haben würde. Die interessante Gruppe der Orchideen ist ebenfalls sehr reichlich vertreten, aber wie es gewöhnlich der Fall ist, neun Zehntel der Arten haben kleine und unansehnliche Blumen. Zu den Ausnahmen gehört die schöne Coelogynes, deren große Büschel gelber Blumen die düstersten Wälder schmücken, und jene höchst ausgezeichnete Pflanze, Vanda lowii, welche viel in der Nähe einiger seichten Quellen am Fuße des Berges Peninjauh vorkommt. Sie wächst auf den niedrigeren Zweigen von Bäumen, und ihre seltsamen hängenden Blumenähren erreichen oft den Boden. Diese sind im Allgemeinen sechs oder acht Fuß lang und tragen große und schöne drei Zoll breite Blumen; sie variieren in der Farbe von orange bis rot mit tiefen purpurroten Flecken. Ich sah eine Ähre, welche die außerordentliche Länge von neun Fuß acht Zoll erreichte und sechsunddreißig spiralisch auf einem dünnen fadengleichen Stiel angeordnete Blumen trug. Exemplare, welche in unseren englischen Gewächshäusern gewachsen sind, haben Blumenähren von gleicher Länge hervorgebracht und mit einer viel größeren Anzahl von Blüten.
Blumen waren spärlich, wie gewöhnlich in Äquatorialwäldern, und nur selten fand ich etwas Auffallendes. Einige schöne Schlingpflanzen sah man dann und wann, besonders eine hübsche karmesinrote und gelbe Aeschynanthus und eine schöne Hülsenpflanze mit Büschel großer kassiaartiger Blumen von einer reichen Purpurfarbe. Einmal fand ich eine Anzahl kleiner zu den Anonaceen gehöriger Bäume der Gattung Polyalthea, die in dem düsteren Waldesschatten eine sehr auffallende Wirkung hervorbrachten. Sie waren an dreißig Fuß hoch, und ihre schlanken Stämme waren mit großen sternartigen karmesinroten Blumen bedeckt, welche wie Gewinde traubenartig an ihnen wuchsen und mehr einer künstlichen Dekoration als einem natürlichen Produkt glichen. (Siehe die Abbildung auf der folgenden Seite.)

Vanda lowii
Der Wald ist äußerst reich an riesigen Bäumen mit zylindrischen, gestützten und oft ausgehöhlten Ästen, während der Reisende gelegentlich auch auf einen wundervollen Feigenbaum stößt, dessen Stamm selbst ein Wald von Ästen und Luftwurzeln ist. Seltener noch findet man Bäume, welche aussehen, als ob sie mitten in der Luft zu wachsen angefangen hätten, und von da aus weit sich ausbreitende Zweige und eine verwickelte Pyramide von Wurzeln aussenden, die an siebzig bis achtzig Fuß bis auf den Grund hinabsteigen und sich so weit jederseits ausbreiten, dass man mitten im Zentrum stehen kann, den Baumstamm gerade über sich. Bäume ähnlichen Charakters werden über den ganzen Archipel verbreitet gefunden, und die nebenstehende Abbildung (die einen Baum auf den Aru Inseln, den ich oft besuchte, wiedergibt) wird ihren allgemeinen Charakter anschaulich machen. Ich glaube, dass sie ihren Ursprung als Schmarotzerpflanzen nehmen von Samen, den Vögel holen und in einem Gabelast eines hohen Baumes fallen lassen. Von da steigen Luftwurzeln herab, umspinnen und zerstören zuletzt den sie tragenden Baum, welcher mit der Zeit vollständig von der bescheidenen Pflanze, welche zuerst von ihm abhing, ersetzt wird. So haben wir einen wirklichen Kampf ums Dasein in dem Pflanzenreich, nicht weniger verhängnisvoll für den Besiegten als die Kämpfe zwischen den Tieren, die wir so viel leichter beobachten und verstehen können. Der Vorteil des schnelleren Zutritts zum Licht, zur Wärme und zur Luft, welchen Schlingpflanzen in ihrer Weise gewinnen, wird hier von einem Waldbaum erreicht, der also in einer Höhe ins Leben treten kann, welche andere erst nach vielen Jahren des Wachstums erreichen, und dann nur, wenn der Sturz eines anderen Baumes ihnen Platz gemacht hat. So wird in dem warmen, feuchten und gleichmäßigen Klima der Tropen jeder vorteilhafte Platz in Anspruch genommen und bietet die Möglichkeit dar, dass sich neue Formen entwickeln, die ihm speziell angepasst sind.

Polyalthea – Seltsamer Waldbaum – Baumfarn (nach einer Skizze des Autors; Fitch)
Als ich Sarawak Anfang Dezember erreichte, sah ich, dass vor Ende Januar keine Gelegenheit, nach Singapur zurückzukehren, sich bieten würde. Ich nahm daher Sir James Brookes Einladung an, mit ihm und Herrn St. John in seinem Häuschen auf dem Peninjauh zuzubringen. Dieser ist ein sehr steiler pyramidenförmiger Berg von kristallinischem Basalt, ungefähr tausend Fuß hoch und mit üppigem Wald bedeckt. Auf ihm stehen drei Dajak-Dörfer, und auf einem kleinen Plateau nahe dem Gipfel befindet sich die rohe Holzbehausung, in welcher der englische Radscha sich zu erholen und kühle frische Luft einzuatmen pflegte. Es ist nur zwanzig Meilen den Fluss hinauf, aber die Straße den Berg hinan ist eine Kette von Leitern, dem Rand von Abgründen entlang, von Bambusbrücken über Vertiefungen und Klüfte und von unsicheren Pfaden über Felsen, Baumstämme und ungeheure hausgroße Rollsteine. Eine kühle Quelle unter einem überhängenden Felsen, gerade unterhalb der Hütte, erfrischte uns durch Bäder und köstliches Trinkwasser, und die Dajaks brachten uns täglich aufgehäufte Körbe voll von Mangustans und Lansats hinauf, zwei der delikatesten der säuerlichen tropischen Früchte. Wir kehrten um Weihnacht (das zweite Christfest, welches ich zusammen mit Sir James Brooke zugebracht hatte) nach Sarawak zurück, um welche Zeit alle Europäer, sowohl die aus der Stadt als auch die von den äußeren Stationen, sich der Gastfreundschaft des Radschas erfreuten, welcher in hervorragender Weise die Kunst besaß, alle Menschen um sich herum behaglich und glücklich zu machen.
Einige Tage nachher kehrte ich mit Charles und einem malaiischen Knaben namens Ali nach dem Berg zurück und blieb dort drei Wochen, um Landmuscheln, Tag- und Nachtschmetterlinge, Farne und Orchideen zu sammeln. Auf dem Hügel selbst waren die Farne ziemlich zahlreich, und ich sammelte etwa vierzig Arten. Aber am meisten beschäftigte mich der große Reichtum an Nachtfaltern, die ich bei gewissen Gelegenheiten zu fangen imstande war. Da ich während der ganzen acht Jahre meiner Wanderungen im Osten nie einen anderen Ort fand, an dem diese Insekten überhaupt zahlreich vorkamen, so wird es interessant sein, die speziellen Bedingungen anzugeben, unter denen ich sie erhielt.
An einer Seite der Hütte war eine Veranda, von welcher man auf die ganze Seite des Berges hinuntersehen konnte und hinauf bis zum Gipfel auf der rechten Seite auf Partien, die dicht mit Wald bedeckt waren. Die getäfelten Wände der Hütte waren geweißt und das Dach der Veranda niedrig und ebenfalls getäfelt und geweißt. Sobald es dunkelte, stellte ich meine Lampe auf einen Tisch an die Wand und setzte mich mit einem Buch in der Hand nieder, versehen mit Stecknadeln, Insektenzangen, Netz und Sammelbüchsen. Manchmal kam während des ganzen Abends nur ein einziger Nachtfalter, während sie an anderen in einem ununterbrochenen Zug hereinströmten und mir bis nach Mitternacht mit Fangen und Aufnadeln zu schaffen machten. Sie kamen buchstäblich zu Tausenden. Diese guten Nächte waren sehr selten. Während der vier Wochen, welche ich im Ganzen auf dem Hügel zubrachte, kamen nur vier wirklich gute Nächte vor, und diese waren stets regnerisch und die besten in hohem Maße feucht. Aber nasse Nächte waren nicht immer gute, denn eine regnerische Mondnacht brachte fast gar nichts. Alle Hauptgruppen der Nachtschmetterlinge waren vertreten, und die Schönheit und Mannigfaltigkeit der Arten war sehr groß. In guten Nächten war ich imstande, 100 bis 250 Nachtfalter zu fangen, und es waren jedes Mal die Hälfte bis zwei Drittel davon verschiedene Arten. Einige setzten sich an die Wand, andere auf den Tisch und viele flogen auf das Dach, und ich musste sie über die ganze Veranda hin und her jagen, ehe ich sie fangen konnte. Um die interessante Beziehung zwischen der Art des Wetters und dem Grad, in welchem die Nachtfalter vom Licht angezogen wurden, darzutun, füge ich eine Liste meiner Ausbeute während jeder Nacht des Aufenthalts auf dem Hügel bei.

Man sieht, dass ich in sechsundzwanzig Nächten 1386 Nachtschmetterlinge gefangen habe, aber dass mehr als achthundert davon in vier sehr nassen und dunklen Nächten gesammelt wurden. Mein Erfolg hier ließ mich hoffen, dass ich bei ähnlichen Veranstaltungen auf jeder Insel eine Unzahl dieser Insekten würde erhalten können; aber seltsamerweise war ich während der sechs folgenden Jahre nicht einmal in der Lage, Sammlungen zu machen, die sich denen von Sarawak überhaupt nur näherten. Der Grund davon liegt, wie ich sehr wohl weiß, in dem Fehlen der einen oder anderen wesentlichen Bedingungen, die sich hier alle vereinigt hatten. Manchmal war die trockene Jahreszeit das Hindernis; häufiger der Aufenthalt in einer Stadt oder einem Dorf, die nicht nahe einem Urwald lagen, und in der Umgebung von anderen Häusern, deren Lichter eine Gegenanziehung ausübten; häufiger noch der Aufenthalt in einem dunklen, mit Palmen gedeckten Haus mit einem hohen Dach, in dessen Schlupfwinkeln jeder Falter sich im Moment des Hereinkommens verlor. Dieses Letztere tat den meisten Abbruch, und es war der Hauptgrund, weshalb ich nie wieder imstande war, eine Sammlung von Nachtschmetterlingen zu machen; denn ich wohnte später nie in einem einsam stehenden Dschungelhaus mit einer niedrigen getäfelten und geweißten Veranda, die so gebaut war, dass die Insekten nicht in höhere Teile des Hauses ganz aus dem Bereich entkommen konnten. Nach meiner langen Erfahrung, meinen zahlreichen fehlgeschlagenen Versuchen und meinem einen Erfolg, bin ich sicher, dass, wenn eine Gesellschaft von Naturforschern einmal eine Nachtreise zur Erforschung des Malaiischen Archipels oder irgendeiner tropischen Gegend unternimmt und die Entomologie einer ihrer Hauptzwecke ist, es sich sehr lohnen würde, eine kleine hölzerne Veranda mitzunehmen oder ein verandaähnliches Zelt von weißem Segeltuch, das man bei jeder günstigen Gelegenheit aufstellen kann, um dadurch Nacht-Lepidopteren und auch seltene Arten von Coleopteren und anderen Insekten zu fangen. Ich gebe hier diesen Wink, weil niemand den enormen Unterschied in den Resultaten, den ein solcher Apparat hervorrufen würde, vermuten kann und weil ich es für etwas Bemerkenswertes aus der Erfahrung eines Sammlers erachte, wenn er es herausgefunden hat, dass ein solcher Apparat notwendig ist.
Als ich nach Singapur zurückkehrte, nahm ich den malaiischen Burschen namens Ali mit, der mich in der Folge auch durch den ganzen Archipel begleitete. Charles Allen zog es vor, im Missionshaus zu bleiben und erhielt später Beschäftigung in Sarawak und in Singapur, bis er vier Jahre später auf Ambon in den Molukken wieder zu mir stieß.
10Mangustan –Garcinia mangostana (Hypericineae). Lansat –Lansium sp. (Meliaceae). Rambutan –Nephelium lappaceum (Sapindaceae). Jack – Artocarpus integrifolia (Artocarpeae). Jambou –Eugenia sp. (Myrtaceae). Blimbing –Averrhoa bilimbi (Oxalidaceae). A. d. Übers. 11Durian –Durio zibethinus (Sterculiaceae). A. d. Übers.12Mangifera indica (Terebinthaceae). A. d. Übers.
13Crescentia cujete. A. d. Übers.
14Cucurbita lagenaria. A. d. Übers.
SECHSTES KAPITEL
BORNEO – DIE DAJAKS
Die Sitten und Gebräuche der Ureinwohner von Borneo sind bis ins Einzelne beschreiben worden, und zwar mit viel größerer Sachkenntnis, als ich sie besitze, in den Schriften von Sir James Brooke, der Herren Low, St. John, Johnson Brooke und vielen anderen. Ich will das nicht alles wiederholen, sondern beschränke mich nach meiner persönlichen Beobachtung auf eine Skizze des allgemeinen Charakters der Dajaks und solcher physischen, moralischen und sozialen Eigentümlichkeiten, von denen weniger häufig die Rede war.
Der Dajak ist den Malaien nah verwandt und entfernter dem Siamesen, Chinesen und anderen mongolischen Rassen. Für alle diese ist charakteristisch die rötlich braune oder gelblich braune Haut in verschiedenen Schattierungen, das kohlschwarze straffe Haar, der dürftige und lückenhafte Bart, die ziemlich kleine und breite Nase und hohe Backenknochen; aber keine der malaiischen Rassen hat die schiefen Augen, welche für den Mongolentypus charakteristisch sind. Die Durchschnittsgröße der Dajaks ist bedeutender als die der Malaien, allein beträchtlich unter der der meisten Europäer. Ihre Formen sind gut proportioniert, ihre Füße und Hände klein, und sie erreichen selten oder nie den Körperumfang, den man oft bei Malaien und Chinesen sieht.
Ich bin geneigt, die Dajaks in Betreff ihrer intellektuellen Kapazität über die Malaien zu stellen, während sie, was ihren moralischen Charakter anlangt, unzweifelhaft höher stehen. Sie sind einfach und ehrlich und werden den malaiischen und chinesischen Händlern zur Beute, die sie beständig betrügen und plündern. Sie sind lebhafter, geschwätziger, weniger geheimnisvoll und weniger misstrauisch als die Malaien und sind daher angenehmere Gesellschafter. Die malaiischen Knaben neigen wenig zu Scherz und Spiel, welche einen charakteristischen Zug in dem Leben der jungen Dajaks ausmachen, welche neben den Spielen im Freien, in denen ihre Geschicklichkeit und Kraft zur Geltung kommen, eine Menge von Unterhaltungen sich im Haus zu verschaffen wissen. Als ich an einem nassen Tage mit einer Anzahl Knaben und junger Leute in einem Dajak-Haus zusammen war, glaubte ich sie mit etwas Neuem unterhalten zu können, indem ich ihnen zeigte, wie man mit einem Stückchen Band die »Katzenwiege« (cat’s cradle) machen könne. Zu meinem großen Erstaunen kannten sie es ganz genau und sogar besser als ich; denn nachdem ich und Charles alle Variationen, die wir machen konnten, gezeigt hatten, nahm einer der Knaben es mir aus der Hand und machte verschiedene neue Figuren, die mich ganz in Verlegenheit setzten. Dann zeigten sie mir eine Anzahl anderer Späße und Stückchen mit Band, und es schien diese Art der Unterhaltung sehr beliebt bei ihnen zu sein.