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Vielleicht kann ich noch irgendwas in meinen eigenen vier Wänden erreichen, obwohl ich das mittlerweile bezweifle, denn dauernd erscheinen die schönsten Augen, die ich je in meinem Leben gesehen habe, vor mir. Dieses tiefe Ozeanblau lässt mich einfach nicht mehr los und lässt sogar noch jetzt meine Knie weich werden.
Er strahlt eine Männlichkeit aus, aber auch eine Verletztheit, die man ihm gar nicht zutrauen würde. Liebend gerne hätte ich mit meinen Händen über seine Wange gestrichen, um die Enttäuschungen, die unter seiner Oberfläche schlummern wegzuwischen, aber ich liess meine Hände da, wo sie waren und hingehörten. Auf meinem Schoss.
Ich muss schon eine ganze Weile in der Küche sitzen, denn die Nacht bricht bereits herein, als ich meinen Kopf hebe, um aus dem Fenster zu sehen. Währenddessen ist auch mein Kaffee viel zu stark abgekühlt und giesse ihn in den Abfluss, ehe ich mich in mein Arbeitszimmer begebe. Ich wühle in meinen Akten, ohne wirklich etwas aufzunehmen und gerade als ich mich entschliesse, mich in einen Roman zu vertiefen, klingelt es an der Tür.
„Ron? Was willst du schon wieder hier?“ rufe ich durch die Eingangstür, während ich sie aufschliesse. „Ich...“ Die Worte bleiben mir im Hals stecken. Denn der Mann, um den sich meine Gedanken schon die vergangenen sieben Stunden drehen, steht vor meiner Tür.
„Was machst du hier?“ Ganz perplex starre ich ihn an. „W...wie? W...warum? W...was...?“ stottere ich herum und bringe keinen einfachen Satz mehr zustande.
„Darf ich hereinkommen oder erwartest du noch jemand anderes?“
„Woher weisst du, wo ich wohne?“
„Das war ganz einfach.“
„Hast du mir etwa nachspioniert?“
„Du stehst im Telefonbuch.“ beantwortet er ganz simpel meine Frage.
Ich schliesse meinen Mund wieder, bevor mir noch eine dämliche Erwiderung entrinnen kann. Ich zähle bis drei, dann frage ich: „Was willst du hier?“
„Ich musste die ganze Zeit an dich denken.“ Er schiebt mich zurück in die Wohnung und schliesst die Tür hinter sich.
„Es ist also doch kein Zufall, dass du nur wenige Meter von meinem zu Hause entfernt in einem Hotel logierst?“ Diese Idee ist mir schon vor einigen Stunden gekommen.
Statt einer Antwort lächelt er mich nur an, bevor er einen weiteren Schritt auf mich zumacht, mich an sich zieht und seinen Mund auf meinen legt. Völlig überrascht stemme ich meine Hände an seine Brust, ohne mich jedoch wirklich zu wehren. Ich sollte es, das weiss ich. Daran gibt es nichts zu rütteln. Aber statt dass ich mich von Oliver lösen, lasse ich meine Finger auf seinem Oberkörper ruhen, der sich unter meinen Gliedern unheimlich stark anfühlt.
Ich habe mir heute schon mehr als einmal vorgestellt, wie wohl seine Lippen schmecken, doch das hier übertrifft alles. Sein Mund ist weich und hart zugleich und obwohl ich weiss, dass ich den Kuss nicht erwidern darf, kann ich mich meinen Gefühlen, die er in mir auslöst, nicht mehr widersetzen.
Ich fühle mich in seiner Umarmung geborgen und schmiege mich noch näher an ihn. Seine Arme schliessen mich eng an seinen muskulösen Körper. Es ist schon zu lange her, seit ich das letzte Mal so empfunden habe. Mit zittrigen Händen greife ich in sein prachtvolles Haar und verkeile meine Finger darin, während der Kuss immer intensiver wird und unsere Zungen umeinander herumtanzen.
Ich schrecke zusammen, als mir ein wohliger Seufzer entschlüpft und ich seine harte Männlichkeit spüre, die er gnadenlos an meinen Unterleib drückt.
„Nein, nein.“ Ich löse mich von seinem Mund und versuche mich von ihm zu entfernen. „Wir dürfen das nicht tun.“
„Warum?“ bringt er ganz heiser heraus. Seine Augen haben einen dunklen Glanz angenommen, als er mich von oben bis unten mustert. „Weil meine ach so tolle Mutter der Grund ist, dass wir uns überhaupt kennengelernt haben?“ Seine Stimme ist eigenartig ruhig, aber ich erkenne die Wut, die sich dahinter verbirgt und die er andächtig zurückhält.
„Nein. Ja. Ach ich weiss auch nicht.“ Ich hebe die Hände in die Höhe und lasse sie gleich wieder fallen. Langsam mache ich einen Schritt nach hinten und sehe ihm direkt in die Augen. Ich hoffe, dass mein Körper mich nicht verrät, der sich in höchstem Masse nach seinen Berührungen sehnt. „Du kannst nicht einfach in meine Wohnung kommen und über mich herfallen.“
„Das sehe ich anders.“
„Ach ja?“
„Gib zu, es hat dir genau so gefallen, wie mir.“ Sein rechter Mundwinkel wandert leicht nach oben. „Vor was läufst du davon?“
„Ich laufe nicht davon.“
Er streckt die Hände nach mir aus und noch bevor ich mich ihm entziehen kann, liege ich wieder in seinen starken Armen.
„Bist du dir sicher?“ haucht er nahe an meinem Ohr, während er meinen Hals vorsichtig mit seinen Lippen berührt. Seine Hände fahren sanft über meinen Rücken und bewirkt, dass ich nicht mehr fähig bin klar zu denken. Meine Finger krallen sich in seine Schultern, um mich an ihm festzuhalten.
Plötzlich glaube ich den Boden unter meinen Füssen zu verlieren, als sich seine Lippen wieder meinem Mund nähern und er mir wunderbare Worte zuflüstert.
Ich weiss nicht, wie wir in meinem Schlafzimmer gelandet sind, aber ich glaube mich zu erinnern, dass ich Oliver mit mir gezerrt habe.
„Ich will dich nackt sehen.“ Mit geschickter Bewegung fasst er nach meinem weissen Tank Top und streift es mir über den Kopf. Ein leiser Seufzer kommt über seine Lippen, als er nach meinen Brüsten greift, die noch im Büstenhalter verborgen sind. Oliver zieht die Träger über die Schultern und befreit meine Rundungen aus dem Kleidungsstück. Er berührt sie sanft und nimmt beide in seine Hände. Sein Atem streichelt über meine Haut, während er sich mit seinem Mund meinen Brustwarzen nähert. Meine Knospen richten sich sofort auf und verlangen nach seinen feuchten Lippen. Ich kann meine Erregung nicht mehr verbergen. Ein leises, befreiendes Stöhnen entweicht sich mir und biege meinen Rücken durch, damit er mich weiterhin so wunderbar liebkost, dass ich glaube unter seinen Händen zergehen zu müssen. Seine Zunge spielt gekonnt um meine Knospen, die sich schmerzlich nach mehr verzehren.
„Gefällt dir das?“ Sein Atem geht nur noch stossweise.
„Hör nicht auf.“ bitte ich ihn und lege meine Hände auf seinen Brustkorb, der immer noch unter seinem Hemd verborgen ist. Aber ich kann deutlich fühlen, wie sein Herzschlag sich beschleunigt hat.
Ich möchte ihn spüren. Ich möchte meine Hände auf seine Haut legen. Ihn genauso schmecken, wie er mich. Mit fiebrigen Fingern taste ich unter sein Shirt und wandere über seinen trainierten Oberkörper.
Verwirrt sehe ich ihn an, als er einen Schritt von mir abweicht. Doch die Verwirrung währt nicht lange. Denn kaum haben sich meine Hände von ihm entfernt, zieht er sie wieder an seine Brust, die nun von seinem Oberteil befreit ist. Ich fahre sanft seine Muskeln mit meinen Lippen nach, selbst überrascht, zu was ich fähig bin.
Keine Ahnung woher ich den Mut nehme, einen Mann, den ich kaum kenne, auf eine Weise zu verführen, wie ich es bisher noch nie getan habe und mich befühlen lasse, wie mich noch nie jemand berührt hat.
Unsere Münder treffen sich erneut zu einem leidenschaftlichen Kuss, der unsere Erregung ins Unermessliche steigern lässt.
Seine Hände legen sich an meinen Hosenbund und öffnet sie langsam, ohne seine Augen von meinen abschweifen zu lassen. „Die wollte ich dir schon ausziehen, als du heute Mittag in die Hotellobby gekommen bist.“ Sein Blick bohrt sich tief in mich. Seine Brust hebt und senkt sich in schnellen, regelmässigen Bewegungen und mein Slip gleitet gleich mit der hellen Leinenhose zu Boden.
Obwohl ich nun völlig nackt vor ihm stehe und er mich von Kopf bis Fuss mustert, fühle ich mich wohl in meiner Haut. Zum ersten Mal, wie ich mir eingestehen muss.
Ohne grosse Eile öffnet er seinen Ledergürtel und die Knöpfe seiner Anzughose und entledigt sich seiner letzten Kleidungsstücke. Ich fange an zu schwitzen. Meine Hände fühlen sich feucht an, als ich ihn in seiner vollen Pracht betrachte und mir vorstelle, was sich hier in den nächsten Sekunden ereignen wird.
Er zieht mich eng an sich und seine Erregung drückt gegen meinen Bauch, als er uns Richtung Bett führt. Kaum berühren meine Kniekehlen die Bettkante, lasse ich mich darauf fallen und lege mich hin. Oliver kommt über mich und schenkt mir ein unwiderstehliches Lächeln.
Ich spreize meine Beine und umfasse mit zittrigen Händen seine straffen Gesässbacken.
„Vor was hast du Angst?“ Er stützt sich auf seinen Ellbogen, neben meinem Kopf, ab und sieht mir direkt in die Augen.
Zerstreut entgegne ich seinen Blick. Ich verzehre mich so sehr nach ihm, dass ich mich wie betäubt fühle. Ich möchte ihn in mir spüren und mich nicht mit ihm unterhalten. Nicht jetzt. „Ich... ich habe keine Angst.“ Meine Stimme die Verräterin. Ich kann das Beben nicht unterdrücken, das in meinen Worten mitschwingt.
„Geht es dir zu schnell?“ Seine ozeanblauen Augen versinken sich noch mehr in meinen. „Oder mache ich etwas falsch?“
„Nein. Ich...es ist...“
„Was ist es dann?“ besorgt sieht er mich an.
„Es ist schon lange her, seit ich mit jemandem so intim war, der dazu noch so wunderbare Gefühle in mir wachgerufen hat, wie du es soeben tust.“
Oliver bewegt sich ein klein wenig zur Seite. Ich bin mir seiner harten Männlichkeit, die sich gefährlich nahe an meiner Öffnung befindet, völlig bewusst. Es fällt mir schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Aber eines weiss ich mit Sicherheit, dass ich ihn hier und jetzt sofort spüren möchte.
„Ich will dich.“ raune ich ihm zu und drücke fest seine Pobacken. „Ich will dich in mir spüren. Genau jetzt.“
Ich kann einen lauten Schrei, der sich meiner Kehle entreisst, nicht unterdrücken, als er hart in mich stösst. Langsam zieht er sich zurück, um gleich wieder tief in mich einzudringen. Wir verfallen in einen harmonischen Rhythmus und unser Stöhnen und Wimmern lässt die Begierde auf den anderen nur noch mehr steigern. Seine Hände umschliessen meine Brüste, während unsere Becken gegeneinander schlagen.
Seine Bewegungen beschleunigen sich. Er stösst schneller und fester in mich und berührt mit seinen Fingern sanft meinen heiklen Punkt. „Oh Oliver.“ stöhne ich, als er mich mit kleinen Kreisbewegungen massiert. Ich klammere mich an ihn, als er mich meinem Höhepunkt entgegenbringt. Er stösst noch ein paar Mal heftig in mich, bevor ein Feuerwerk in mir explodiert und mich in eine andere Welt hebt, während sich Oliver in mir ergiesst.
5.
Mein Kopf auf seine Brust gebettet, horche ich seinem hypnotisierendem Herzschlag. Es schlägt langsam und kräftig. Sein Atem geht gleichmässig und seine Hand streift behutsam meinen Arm auf und ab. Ich fühle mich in seiner Umarmung ausserordentlich geborgen, was mich glücklich macht und zugleich beängstigt.
Ich drehe meinen Kopf etwas, um Oliver ansehen zu können. Seine Augen sind geschlossen. Er sieht entspannt aus und auf seinem Gesicht zeichnet sich ein leichtes Lächeln ab. Ich lege meinen Kopf wieder an seine Brust und streife ihm behutsam darüber.
„Was schwirrt dir im Kopf herum?“ Oliver drückt mir einen Kuss auf die Stirn.
„Nichts.“
„Da bin ich anderer Meinung. Warum liegst du wie ein Eisblock neben mir? Hat es dir nicht gefallen oder bereust du etwa schon, was geschehen ist?“
„Ich bin kein Eisblock. Ich fühle mich sogar ausserordentlich wohl.“
„Vielleicht noch bis vor wenigen Minuten. Irgendwas beunruhigt dich. Also, was wirbelt in deinem süssen Gehirn herum?“
„Überfällst du jede Frau auf diese Art?“
„Ich habe dich nicht überfallen. Du warst genauso daran beteiligt, wie ich. Oder hast du vergessen, wie du mich in dein Schlafzimmer gezerrt hast?“
Zum Glück habe ich ihm nicht mein Gesicht zugewandt, sonst würde er die brennende Röte, die meine Wangen verfärbt, sehen.
„Warum weichst du meiner Frage aus? Hat es etwas mit diesem Ron zu tun?“
„Ron? Woher weisst du von Ron?“
„Du hast diesen Namen gerufen, bevor du mir die Tür aufgeschlossen hast. Ist er dein Freund?“
Empört setze ich mich auf und bedecke meine Blösse mit der Bettdecke. „Denkst du wirklich ich würde hier mit dir in meinem Bett liegen, wenn ich einen Freund hätte?“ Es enttäuscht mich, was er von mir denkt.
„Ich habe gehofft, dass du so reagieren würdest.“ Oliver zieht mich zurück an seine Brust. „Ich wäre richtig eifersüchtig, wenn es einen anderen Kerl gäbe, der dich berühren dürfte.“ und legt seinen Zeigefinger und Daumen an mein Kinn, um es in seine Richtung zu heben, bevor seine Lippen sanft über meine streifen.
Nachdem wir uns ein weiteres Mal geliebt haben, umschlingt er mich von hinten und hält mich fest. Ich spüre seinen ruhigen Atem in meinem Nacken und frage mich, wann das letzte Mal ein Mann bei mir übernachtet hat. Es ist schon sehr lange her, dass mich jemand so gehalten hat, wie es Oliver soeben tut.
Ich dachte ich würde dieses Gefühl der Geborgenheit, das mich in diesem Moment beschleicht, nicht mehr vermissen. Dass ich es nicht mehr brauchen würde, aber mir wird schlagartig klar, dass ich mich in all den Jahren selbst belogen und betrogen habe. Und dass ich mich abermals belügen würde, wenn ich auch nur eine Sekunden glauben würde, ich könnte mit diesem Adonis in meinem Bett eine Zukunft haben.
Meine rechte Hand tastet nach seiner Hand, die mich an sich gedrückt hält und verschränke meine Finger mit seinen. Ich schliesse meine Augen und geniesse jeden meiner Atemzüge, bis ich in einen erholsamen Schlaf falle.
Müde greife ich nach meinem Wecker, um ihn auszuschalten. Doch das Geräusch endet nicht, als ich auf den Aus-Knopf gedrückt habe. Ich öffne ein klein wenig meine Augen. Es herrscht noch immer vollkommene Dunkelheit, was mich nachdenken lässt. Einen Blick auf die digitale Uhranzeige meines Weckers, bedeutet mir, dass es knapp zwei Uhr nachts ist und dass ich noch über vier Stunden schlafen kann. Meine Augen fallen mir bereits wieder zu, während ich mich auf die andere Seite drehe. Meine Hand bewegt sich über das Laken, das sich zerwühlt und warm anfühlt und plötzlich sind alle Erinnerungen an letzten Abend wieder da. Aber wo ist Oliver? Schlagartig bin ich hellwach. Das Bett ist leer. Ich hoffe, dass er nur kurz auf die Toilette gegangen ist und gleich wieder zu mir ins Bett gekrochen kommt, da höre ich schon das Wasser laufen. Kurz darauf kommt er durch die Tür. Nur ist er nicht nackt, wie ich ihn gesehen und gespürt habe, bevor ich eingeschlafen bin, sondern vollständig bekleidet und zurechtgemacht. Bereit um mir Lebewohl zu sagen.
„Ich hatte gehofft, ich würde dich nicht wecken.“ Er setzt sich neben mich auf den Bettrand.
„Wolltest du gehen ohne dich zu verabschieden?“
„Nein.“ Er streicht eine Haarsträhne aus meinem Gesicht und legt sie hinter mein Ohr.
„Und warum gehst du dann mitten in der Nacht?“
„Ich habe morgen, nein schon heute“ korrigiert er sich. „einen anstrengenden Nachmittag. Ich muss ausgeruht und fit sein. Aber wenn ich hier bei dir bleibe, werde ich alles andere als das sein.“
Fragend blicke ich ihn an.
„Ich finde keinen Schlaf neben dir. Ständig möchte ich dich berühren oder bewundere dich, während du vor dich hin schnarchst.“
„Ich schnarche nicht.“
„Nein, das tust du nicht.“ Er zieht seinen linken Mundwinkel leicht nach oben. „Aber ich danke dir für diesen Gesichtsausdruck, den du mir soeben geschenkt hast.“ Er beugt sich zu mir und bedeckt meinen Mund mit seinen Lippen.
„Wo gehst du jetzt hin?“ frage ich ihn, als wir uns wieder voneinander lösen können.
„Ins Hotel.“
„Das nur ein paar Meter von hier entfernt steht?“
„Ja.“
„Aber....“
„Ich würde viel lieber hier bei dir bleiben. Deinen warmen, weichen Körper schmecken und spüren. Aber ich kann nicht. Obwohl ich ein Profifussballer bin, kann ich mir keine Fehler leisten, sonst bin ich schnell ersetzt. Und Fehler darf ich mir morgen keine leisten.“ Bevor er sich erhebt, küsst er mich nochmals. „Ich melde mich bei dir, so schnell ich kann.“
„Ich freue mich darauf.“
Nun ist es keine Täuschung, sondern wirklich der Wecker, der so unbarmherzig vor sich hin plärrt, bis ich meine Augen vollkommen geöffnet habe und endlich den schrillen Gesang durch einen Knopfdruck verstummen lasse.
Während ich mir ein bequemes Baumwollkleid aus sattem Grün überziehe, das im Nacken gebunden wird, etwas Schminke auftrage, ein paar Toastscheiben in den Toaster werfe und mir einen heissen Kaffee zubereite, rede ich mir ständig ein, dass der vergangene Abend nichts zu bedeuten hat. Dass ich mich genauso fühlen und benehmen werde, bevor ich Oliver getroffen habe, was ja auch stimmt. Sofort strafen mich meine Lügen mit einem bösen Blick, der mir im Spiegel entgegenkommt.
Was versuche ich mir nur einzureden? Seit Kimi habe ich nicht mehr so empfunden, wie in den letzten vierundzwanzig Stunden. Ebenfalls dachte ich, ich würde nie mehr so fühlen können. Aber Oliver brauchte nicht einmal einen Tag, mein altes Leben völlig aus dem Ruder zu bringen.
Wie kann ich nur so dämlich sein, mich ausgerechnet in einen der weltbesten Fussballer zu verlieben? Jetzt hat das Wort, das ich auf keinen Fall mehr in mein Kopf lassen wollte, Form angenommen. Es hat sich in eine äusserst attraktive und erfolgreiche Gestalt verwandelt.
Endlich glaubte ich mein Leben wieder richtig leben zu können, da braucht kein Mann darin aufzutauchen, um es in einer kurzen Zeit wieder zu zerstören.
Ich darf es nicht mehr als eine Affäre betrachten, denn etwas anderes kommt für Oliver gar nicht in Frage, da bin ich mir sicher. Ich möchte gar nicht in Erfahrung bringen, wie vielen Frauen er schon das Herz gebrochen hat und ich werde nicht die Nächste sein.
Die Toastscheiben springen wie auf ein Kommando aus dem Toaster heraus. Ich nehme mir eine und bestreiche sie mit einer köstlichen Haselnuss-Nougatcrème.
Ich halte soeben auf meinem Parkplatz an, als meine Schwester gerade angelaufen kommt und die Tür zu unserem Büro aufschliessen will. Sie lächelt mich an und pfeift mir zu, während ich aus meinem weissen VW Golf steige.
„Du hast dich ja richtig ins Zeug gelegt?“ begrüsst sie mich mit je einem Kuss auf jede Wange. „Hast du heute irgendwas bestimmtes vor oder habe ich einen besonderen Termin verpasst?“
„Warum?“ Ich verstehe nicht, auf was sie anspielen möchte und sehe sie verständnislos an.
„Für wen hast du dich so aufgebrezelt?“
„Das habe ich nicht. Ich habe nur ein einfaches Kleid angezogen, das ich in der hintersten Ecke von meinem Schrank gefunden habe.“
„Und was ist mit der Schminke, die du sonst nie zur Arbeit trägst?“
„Ich hatte einfach Lust dazu.“ Ich gehe an ihr vorbei und öffne die Tür mit meinem eigenen Schlüssel.
„Möchtest du mir nicht verraten, was gestern Abend geschehen ist?“
Ich sehe sie etwas verärgert an, sage aber kein Wort.
„Und versuche gar nicht erst, mich für eine Närrin zu halten. Ich bin deine Schwester und kann dir ganz genau ansehen, dass irgendwas vorgefallen ist. Es kann ja nur etwas Positives sein, wenn ich dich so ansehe. Also...“
„Er stand gestern einfach vor meiner Tür und dann führte eins zum anderen.“
„Wer? Ron?“
„Nein, doch nicht Ron. Oliver.“
„Oliver?“ Tina zieht ihre Augenbrauen zusammen und überlegt angestrengt, welchen Oliver ich meinen könnte, bis ein Licht in ihrem Kopf aufgeht. „Oliver Falk, der Fussballer? Der Sohn...“
„Ja genau der.“ unterbreche ich sie.“
„Du hast mit ihm geschlafen, stimmts?“ Sie sieht mit einem Mal nicht mehr überrascht aus, sondern ein wissender Ausdruck breitet sich auf ihrem Gesicht aus. „Das ist ja wunder...“
„Sprich nicht weiter. Ich weiss nicht, was ich von letzter Nacht halten soll. Ich weiss aber, dass ich nicht noch einmal diesen Schmerz empfinden möchte, den ich nach Kimi erlebt habe. Ich besitze nicht mehr die Kraft, mein Leben abermals so in den Griff zu bekommen wie jetzt, falls mir das Herz nochmals gebrochen werden sollte. Es wird nichts ausser einer kurzen Affäre geben, wenn da überhaupt etwas ist. Vielleicht war es ja einfach eine einmalige Sache. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Oliver mehr als das möchte. Er ist leider nicht nur ein bekannter Fussballer, sondern ein richtiger Schürzenjäger.“
„Dann mach dir nicht so einen Kopf und geniesse diese Zeit.“
„Das habe ich mir auch gesagt, aber...“
„Was aber?“
„Ich habe Kimi geliebt. Für keinen Mann, der nach Kimi meinen Weg gekreuzt hat, habe ich so empfunden, wie für ihn.“ Ich atme kurz tief ein, bevor ich weiterrede. „Bis jetzt.“
Tinas Strahlen, mit dem sie mich soeben noch angelächelt hat, droht in sich zusammen zu fallen. Ich kann es förmlich sehen. Sie braucht nichts mehr zu sagen, denn ich weiss so schon, dass ich recht habe. Ich muss vorsichtig sein.
Ich sitze nun schon den ganzen Tag an meinem Schreibtisch und beantworte etliche E-Mails, nehme Anrufe entgegen und bringe meine Termine mit denen von Tina in Einklang. Mein Arbeitstag neigt sich langsam dem Ende zu. Aber heute freue ich mich nicht auf meine leere Wohnung. Seit langer Zeit ist es nicht mehr vorgekommen, dass ich meine Arbeit benutze, um nicht nach Hause gehen zu müssen.
Ich habe nichts mehr von Oliver gehört, seit er aus meiner Wohnung verschwunden ist. Er hat versprochen sich zu melden. Nur habe ich keine Ahnung, wann das sein wird und ich mache mich zum Deppen, indem ich voller Ungeduld auf ein Zeichen von ihm warte.
Ich bin enttäuscht von mir, dass ich mich in so wenigen Stunden zu einer verliebten Närrin machen konnte. Es schmerzt mich, wie schwach ich in Wirklichkeit bin. Wie konnte ich nur annehmen, ich wäre gegen alle Männer immun?
Ich greife nach meinem Smartphone, nachdem ein Signalton eine Nachricht angekündigt hat. Ich entsperre das Display und sehe einen Eingang einer Kurzmitteilung, von einer mir unbekannten Nummer. Mit meinem Zeigefinger drücke ich darauf und die Nachricht wird geöffnet. Vermisst du mich schon? O.F.
Ein Bild des Mannes, der mir den Kopf in kürzester Zeit verdreht hat, stiehlt sich vor mein inneres Auge. Der gut gebaute Mann, mit seinen ozeanblauen Augen, lächelt mich so unverhohlen an und ist so deutlich in meinen Erinnerungen, dass ich schon glaube, er stehe in seiner vollen Pracht vor mir.
„Träumst du von mir?“
Ich fliege beinahe zu Boden, als ich abrupt von meinem Stuhl aufspringe und in das schönste Gesicht sehe, das soeben meine Gedanken beherrscht hat. „Was? Aber...“ Ich starre verständnislos auf mein Smartphone, das ich immer noch umklammert halte.
„Deine Schwester war so nett und hat mir deine Privatnummer gegeben.“
„Ach so. Aber du hättest sie auch sicher ohne ihre Hilfe herausgefunden, nicht wahr?“ Ich lege mein Telefon hin.
„Sicher. Aber so ging es einfacher. Ich wollte dich nicht erschrecken.“ Er lächelt mich unverschämt an.
„Kannst du nicht anklopfen?“ Ich habe versucht, meiner Stimme einen ernsthaften Ton mitschwingen zu lassen, was mir jedoch kläglich misslingt, als er die Tür hinter sich schliesst und mit geschmeidigen Schritten quer durch das Büro auf mich zukommt.
„Das habe ich, aber du warst weit weg. Ich hoffe bei mir.“ Er legt seine Hände um meine Taille und zieht mich an sich, bevor sein Mund sich auf meinen senkt.
Alles um mich herum verschwindet. Ein einziger Kuss von ihm und meine Welt scheint völlig in Ordnung zu sein. Mir scheint, als könnte mir nichts anhaben und verliere mich in seinen starken Armen. Nach einem unbeschreiblichen, intensiven und langen Kuss lässt er langsam von mir ab und sieht mich lächelnd an und obwohl wir uns erst gerade geküsst haben, verlangen meine Lippen schon wieder nach seinem samtweichen Mund.
„Oliver.“ hauche ich. „Ich habe nicht erwartet, dich heute nochmals zu Gesicht zu bekommen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich schon damit gerechnet, heute gar nichts mehr von dir zu hören.“
„Ich habe versprochen, mich bei dir zu melden und meine Versprechen halte ich.“
„Du hast es mir nicht versprochen.“
„Das war auch gar nicht nötig, denn ich wusste, dass mich nichts davon abbringen kann, mich bei dir zu melden. Hast du Hunger?“