- -
- 100%
- +
Quappe schritt Richtung des Gontard’schen Hauses in der Dorotheenstraße und sagte nichts. Auf diese Diskussion ließ er sich nicht ein. Natürlich wollte auch er brennend gern wissen, wer einen Mann an einem friedlichen Sommertag vor den Thoren der Residenzstadt in die Brust schoss. Nur, wenn er das zugab, würde der Junge keine Ruhe mehr geben.
»Was wird der Täter für ein Mann sein? Hat er eine entstellte Fratze? Oder kann er seine Bosheit verbergen? Ist es gar ein Herr mit ehrenhaftem Antlitz?«
»Am Ende isset noch ’ne Madame jewesen«, sagte Quappe und ärgerte sich im selben Augenblick über seine Worte.
»Tatsächlich. Daran habe ich überhaupt nicht gedacht. Halten Sie das für möglich?«
Quappe schwieg.
»Bestimmt hat mein Vater eine entsprechende Andeutung gemacht. Habe ich recht, Herr Quappe?«
»Nich ins Jeringste, junga Herr. Da Herr Oberst-Lieutenant hat nix derjleichen jesagt. Ick hab nur laut jedacht.« Quappe tippte sich an die Stirn. »Ick glob nich, dass ’ne Madamme so ’n Mord bejehen täte. Ditte passt nich mittenander, so ’ne Waffe un ’ne Frau. Ick meene, stelln Se sich ma vor: Ihre Frau Mama mitm Schießjewehr.« Quappe hielt es durchaus für möglich, dass andere Frauen eine Waffe auslösen könnten. Er dachte an den Blick der kräftigen Mamsell Unter den Linden. Er wollte sich lieber nicht ausmalen, was so ein Weib mit einer Flinte anstellen konnte. Aber der junge Herr hielt fürs Erste den Mund. Und das war das Wichtigste.
Sie erreichten die Dorotheenstraße und bogen nach rechts. Nur noch wenige Meter bis zur Friedrichstraße, der Lärm wuchs erneut an. Zeitungsjungen riefen Nachrichten, ein Reiter scheuchte Fußvolk von der Straße, Bälger quäkten. Ferdinand schwieg artig.
Sie passten den rechten Moment ab und eilten über den Fahrweg. Nun waren es nur noch ein paar Meter.
Ferdinand zog Quappe am Ärmel und fragte: »Herr Quappe, würden Sie nicht gern wissen, was in den Papieren steht?«
Nein, das wollte er nicht. Ganz sicher wollte er das nicht. Oder sollten sie doch einen Blick in die Blätter werfen? Aber würden sie überhaupt etwas verstehen?
Quappe sagte: »Da Diensthabende hat mich die Papiere inner Rolle jegeben und nich lose inne Hand jedrückt. Ditte wird schon Jründe ham.«
»Vermutlich ließen sie sich so besser transportieren.« Dem jungen Herrn fiel stets eine Spitzfindigkeit ein.
Quappe öffnete den Dienstboteneingang des Gontardsch’schen Hauses. »Ick werd de Rolle uffbewahrn, bis da Herr Oberst-Lieutenant mit seine wichtijen Erledijungen fertig is.«
»Die Papiere werden doch nicht schlechter, wenn wir sie betrachten.«
Quappe trat ins Haus.
»Wenn das streng geheime Unterlagen wären, hätte mein Vater sie bestimmt versiegeln lassen. Ganz sicher.«
Quappe inspizierte die Rolle. Der junge Herr hatte recht. Die Rolle war verpropft, aber nicht versiegelt.
»Mein Vater würde nicht einmal bemerken, dass wir die Papiere eingesehen haben.«
Es kam Quappe so vor, als würde der Leibhaftige persönlich ihm eine Versuchung ins Ohr flüstern. Er schlich durchs Gontard’sche Haus. Natürlich war er auch neugierig. Und sicher würde keiner bemerken, wenn er mal über die Papiere schaute. Vielleicht konnte er dem Herrn sogar besser zu Diensten sein, wenn er die Unterlagen studierte.
»So ’n janz winzijen Blick könn wa ja uff de Papier wagn.« Quappe betrat die Dienstküche. »Aba erst machen wa den Tisch sauba.«
Als Quappe aufblickte, hielt Ferdinand bereits einen Lappen in der Hand. Der junge Herr wischte den Tisch ab – persönlich. Quappe zog den Propfen aus der Rolle und breitete die Blätter aus.
Die Papiere enthielten Tabellen mit jeder Menge Zahlen. Wollte Oberst-Lieutenant von Gontard den Mörder mit einer mathematischen Formel errechnen?
»Wie stark ist die Strömung an dieser Stelle?« Gontard zeigte in das Bassin, in dem sie am Vortag die Leiche gefunden hatten.
»Hier in dem Bassin steht das Wasser. Auch der Landwehrkanal ist nicht gerade ein reißender Strom.« Peter Joseph Lenné wiegte den Kopf, als fühle er die Fließgeschwindigkeit nach. »Aber er ist natürlich in Bewegung. Ich lasse Ihnen die genauen Messdaten gern zukommen.«
»Das wäre gut. Für die Berechnungen bezüglich des Erdrutsches werde ich die Unterlagen gebrauchen können. In dem Mordfall werden sie mir wohl nicht helfen.«
Der Königliche Gartendirektor und Stadtplaner zuckte mit den Achseln. Er schritt auf das Bassin zu und zeigte auf die Wasseroberfläche, die wie frisch geplättet vor ihnen lag. »Da werden Sie keine weiteren Daten benötigen«, sagte Lenné. »Der Mann wird wohl ungefähr an der Stelle ins Wasser gefallen sein, wo er gestern aufgetaucht ist. Das scheint mir auf der Hand zu liegen.«
Gontard überlegte, trat neben Lenné und fragte: »Wenn der Mann dort auf dem Grund lag, als das Ufer abrutschte … warum ist er dann nicht verschüttet worden?«
»Hm.« Lenné zog seine Stirn in Falten. Er trat auf dem Boden herum, als wolle er ihn befestigen. Oder versuchte er, einen weiteren Erdrutsch auszulösen? Tatsächlich purzelte ein Erdklumpen hinab. Er blieb am Rande des Wassers liegen. Ein paar Wellen zogen gen Bassinmitte.
»Ich vermute, das Erdreich hat den Leichnam in die Mitte des Bassins geschoben und nur teilweise bedeckt. Dann kam er wieder hoch und hing mit einer Extremität fest.«
Gontard schaute den Wellen nach. Das Mordopfer konnte am Rande des Bassins gestanden haben und dort von dem Schuss oder dem Hieb getroffen worden sein. Oder der Mörder hatte ihn erschossen und danach in den Kanal geworfen. Aber warum war das Kanalufer abgerutscht? Doch nicht etwa, weil ein einzelner Mann in das Gewässer gestürzt war?
»Konnten Ihre Offiziere schon an den Bodenproben forschen?«, unterbrach Lenné Gontards Gedanken.
»Ich hoffe, die Herren widmen sich zur Stunde im Labor ihrer Aufgabe.« Gontard musste ein Grinsen unterdrücken. Tatsächlich glaubte er nicht, dass die beiden Freiwilligen noch in der Schule weilten. Aber sicher hatten Heye und sein Kumpan genügend Messungen vorgenommen, um morgen mit ein paar Daten aufwarten zu können.
»Ja, ich weiß, wie langwierig solche Untersuchungen sein können.« Lenné kratzte sich an der Stirn. »Aber um ganz ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass Sie in dem Baumaterial Ursachen für mein Problem mit der Böschung finden.« Lenné trat einen Schritt näher.
Gontard schwieg.
»Schauen Sie«, fuhr Lenné fort, »die Backsteine für die Klinkerverkleidung kommen von der Königlichen Ziegelei in Johannisthal. Deren Qualität ist über jeden Zweifel erhaben.« Lenné beugte sich nah zu Gontard, so dass er beinahe flüsterte. »Ich persönlich würde für einen Privatbau die Ziegel aus Rathenow bevorzugen, aber auch das Material aus Johannisthal ist makellos.«
Gontard dachte daran, wie ungehalten Häußler am Vortag auf die Entnahme der Bodenproben reagiert hatte. Und nun verteidigte Lenné das Baumaterial, ohne die Laborergebnisse zu kennen. Verbarg der Königliche Gartendirektor etwas? Gontard wechselte das Thema und fragte: »Warum muss der Kanal eigentlich so eilig fertiggestellt werden? Er ist doch schon seit Jahren im Bau.«
»Seit mehr als fünf Jahren, um genau zu sein.«
»Kommt es da auf ein paar Tage an?«
Lenné lachte. Es klang, als hörte er einen Witz zum dritten Mal und kicherte gegen die Langeweile an. »Herr Oberst-Lieutenant, hier geht es nicht um ein paar Tage. Der Termin ist bereits angekündigt. Wenn der nicht gehalten wird, müssen wir einen neuen suchen. Was glauben Sie, wann alle Honoratioren wieder Zeit haben? Im Herbst? Zur Weihnacht? Im nächsten Frühjahr?« Der Königliche Gartendirektor lächelte bitter. »Wie Sie vielleicht wissen, Herr Oberst-Lieutenant, habe ich eine Vision für die Erweiterung der Residenzstadt. Seit Jahren sind die Pläne fertig. Der König höchstpersönlich hat sie abgezeichnet.« Lenné zeigte mit der rechten Hand über die Wiesen gen Stadt. »Hier, wo wir jetzt stehen, könnte längst alles bebaut sein. Nur bekommen wir die verdammten Baumaterialien nicht heran!«
Wie viele Menschen könnten auf den Wiesen vor den Thoren Berlins wohnen? Gontard wusste, dass in den Jahrzehnten seit der Bauernbefreiung Zigtausende von Bauern nach Berlin gekommen waren, und viele suchten auch jetzt ihr Glück in der Stadt. Hier schossen die Fabriken aus dem Boden wie Pilze nach einem Herbstregen, und die Fabrikherren brauchten billige Arbeitskräfte. Aber schon jetzt wohnten über 430 000 Menschen in Berlin. Wo sollte das hinführen?
»Und jetzt auch noch der!« Lenné zeigte über die Wiesen. Häußler stapfte mit einem Mann durch den Rasen, den Gontard irgendwoher zu kennen meinte.
Der Gartendirektor zeterte: »Bestimmt macht dieser Schmierfink mit seinem Geschreibe unser ehrbares Gewerbe schlecht. Als wenn ich nicht genug zu tun hätte!«
Gontard erkannte den Mann: Es war Grahsen von der Königlich privilegirten Berlinischen Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen, im Volksmund bekannt als die Vossische.
Gontard führte sein Pferd an der Hand und grinste. Er hatte sich von Lenné verabschiedet, bevor Grahsen den Kanal erreicht hatte, und hinter der Baumgruppe gewartet. Den Journalisten wollte er lieber unter vier Augen sprechen. Und tatsächlich, das Warten hatte sich gelohnt. Grahsen kam, allein.
Der Reporter schien in Gedanken versunken zu sein. Er guckte auf seine Füße und brabbelte vor sich hin. Hin und wieder schüttelte er den Kopf, so als würde er eine Geschichte erzählen, die er sich selbst nicht glaubte. Im Schatten der Baumgruppe blieb er kurz stehen und hob gestikulierend den Arm – eine Bewegung voller Pathos … und zu hektisch für Gontards Pferd. Der Rappe wieherte, als wollte er davonjagen.
»Ruhig, Großer, ruhig.« Gontard straffte die Zügel und tätschelte dem Rappen den Hals. Das Pferd beruhigte sich schnell. Nicht zuletzt, weil Grahsen plötzlich wie versteinert dastand.
»Wenn Sie nicht zu schnell machen, können Sie die Hand wieder herunternehmen«, spottete Gontard.
Grahsen verzog keine Miene. Es vergingen noch Sekunden, bis er den Arm bewegte. Er zeigte mit dem Finger auf Gontard und sagte: »Sie … Was machen Sie denn hier?«
»Ich vertreibe mir die Zeit an einem schattigen Fleck. Da draußen in der Sonne ist es nicht auszuhalten.«
Grahsen schien nicht so recht zu wissen, was er mit Gontards Sarkasmus anfangen sollte. Immerhin entspannte er sich und ließ den Arm sinken.
Gontard sagte versöhnlicher: »Ich habe hier nur ein wenig herumgestanden und gewartet. Das ist doch nicht verboten.«
»Nein, das hat der Dicke noch nicht wieder verboten«, erwiderte Grahsen.
Der Correspondent erlaubte sich vorlaute Sprüche über den König gegenüber einem preußischen Offizier. Sollte er auf diese Provokation eingehen? Gontard entschied sich dagegen, ein Correspondent der Vossischen lockte ihn nicht aus der Reserve. Er sagte: »Ihrem Blatt sollten Sie solche Reden besser nicht mehr anbieten, oder?«
»Sie sind ein Spaßvogel!«
Tatsache war, dass die Vossische in den letzten Monaten vor der Reaktion kuschte. In ganz Berlin spotteten die Leute über das Vorzeigeblatt der Liberalen während der März-Revolution und seine seltsame Wandlung ins Harmlose. Da musste sich ein Redakteur Häme gefallen lassen, fand Gontard, und grinste den Reporter an.
»Sie mit Ihrer Pickelhaube haben es gerade nötig!« Grahsen stemmte seine Hände in die Seiten. »Sie werfen uns vor, dass wir uns an die Zeiten anpassen? Ich sehe doch genau, wer im Café Stehely herumsitzt und dabei genau aufpasst, welche Ohren welche Worte hören.«
Da hatte Grahsen wohl recht. In der Residenzstadt schauten alle, wie sie ihren Allerwertesten retteten. Zu viele waren geflohen oder vertrieben worden. Außerdem hatte Gontard eine Familie zu versorgen – und er war ein Militär. Er konnte doch nicht einfach bei einer anderen Armee dienen, bei einer gegnerischen am Ende.
Gontard wechselte das Thema und fragte: »Eigentlich möchte ich nur wissen, was Sie hierher führt. Ist es der Erdrutsch oder der Mordfall?«
»Zunächst wollte ich mich über die mögliche Verzögerung bei den Kanalarbeiten informieren. Aber jetzt, da ich von dem Mord erfahren habe …« Grahsen ließ den Satz unvollendet in der Sommerhitze stehen.
»Sie haben mit Herrn Häußler ein angeregtes Gespräch geführt. Ging es um den Toten?«
»So eine Leiche ist schon etwas Außergewöhnliches.« Grahsen guckte, als wartete er, dass ihm weitere Worte zuflögen. Nach einem Moment fuhr er fort: »Das gilt natürlich besonders, wenn der Leichenfund mit einem Unglück an der Baustelle zusammentrifft.«
»Herr Häußler glaubt an einen Zusammenhang zwischen dem Mord und dem Erdrutsch?«
»Ach was«, Grahsen winkte ab, »ich finde nur, dass hier zu viele Zufälle zusammenkommen. Die Sache stinkt. Das sage ich Ihnen.«
Was meinte Grahsen? Mit vagen Andeutungen konnte Gontard nichts anfangen. Aber wenn der Reporter so redete, hatte er sicher etwas mitzuteilen. Gontard tätschelte seinem Pferd die Mähne, auf dass es noch etwas Geduld habe.
»Das ist doch geradezu unglaublich.« Grahsen wies mit der Hand hinüber nach Berlin. »Vor den Thoren Berlins arbeiten eine Handvoll Menschen an einem Kanalstück. Dann liegt ein Schreiberling tot im Wasser, und alle hier draußen kannten den Mann. Wer wird da nicht stutzig.«
Tatsächlich erinnerte sich Gontard daran, dass Lenné das Opfer zumindest flüchtig gekannt hatte – aber die anderen? Da war ihm nichts aufgefallen. Er sagte: »Ich war hier mit niemandem bekannt, auch nicht mit dem Opfer.« Grahsen guckte, als wisse er nicht, ob er angelogen oder veralbert wurde.
»Nun gut, dem Herrn Gartendirektor bin ich schon zuvor begegnet«, gab Gontard zu. »Aber ich hatte nicht den Eindruck, dass er zu dem Todesopfer einen besonders engen Kontakt pflegte.«
»Das glaube ich auch nicht. Lenné wird wohl eher mit dem werten Herrn von Traunstein verkehrt sein.« Grahsen blickte um sich und fuhr dann leiser fort: »Und den Häußler kannten Sie nicht?«
»Nein, ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen.«
»Der war einer von den Kellerhalsrednern und hat große Volksreden gehalten, damals vor den Märztagen. Genauso wie Puch. Und dann standen die beiden Seit an Seit auf der Barrikade.« Grahsen lachte. »Und jetzt zieht der eine den anderen aus dem Wasser. Das finden Sie nicht seltsam?«
Tagebucheintrag No. 2, 23. August 1850
Den ganzen Tag habe ich auf diesen Moment gewartet. Darauf, dass ich meinen Stift ergreifen und Worte in dieses Buch schreiben kann. Nun ordne ich meine Gedanken. All das, was mir den ganzen Tag durch den Kopf geistert.
Es ist die Vergangenheit. Ich komme mir vor, als verfolge ich mich selbst. So als würde ich mein eigener Schatten sein. In einem fort suche ich dunkle Ecken. Aber ich entkomme nicht.
Auch Ablenkung will mir nicht gelingen. So wie heute Nachmittag. Ich sitze in der Conditorei und studiere Zeitungen. Noch vor ein paar Tagen hätte ich die Zeilen aufmerksam gelesen. Und heute? Mein Blick schwebt über die Absätze. Die Worte geben keinen Halt. Und ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich mich umschaue. Beobachtet einer, was ich lese? Erkennt einer, wonach ich suche? Nach einer Meldung über den Mordfall am Landwehrkanal?
Nein, Gedanken lesen können die nicht. Auch wenn Dr. Wiesenburg und seine Spitzel es gern täten. Die grauen Männer sitzen weiterhin nur herum und gucken dumm. Die machen lange Ohren und sehen aus wie Esel.
Wie schnell ich mich an diesen Unsinn wieder gewöhnt habe … Es ist wie vor dem ganzen Revolutionszauber. Das hätten wir wissen müssen. Nie ändert sich etwas. Vielleicht sieht es für ein paar Augenblicke so aus. Aber das geht schnell vorbei. Am Ende will das Geschmeiß einen vollen Wanst und seine Ruhe. Freiheit, pah! Als würde der Pöbel sich für so etwas interessieren.
Auf meinen Wanderungen durch die Stadt passiere ich die abgerissenen Gestalten. Lange sah man die kaum noch. Ein paar Groschen am Tag mehr gab’s nach den Kämpfen. Und nun? Alles wieder weg. Da stehen sie wieder in den Schlangen und betteln nach den Arbeiten für billigen Tagelohn.
Ich laufe gern durch die Oranienburger Vorstadt mit ihren riesigen Fabriken. Ausgerechnet am Oranienburger Thor reißt mich an diesem Nachmittag ein bekanntes Gesicht aus meinen Gedanken. Da läuft dieser Criminal-Commissarius Werpel herum. Wie ein Schnüffler schaut er an jede einzelne Haustüre. Die ganze Straße entlang. Und dann verschwindet er in einem Hauseingang.
Ich trage meine Verkleidung, den Hut, den Umhang, den Zwicker mit dem Fensterglas und so weiter. Also spreche ich seinen Constabler an. Eine fürchterlich dumme Person. Schwer für seinen Dienstherrn, gut für mich. Der erkennt mich bei einer etwaigen späteren Begegnung niemals. Kein Wunder, dass Commissarius Werpel den draußen vor der Tür stehen lässt.
Ich frage ihn nach dem Grund seiner Untersuchungen. Er fragt, wer das wissen wolle.
Ich behaupte, ich arbeite für eine höchst geheime Revisionscommission Seiner Majestät. Und müsse routinemäßig die Arbeit der Polizeibehörde überprüfen. Das dürfe er aber unter keinen Umständen jemandem verraten.
Na, wenn das so sei, sagt er sichtlich beeindruckt und beginnt zu flüstern. Man sei in einem Mordfall unterwegs. Die Causa habe sich am neuen Landwehrkanal zugetragen. Der Commissarius verhöre gerade einen Gesellen, der da arbeite.
Das habe ich befürchtet. Ich nehme mich zusammen, lasse mir die Sorge nicht anmerken. Ob es denn eine Spur gebe, frage ich.
Er habe keine Ahnung. Da müsse ich schon den Commissarius selbst fragen. Der komme sicher gleich wieder, sagt der Tölpel. Dem Commissarius will ich freilich nicht begegnen. Ich weise den Constabler noch einmal mit Nachdruck auf meine geheime Mission hin. Er werde schwer bestraft, würde er nur ein Wort über unser Gespräch verlieren.
Der Strohkopf schwört hoch und heilig Verschwiegenheit. Ich muss aufpassen, dass ich nicht lache. Allein, viel schlauer bin ich nach dem Gespräch auch nicht.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.