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6.7 Die Verjährung der Mängelansprüche des Mieters
Die Ansprüche des Mieters auf Schadensersatz, Aufwendungsersatz oder Kostenvorschuss verjähren normal nach §§ 195, 199. Anders als das Kauf- und Werkvertragsrecht kennt das Mietrecht keine spezielle Verjährung der Mängelansprüche.
1. Der Anspruch des Vermieters auf Unterlassung vertragswidrigen Gebrauchs
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Der Unterlassungsanspruch des Vermieters aus § 541 (vollstreckbar nach § 890 ZPO) hat drei Voraussetzungen: einen vertragswidrigen Gebrauch des Mieters, eine Abmahnung des Vermieters und die Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs.
Vertragswidrig ist jeder Gebrauch, den der Mietvertrag nicht erlaubt, auch ein vom Mieter verursachter vertragswidriger Zustand[328].
Beispiele
- Übermäßige Abnutzung und unerlaubte Haustierhaltung; - eigenmächtige Änderung und Erweiterung des vereinbarten Gebrauchs (BGH LM § 550 Nr. 1: Charakter einer Gaststätte; LM § 550 Nr. 2: Ausschank von Alkohol in Milchbar; NJW 2019, 1062: Wohnen im Anwaltsbüro); - bauliche Veränderung (BGH NJW 74, 1463: Fassade; LG Braunschweig NJW 86, 322: gefährliche Deckenplatten); - unerlaubte Installation einer Parabolantenne (BGH NJW 2008, 216); - fahrlässige Verursachung eines Wohnungsbrandes; wenn aber der Mieter anteilig die Prämie für die Gebäudeversicherung bezahlt, ist der Vermieter vertraglich verpflichtet, die Versicherung in Anspruch zu nehmen oder den Brandschaden nach § 535 I 2 zu beseitigen (BGH NJW 2007, 292; 2015, 699). - starkes Rauchen, das die Wohnung nicht nur verunreinigt, sondern beschädigt (BGH NJW 2008, 1439); - Missbrauch der Wohnungsfenster zur Wahlwerbung oder politischen Agitation (BVerfG NJW 58, 259; LG Tübingen NJW 86, 321; a.A. LG Hamburg NJW 86, 320).218
Die Abmahnung des Vermieters besteht aus der dringenden Aufforderung an den Mieter, eine bestimmte Vertragsverletzung zu unterlassen[329]. Wie die Mahnung ist sie eine empfangsbedürftige (§ 130) geschäftsähnliche Handlung (RN 2017) und ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Mieter die Unterlassung bereits hartnäckig verweigert[330] oder schon eine frühere Abmahnung überhört hat. Der Mieter setzt den vertragswidrigen Gebrauch nur dann „ungeachtet einer Abmahnung des Vermieters fort“, wenn er sie kennt. Die Verjährung der Dauerpflicht aus § 541 kann während der Mietdauer nicht beginnen[331].
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Daneben hat der Vermieter weitere Rechte: Er darf nach § 543 oder § 569 fristlos kündigen und nach § 280 I 1 wegen Vertragsverletzung Schadensersatz verlangen. Die Folgen eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache hat der Mieter nach § 538 stets zu vertreten[332]. Ansprüche aus § 1004 I schließt der speziellere § 541 aus[333].
Streiten die Parteien darüber, ob die Mietsache durch vertragsmäßigen oder vertragswidrigen Gebrauch gelitten habe, muss der Vermieter beweisen, dass ein bestimmter Mietgebrauch des Mieters den Vertrag verletzt und den Schaden verursacht habe, die Schadensursache also im Obhutsbereich des Mieters liege. Erst wenn dies feststeht, muss der Mieter sich nach § 280 I 2 entlasten[334].
2. Der Anspruch des Vermieters auf Duldung von Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen
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Das Mietrechtsänderungsgesetz vom 11.3.2013 hat zum 1.5.2013 den § 554 durch die §§ 555a-555f ersetzt[335] und nach dem bewährten Rechtsgrundsatz, dass ein geändertes Gesetz nicht dünner werden dürfe, sondern stets dicker werden müsse, eine wundersame Gesetzesvermehrung produziert, obwohl sich in der Substanz so viel nicht geändert hat.
Nach wie vor hat der Wohnraumvermieter das Recht, den vermieteten Wohnraum zu erhalten sowie in bestimmtem Umfang zu verbessern und zu modernisieren. Und was der Vermieter tun darf, soll der Mieter dulden. Der Vermieter klagt auf Duldung einer bestimmten Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahme (vollsteckbar nach § 890 ZPO).
Der Wohnungsmieter ist nach § 555a verpflichtet, alle Maßnahmen zu dulden, die erforderlich sind, die Mietsache instandzuhalten oder instandzusetzen (I), nachdem sie ihm rechtzeitig angekündigt worden oder aber geringfügig oder zwingend erforderlich sind (II), und er hat Anspruch auf Vorschuss und auf angemessenen Ersatz der Aufwendungen, die ihm durch die Erhaltungsmaßnahme entstehen (III). Soweit er durch sie im Mietgebrauch gestört wird, hat er die Rechte aus §§ 536, 536a[336].
Nach § 555d I hat der Mieter auch Maßnahmen der Modernisierung zu dulden, die der Katalog des § 555b in sieben Ziffern beschreibt, nachdem sie ihm gemäß § 555c rechtzeitig angekündigt worden oder geringfügig sind[337].
Modernisierung bedeutet hier: Energie und Wasser sparen, den Gebrauchswert der Mietsache erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse verbessern, neuen Wohnraum schaffen[338], aber auch die Erfüllung öffentlicher Pflichten, die dem Vermieter aufgezwungen sind und die er nicht zu vertreten hat.
Nach § 555d II 1 ist der Mieter zur Duldung ausnahmsweise nicht verpflichtet, wenn die Modernisierung für ihn, seine Familie oder einen Angehörigen seines Haushalts eine unbillige Härte bedeuten würde[339]. Dies erfordert eine Interessenabwägung zwischen Vermieter, Mieter und Umwelt[340]. Die zu erwartende Erhöhung des Mietzinses und der Betriebskosten ist nach § 555d II 2 bei dieser ersten Härteprüfung noch nicht zu berücksichtigen, denn ob und wieweit eine Modernisierung die Miete erhöhe, ist erst durch eine zweite Härteprüfung nach § 559 IV, V zu bestimmen. Der Härteeinwand des Mieters ist nach § 555d III (Ausnahme in IV) befristet.
Nach § 555d VI mit § 555a III hat der Mieter Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen, die ihm durch die Modernisierung entstehen[341]. Jedoch darf er nach § 536 I a für die Dauer von drei Monaten den Mietzins nicht mindern, wenn ihn eine Modernisierung nach § 555b Nr. 1 im Gebrauch stört.
§ 555e berechtigt den Mieter, binnen eines Monats nach Zugang der Ankündigung einer Modernisierung zum Ablauf des übernächsten Monats außerordentlich zu kündigen (I), es sei denn, die Modernisierung belaste ihn nur unerheblich (II).
§ 555f erlaubt den Vertragspartnern, Maßnahmen der Erhaltung und Modernisierung zu vereinbaren, denn im Schuldrecht herrscht Vertragsfreiheit, wenn die gesetzliche Regelung nicht ausnahmsweise unabdingbar ist.
Nach §§ 555a IV, 555c V, 555d VII, 555e III aber sind abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Wohnungsmieters unwirksam.
Nach § 578 II 1 gelten die §§ 555a-555f zum größten Teil entsprechend für Mietverhältnisse über andere Räume, sind aber nicht zwingend[342].
3. Der Anspruch des Vermieters auf Schadensersatz wegen unterlassener Mängelanzeige
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Der Vermieter hat nach § 536c II 1 Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Mieter die Anzeige unterlässt, zu der § 536c I ihn verpflichtet. Der Vermieter ist so zu stellen, als hätte der Mieter den Mangel oder die Gefahr rechtzeitig angezeigt[343]. Die Beweislast trägt der Vermieter[344].
Nach § 536c I hat der Mieter dreierlei unverzüglich anzuzeigen: jeden Mangel, der sich im Laufe der Mietzeit an der Mietsache zeigt[345], jede Gefahr für die Mietsache und jede Rechtsanmaßung eines Dritten. Das Gesetz begründet nicht erst die Obhutspflicht des Mieters, sondern setzt sie voraus. Schon der Mietvertrag verpflichtet den Mieter, die Mietsache pfleglich zu behandeln, vor Schäden zu bewahren und dem Vermieter Gelegenheit zur Abhilfe zu geben. Die Anzeigepflicht ist nur eine Folge dieser Obhutspflicht[346].
1. Das Wegnahmerecht des Mieters
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Nach § 539 II darf der Mieter eine Einrichtung, mit der er die Mietsache versehen hat, wegnehmen[347]: von der Mietsache trennen, an sich nehmen und, wenn sie ihm nicht schon nach § 95 gehört, sich aneignen[348], muss aber die Mietsache nach § 258 S. 1 auf seine Kosten in den früheren Zustand versetzen.
Besitzt der Mieter die Mietsache nicht mehr, verwandelt sich sein Wegnahmerecht nach § 258 S. 2 in einen dinglichen Anspruch auf Gestattung (Duldung) der Wegnahme gegen den Vermieter (vollstreckbar nach § 890 ZPO), nicht auf Herausgabe[349]. Das Besitzrecht des Vermieters an der Einrichtung erlischt, sobald der Mieter Gestattung der Wegnahme verlangt[350], wird hingegen unangreifbar, wenn der Gestattungsanspruch des Mieters nach § 548 II verjährt ist. Als berechtigter Besitzer aber schuldet der Vermieter dem Mieter weder Nutzungsvergütung noch Schadensersatz[351].
Einrichtung ist jede bewegliche Sache, die mit der Mietsache fest verbunden ist, um ihr wirtschaftlich zu dienen[352].
Der Mieter darf die Einrichtung ausnahmsweise nicht wegnehmen: wenn er sie dem Vermieter vertraglich schuldet[353], wenn die Wegnahme vertraglich ausgeschlossen ist[354] oder der Vermieter sein Vermieterpfandrecht daran geltend macht[355].
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Der Vermieter von Wohnraum oder anderen Räumen darf nach §§ 552 I, 578 II die Wegnahme durch Zahlung einer angemessenen Entschädigung abwenden, wenn nicht der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Wegnahme hat. Gegen den Wohnungsmieter wirkt der vertragliche Ausschluss des Wegnahmerechts nach § 552 II nur, wenn er angemessen entschädigt wird.
2. Der Anspruch des Wohnungsmieters auf „Barrierefreiheit“
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Nach § 554a I 1 hat der Wohnungsmieter Anspruch auf einen behindertengerechten Zugang zur Wohnung und auf ein behindertengerechtes Wohnen, wenn er daran ein berechtigtes Interesse hat, also entweder selbst schwer behindert ist oder mit einem Behinderten zusammenlebt. Er klagt auf Zustimmung des Vermieters zu einer bestimmten Baumaßnahme oder Einrichtung (vollstreckbar nach § 894 I 1 ZPO)[356].
Der Vermieter darf nach § 554a I 2 seine Zustimmung verweigern, wenn sein Interesse am Fortbestand des vorhandenen Zustands überwiegt. Und nach § 554a II darf er seine Zustimmung von einer angemessenen Sicherheit für die spätere Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands abhängig machen.
Abweichende Abreden zum Nachteil des Wohnungsmieters sind nach § 554a III unwirksam.
1. Das gesetzliche System
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Da man auch fremde Sachen vermieten kann, ist die Untermiete eine ganz gewöhnliche Miete zwischen Mieter und Untermieter[357]. Der Vermieter ist daran nicht beteiligt.
Bild 27: Die Untermiete

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Die §§ 540, 553 regeln denn auch nicht die Untermiete, sondern nur drei Fragen des Hauptmietverhältnisses in Bezug auf die Untermiete:
- Darf der Mieter untervermieten (540 I)? - Hat er Anspruch auf die Erlaubnis des Vermieters (§ 553)? - Haftet der Mieter auch für Verschulden des Untermieters (§ 540 II)?Diese Fragen stellen sich nicht nur für die Untervermietung, sondern für jede Gebrauchsüberlassung des Mieters an einen Dritten[358]. Die Untervermietung ist nur das wichtigste Beispiel. Auch nahe Angehörige wie den Lebensgefährten darf der Mieter nur mit Erlaubnis des Vermieters in die Mietwohnung aufnehmen, hat darauf aber vielleicht einen Anspruch (RN 227). Kein Dritter nach §§ 540, 553 ist der Ehegatte, der die Mietwohnung mitbewohnt[359].
2. Erlaubte und unerlaubte Untervermietung oder sonstige Gebrauchsüberlassung
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Nach § 540 I 1 darf der Mieter die Mietsache nur mit Erlaubnis des Vermieters untervermieten oder sonstwie einem Dritten zum Gebrauch überlassen. Das ist aber kein gesetzliches Verbot nach § 134, der Untermietvertrag ist auch ohne Erlaubnis des Vermieters wirksam. Nach § 535 I schuldet der Mieter seinem Untermieter sogar einen erlaubten Mietgebrauch[360].
Auch wenn die Untervermietung nicht erlaubt ist, hat der Vermieter mangels Vertrags keinen Mietzinsanspruch gegen den Untermieter[361], kann den Untermietzins aber auch nicht vom Mieter herausverlangen, weder aus § 687 II noch aus §§ 812, 816, 987[362].
Ohne die Erlaubnis des Vermieters hat der Untermieter freilich kein Recht zum Besitz der Mietsache gegenüber dem Vermieter[363] und steht auch nicht unter dem Schutz des Hauptmietvertrags[364]. Der Mieter wiederum bringt sich durch unerlaubte Untervermietung in eine Zwickmühle: Der Untermietvertrag verpflichtet ihn zur Überlassung der Mietsache, der Hauptmietvertrag verbietet sie.
Als Eigentümer hat der Vermieter gegen den Untermieter einen Anspruch auf Herausgabe der Mietsache an den Mieter (§§ 985, 986 I 2). Erst seine Erlaubnis berechtigt auch den Untermieter zum Besitz (§ 986 I 1).
Kein Dritter nach § 540 I ist, für die Dauer der Ehe, der Ehegatte des Wohnungsmieters, der zwar nicht Mitmieter ist, aber die Mietwohnung mitbewohnt[365].
3. Die Erlaubnis des Vermieters zur Untervermietung oder sonstigen Gebrauchsüberlassung
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Die Erlaubnis des Vermieters ist eine formfreie, empfangsbedürftige (§ 130) Willenserklärung[366]. Der Vermieter kann sie schon im Mietvertrag erteilen oder versagen[367]. Widerrufen darf er sie nur aus wichtigem Grund, oder wenn er sich den Widerruf vertraglich vorbehalten hat[368].
Verweigert der Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung oder sonstigen Gebrauchsüberlassung, darf der Mieter nach § 540 I 2 mit gesetzlicher Kündigungsfrist außerordentlich kündigen[369]; er darf es nicht, wenn die Person des Dritten dem Vermieter einen wichtigen Grund zur Verweigerung liefert. Ist die Verweigerung vertrags- oder gesetzeswidrig, darf der Mieter sogar fristlos kündigen[370].
Der Vermieter von Geschäftsräumen hat gegen den Mieter, der um die Erlaubnis zur Untervermietung nachsucht, einen Anspruch auf Auskunft über die wesentlichen Bedingungen der beabsichtigten Untervermietung[371].
Einen gesetzlichen Anspruch auf die Erlaubnis des Vermieters hat nach § 553 I 1 nur der Wohnungsmieter, wenn er nach Vertragsschluss ein berechtigtes Interesse daran erlangt, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zu überlassen[372]. Berechtigt ist jedes gewichtige wirtschaftliche oder persönliche Interesse, das der gesetzlichen Ordnung nicht widerspricht[373]. Die Beweislast trägt der Mieter[374].
Beispiele
- Die Familie des Mieters verkleinert sich durch Auszug oder Tod, und der Mieter will stattdessen eine Wohngemeinschaft gründen. Das ist heute nicht mehr anstößig. Sein Privatleben gestaltet der Mieter nach den Grundwerten der Art. 1, 2 I GG selbst (BGH 92, 213; OLG Hamm NJW 82, 2876). - Der Mieter will seinen Lebensgefährten in die Mietwohnung aufnehmen (BGH NJW 2004, 56: in der Regel berechtigtes Interesse). - Der mehrjährige berufliche Auslandsaufenthalt kann den Mieter dazu berechtigen, einen Teil seiner Wohnung unterzuvermieten (BGH NJW 2014, 2717). - Die Erlaubnis zur Untervermietung deckt in der Regel nicht die tageweise Vermietung an Touristen (BGH NJW 2014, 622).In drei Fällen darf der Vermieter die Erlaubnis nach § 553 I 2 ausnahmsweise verweigern: Die Person des Dritten liefert ihm einen wichtigen Grund, der Wohnraum würde übermäßig belegt, oder die Überlassung der Mietsache an den Dritten ist ihm nicht zumutbar. Die Beweislast für diese Ausnahmen trägt der Vermieter[375]. Ist die Erlaubnis nur gegen höheren Mietzins zumutbar, darf der Vermieter sie nach § 553 II von einer vertraglichen Mietzinserhöhung abhängig machen.
Abweichende Abreden zum Nachteil des Wohnungsmieters sind nach § 553 III unwirksam.
Aber der Mieter verletzt den Mietvertrag, wenn er die Mietsache ohne Erlaubnis des Vermieters untervermietet, mag er auch einen Anspruch auf die Erlaubnis haben[376].
Der Vermieter wiederum ist dem Mieter nach § 280 I 1 zum Ersatz des Mietausfallschadens verpflichtet, wenn er wider § 553 I 1 die Erlaubnis zur Untervermietung verweigert und sich nicht nach § 280 I 2 entlastet[377].
4. Der Untermieter als Erfüllungsgehilfe des Mieters
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Nach § 540 II haftet der Mieter, was den Gebrauch der Mietsache betrifft, dem Vermieter auch für Verschulden des Untermieters oder eines anderen Dritten, dem er die Mietsache erlaubt oder unerlaubt überlassen hat[378].
1. Ein besitzloses gesetzliches Pfandrecht und seine Rechtsfolgen
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Nach §§ 562, 578 erwirbt der Vermieter eines Wohnraums, sonstigen Raums oder Grundstücks für seine Ansprüche aus dem Mietverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten beweglichen Sachen des Mieters. Das Vermieterpfandrecht ist ein besitzloses gesetzliches Pfandrecht. Anders als das Vertragspfandrecht (§ 1204) und das Pfändungspfandrecht (§ 804 ZPO) entsteht es unmittelbar kraft Gesetzes.
Auch das Vermieterpfandrecht ist ein beschränktes dingliches Verwertungsrecht an fremder Sache. Die Vorschriften über das Vertragspfandrecht gelten entsprechend: Nach §§ 1257, 1228, 1235 darf der Vermieter im Sicherungsfall die Pfandsachen durch Pfandverkauf in öffentlicher Versteigerung verwerten.
Als absolutes Recht ist das Vermieterpfandrecht umfassend geschützt durch Ansprüche auf Herausgabe und Unterlassung (§§ 1257, 1227, 985, 1004), auf Schadensersatz (§ 823 I) und auf Herausgabe des Erlöses (§ 816 I). Nach § 562b ist der Vermieter sogar zur Selbsthilfe berechtigt. Auf der anderen Seite darf der Mieter das Pfandrecht nach § 562c durch Sicherheitsleistung abwenden.
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Der Rang des Vermieterpfandrechts richtet sich nach der Priorität. Die „Einbringung“ nach § 562 I entspricht der Bestellung des Vertragspfandrechts nach § 1209[379]. Den Rang zwischen Vermieter- und Pfändungspfandrecht regelt § 562d derart, dass sich der Vorrang des älteren Vermieterpfandrechts auf rückständige Mietzinsforderungen aus dem letzten Jahr vor der Pfändung beschränkt.
In der Insolvenz des Mieters hat der Vermieter ein Absonderungsrecht nach § 50 I InsO mit Verwertung durch den Insolvenzverwalter nach § 166 I InsO und Anspruch des Vermieters auf den Reinerlös nach § 170 I InsO[380].
2. Die Voraussetzungen des Vermieterpfandrechts
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Das gesetzliche Vermieterpfandrecht hat nach §§ 562 I 1, 578 drei Voraussetzungen:
- ein Mietverhältnis über Wohnraum, einen anderen Raum oder ein Grundstück, - eine Forderung des Vermieters aus dem Mietverhältnis, - und eine eingebrachte Sache des Mieters.Die Beweislast trägt der Vermieter[381].
Auch das gesetzliche Vermieterpfandrecht ist forderungsabhängig: Es entsteht nur, wenn die Forderung entsteht, die es sichern soll, und es erlischt, wenn die gesicherte Forderung erlischt. Nach § 562 I 1 sichert es alle Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis[382], auch die künftigen mit zwei Ausnahmen: Ungesichert bleiben nach § 562 II künftige Entschädigungsforderungen[383] sowie künftige Mietzinsforderungen über das laufende und das folgende Mietjahr hinaus.
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Das Vermieterpfandrecht entsteht nur an eingebrachten Sachen des Mieters[384]. Ist der Mieter Miteigentümer, belastet das Vermieterpfandrecht entsprechend § 1008 seinen Miteigentumsanteil. Den Anteil des Mieters an einer Gesamthand kann es nicht belasten, weil es derartige Anteile rechtlich nicht gibt. Was der Mieter unter Eigentumsvorbehalt erwirbt, gehört ihm zwar noch nicht, aber das Vermieterpfandrecht belastet schon das Anwartschaftsrecht des Mieters auf Eigentum und erstreckt sich, sobald der Mieter den Kaufpreis bezahlt, ohne weiteres auf die zu Eigentum erworbene Sache[385].
Das gesetzliche Vermieterpfandrecht kann man nicht gutgläubig an Sachen erwerben, die dem Mieter nicht gehören, denn § 1257 verweist nur auf die Vorschriften über das bestellte Vertragspfandrecht, nicht auch auf die Vorschriften über dessen Bestellung[386]. Das Vermieterpfandrecht ist überdies besitzlos.
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Eingebracht sind diejenigen beweglichen Sachen, die der Mieter während der Mietzeit willentlich auf das Mietgrundstück oder in die Mieträume bringt[387], vor allem Möbel, Maschinen, Waren, Vorräte und Fahrzeuge. Das Einbringen ist kein Rechtsgeschäft, sondern eine Handlung ohne Rechtsfolgewillen. Was eingebracht ist, bestimmt die Verkehrsanschauung[388]. In der Regel kommt die Sache von außen auf das Mietgrundstück. Eingebracht sind aber auch Sachen, die auf dem Mietgrundstück hergestellt werden[389]. Wird das Mietgrundstück nach § 566 veräußert, bestimmt der Zeitpunkt des Einbringens, ob noch der Veräußerer oder schon der Erwerber ein Vermieterpfandrecht erlangt[390].
3. Die Einwendungen des Mieters gegen das Vermieterpfandrecht