Lehrwerksintegrierte Lernvideos als innovatives Unterrichtsmedium im fremdsprachlichen Anfangsunterricht (Französisch/Spanisch)

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Bedingt durch die Diversität kultureller Darstellungskonventionen müssen Schüler lernen, Bilder über ihren eigenen kulturellen und sozialen Kontext hinaus zu verstehen und zu deuten. Neben Darstellungskonventionen geht es „darum, […] Mitteilungsabsichten und Perspektiven der eigenen und fremder visueller Kulturen zu erkennen, zu vergleichen und zu entschlüsseln“ (Lüning 2014, 7).
Das Erkennen und Deuten eigener kulturspezifischer Zeichen ist ein selbstverständlicher und meist unbewusster Teil unserer Alltagskommunikation. So wissen wir beispielsweise, dass wir bei der Suche nach einer Apotheke in Deutschland nach einem großen roten gotischen „A“ mit einem weißen Arzneikelch und Schlange Ausschau halten müssen (cf. Abb. 15). In Spanien und Frankreich besteht das Apothekenlogo hingegen aus einem grünen, meist blinkenden Kreuz (cf. Abb. 16).1

Abb. 15: Apothekenzeichen Deutschland (N.N., Deutsche Apotheke Logo, http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Deutsche_Apotheke_Logo.svg&filetimestamp=20091019203939, 14.6.2013)
Abb. 16: Apothekenzeichen Spanien/Frankreich (Arte 2013, http://www.arte.tv/sites/de/derblogger/2013/01/27/medikamente-ohne-grenzen/, 14.6.2013)
Das triviale Beispiel des international divergierenden Apothekenlogos macht deutlich, wie wichtig es ist, „die Nachbarkulturen wissend und hörsehend zu verstehen […], wenn wir den Anspruch interkultureller Kommunikationsfähigkeit auf hohem Niveau ernst nehmen“ (Meißner 2003, 67). Da dies ein langer Prozess ist, ist es umso bedeutender, im Rahmen der schulischen Hör-Seh-Verstehensschulung von Anfang an für kulturspezifische Symbole, Praktiken und Verhaltensmuster zu sensibilisieren. In den Lernvideos von A+ Nouvelle édition und Déc série jaune wird das hörsehende Entdecken fremdkultureller Codes bereits ab dem ersten Lernjahr (visuell) aufgegriffen. Dabei handelt es sich neben dem zuvor besprochenen Beispiel des Apothekenlogos etwa um die traditionelle Begrüßung mit bises (cf. Abb. 17) oder aber um das in Frankreich allgegenwärtige und meistverkaufte Schreibpapier Réglure Seyès. Dieses ist aufgrund seiner besonderen Lineatur in allen Schulfächern einsetzbar und entsprechend beliebt (cf. Abb. 18).

Abb. 17: Begrüßung mit bises (Mann-Grabowski/Gregor 2012) © Cornelsen Verlag GmbH, Berlin

Abb. 18: Réglure Seyès – das wohl bekannteste Schreibpapier Frankreichs (Brenneisen et al. 2012b) © Ernst Klett Verlag GmbH
Im Fall des Spanischen ist für deutsche Schüler besonders interessant zu entdecken, dass Klingel und Briefkasten nicht wie in Deutschland üblich mit dem Familien- oder Nachname beschriftet sind. Stattdessen sind die Wohnungen jeder Etage durchnummeriert und hinsichtlich ihrer Lage präzisiert. I steht folglich für Izquierda (dtsch. links) und D für Derecha (dtsch. rechts). Eine Wohnung im zweiten Stock links ist demnach als 2°I beschriftet (cf. Abb. 19).

Abb. 19: Klingelschilder in Spanien (N.N. 2011. Video-DVD. Encuentros 1. Edición 3000) © Cornelsen Verlag GmbH, Berlin
Das Rätsel um die Beschriftung von Klingelschildern in Spanien ist nur eine vieler Recherchemöglichkeiten. Denn abgesehen von dem Anfangsunterricht veranschaulichen auch Lernvideos höherer Lernjahre kulturspezifische Phänomene. Zwar werden diese – wie im Fall der Badekappenpflicht in Frankreich – nicht immer explizit thematisiert, stoßen jedoch in das Auge des Betrachters und laden zur Kommunikation ein (cf. Abb. 20).

Abb. 20: Badekappenpflicht in Frankreich (Schenk 2006) © Cornelsen Verlag GmbH, Berlin
Stimuliert durch die realitätsnahe Darstellung spezifischer (fremd-)kultureller Phänomene, laden Lernvideos zum entdeckenden wie auch zum situativ- und kontextbezogenen Lernen ein. Unter diesem Aspekt geben gerade die seit 2012 publizierten Lernvideos oftmals realistische Einblicke in Lehrwerksschauplätze und ermöglichen so eine hör-sehende Annäherung an das Zielsprachenland, die sowohl aktuelle als auch historische Wirklichkeiten widerspiegelt. Das Hör-Seh-Verstehen gewinnt somit an enormer Bedeutung für das transkulturelle Lernen (cf. Hu/Leupold 2008, 58).
„Gerade im Bereich der Förderung der soziokulturellen Kompetenz [muss betont werden, dass] Filme den Lernenden weitgehend mehr Anregungen und Anschauungsmaterial [liefern] als nahezu jeder Lehrbuchtext oder jedes Lehrbuchillustrationsmaterial“ (Chudak 2010, 75). Trotzdem unterliegen Lernvideos und audiovisuellen Medien im Allgemeinen gewisse Grenzen, derer sich der Rezipient bewusst sein muss. Denn ungeachtet der Darstellung sprachlicher und visueller Aspekte des Zielsprachenlands bietet
ein Medium immer nur ein Abbild der Realität […] und dies ist lückenhaft und selektiv. Das Medium bringt nur einen Ausschnitt, wählt eine Perspektive, löscht Dimensionen, verschweigt Kontexte, ändert Informationskanäle, erweckt den Eindruck der Vollständigkeit, bleibt aber unvollständig und bis zu einem gewissen Grad irreführend (Beile 1991, 263).
Ungeachtet der Lückenhaftigkeit und des ausschnitthaften Charakters von Lernvideos muss betont werden, dass es Lernvideos wie keinem anderen Medium gelingt, realitätsnahe Einblicke in das Land, die Sprache und die Kultur des jeweiligen Ziellandes zu gewähren. Dies gilt neben der Fokussierung europäischer Länder wie Spanien und Frankreich insbesondere für die Vermittlung transkultureller Phänomene und Wirklichkeiten des hispano- und frankophonen Raums. Diese zu thematisieren und im Rahmen des Unterrichts zumindest audiovisuell erfahrbar zu machen, ist eine bemerkenswerte Stärke von Lernvideos. Sie leistet einen wesentlichen Beitrag zur Horizonterweiterung von Lernenden.
5.3 Sprachlernkompetenzen und Sprachbewusstheit
Sprachlernkompetenzen bezeichnen „fachliche und überfachliche Fähigkeiten, die zu Sprachlernbewusstheit […] führen“ (HKM 2011, 16). Dies impliziert die bewusste Entwicklung von Lernstrategien und Lernorganisation. Eine Möglichkeit, sich über Lernstrategien bewusst zu werden, ist es, die im Umgang mit Lernvideos gewonnenen Erfahrungen von Anfang an in einem Hör-Seh-Tagebuch zu verbalisieren: Lernende können den sprachlichen Inhalt mit dem Gesehenen verknüpfen und reflektieren, was sie gesehen haben. Durch die gemeinsame Thematisierung, Rekapitulation und Systematisierung im Klassenzimmer werden Hör-Seh-Strategien bestenfalls für alle Schüler erfahrbar. Klassische Beispiele hierfür sind Worterschließungsstrategien, Techniken zur Kompensation lexikalischer Lücken sowie Verfahren zum Sprachenvergleich und der Memorisierung von sprachlichem Input.
Das Hör-Seh-Tagebuch kann auch für inhaltliche Erarbeitungen genutzt werden. So bietet es sich an, dass Lernende individuelle (Hör-Seh-)Erwartungen darstellen, die Entwicklung bestimmter Personen und deren Beziehung zueinander beschreiben oder bestimmte Bilder und filmästhetische Aspekte herausgreifen. Diese können in einem weiteren Schritt auf ihre Eigenschaften und Wirkung auf den Rezipienten analysiert werden (cf. Grünewald/ Lusar 2008, 231).
Andernfalls stellen Sprachportfolios eine Alternative zu Lerntagebüchern dar, wobei der Fokus auf der regelmäßigen Dokumentation, Reflexion und Evaluation des individuellen Lernfortschritts ausgewählter Kompetenzbereiche liegt. Die aus Sprachenportfolios und Lerntagebüchern gewonnenen Erkenntnisse und Methoden führen zu einem selbstgesteuerten, bewussten Sprachlernverhalten und können sowohl für das Erlernen weiterer Fremdsprachen als auch überfachlich genutzt werden. Die Berücksichtigung des Hör-Seh-Verstehens in Portfolios ist bisher jedoch äußerst rar, weswegen sich eine eigenständige didaktische Aufbereitung im Sinne der zuvor beschriebenen Hör-Seh-Tagebücher empfiehlt.
Entgegen dem verhältnismäßig jungen Einsatz von Portfolio und Lerntagebuch erweist sich die Sprachmittlung als eine traditionelle Methode zur Bewusstmachung sprachlicher Strukturen und Elemente. Demnach kann im Fall der Lernvideos die Übersetzung der dazugehörigen Transkripte zu einem erhöhten Sprachbewusstsein führen (cf. Kap. 5.1.2). Dieses Verständnis lässt sich auf den Umgang mit der eigenen Muttersprache als auch auf den mit anderen Fremdsprachen übertragen.
Wie das Kompetenzmodell der Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife (cf. Kap. 4.2) unterstreicht, handelt es sich sowohl bei Sprachlernkompetenz als auch bei Sprachbewusstheit um eigenständige Kompetenzen, die die Schulung anderer Kompetenzbereiche unterstützen (cf. KMK 2012, 13). In Ergänzung zur Sprachlernkompetenz wird Sprachbewusstheit als „Sensibilität für und Nachdenken über Sprache und sprachlich vermittelte Kommunikation“ definiert, die Schülern ermöglichen soll,
die Ausdrucksmittel und Varianten einer Sprache bewusst zu nutzen; dies schließt eine Sensibilität für Stil und Register sowie für kulturell bestimmte Formen des Sprachgebrauchs, z.B. Formen der Höflichkeit, ein. Die Reflexion über Sprache richtet sich auch auf die Rolle und Verwendung von Sprachen in der Welt, z.B. im Kontext kultureller und politischer Einflüsse (KMK 2012, 21).
Eine Heranführung an etwaige Kompetenzziele erweist sich insbesondere im Hinblick auf ein integriertes Hör-Seh-Verstehens als äußerst gewinnbringend. So erfolgt durch den Einsatz von Lernvideo bereits im ersten Lernjahr u.a. eine hör-sehende Annäherungen an adressatenbezogene Begrüßungsfloskeln (e.g. Salut, Bonjour, Au revoir madame/monsieur) und diaphasische Ausdrucksvarianten des mündlichen Sprachgebrauchs, wohingegen mit steigendem Lernjahr eine Sensibilisierung für diatopisch und diastratisch geprägte Varietäten des Sprachgebrauchs stattfindet (cf. Schäfer 2014a, 89sqq.) (cf. Kap. 5.1.1). Angesichts des Ziels, „Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Beziehungen zwischen Sprachen [zu] erkennen und [zu] reflektieren“ (KMK 2012, 21), bietet es sich im Rahmen einiger Lernvideos (e.g. E3000, Bachillerato, Rutas para tí, PdV nueva edición) zudem an, bei der Thematisierung gesellschaftlich-kollektiver Mehrsprachigkeit Vergleiche zwischen der Zielsprache und den Regionalsprachen des Zielsprachenlandes herzustellen (cf. Schäfer in Vorbereitung).1 Im Sinne eines sprach- und kulturvernetzenden Lernens lohnt es sich gleichermaßen, auf die individuelle Mehrsprachigkeit der Schüler einzugehen. Dies impliziert, dass Schüler unter Rückgriff auf ihr mehrsprachiges Wissen interkomprehensive Strategien erarbeiten, auf deren Grundlage sprachliche Synergieeffekte sichtbar werden. Letztere stehen im Zeichen der Sprachlernkompetenz und ermöglichen abgesehen von Sprachbewusstheit die Entwicklung mehrsprachlicher und transkultureller Fertigkeiten.
5.4 Medienkompetenz durch Lernvideos
Gemäß dem hessischen Kerncurriculum handelt es sich bei dem schulischen Erwerb der Medienkompetenz um eine überfachliche Kompetenz, durch die Lernende einen
Zugang zu unterschiedlichen Medien – darunter auch zu Neuen Medien – [finden] und […] eigenverantwortlich das Recht wahr[nehmen], selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu bestimmen (informationelle Selbstbestimmung). Sie nutzen Medien kritisch-reflektiert, gestalterisch und technisch sachgerecht. Sie präsentieren ihre Lern- und Arbeitsergebnisse mediengestützt (HKM 2011, 10).
In diesem Sinne bietet es sich an, Schüler im Rahmen der Medienerziehung nicht nur mit Methoden der Filmanalyse vertraut zu machen, sondern auch eigene Produktionen erstellen zu lassen. Die Videos können in Kleingruppen mit Hilfe von Smartphones oder Digicams gedreht und präsentiert werden. Bei ihrer inhaltlichen Erarbeitung ist es sinnvoll, an zuvor behandelte Aufgaben anzuknüpfen und diese filmisch zu inszenieren (cf. Kap. 5.1.2). Zusätzlich kann der Fokus auch auf Elemente der Filmsprache (Kameraführung, Montage, Effekte, Musik etc.) gelegt werden. Dies setzt natürlich voraus, dass letztere im Vorfeld im Klassenverband behandelt wurden und Lernende ein Verständnis davon haben, wie Inhalte in Szene gesetzt werden können.
Prinzipiell setzt der Erwerb von Medienkompetenz eine offene aber auch kritische und reflektierte Haltung voraus. Dies liegt darin begründet, dass zielsprachliche Situationen und Phänomene zwar ausgesprochen realitätsnah dargestellt werden und damit sowohl auf der inhaltlichen als auch auf der Darstellungsebene einen vergleichsweise hohen Grad an Authentizität erlangen. Letztendlich vermag es das Medium jedoch nicht, ein wirklichkeitsgetreues Abbild der Realität widerzugeben. Daher ist es u.a. Ziel des Fremdsprachenunterrichts, Schüler für die Komplexität und zu Grunde liegende Einflussmechanismen des Mediums Film zu sensibilisieren. Jene Bewusstmachung steht in engem Zusammenhang mit dem Erwerb rezeptiver Kompetenzen und der kritischen Wahrnehmung transkultureller Inhalte (cf. Kap. 5.1.1; cf. Kap. 5.2).
Insgesamt ermöglicht der Einsatz von Lernvideos neue methodische Arbeitsformen wie Stationenlernen oder Projektarbeit, die sich mit anderen neuen Medien wie etwa PC und Internet verknüpfen lassen und zu einem modernen, lernerzentrierten Unterricht beitragen (cf. Sass 2007, 13).
5.5 Differenzierter Kompetenzerwerb
Bedingt durch den soziokulturellen Wandel unserer Gesellschaft, die Auflösung des dreigliedrigen Schulsystems und die verkürzte Schulzeit von G9 zu G8 steht der Fremdsprachenunterricht mehr denn je vor den Herausforderungen eines differenzierten Kompetenzerwerbs. Im Vergleich zu anderen Schulfächern ist die Heterogenität von Schülern im Fremdsprachenunterricht – abgesehen vom körperlichen und kognitiven Leistungsvermögen des Einzelnen – nicht zuletzt auf außerschulische Faktoren zurückzuführen. Letztere umfassen den Zugang zu audiovisuellen Medien, Aufenthalte im Ausland oder Mehrsprachigkeit innerhalb der Familie und haben einen hohen Einfluss auf das individuell vorherrschende Sprachniveau der Schüler.
Die Bildungspolitik versucht, dem Anspruch eines differenzierten Kompetenzerwerbs Rechnung zu tragen, indem sie das Prinzip der individuellen Förderung als Grundsatz zur Verwirklichung von Unterricht gesetzlich verankert. Demnach heißt es im hessischen Schulgesetz:
Schule ist so zu gestalten, dass die gemeinsame Erziehung und das gemeinsame Lernen aller Schülerinnen und Schüler in einem möglichst hohen Maße verwirklicht wird und jede Schülerin und jeder Schüler unter Berücksichtigung der individuellen Ausgangslage in der körperlichen, sozialen und emotionalen sowie kognitiven Entwicklung angemessen gefördert wird (HKM 2005, § 3 Abs. 6).
Der bildungspolitische Umgang mit Heterogenität macht sich gegenwärtig auf zwei Ebenen bemerkbar. Hierzu zählen Formen äußerer (Schulprofil, Schulform, Jahrgangsklasse) und innerer Differenzierung (schulorganisatorisch, didaktisch). Im Hinblick auf einen differenzierten Kompetenzerwerb mit und durch Lernvideos konzentrieren sich die folgenden Ausführungen ausschließlich auf die innere Ebene der didaktischen Differenzierung.
Didaktische Differenzierungsmaßnahmen orientieren sich laut Paradies und Linser (2001, 28) an den Variablen Lernstil, Lerntempo, Lernbereitschaft und Lerninteresse. Nun richten sich Lehrwerke aber primär an Lernende als eine homogene Gruppe und vermögen es nur in Einzelfällen, den genannten Variablen gerecht zu werden. Folglich verlagert sich die Individualisierung fremdsprachlicher Lehr- und Lernprozesse zunehmend in die Hand des Lehrers. Diesem muss es gelingen, Aufgaben mit unterschiedlichen Scaffoldingangeboten zu erstellen, die die Lerner weder über- noch unterfordern und in ihren individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten unterstützen. Differenzierte Aufgaben sollten idealerweise so gestellt werden, dass sie auf dem individuellen Niveau und gemäß dem zu Grunde liegenden Lerntyp des Schülers bearbeitet werden können.
Im Sinne eines differenzierten Kompetenzerwerbs wurde ein dreigliedriges System entwickelt, das beim Einsatz von Lernvideos herangezogen werden kann (cf. Abb. 21). Dieses System geht davon aus, dass alle Schüler über unterschiedliche sprachliche und mediale Vorerfahrungen verfügen. Infolgedessen ist es ratsam, im Rahmen des Unterrichts zunächst eine gemeinsame Basis zu schaffen, auf die im weiteren Lernprozess stets zurückgegriffen werden kann. Die Rede ist von selbstorganisiertem Lernen mit Lernvideos. Wie bereits erwähnt, kann die Bewusstmachung von Hör-Seh-Strategien zu einem erhöhten inhaltlichen und sprachlichen Verständnis führen. Etwaige Lernstrategien gilt es zu benennen und selbstständig anzuwenden (Schritt 1).

Abb. 21: Differenzierter Kompetenzerwerb durch Lernvideos
Daran anknüpfend folgt die lehrergeleitete Aufgabendifferenzierung, die einen möglichst individuellen Kompetenzerwerb gewährleisten soll (Schritt 2). Dieser kann sowohl durch differenzierte Hör-Seh-Aufträge (vom Global- zum Detailverstehen), ganzheitliche Zugänge (weg vom Wort-für-Wort-Verstehen hin zur Teilverstehenstoleranz) als auch durch Übungen mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen (e.g. richtig/falsch-Aufgaben, Lückentexte, Verknüpfung verschiedener Kompetenzbereiche) gestaltet werden. Zudem bietet es sich an, weiterführende Aufgaben unter das Zeichen der Selbstdifferenzierung zu stellen. Das bedeutet, dass verschiedene inhaltliche und methodische Lösungswege zur Realisierung der Aufgabe gestattet sind (cf. ibid. 29). Für leistungsschwächere Schüler können zusätzliche Förderstrategien zum Tragen kommen. Diese umfassen neben der Verwendung von Untertiteln und themenspezifischen Vokabellisten vorentlastende Übungen, die für phonetische Besonderheiten und die chaîne parlée sensibilisieren. Des Weiteren ist es sinnvoll, Lernvideos zur individuellen Bearbeitung bereitzustellen (e.g. beim Stationenlernen), was eine flexible Zeiteinteilung bei der Bearbeitung von Lernvideos begünstigt. Hierbei besteht die Möglichkeit, bei Bedarf die Sprechgeschwindigkeit der Darsteller mit Hilfe bestimmter Programme zu reduzieren.
Obgleich einige der dargestellten Differenzierungsmöglichkeiten eine intensive Planung voraussetzen, machen die Ausführungen deutlich, inwiefern selbst kleine konzeptionelle Änderungen zum individuellen Lernerfolg beitragen können.
6 Lernvideos: lehrwerksunabhängig – lehrwerksbegleitend – lehrwerksintegriert
Die Erfindung des Videorekorders hat das Lernen mit Videos bereits um das Jahr 1970 begünstigt. Heutzutage – mehr als vier Jahrzehnte später – hat sich das Lernen mit Videos nun vollends als fester Bestandteil der Fremdsprachenausbildung etabliert. Betrachtet man die Entwicklungen im Bereich der Fremdsprachenausbildung, so reicht das Angebot mittlerweile von außerschulischen zu schulischen, von lehrwerksunabhängigen zu lehrwerksbegleitenden und -integrierten über didaktische und authentische Lernvideos bis hin zu online abrufbaren Videolernportalen (cf. Abb. 22).

Abb. 22: Lernvideos inner- und außerhalb des Schulbuchsektors
Um eine einführende Produktübersicht für die Fremdsprachen Französisch und Spanisch zu gewährleisten, soll im Folgenden zunächst eine Auswahl von Lernvideos außerhalb des Schulbuchsektors (cf. Kap. 6.1) aufgezeigt werden, sodass in einem weiteren Schritt auf das Angebot innerhalb des Schulbuchsektors (cf. Kap. 6.2) eingegangen werden kann.
Auf der Grundlage dieser primären Unterscheidung sollen all jene Lernvideos vorgestellt werden, die aktuell seitens der führenden Schulbuchverlage Cornelsen, Diesterweg, Schöningh und Klett lehrwerksbegleitend zu erwerben sind (Stand: 2015) (cf. Kap. 6.2.1). Unter Berücksichtigung des Publikationszeitraums von 2001 bis 2015 stellt sich die Frage nach einer Typisierung von Lernvideos und einem diesbezüglichen Wandel im Laufe der Lehrwerksgenerationen. Basierend auf dieser Fragestellung folgt eine Einteilung in lehrwerksunabhängige und lehrwerksbegleitende Lernvideos sowie eine Präzisierung hinsichtlich lehrwerksintegrierter Lernvideos, deren Definition, Innovationspotential und Charakteristika (cf. Kap. 6.3). Die Ergebnisse werden durch Einblicke in das Expertenwissen von vier Lernvideoautoren führender Schulbuchverlage abgerundet (cf. Kap. 6.4).
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