Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...

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DON MANUEL.
Du willst nicht meinen Tod, ich habe Proben.
Ein Mönch erbot sich dir, mich meuchlerisch
Zu morden, du bestraftest den Verräter.
DON CESAR tritt etwas näher.
Hätt ich dich früher so gerecht erkannt,
Es wäre vieles ungeschehn geblieben.
DON MANUEL.
Und hätt ich dir ein so versöhnlich Herz
Gewußt, viel Mühe spart ich dann der Mutter.
DON CESAR.
Du wurdest mir viel stolzer abgeschildert.
DON MANUEL.
Es ist der Fluch der Hohen, daß die Niedern
Sich ihres offnen Ohrs bemächtigen.
DON CESAR lebhaft.
So ist, die Diener tragen alle Schuld!
DON MANUEL.
Die unser Herz in bitterm Haß entfremdet.
DON CESAR.
Die böse Worte hin und wider trugen.
DON MANUEL.
Mit falscher Deutung jede Tat vergiftet.
DON CESAR.
Die Wunde nährten, die sie heilen sollten.
DON MANUEL.
Die Flamme schürten, die sie löschen konnten.
DON CESAR.
Wir waren die Verführten, die Betrognen!
DON MANUEL.
Das blinde Werkzeug fremder Leidenschaft!
DON CESAR.
Ists wahr, daß alles andre treulos ist –
DON MANUEL.
Und falsch! Die Mutter sagts, du darfst es glauben!
DON CESAR.
So will ich diese Bruderhand ergreifen –
Er reicht ihm die Hand hin.
DON MANUEL ergreift sie lebhaft.
Die mir die nächste ist auf dieser Welt.
Beide stehen Hand in Hand und betrachten einander eine Zeitlang schweigend.
DON CESAR.
Ich seh dich an und überrascht, erstaunt
Find ich in dir der Mutter teure Züge.
DON MANUEL.
Und eine Ähnlichkeit entdeckt sich mir
In dir, die mich noch wunderbarer rühret.
DON CESAR.
Bist du es wirklich, der dem jüngern Bruder
So hold begegnet und so gütig spricht?
DON MANUEL.
Ist dieser freundlich sanftgesinnte Jüngling
Der übelwollend mir gehäßge Bruder?
Wiederum Stillschweigen; jeder steht in den Anblick des andern verloren.
DON CESAR.
Du nahmst die Pferde von arabscher Zucht
In Anspruch, aus dem Nachlaß unsers Vaters.
Den Rittern, die du schicktest, schlug ichs ab.
DON MANUEL.
Sie sind dir lieb, ich denke nicht mehr dran.
DON CESAR.
Nein, nimm die Rosse, nimm den Wagen auch
Des Vaters, nimm sie, ich beschwöre dich.
DON MANUEL.
Ich will es tun, wenn du das Schloß am Meere
Beziehen willst, um das wir heftig stritten.
DON CESAR.
Ich nehm es nicht, doch bin ichs wohl zufrieden,
Daß wirs gemeinsam brüderlich bewohnen.
DON MANUEL.
So seis! Warum ausschließend Eigentum
Besitzen, da die Herzen einig sind.
DON CESAR.
Warum noch länger abgesondert leben,
Da wir, vereinigt, jeder reicher werden?
DON MANUEL.
Wir sind nicht mehr getrennt, wir sind vereinigt.
Er eilt in seine Arme.
ERSTER CHOR zum zweiten.
Was stehen wir hier noch feindlich geschieden,
Da die Fürsten sich liebend umfassen?
Ihrem Beispiel folg ich und biete dir Frieden,
Wollen wir einander denn ewig hassen?
Sind sie Brüder durch Blutes Bande,
Sind wir Bürger und Söhne von einem Lande.
Beide Chöre umarmen sich.
Ein Bote tritt auf.
ZWEITER CHOR zu Don Cesar.
Den Späher, den du ausgesendet, Herr,
Erblick ich wiederkehrend. Freue dich,
Don Cesar! Gute Botschaft harret dein,
Denn fröhlich strahlt der Blick des Kommenden.
BOTE.
Heil mir und Heil der fluchbefreiten Stadt,
Des schönsten Anblicks wird mein Auge froh.
Die Söhne meines Herrn, die Fürsten seh ich
In friedlichem Gespräche, Hand in Hand,
Die ich in heißer Kampfeswut verlassen.
DON CESAR.
Du siehst die Liebe aus des Hasses Flammen
Wie einen neu verjüngten Phönix steigen.
BOTE.
Ein zweites leg ich zu dem ersten Glück.
Mein Botenstab ergrünt von frischen Zweigen!
DON CESAR ihn beiseite führend.
Laß hören, was du bringst.
BOTE.
Ein einzger Tag
Will alles, was erfreulich ist, versammeln.
Auch die Verlorene, nach der wir suchten,
Sie ist gefunden, Herr, sie ist nicht weit.
DON CESAR.
Sie ist gefunden. O wo ist sie? Sprich!
BOTE.
Hier in Messina, Herr, verbirgt sie sich.
DON MANUEL zu dem ersten Halbchor gewendet.
Von hoher Röte Glut seh ich die Wangen
Des Bruders glänzen, und sein Auge blitzt.
Ich weiß nicht, was es ist, doch ists die Farbe
Der Freude und mitfreuend teil ich sie.
DON CESAR zu dem Boten.
Komm, führe mich – Leb wohl, Don Manuel!
Im Arm der Mutter finden wir uns wieder,
Jetzt fodert mich ein dringend Werk von hier.
Er will gehen.
DON MANUEL.
Verschieb es nicht. Das Glück begleite dich!
DON CESAR besinnt sich und kommt zurück.
Don Manuel! Mehr, als ich sagen kann,
Freut mich dein Anblick – ja mir ahnet schon,
Wir werden uns wie Herzensfreunde lieben,
Der langgebundne Trieb wird freudger nur
Und mächtger streben in der neuen Sonne,
Nachholen werd ich das verlorne Leben.
DON MANUEL.
Die Blüte deutet auf die schöne Frucht.
DON CESAR.
Es ist nicht recht, ich fühls und tadle mich,
Daß ich mich jetzt aus deinen Armen reiße.
Denk nicht, ich fühle weniger als du,
Weil ich die festlich schöne Stunde rasch zerschneide.
DON MANUEL mit sichtbarer Zerstreuung.
Gehorche du dem Augenblick! Der Liebe
Gehört von heute an das ganze Leben.
DON CESAR.
Entdeckt ich dir, was mich von hinnen ruft –
DON MANUEL.
Laß mir dein Herz, dir bleibe dein Geheimnis.
DON CESAR.
Auch kein Geheimnis trenn uns ferner mehr,
Bald soll die letzte dunkle Falte schwinden!
Zu dem Chor gewendet.
Euch künd ichs an, damit ihrs alle wisset!
Der Streit ist abgeschlossen zwischen mir
Und dem geliebten Bruder! Den erklär ich
Für meinen Todfeind und Beleidiger,
Und werd ihn hassen wie der Hölle Pforten,
Der den erloschnen Funken unsers Streits
Aufbläst zu neuen Flammen – Hoffe keiner
Mir zu gefallen oder Dank zu ernten,
Der von dem Bruder Böses mir berichtet,
Mit falscher Dienstbegier den bittern Pfeil
Des raschen Worts geschäftig weitersendet.
– Nicht Wurzeln auf der Lippe schlägt das Wort,
Das unbedacht dem schnellen Zorn entflohen,
Doch von dem Ohr des Argwohns aufgefangen,
Kriecht es wie Schlingkraut endlos treibend fort,
Und hängt ans Herz sich an mit tausend Ästen,
So trennen endlich in Verworrenheit
Unheilbar sich die Guten und die Besten!
Er umarmt den Bruder noch einmal und geht ab, von dem zweiten Chore begleitet.
Don Manuel und der erste Chor.
CHOR.
Verwundrungsvoll, o Herr, betracht ich dich,
Und fast muß ich dich heute ganz verkennen.
Mit karger Rede kaum erwiderst du
Des Bruders Liebesworte, der gutmeinend
Mit offnem Herzen dir entgegenkommt.
Versunken in dich selber stehst du da
Gleich einem Träumenden, als wäre nur
Dein Leib zugegen und die Seele fern.
Wer so dich sähe, möchte leicht der Kälte
Dich zeihn und stolz unfreundlichen Gemüts,
Ich aber will dich drum nicht fühllos schelten,
Denn heiter blickst du wie ein Glücklicher
Um dich und Lächeln spielt um deine Wangen.
DON MANUEL.
Was soll ich sagen? Was erwidern? Mag
Der Bruder Worte finden! Ihn ergreift
Ein überraschend neu Gefühl, er sieht
Den alten Haß aus seinem Busen schwinden,
Und wundernd fühlt er sein verwandelt Herz.
Ich – habe keinen Haß mehr mitgebracht,
Kaum weiß ich noch, warum wir blutig stritten.
Denn über allen irdschen Dingen hoch
Schwebt mir auf Freudenfittichen die Seele,
Und in dem Glanzesmeer, das mich umfängt,
Sind alle Wolken mir und finstre Falten
Des Lebens ausgeglättet und verschwunden.
– Ich sehe diese Hallen, diese Säle
Und denke mir das freudige Erschrecken
Der überraschten, hocherstaunten Braut,
Wenn ich als Fürstin sie und Herrscherin
Durch dieses Hauses Pforten führen werde.
– Noch liebt sie nur den Liebenden! Dem Fremdling,
Dem Namenlosen hat sie sich gegeben.
Nicht ahnet sie, daß es Don Manuel,
Messinas Fürst ist, der die goldne Binde
Ihr um die schöne Stirne flechten wird.
Wie süß ists, das Geliebte zu beglücken
Mit ungehoffter Größe Glanz und Schein!
Längst spart ich mir dies höchste der Entzücken,
Wohl bleibt es stets sein höchster Schmuck allein,
Doch auch die Hoheit darf das Schöne schmücken,
Der goldne Reif erhebt den Edelstein.
CHOR.
Ich höre dich, o Herr, vom langen Schweigen
Zum erstenmal den stummen Mund entsiegeln.
Mit Späheraugen folgt ich dir schon längst,
Ein seltsam wunderbar Geheimnis ahnend,
Doch nicht erkühnt ich mich, was du vor mir
In tiefes Dunkel hüllst, dir abzufragen.
Dich reizt nicht mehr der Jagden muntre Lust,
Der Rosse Wettlauf und des Falken Sieg.
Aus der Gefährten Aug verschwindest du,
Sooft die Sonne sinkt zum Himmelsrande,
Und keiner unsers Chors, die wir dich sonst
In jeder Kriegs- und Jagdgefahr begleiten,
Mag deines stillen Pfads Gefährte sein.
Warum verschleierst du bis diesen Tag
Dein Liebesglück mit dieser neidschen Hülle?
Was zwingt den Mächtigen, daß er verhehle?
Denn Furcht ist fern von deiner großen Seele.
DON MANUEL.
Geflügelt ist das Glück und schwer zu binden,
Nur in verschloßner Lade wirds bewahrt,
Das Schweigen ist zum Hüter ihm gesetzt,
Und rasch entfliegt es, wenn Geschwätzigkeit
Voreilig wagt, die Decke zu erheben.
Doch jetzt, dem Ziel so nahe, darf ich wohl
Das lange Schweigen brechen und ich wills.
Denn mit der nächsten Morgensonne Strahl
Ist sie die Meine, und des Dämons Neid
Wird keine Macht mehr haben über mich.
Nicht mehr verstohlen werd ich zu ihr schleichen,
Nicht rauben mehr der Liebe goldne Frucht,
Nicht mehr die Freude haschen auf der Flucht,
Das Morgen wird dem schönen Heute gleichen,
Nicht Blitzen gleich, die schnell vorüberschießen,
Und plötzlich von der Nacht verschlungen sind,
Mein Glück wird sein, gleichwie des Baches Fließen,
Gleichwie der Sand des Stundenglases rinnt!
CHOR.
So nenne sie uns, Herr, die dich im stillen
Beglückt, daß wir dein Los beneidend rühmen,
Und würdig ehren unsers Fürsten Braut.
Sag an, wo du sie fandest, wo verbirgst,
In welches Orts verschwiegner Heimlichkeit?
Denn wir durchziehen schwärmend weit und breit
Die Insel auf der Jagd verschlungnen Pfaden,
Doch keine Spur hat uns dein Glück verraten,
So daß ich bald mich überreden möchte,
Es hülle sie ein Zaubernebel ein.
DON MANUEL.
Den Zauber lös ich auf, denn heute noch
Soll, was verborgen war, die Sonne schauen.
Vernehmet denn und hört, wie mir geschah.
Fünf Monde sinds, es herrschte noch im Lande
Des Vaters Macht, und beugete gewaltsam
Der Jugend starren Nacken in das Joch –
Nichts kannt ich als der Waffen wilde Freuden,
Und als des Weidwerks kriegerische Lust.
– Wir hatten schon den ganzen Tag gejagt
Entlang des Waldgebirges – da geschahs,
Daß die Verfolgung einer weißen Hindin
Mich weit hinweg aus eurem Haufen riß.
Das scheue Tier floh durch des Tales Krümmen,
Durch Busch und Kluft und bahnenlos Gestrüpp,
Auf Wurfes Weite sah ichs stets vor mir,
Doch konnt ichs nicht erreichen noch erzielen,
Bis es zuletzt an eines Gartens Pforte mir
Verschwand. Schnell von dem Roß herab mich werfend
Dring ich ihm nach, schon mit dem Speere zielend,
Da seh ich wundernd das erschrockne Tier
Zu einer Nonne Füßen zitternd liegen,
Die es mit zarten Händen schmeichelnd kost.
Bewegungslos starr ich das Wunder an,
Den Jagdspieß in der Hand, zum Wurf ausholend –
Sie aber blickt mit großen Augen flehend
Mich an, so stehn wir schweigend gegeneinander –
Wie lange Frist, das kann ich nicht ermessen,
Denn alles Maß der Zeiten war vergessen.
Tief in die Seele drückt sie mir den Blick,
Und umgewandelt schnell ist mir das Herz.
– Was ich nun sprach, was die Holdselge mir
Erwidert, möge niemand mich befragen,
Denn wie ein Traumbild liegt es hinter mir
Aus früher Kindheit dämmerhellen Tagen,
An meiner Brust fühlt ich die ihre schlagen,
Als die Besinnungskraft mir wiederkam.
Da hört ich einer Glocke helles Läuten,
Den Ruf zur Hora schien es zu bedeuten,
Und schnell wie Geister in die Luft verwehen,
Entschwand sie mir und ward nicht mehr gesehen.
CHOR.
Mit Furcht, o Herr, erfüllt mich dein Bericht,
Raub hast du an dem Göttlichen begangen,
Des Himmels Braut berührt mit sündigem Verlangen,
Denn furchtbar heilig ist des Klosters Pflicht.
DON MANUEL.
Jetzt hatt ich eine Straße nur zu wandeln,
Das unstet schwanke Sehnen war gebunden,
Dem Leben war sein Inhalt ausgefunden.
Und wie der Pilger sich nach Osten wendet,
Wo ihm die Sonne der Verheißung glänzt,
So kehrte sich mein Hoffen und mein Sehnen
Dem einen hellen Himmelspunkte zu.
Kein Tag entstieg dem Meer und sank hinunter,
Der nicht zwei glücklich Liebende vereinte,
Geflochten still war unsrer Herzen Bund,
Nur der allsehnde Äther über uns
War des verschwiegnen Glücks vertrauter Zeuge,
Es brauchte weiter keines Menschen Dienst.
Das waren goldne Stunden, selge Tage!
– Nicht Raub am Himmel war mein Glück, denn noch
Durch kein Gelübde war das Herz gefesselt,
Das sich auf ewig mir zu eigen gab.
CHOR.
So war das Kloster eine Freistatt nur
Der zarten Jugend, nicht des Lebens Grab?
DON MANUEL.
Ein heilig Pfand ward sie dem Gotteshaus
Vertraut, das man zurück einst werde fodern.
CHOR.
Doch welches Blutes rühmt sie sich zu sein?
Denn nur vom Edeln kann das Edle stammen.
DON MANUEL.
Sich selber ein Geheimnis wuchs sie auf,
Nicht kennt sie ihr Geschlecht noch Vaterland.
CHOR.
Und leitet keine dunkle Spur zurück
Zu ihres Daseins unbekannten Quellen?
DON MANUEL.
Daß sie von edelm Blut, gesteht der Mann,
Der einzge, der um ihre Herkunft weiß.
CHOR.
Wer ist der Mann? Nichts halte mir zurück,
Denn wissend nur kann ich dir nützlich raten.
DON MANUEL.
Ein alter Diener naht von Zeit zu Zeit,
Der einzge Bote zwischen Kind und Mutter.
CHOR.
Von diesem Alten hast du nichts erforscht?
Feigherzig und geschwätzig ist das Alter.
DON MANUEL.
Nie wagt ichs, einer Neugier nachzugeben,
Die mein verschwiegnes Glück gefährden konnte.
CHOR.
Was aber war der Inhalt seiner Worte,
Wenn er die Jungfrau zu besuchen kam?
DON MANUEL.
Auf eine Zeit, die alles lösen werde,
Hat er von Jahr zu Jahren sie vertröstet.
CHOR.
Und diese Zeit, die alles lösen soll,
Hat er sie näher deutend nicht bezeichnet?
DON MANUEL.
Seit wenig Monden drohete der Greis
Mit einer nahen Ändrung ihres Schicksals.
CHOR.
Er drohte, sagst du? Also fürchtest du
Ein Licht zu schöpfen, das dich nicht erfreut?
DON MANUEL.
Ein jeder Wechsel schreckt den Glücklichen,
Wo kein Gewinn zu hoffen, droht Verlust.
CHOR.
Doch konnte die Entdeckung, die du fürchtest,
Auch deiner Liebe günstge Zeichen bringen.
DON MANUEL.
Auch stürzen konnte sie mein Glück, drum wählt ich
Das Sicherste, ihr schnell zuvorzukommen.
CHOR.
Wie das, o Herr? Mit Furcht erfüllst du mich,
Und eine rasche Tat muß ich besorgen.
DON MANUEL.
Schon seit den letzten Monden ließ der Greis
Geheimnisvolle Winke sich entfallen,
Daß nicht mehr ferne sei der Tag, der sie
Den Ihrigen zurückegeben werde.
Seit gestern aber sprach ers deutlich aus,
Daß mit der nächsten Morgensonne Strahl –
Dies aber ist der Tag, der heute leuchtet –
Ihr Schicksal sich entscheidend werde lösen.
Kein Augenblick war zu verlieren, schnell
War mein Entschluß gefaßt und schnell vollstreckt.
In dieser Nacht raubt ich die Jungfrau weg
Und brachte sie verborgen nach Messina.
CHOR.
Welch kühn verwegen-räuberische Tat!
– Verzeih, o Herr, die freie Tadelrede!
Doch solches ist des weisern Alters Recht,
Wenn sich die rasche Jugend kühn vergißt.
DON MANUEL.
Unfern vom Kloster der Barmherzigen,
In eines Gartens abgeschiedner Stille,
Der von der Neugier nicht betreten wird,
Trennt ich mich eben jetzt von ihr, hieher
Zu der Versöhnung mit dem Bruder eilend.
In banger Furcht ließ ich sie dort allein
Zurück, die sich nichts weniger erwartet,
Als in dem Glanz der Fürstin eingeholt
Und auf erhabnem Fußgestell des Ruhms
Vor ganz Messina ausgestellt zu werden.
Denn anders nicht soll sie mich wiedersehn,
Als in der Größe Schmuck und Staat, und festlich
Von eurem ritterlichen Chor umgeben.
Nicht will ich, daß Don Manuels Verlobte
Als eine Heimatlose, Flüchtige
Der Mutter nahen soll, die ich ihr gebe,
Als eine Fürstin fürstlich will ich sie
Einführen in die Hofburg meiner Väter.
CHOR.
Gebiete, Herr! Wir harren deines Winks.
DON MANUEL.
Ich habe mich aus ihrem Arm gerissen,
Doch nur mit ihr werd ich beschäftigt sein.
Denn nach dem Bazar sollt ihr mich anjetzt
Begleiten, wo die Mohren zum Verkauf
Ausstellen, was das Morgenland erzeugt
An edelm Stoff und feinem Kunstgebild.
Erst wählet aus die zierlichen Sandalen,
Der zartgeformten Füße Schutz und Zier,
Dann zum Gewande wählt das Kunstgewebe
Des Indiers, hellglänzend wie der Schnee
Des Ätna, der der nächste ist dem Licht –
Und leicht umfließt es wie der Morgenduft
Den zarten Bau der jugendlichen Glieder.
Von Purpur sei, mit zarten Fäden Goldes
Durchwirkt der Gürtel, der die Tunika
Unter dem züchtgen Busen reizend knüpft.
Dazu den Mantel wählt, von glänzender
Seide gewebt, in bleichem Purpur schimmernd,
Über der Achsel heft ihn eine goldne
Zikade – Auch die Spangen nicht vergeßt,
Die schönen Arme reizend zu umzirken,
Auch nicht der Perlen und Korallen Schmuck,
Der Meeresgöttin wundersame Gaben.
Um die Locken winde sich ein Diadem,
Gefüget aus dem köstlichsten Gestein,
Worin der feurig glühende Rubin
Mit dem Smaragd die Farbenblitze kreuze,
Oben im Haarschmuck sei der lange Schleier
Befestigt, der die glänzende Gestalt
Gleich einem hellen Lichtgewölk umfließe,
Und mit der Myrte jungfräulichem Kranze
Vollende krönend sich das schöne Ganze.
CHOR.
Es soll geschehen, Herr! wie du gebietest,
Denn fertig und vollendet findet sich
Dies alles auf dem Bazar ausgestellt.
DON MANUEL.
Den schönsten Zelter führet dann hervor
Aus meinen Ställen, seine Farbe sei
Lichtweiß, gleichwie des Sonnengottes Pferde,
Von Purpur sei die Decke, und Geschirr
Und Zügel reich besetzt mit edeln Steinen,
Denn tragen soll er meine Königin.
Ihr selber haltet euch bereit, im Glanz
Des Ritterstaates, unterm freudgen Schall
Der Hörner eure Fürstin heimzuführen.
Dies alles zu besorgen geh ich jetzt,
Zwei unter euch erwähl ich zu Begleitern,
Ihr andern wartet mein – Was ihr vernahmt,
Bewahrts in eures Busens tiefem Grunde,
Bis ich das Band gelöst von eurem Munde.
Er geht ab, von zweien aus dem Chor begleitet.
CHOR.
Sage, was werden wir jetzt beginnen,
Da die Fürsten ruhen vom Streit,
Auszufüllen die Leere der Stunden
Und die lange unendliche Zeit?
Etwas fürchten und hoffen und sorgen
Muß der Mensch für den kommenden Morgen,
Daß er die Schwere des Daseins ertrage,
Und das ermüdende Gleichmaß der Tage,
Und mit erfrischendem Windesweben
Kräuselnd bewege das stockende Leben.
EINER AUS DEM CHOR.
Schön ist der Friede! Ein lieblicher Knabe
Liegt er gelagert am ruhigen Bach,
Und die hüpfenden Lämmer grasen
Lustig um ihn auf dem sonnigten Rasen,
Süßes Tönen entlockt er der Flöte,
Und das Echo des Berges wird wach,
Oder im Schimmer der Abendröte
Wiegt ihn in Schlummer der murmelnde Bach –
Aber der Krieg auch hat seine Ehre,
Der Beweger des Menschengeschicks,
Mir gefällt ein lebendiges Leben,
Mir ein ewiges Schwanken und Schwingen und Schweben
Auf der steigenden, fallenden Welle des Glücks.
Denn der Mensch verkümmert im Frieden,
Müßige Ruh ist das Grab des Muts.
Das Gesetz ist der Freund des Schwachen,
Alles will es nur eben machen,
Möchte gerne die Welt verflachen,
Aber der Krieg läßt die Kraft erscheinen,
Alles erhebt er zum Ungemeinen,
Selber dem Feigen erzeugt er den Mut.
EIN ZWEITER.
Stehen nicht Amors Tempel offen,
Wallet nicht zu dem Schönen die Welt?
Da ist das Fürchten! Da ist das Hoffen!
König ist hier, wer den Augen gefällt!
Auch die Liebe beweget das Leben,
Daß sich die graulichten Farben erheben,
Reizend betrügt sie die glücklichen Jahre,
Die gefällige Tochter des Schaums,
In das Gemeine und Traurigwahre
Webt sie die Bilder des goldenen Traums.
EIN DRITTER.
Bleibe die Blume dem blühenden Lenze,
Scheine das Schöne! Und flechte sich Kränze,
Wem die Locken noch jugendlich grünen,
Aber dem männlichen Alter ziemts,
Einem ernsteren Gott zu dienen.
ERSTER.
Der strengen Diana, der Freundin der Jagden,
Lasset uns folgen ins wilde Gehölz,
Wo die Wälder am dunkelsten nachten,
Und den Springbock stürzen vom Fels.
Denn die Jagd ist ein Gleichnis der Schlachten,
Des ernsten Kriegsgotts lustige Braut –