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Kein Vermieterpfandrecht entsteht nach § 562 I 2 mit §§ 811, 812 ZPO an unpfändbaren Sachen des Mieters.
Nach § 562a S. 1 Hs. 1 erlischt das Vermieterpfandrecht, wenn die eingebrachte Sache auch nur zeitweise vom Grundstück entfernt wird. Fahrzeuge werden mit jeder Abfahrt vom Grundstück entfernt und mit jeder Rückfahrt wieder eingebracht[391]. Wer entfernt, ist belanglos, es kann auch der Gerichtsvollzieher sein. Wie das Einbringen ist auch das Entfernen eine tatsächliche Handlung und kein Rechtsgeschäft.
Die Beweislast für diese Einwendungen trägt der Mieter.
Das Vermieterpfandrecht erlischt nach § 562a S. 1 Hs. 2 ausnahmsweise nicht, wenn der Vermieter von der Entfernung nichts weiß oder ihr auf der Stelle widerspricht. Diese rechtserhaltenden Tatsachen muss der Vermieter beweisen.
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In zwei Fällen darf der Vermieter der Entfernung nach § 562a S. 2 jedoch nicht widersprechen, so dass das Vermieterpfandrecht trotz Widerspruchs erlischt[392]. Die Beweislast für diese Ausnahmen von der Ausnahme trägt der Mieter.
Erste Ausnahme: Die Entfernung der eingebrachten Sache entspricht den gewöhnlichen Lebensverhältnissen des Mieters, so die Autobenutzung, die Mitnahme des Reisegepäcks, der normale Warenverkauf und das Verbringen der Tageseinnahmen zur Bank, nicht auch der Totalausverkauf; genauso ungewöhnlich ist es, wenn die Gläubiger die Waren abholen und das Geschäft des Mieters ruinieren[393].
Zweite Ausnahme: Der zu erwartende Pfanderlös aus den zurückbleibenden Sachen sichert den Vermieter offenbar ausreichend.
4. Das Selbsthilferecht des Vermieters
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Das Selbsthilferecht des Vermieters aus § 562b ersetzt den fehlenden Pfandbesitz durch ein Verhinderungsrecht und einen Anspruch auf Rückschaffung oder Herausgabe der Pfandsachen.
§ 562b I erlaubt dem Vermieter eine begrenzte Selbsthilfe. Solange der Mieter die Mietwohnung oder das Mietgrundstück besitzt, darf der Vermieter die Entfernung eingebrachter Sachen verhindern. In Besitz nehmen darf er sie erst, wenn der Mieter auszieht und die Pfandsache mitnehmen will. Mit dem unmittelbaren Besitz erlangt der Vermieter ein Faustpfand.
Das Selbsthilferecht hat drei Voraussetzungen: Der Mieter entfernt eingebrachte Sachen vom Mietgrundstück oder zieht gar aus, der Vermieter hat an diesen Sachen ein Vermieterpfandrecht (§ 562) und darf der Entfernung widersprechen (§ 562a S. 1 Hs. 2).
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Sind die Pfandsachen ohne Wissen oder trotz Widerspruchs des Vermieters bereits vom Grundstück entfernt, darf der Vermieter nach § 562b II 1 ihre Herausgabe verlangen. In der Regel soll der Mieter sie aber nicht an den Vermieter herausgeben, sondern nur auf das Mietgrundstück zurückbringen. Herausgabe an sich darf der Vermieter erst verlangen, wenn der Mieter ausgezogen ist. Eigenmächtig zurückholen darf er sie nicht, denn die Entfernung durch den unmittelbar besitzenden Mieter ist keine verbotene Eigenmacht nach § 858.
Vermieterpfandrecht und Herausgabeanspruch erlöschen gemäß § 562b II 2 nach einem Monat ab Kenntnis des Vermieters von der Entfernung. Sie erlöschen nicht, wenn der Vermieter vorher auf Herausgabe klagt oder eine einstweilige Verfügung auf Herausgabe beantragt.
1. Das gesetzliche System
1.1 Das Mietende als Einwendung und als Anspruchsgrundlage
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Das Mietende ist Einwendung und Anspruchsgrundlage zugleich. Der Anspruch des Mieters auf Gebrauchsgewährung[394] und der Anspruch des Vermieters auf eine weitere Mietzinszahlung erlöschen. Gleichzeitig entstehen die Ansprüche des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache und auf Nutzungsentschädigung (§§ 546 I, 546a) sowie der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung vorausbezahlten Mietzinses (§ 547).
Die Beweislast trägt stets derjenige, der aus dem Mietende Rechtsfolgen herleitet.
1.2 Die Beendigungsgründe
Das befristete Mietverhältnis endet mit Ablauf der vereinbarten Mietzeit (§ 542 II, aber auch § 575), das unbefristete durch ordentliche, befristete Kündigung (§§ 542 I, 573–573c, 580a). Jedes Mietverhältnis kann als Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund jederzeit fristlos gekündigt werden (§§ 543, 569). Gelegentlich berechtigt das Gesetz zur außerordentlichen befristeten Kündigung.
Weitere Beendigungsgründe sind: der Aufhebungsvertrag[395], der Eintritt der vereinbarten auflösenden Bedingung (§ 158 II, aber auch § 572 II), die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313)[396] sowie der Untergang der Mietsache, wenn nicht der Vermieter ausnahmsweise zur Wiederherstellung verpflichtet ist[397].
Bild 28: Die Beendigung des Mietverhältnisses

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Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des einen oder anderen Vertragspartners beendet das Mietverhältnis über unbewegliche Sachen nicht, sondern lässt es nach § 108 I 1 InsO fortbestehen[398].
1.3 Die Fortsetzung des beendeten Mietverhältnisses
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Ist das Mietverhältnis erst einmal durch wirksame fristlose Kündigung oder durch ordentliche Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist beendet, kann man es nicht mehr rückwirkend wiederbeleben, weder durch Widerruf der Kündigung noch durch Vertrag, man kann es nur neu vereinbaren[399].
Wenn aber der Mieter den Mietgebrauch nach Mietende fortsetzt, verlängert § 545 S. 1 Hs. 1 das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit. Dies gilt für jede Art der Mietbeendigung[400], ausgenommen ist nur die Vertragsaufhebung (Räumungsvergleich). Die Fortsetzung des Mietgebrauchs ist keine Willenserklärung, sondern nur ein tatsächliches Verhalten ohne Rechtsfolgewillen. Der Mieter gebraucht die Mietsache schon dann weiter, wenn er sie weiterhin seinem Untermieter belässt[401].
Das Mietverhältnis verlängert sich nach § 545 S. 1 Hs. 2 ausnahmsweise nicht, wenn der Vermieter oder der Mieter seinen ablehnenden Willen binnen 2 Wochen dem anderen erklärt. Die Ablehnung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung (§ 130)[402] und schon vor Fristbeginn möglich[403].
Die Abwicklung des beendeten Mietverhältnisses begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis[404].
2. Der Anspruch des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache
2.1 Gegen den Mieter
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Sobald das Mietverhältnis beendet ist, kann der Vermieter vom Mieter nach § 546 I die Rückgabe der Mietsache verlangen[405]. Rückgabe bedeutet stets Übertragung des unmittelbaren Besitzes nach § 854, auch wenn der Mieter ihn nicht mehr hat[406].
Mieträume hat der Mieter geräumt und mit den Schlüsseln zurückzugeben[407]. Der Vermieter klagt auf Räumung und Herausgabe (vollstreckbar nach § 885 ZPO)[408]. Räumung bedeutet Entfernung der Sachen, die nicht zurückzugeben sind (§ 885 II, III ZPO). Einrichtungen, die er mit der Mietsache verbunden hat, soll der Mieter entfernen[409]. Jedoch muss der Vermieter die Mietsache so zurücknehmen, wie sie gerade ist, auch beschädigt, verwahrlost oder unvollständig geräumt, wenn er nicht in Annahmeverzug geraten und die Nutzungsentschädigung (§ 546a) verlieren will[410]. Aber der Mieter ist nach § 280 I 1 zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er die Wohnung beschädigt, verschmutzt oder verunstaltet zurückgibt[411].
Die bewegliche Mietsache (Mietwagen) ist oft vereinbarungsgemäß zum Vermieter oder einer Filiale des Vermieters zurückzubringen.
Mehrere Mieter schulden die Rückgabe als Gesamtschuldner (§ 431)[412]. Der Verlust des Mitbesitzes befreit den Mitmieter noch nicht, denn der Vermieter hat Anspruch auf unmittelbaren Besitz[413]. Den Mietwagen kann zwar ein Mitmieter nur zurückgeben, wenn er eine Fahrerlaubnis hat. Gleichwohl haften alle Mitmieter als Gesamtschuldner auf Schadensersatz, wenn der Mietwagen nicht, zu spät oder beschädigt zurückgegeben wird[414].
Auf Räumung und Herausgabe verklagt der Wohnungsvermieter nicht nur alle Mieter, sondern auch jeden Mitbewohner (Ehegatten, Lebensgefährten, erwachsenen Familienangehörigen), der die Wohnung zwar nicht mitgemietet hat, aber unmittelbar mitbesitzt, denn der Räumungstitel gegen den Mieter allein wirkt zwar auch gegen Besitzdiener des Mieters (minderjährige Kinder), er wirkt aber nicht gegen unmittelbare Mitbesitzer der Wohnung[415].
Erfährt der Vermieter erst nach der mündlichen Verhandlung im Räumungsprozess, dass ein Dritter die Wohnung mitbesitze, darf er gegen den Dritten nach § 940 II ZPO eine einstweilige Verfügung auf Räumung erwirken.
Anspruchsvoraussetzung nach § 546 I ist das Ende des Mietverhältnisses (RN 246 ff.). Fällig wird der Rückgabeanspruch sofort. Dass der Mieter noch Besitzer sei, ist keine Anspruchsvoraussetzung. Der Mieter macht sich die Herausgabe der Mietsache nicht schon dadurch unmöglich, dass er ihren Besitz verliert[416].
Der Wohnungs-, Raum- oder Grundstücksmieter darf die Mietsache nicht wegen eigener Ansprüche zurückhalten, die §§ 570, 578 schließen das Zurückbehaltungsrecht der §§ 273, 274 aus[417].
Räumt der Vermieter die Mietwohnung mit oder ohne gerichtlichen Titel eigenmächtig selbst, haftet er, auch schuldlos, wegen unerlaubter Selbsthilfe nach § 231[418].
2.2 Gegen einen dritten Besitzer
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Nach § 546 II hat der Vermieter einen Anspruch auf Rückgabe auch gegen den Dritten, dem der Mieter die Mietsache überlassen hat. Einfach wegnehmen darf er die Mietsache dem Dritten nicht, das wäre verbotene Eigenmacht (§ 858)[419].
Der Anspruch hat zwei Voraussetzungen: Der Mieter hat die Mietsache mit oder ohne Erlaubnis des Vermieters einem Dritten überlassen, und das Mietverhältnis ist beendet (RN 246 ff.). Da der Dritte sein Besitzrecht vom Mieter ableitet, verliert er es, sobald das Mietverhältnis endet, mag er sich nach § 536 III an den Mieter halten[420].
3. Der Anspruch des Vermieters auf Nutzungsentschädigung
3.1 Die Anspruchsgrundlage und ihre Rechtsfolge
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Nach § 546a I hat der Vermieter Anspruch auf Entschädigung in Höhe des vereinbarten oder des ortsüblichen Mietzinses, solange ihm der Mieter die Mietsache nach Mietende vorenthält. Das ist kein Schadensersatzanspruch, sondern ein vertraglicher Anspruch eigener Art[421]. Auch nach Beendigung des Mietverhältnisses soll der Mieter, der die Mietsache gleichwohl zurückbehält, nicht besser fahren als vorher und für die Gebrauchsmöglichkeit weiterhin den vereinbarten Mietzins zahlen[422]. Vereinbart ist derjenige Mietzins, den der Mieter vertraglich zuletzt schuldete[423]. Der Vermieter darf statt des vereinbarten den höheren ortsüblichen Mietzins fordern[424].
Verweigert der Untermieter die Rückgabe, kann der Vermieter vom Untermieter Herausgabe (§ 546 II) und vom Mieter bis zur Herausgabe eine Nutzungsentschädigung (§ 546a I) verlangen[425]. Der Mieter hingegen kann nach Beendigung des Untermietverhältnisses vom Untermieter keine Nutzungsentschädigung verlangen, wenn auch das Hauptmietverhältnis schon beendet und das Besitzrecht des Mieters erloschen ist[426].
Der vertragliche Entschädigungsanspruch aus § 546a I deckt nur den Mindestschaden und schließt nach § 546a II Ansprüche auf Ersatz weiterer Schäden aus Verzug oder sonstiger Vertragsverletzung nicht aus. Auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung bleiben möglich[427].
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Der Wohnraummieter muss nach § 571 I einen weiteren Schaden nur ersetzen, wenn er ihn zu vertreten hat und der Ersatz billig erscheint, es sei denn er habe selbst gekündigt. Für die Zeit zwischen Mietende und Ablauf der gerichtlichen Räumungsfrist (§§ 721, 794a ZPO) ist nach § 571 II ein weiterer Schaden überhaupt nicht zu ersetzen.
Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Wohnungsmieters sind nach § 571 III unwirksam.
3.2 Die Voraussetzung der Nutzungsentschädigung
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Anspruchsvoraussetzung ist das Vorenthalten der Mietsache nach Mietende: Der Mieter gibt sie nicht zurück, obwohl er dazu verpflichtet ist und der Vermieter sie zurückhaben will[428]. Die gerichtliche Räumungsfrist (§§ 721, 794a ZPO) ändert an dieser Verpflichtung noch nichts. Der Mieter einer beweglichen Sache vorenthält die Mietsache aber noch nicht, wenn er sie wegen eines eigenen Gegenanspruchs nach § 273 zurückhalten darf und lediglich besitzt; sobald er sie aber auch noch gebraucht, schuldet er auch die Nutzungsentschädigung[429]. Eine unbewegliche Mietsache darf der Mieter nach §§ 570, 578 überhaupt nicht zurückhalten.
Fällig wird die Nutzungsentschädigung wie der Mietzins nach §§ 556b I, 579 (RN 180)[430].
Der Entschädigungsanspruch erlischt für die Zukunft durch Rückgabe der Mietsache, auch wenn sie verändert, beschädigt oder verwahrlost zurückgegeben wird[431]. Mit Zustimmung des Vermieters genügt die Herausgabe an einen Dritten.
Beispiel
Bei Mietende räumt der Mieter nicht, sondern untervermietet. Der Vermieter akzeptiert den Untermieter als Nachmieter und kassiert von diesem Mietzins. Damit gibt der Mieter die Mietsache zurück (BGH 85, 267).
4. Der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung vorausbezahlten Mietzinses
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Der Mieter hat gemäß § 547 I 1 Anspruch auf Rückzahlung und Verzinsung des Mietzinses, den er für die Zeit nach Mietende im Voraus bezahlt hat.
Nach § 547 I 2 hat der Vermieter die Mietvorauszahlung nur wie eine ungerechtfertigte Bereicherung zu erstatten, wenn er das Mietende nicht zu vertreten hat, und wird dann nach § 818 III frei, wenn die Mietvorauszahlung in seinem Vermögen nicht mehr vorhanden ist[432]. Das ist eine Ausnahme von § 547 I 1, die der Vermieter beweisen muss. Hat der Vermieter das Mietende zu vertreten, ist er dem Mieter nach § 280 I 1 zum Schadensersatz verpflichtet.
Anspruchsvoraussetzung ist eine Mietzinsvorauszahlung für die Zeit nach Mietende, auch ein abwohnbarer, aber noch nicht abgewohnter Baukostenzuschuss oder ein abwohnbares Mieterdarlehen[433].
Gläubiger des Rückzahlungsanspruchs kann auch der Nachmieter sein, der anstelle des Vormieters in den Mietvertrag eingetreten ist und dem Vormieter die Vorauszahlung erstattet hat[434]. Schuldner ist auch der Erwerber (§ 566) oder Ersteher (§ 57 ZVG) des Mietgrundstücks, soweit er die Vorauszahlung nach §§ 566b, 566c gegen sich gelten lassen muss[435].
Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Wohnungsmieters sind nach § 547 II unwirksam[436].
5. Das Ende der Mietzeit
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Das befristete Mietverhältnis endet nach § 542 II mit Ablauf der vereinbarten Mietzeit. Mietverträge auf bestimmte Zeit enthalten oft eine Verlängerungsklausel, die das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit verlängert, wenn es nicht vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit „gekündigt“ wird. Diese Art von „Kündigung“ verhindert eine Verlängerung der Mietzeit[437].
Die Wohnraummiete kann nach § 575 nur aus bestimmten Gründen auf eine bestimmte Zeit befristet werden (RN 195). Ein befristeter Wohnmietvertrag, der dem § 575 nicht genügt, ist auf unbestimmte Zeit geschlossen und endet nach § 542 I durch ordentliche Kündigung (RN 247). Jedes Mietverhältnis kann aus wichtigem Grund jederzeit fristlos gekündigt werden (RN 269).
1. Kündigungsrecht und Kündigungserklärung
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Jeder Vertragspartner darf nach §§ 542 I, 573 ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit ordentlich kündigen. Das Kündigungsrecht ist ein Gestaltungsrecht auf Beendigung des Mietverhältnisses. Für sich allein ist es nicht abtretbar[438], kann aber durch Ermächtigung nach § 185 I derart übertragen werden, dass der Ermächtigte im eigenen Namen kündigen und auf Räumung klagen darf, wenn er dafür ein berechtigtes Interesse nachweist[439].
Die Kündigung ist eine formfreie, empfangsbedürftige Willenserklärung (§ 130). Als Gestaltungserklärung verträgt sie keine Bedingung, kann jedoch vom Willen des Kündigungsgegners abhängig gemacht werden[440]. Mehrere Mieter oder Vermieter können, wenn nicht der Mietvertrag etwas anderes bestimmt, nur einheitlich und gegen alle Vertragsgegner kündigen[441]. Die Kündigung des Vermieters nur gegenüber einem von zwei Mietern ist dann wirksam, wenn der andere nicht nur ausgezogen, sondern auch bereits stillschweigend aus dem Mietverhältnis ausgeschieden ist[442].
Kündigen kann man in aller Regel nur das ganze Mietverhältnis[443].
Das Wohnmietverhältnis folgt strengeren Regeln: Der Vermieter muss nach § 568 I schriftlich kündigen und benötigt nach § 573 einen besonderen Kündigungsgrund, der die Kündigung sozial rechtfertigt und in der Kündigung anzugeben ist (RN 250 ff.)[444]. Aber auch der Wohnungsmieter kann, sogar formularmäßig, für die Dauer von längstens vier Jahren auf sein ordentliches Kündigungsrecht verzichten, § 575 IV hindert ihn daran nicht[445]. Ein weitergehender Verzicht ist, wenn individuell vereinbart, nur soweit unwirksam, als er über die vier Jahre hinausgeht, hingegen total nichtig, wenn er vom Vermieter vorformuliert worden ist[446], es sei denn der Mietvertrag ist wirksam befristet oder regelt wirksam eine Staffelmiete[447].
2. Die Kündigungsfrist
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Die ordentliche Kündigung muss die vereinbarte oder gesetzliche Kündigungsfrist – das ist die Frist zwischen dem Zugang der Kündigung und dem Kündigungstermin – einhalten[448]. Die verspätete Kündigung wirkt entsprechend § 140 erst zum nächsten Kündigungstermin. Die gesetzlichen Kündigungsfristen richten sich nach dem Mietgegenstand; es gibt vier Kategorien:
- Wohnraum (§ 573c), - sonstige Räume, Grundstücke und eingetragene Schiffe (§ 580a I), - Geschäftsräume (§ 580a II)[449], - bewegliche Sachen (§ 580a III).Die gesetzliche Kündigungsfrist für Wohnraum beträgt grob gerechnet 3 Monate, denn nach § 573c I ist spätestens am 3. Werktag eines Monats zum Ende des übernächsten Monats zu kündigen[450]. Nach 5 und 8 Jahren ab Überlassung des Wohnraums verlängert sich die Kündigungsfrist für den Vermieter um je 3 Monate.
Abweichende Abreden zum Nachteil des Wohnungsmieters sind nach § 573c IV (mit Ausnahme in § 573c II) unwirksam[451].
Sonderregeln gibt es für die Werkmietwohnung, die mit Rücksicht auf ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis vermietet wird (§§ 576-576b).
3. Die unberechtigte Kündigung
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Die unberechtigte Kündigung ist nicht nur unwirksam und kann das Mietverhältnis nicht beenden, sie verletzt auch noch den Mietvertrag und verpflichtet nach § 280 I 1 zum Schadensersatz, wenn der Kündigende sich nicht nach § 280 I 2 entlastet[452]. Die Beweislast trägt der Anspruchsteller, er muss dem Anspruchsgegner, der gekündigt hat, vor allem eine Pflichtverletzung nachweisen, auch wenn sie negativ im Fehlen eines Kündigungsgrundes liegt[453].
1. Das gesetzliche System
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Die §§ 573, 574 schützen den Wohnungsmieter[454] aus sozialen Gründen vor der ordentlichen Kündigung des Vermieters. Diese beiden Vorschriften greifen so ineinander:
Die ordentliche Kündigung des Wohnungsvermieters ist nach § 573 nur wirksam, wenn er ein berechtigtes Interesse an ihr hat, Und hat er ein berechtigtes Interesse, scheitert seine Kündigung immer noch an § 574, wenn der Wohnungsmieter der Kündigung widerspricht, weil sie ihn unzumutbar hart trifft[455].
Im befristeten Wohnmietverhältnis bedarf der Mieter dieses besonderen Schutzes nicht. Schon § 575 verlangt besondere Gründe für eine Befristung, ohne die das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit läuft und dann den §§ 573, 574 unterworfen ist.
Wohnraummiete ist Miete von Räumen zum Wohnen (RN 177). Aber nach § 549 II, III genießen nicht alle Wohnraummieter den besonderen Kündigungsschutz (RN 257).
Bild 29: Der Schutz des Wohnungsmieters vor der Beendigung des Mietverhältnisses

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2. Die formale Beschränkung der ordentlichen Kündigung von Wohnraum
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Ein Mietverhältnis über Wohnraum kann man nach § 568 I nur schriftlich kündigen[456], und das Kündigungsschreiben des Vermieters muss nach § 573 III 1 mit § 573 I 1 den Kündigungsgrund angeben. Im Räumungsprozess zählen nach § 573 III 2 nur Kündigungsgründe, die im Kündigungsschreiben stehen oder erst nach der Kündigung entstanden sind.[457]
Die Beweislast folgt dem gesetzlichen System von Regelfall und Ausnahme: Da § 573 eine Ausnahme von § 542 I ist, muss der Mieter das Wohnmietverhältnis, der Vermieter sein berechtigtes Interesse an der Kündigung beweisen[458].
3. Das berechtigte Interesse des Vermieters, die Mietwohnung ordentlich zu kündigen
3.1 Das gesetzliche System
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Nach § 573 darf der Vermieter das Wohnmietverhältnis nur aus berechtigtem Interesse kündigen. Absatz 1 Satz 1 ist ein Auffangtatbestand, Absatz 2 dagegen nennt drei Beispiele („insbesondere“) für ein berechtigtes Interesse des Vermieters. Anwalt und Richter prüfen in umgekehrter Reihenfolge. Mit dem Auffangtatbestand des Abs. 1 S. 1 befassen sie sich erst, wenn die Beispiele des Abs. 2 keinen Kündigungsgrund hergeben. § 573 I 2 schließt eine Kündigung zwecks Mieterhöhung kategorisch aus. Ebenso unzulässig ist die „Vorratskündigung“ ohne gegenwärtige Nutzungsabsicht des Vermieters[459].