Gewährleistung von Datensicherheit und Datenschutz im eVergabe-Verfahren

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Des Weiteren wurde das dynamische elektronische Verfahren (in § 5 VOL/A sowie § 5 EG VOL/A)60 in die Vergabeverordnung (VgV a.F.) überführt; allerdings hat der Gesetzgeber – trotz einer gesetzlichen Umsetzung der elektronischen Auktion im GWB – auf die Einführung der elektronischen Auktionen in der VgV a.F. verzichtet.61
In der Zwischenzeit hat die EU-Kommission begonnen, im Rahmen ihres Vorschlages KOM (2011) 896/2 die eigentliche eVergabe – in Gestalt einer verpflichtenden elektronischen Kommunikation – vorzubereiten. Dieser Vorschlag ist Teil der Strategie zu Europa 2020, die zum Ziel hat, Europa durch wirtschaftliches Wachstum noch stärker zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum zu verschmelzen.62 Schon im Vorschlagstext wurde eben jene Verpflichtung der elektronischen Kommunikation festgehalten, da die Übermittlung von Bekanntmachungen in elektronischer Form, ebenso wie die elektronische Verfügbarmachung von Ausschreibungsunterlagen sowie die ausschließliche elektronische Kommunikation (insbesondere eine elektronische Einreichung von Angeboten) zum künftigen Standard erklärt wurde.63
29 Burgi, Vergaberecht, 2017, § 2 Rn. 2; Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 12. 30 Müller, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB, 2016, Rn. 1. 31 Müller, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB, 2016, Rn. 2f.; Wankmüller, in: Soudry/Hettich, Vergaberecht, 2014, S. 218. 32 EU ABl. L 328 (Amtsblatt Nr. L 328) v. 28. November 1997. 33 EU ABl. L 101 (Amtsblatt Nr. L 101) v. 1. April 1998. 34 Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 14. 35 Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 14; Siegel, LKV 2017, S. 385; Wankmüller, in: Soudry/Hettich, Vergaberecht, 2014, S. 218. 36 Müller, in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, 2017, § 9 VgV, Rn. 9; Rechten, NZBau 2004, S. 366 (369). 37 RL 97/52/EG Art. I Nr. 6; Noch, in: Noch, 2014, Kapitel 1 Rn. 16. 38 RL 98/4/EG Art. 1 Nr. 7; Antweiler, CR 2001, S. 717 (719); Noch, in: Noch, 2014, Kapitel 1 Rn. 17. 39 Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel Rn. 20. 40 Antweiler, CR 2001, S. 717 (720). 41 Rechten, NZBau 2004, S. 366 (370); Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 47. 42 Burgi, Vergaberecht, 2018, § 3 Rn. 39. 43 Müller, in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, 2017, § 9 VgV, Rn. 12; Siegel, LKV 2017, S. 385 (386), Wankmüller, in: Soudry/Hettich, Vergaberecht, 2014, S. 217 und S. 219. 44 Graef, NZBau 2008, S. 34 (35); Hertwig, Auftragsvergabe, 2016, Rn. 36. 45 Hertwig, Auftragsvergabe, 2016, Rn. 36; Noch, Vergaberecht, 2016, Rn. 566. 46 Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 58. 47 RL 2004/18/EG Art. 1 Abs. 6; RL 2004/17/EG Art. 1 Nr. 5; Müller/Ernst, NJW 2004, S. 1768 (1772); Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 52. 48 Müller/Ernst, NJW 2004, S. 1768 (1772). 49 RL 2005/17/EG Art. 56; RL 2004/18/EG Art. 54. 50 Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 56 mit Verweis auf eine Stellungnahme des BDI aus 2008: „Kritisch zu bewerten ist vor allem die Tendenz zu ruinösem Preisdruck bei umgekehrten Auktionen.“ 51 BGBl. I v. 23. April 2009, S. 790ff. 52 Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 121 und Rn. 156. 53 Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 126ff. 54 Hertwig, Auftragsvergabe, 2016, Rn. 39. 55 Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 49. 56 Rechten, NZBau 2004, S. 366 (370); Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 132. 57 Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 136. 58 Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 138. 59 Rechten, NZBau 2004, S. 366 (370); Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 148f. 60 Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 141. 61 Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 145ff. 62 Mertens, in: Taeger, Smart World – Smart Law, 2016, S. 853; Opitz, NZBau 2014, S. 129; Noch, in: Noch, eVergabe, 2014, Kapitel 1 Rn. 64; Oberndörfer/Lehmann, BB 2015, S. 1027 (1028); Wankmüller, in: Soudry/Hettich, Vergaberecht, 2014, S. 216 und S. 220. 63 KOM (2011), 896/2, 10; Stoye, NZBau 2016, S. 457 (458); Wankmüller, in: Soudry/Hettich, Vergaberecht, 2014, S. 217.
III. Weiterentwicklung der E-Vergabe durch die EU-Richtlinien aus 2014
Sämtliche vorgenannten Entwicklungen, insbesondere der Vorschlag der Kommission aus dem Jahr 2011, haben dafür gesorgt, dass die – bis dahin rein europäischen – Impulse für eine elektronische Kommunikation in Vergabeverfahren nochmals verstärkt wurden. Nach einer dreijährigen Umsetzungszeit aus dem Vorschlag der Kommission sind 2014 im Rahmen einer EU-Initiative drei neue Vergaberechtsrichtlinien (die sich rein mit Sachthemen befassten) erlassen worden. Dabei handelt es sich um die Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe, die Richtlinie 2014/25/EU über Vergabe von Aufträgen im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (die sogenannten Sektorenauftraggeber), die auch die Nachfolge der bis dahin geltenden Richtlinien aus 2004 antreten. Komplettiert werden diese durch eine erstmals erlassene Richtlinie über Konzessionsvergaben (RL 2014/23/EU).
Schwerpunkt dieser Reform ist eine generelle Verbesserung der Effizienz des Vergaberechts, eine Vereinfachung und Straffung der Vergabeverfahren sowie die Umsetzung von strategischen Zielen durch Innovationsvorgaben und Nachhaltigkeitsaspekten.64
Gemein ist diesen Richtlinien, dass sie Vorgaben und Leitgedanken zur verpflichtenden elektronischen Vergabe konkretisieren.65 Am Beispiel der RL 2014/24/EU wird die Verpflichtung zur elektronischen Kommunikation nachfolgend dargestellt.
1. Leitgedanken der E-Vergabe in Hinblick auf elektonische Kommunikationsmittel
Als klarer Leitgedanke ist der Erwägungsgrund (ErwG.) 52 der RL 2014/24/EU (d.h. der beispielhaft dargestellten Richtlinie für die Vergabe von Aufträgen öffentlicher Auftraggeber) heranzuziehen. Dort wird die verpflichtende elektronische Kommunikation aus Sicht des europäischen Gesetzgebers herausgehoben.66 Aus deren Blickwinkel werden elektronische Mittel schon die Bekanntmachung über die künftige Vergabe von Aufträgen nicht unerheblich vereinfachen, weshalb elektronische Kommunikationsmittel standardisiert zur Anwendung kommen sollen.67 Parallel dazu kann der gesamte Vorgang effizienter und transparenter gestaltet werden.68 Dieser neue transparente Standard kann gleichsam auch dafür sorgen, dass die grenzüberschreitende Teilnahme an Verfahren im europäischen Binnenmarkt (entsprechend des Kommissionsvorschlags aus 2011) verbessert wird. Um diesen Standard und die daraus zu erwartenden Folgen umsetzen zu können, soll in allen Verfahrensabschnitten eine ausschließliche elektronische Kommunikation verbindlich sein. Daraus lässt sich entnehmen, dass die Standardisierung eine Zugangsvereinfachung zum Ziel hatte.69 Diese Vorgabe soll auch die Bereitstellung der Ausschreibungsunterlagen sowie die Einreichung durch Übermittlung von Teilnahmeanträgen oder der Angebote inkludieren.
Der nachfolgende ErwG. 53 ergänzt dahingehend technische Details. So haben die elektronischen Kommunikationsmittel – soweit keine begründete Ausnahme vorliegt – verschiedene grundlegende Anforderungen zu erfüllen; sie müssen zudem nichtdiskriminierend und darüber hinaus allgemein verfügbar sein. Im Übrigen gilt als parallele dritte Anforderung, dass die elektronischen Kommunikationsmittel mit den allgemein am Markt gängig zu beschaffenden Produkten der modernen Kommunikations- und Informationstechnologie interoperabel bzw. kompatibel sein müssen. Dennoch ist darauf zu achten, dass der Zugang zum Verfahren für Bieter oder Interessenten ohne Einschränkungen (im Sinne einer Barrierefreiheit) möglich ist. Sämtliche dieser Vorgaben des ErwG. sollen allerdings nur greifen, wenn das Beschaffungsverfahren dies erlaubt und die Verwendung der elektronischen Mittel im Einzelfall des Beschaffungsvorgangs angemessen sind. Hier wird der europäische Gesetzgeber sogar überraschend deutlich, da besondere Instrumente, Dateiformate oder spezielle Bürogeräte (wörtlich werden Großformatdrucker erwähnt), aber auch physische Modelle explizit einer weiteren Prüfung durch den öffentlichen Auftraggeber unterworfen werden, da deren Verwendung immer angemessen sein muss. Für diese Fälle gilt dann wiederum eine Öffnungsklausel, wonach vom Grundsatz der Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel abgewichen werden darf. Damit lässt der ErwG. 53 aber auch einen wichtigen Umkehrschluss zu, nämlich, dass der Grundsatz der Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel einen generellen Grundsatz mit Ausnahmemöglichkeit darstellt. Diese Ausnahme erlaubt dann für die technisch schwierigen oder nicht angemessenen Teile dieser Verfahren, und nur für diese und nicht das gesamte Verfahren, ein Ausweichen auf den Postweg.70
Der ErwG. 54 wiederum gestattet ein Abweichen von der verpflichtenden elektronischen Kommunikation, aber nur soweit dies zum Schutz besonders sensibler Informationen erforderlich ist. Allerdings sollte als Ausnahme von der Ausnahme zunächst auf nicht allgemein verfügbare elektronische Mittel (der Richtlinientext nennt an dieser Stelle spezielle Kommunikationskanäle als Beispiel) zurückgegriffen werden, wenn damit ein entsprechendes Schutzniveau erreicht wird.
Die ErwG. 55 und 56 haben unterschiedliche technische Verfahren und Standards innerhalb des gemeinsamen Wirtschaftsraums und deren nachteilige Auswirkungen auf die elektronische Kommunikation zum Gegenstand. Entsprechend des ErwG. 55 hat der europäische Gesetzgeber befürchtet, dass unterschiedliche technische Formate oder Verfahren sowie Nachrichtenstandards Hindernisse für die Interoperabilität insbesondere zwischen den Mitgliedstaaten bereiten können. Unterschiedliche Formate würden somit bewirken, dass bei einer fehlenden einheitlichen Struktur Wirtschaftsteilnehmer improvisieren müssen und durch den Mehraufwand Effizienz verloren gehen kann. Der ErwG. 56 wiederum schafft für die im vorhergehenden ErwG. geforderten Formate eine Verhandlungsbasis. Danach sollte die Kommission Erfahrungen aus der Praxis berücksichtigen. Zudem soll ein einheitlicher Standard unter Berücksichtigung der verbundenen Kosten festgelegt werden.
Im ErwG. 57 wird das Sicherheitsniveau für die elektronischen Kommunikationsmittel thematisiert. Das angemessene Niveau wird von der Notwendigkeit, eine ordnungsgemäße Identifizierung eines Unternehmens sicherzustellen und die Vermeidung, Mitteilungen an einen anderen als den tatsächlichen Adressaten zu versenden, definiert.
2. Vorgaben aus dem Richtlinientext
Neben diesen Leitlinien sind dem Richtlinientext noch weitere Ausführungen zur eVergabe zu entnehmen. Diese sind in der Richtlinie über mehrere Stellen verteilt und finden sich in Art. 22 RL 2014/24/EU, dem Anhang IV der RL 2014/24/EU sowie Art. 35 RL 2014/24/EU und Art. 36 RL 2014/24/EU. Dabei betreffen Art. 35 RL 2014/24/EU und Art. 36 RL 2014/24/EU jedoch Sonderfälle zur eVergabe, nämlich die elektronische Auktion und den elektronischen Katalog.
a) Inhalt des Art. 22 RL 2014/24/EU
Wichtige Eckpunkte der eVergabe werden in Art. 22 RL 2014/24/EU umrissen, der von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union verlangt, die eVergabe (also die Kommunikation und den Informationsaustausch mittels elektronischer Mittel) grundsätzlich zu gewährleisten.71 Dazu wiederholt Art. 22 die Anforderungen des ErwG. 53, in dem postuliert wird, dass die in der eVergabe zugrunde gelegte elektronischen Kommunikation verwendeten technischen Einrichtungen nichtdiskriminierend, allgemein verfügbar sowie mit den gängigen Produkten der Informationstechnologie kompatibel sein müssen und dabei zugleich den Zugang von Marktteilnehmern zu Vergabeverfahren in keiner Weise beschränken dürfen.
aa) Ausnahme von der verpflichtenden elektronischen Kommunikation
Allerdings wiederholt Art. 22 RL 2014/24/EU auch die Freistellung von der grundsätzlichen eVergabe, da insoweit eine elektronische Kommunikation nicht verpflichtend notwendig ist, soweit aufgrund einer besonderen Auftragsvergabe u.a. eine elektronische Kommunikation aufgrund spezifischer, nicht allgemein zugänglicher Instrumente, Vorrichtungen oder Dateiformate nicht sachdienlich erscheint. Selbiges gilt für Anwendungen, die entweder nicht verarbeitet werden können und/oder durch Lizenzen (nicht jedoch durch technische Schutzvorrichtungen) geschützt sind bzw. nicht zum Download oder für einen Fernzugriff geeignet sind. Zudem wird auch nochmals die Freistellung einer elektronischen Einreichung von maßstabsgetreuen Modellen aus dem ErwG. 53 wiederholt.72 In den Fällen, in denen eine Freistellung von der eVergabe greift, sind die Mitgliedstaaten gehalten, entweder den Postweg bzw. einen vergleichbaren Kommunikationsweg oder aber eine Kombination aus eVergabe und Postweg für den Verfahrensgang freizustellen.73 Daneben besteht auch die Vorgabe des europäischen Gesetzgebers, über diese technisch oder physisch begründeten Ausnahmen hinaus aus Sicherheitsgründen eine Ausnahme von einer absoluten eVergabe zuzulassen. Dies darf aber nur hinsichtlich der Einreichung von Teilnahmeanträgen oder Angeboten der Fall sein, soweit entweder eine Verletzung der Sicherheit der elektronischen Kommunikationsmittel besteht oder aber zum besonderen Schutz von empfindlichen Informationen, deren hohes Schutzniveau von gängigen elektronischen Kommunikationsmitteln oder entsprechenden Vorrichtungen, die am Markt verfügbar sind, nicht gewährleistet werden kann.74
Gleichfalls ausgeschlossen von der verpflichtenden Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel als Teil der eVergabe nach Art. 22 RL 2014/24/EU sind kurze mündliche Abstimmungen im Rahmen der Vergabeverfahren, aber nur insoweit davon keine wesentlichen Bestandteile (wie die Vergabeunterlagen, Teilnahmeanträge oder Angebote, mithin also die Inhalte) eines Vergabeverfahrens betroffen sind und sämtliche mündliche Kommunikation, welche Einfluss auf das Verfahren haben könnte, ausreichend dokumentiert wird.75
bb) Nutzung von Alternativen zu spezifischen elektronischen Einrichtungen, Instrumenten oder Vorrichtungen
Während die RL 2014/24/EU auf der einen Seite in den ErwG. eine Freistellung von der verpflichtenden elektronischen Kommunikation vorsieht, bestimmt Art. 22 RL 2014/24/EU in Abs. 4 und 5 für den Bereich von Bauaufträgen auf der anderen Seite eine Ermächtigung für alle Mitgliedstaaten, im Ausnahmefall spezifische elektronische Einrichtungen, Instrumente oder Vorrichtungen vorzuschreiben bzw. alternativ entsprechende Zugänge einzurichten. Der alternative Zugang zeichnet sich, ähnlich der elektronischen Kommunikation, dadurch aus, dass dieser unentgeltlich, unbeschränkt und vollständig Zugriff zu speziell notwendigen elektronischen Mitteln gewähren muss. Sollte Bietern oder Interessenten der Zugang zu den elektronischen Mitteln nicht möglich sein, muss ein solcher Zugang ggf. provisorisch eingerichtet werden. Abschließend besteht die Möglichkeit für öffentliche Auftraggeber, einen alternativen Kanal zur Angebotseinreichung zu unterstützen.76
cc) Ausführungen bzgl. technischer Spezifikationen
Im Übrigen macht Art. 22 Abs. 6 RL 2014/24/EU wesentliche Vorgaben zur Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel. So verlangt diese Vorschrift, dass Spezifikationen der eVergabe zu Verschlüsselung und Zeitstempelung zugänglich sein müssen. Aus Sicht der RL obliegt es zudem Mitgliedstaaten oder öffentlichen Auftraggebern, das Sicherheitsniveau (etwa anhand elektronischer Signaturen) festzulegen. Im Übrigen erlaubt Art. 22 Abs. 7 RL 2014/24/EU, künftige technische Entwicklungen für die eVergabe nutzbar zu machen.
dd) Dokumentationspflichten
Da der europäische Gesetzgeber entsprechende Freistellungen von der generell-verpflichtenden elektronischen Kommunikation vorgesehen hat, werden die öffentlichen Auftraggeber nach Art. 22 Abs. 2 RL 2014/24/EU verpflichtet, das Abweichen von der eVergabe im Vergabevermerk begründet zu dokumentieren.
ee) Ausführungen zu Datensicherheit und -schutz
Art. 22 der RL 2014/24/EU enthält bereits Vorgaben zur Datensicherheit und zum Datenschutz. Art. 22 Abs. 3 RL 2014/24/EU setzt voraus, dass während der gesamten Kommunikation, dem Austausch sowie der Speicherung von Informationen die Integrität der Daten und auch die Vertraulichkeit von Angeboten und Teilnahmeanträgen sichergestellt werden muss.77 Bestandteil dieser Vorgabe ist auch die Maßgabe, dass ein Zugriff auf den Inhalt der Angebote oder der Teilnahmeanträge erst nach Ablauf der Frist zur Einreichung der Teilnahmeanträge oder Angebote erfolgen darf.78
b) Anhang IV zur RL 2014/24/EU
Im Übrigen wird die elektronische Kommunikation auch durch inhaltliche Spezifikationen, getroffen durch den Anhang IV zur RL 2014/24/EU,79 näher ausgestaltet. Dazu ist es erforderlich, dass die elektronischen Mittel u.a. gewährleisten, dass
• Tag und Uhrzeit des Eingangs elektronischer Dokumente genau bestimmt werden können;
• es als sicher gelten kann, dass kein Zugang zu den ermittelten elektronischen Dokumenten vor den festgesetzten Terminen erlangt werden kann;
• der Zeitpunkt der Öffnung der eingegangenen Daten ausschließlich durch dazu ermächtigte Personen geändert oder festgelegt werden kann;
• der (teilweise oder vollständige) Zugang zu Daten systemseitig gleichfalls nur ermächtigten Personen zu gewähren ist;
• nur ermächtigte Personen der Zugang zu den eingegangen elektronischen Unterlagen möglich sein darf;
• es als sicher gelten muss, dass Verstöße gegen diese Vorgaben sich eindeutig aufdecken lassen. Dies entspricht im Wesentlichen einer revisionssicheren Dokumentation.
3. Vorgaben aus Art. 35 und Art. 36 RL 2014/24/EU
a) Elektronische Auktionen – Art. 35 RL 2014/24/EU
Die Regelungen zu Art. 35 der RL 2014/24/24 bauen auf den Vorgaben des Art. 42 RL 2004/18/EG, der erstmals die elektronische Auktion zum Inhalt hatte, auf. Statt einer Ermächtigung für die Mitgliedstaaten die elektronische Auktion einzuführen, ist diese durch die Neuregelung zu einem generell europaweit vorgeschriebenen Verfahren für öffentliche Auftraggeber worden. Ziel der elektronischen Auktion damals und in der Neufassung ist es, eine Auktion durchzuführen, auf deren Basis nach unten korrigierbare Preise oder aber neue Werte (die auf neuen Komponenten beruhten) für öffentliche Auftraggeber verfügbar gemacht werden.80 Allerdings hat auch bei elektronischen Auktionen der europäische Gesetzgeber entsprechend Art. 35 Abs. 1 RL 2014/24/EU bestimmte öffentliche Dienstleistungs- oder Bauaufträge aus der Anwendung dieses Instruments ausgeschlossen. Elektronische Auktionen können gemäß Art. 35 Abs. 2 RL 2014/24/EU jedoch auch als Bestandteil regulärer Verfahren wie dem offenen Verfahren eingesetzt werden.
b) Elektronischer Katalog – Art. 36 RL 2014/24/EU
Art. 36 RL 2014/24/EU eröffnet öffentlichen Auftraggebern aufgrund der Verpflichtung zur elektronischen Kommunikation die Möglichkeit, sich Angebote in Form eines elektronischen Katalogs übermitteln zu lassen. Eine verbindliche Vorgabe zur Nutzung des elektronischen Katalogs wird seitens des europäischen Gesetzgebers jedoch den Mitgliedstaaten überlassen.
Vorgabe auch an elektronische Kataloge ist jedoch, dass diese den Vorgaben des Art. 22 RL 2014/24/EU, also den allgemeinen Pflichten an elektronische Kommunikation, entsprechen müssen.
Beide aufgezeigten Instrumente – die elektronische Auktion sowie der elektronische Katalog – sind aber nur Teilelemente der elektronischen Kommunikation, die als zusätzliche Unterstützung in einem Vergabeverfahren eingesetzt werden können.
4. Vorgaben aus den RL 2014/23/EU bzw. RL 2014/25/EU
Die Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel ist in unterschiedlich weitem Umfang vorgeschrieben. In den beiden anderen Richtlinien (RL 2014/24/EU und RL 2014/24/EU) ist die eVergabe gleichfalls Inhalt, wobei die Ausgestaltung im Detail von der RL 2014/24/EU abweicht.
a) Konzessionsrichtlinie – RL 2014/23/EU
Die Konzessionsrichtlinie sieht für Konzessionsvergaben eine vollkommen abweichende Vorgabe bzgl. der durchgängigen Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel vor. Für die Konzessionsvergabe entsprechend der RL 2014/23/EU müssen lediglich die Bekanntmachung elektronisch veröffentlicht und zusätzlich die Vergabeunterlagen elektronisch bereitgestellt werden.81 Bei dieser Richtlinie bleiben die Anforderungen somit hinter den der beiden anderen Richtlinien zurück. Einen Grund für diese Differenzierung nennt der europäische Gesetzgeber nicht.
Damit bleibt diese Richtlinie – die allerdings auch erstmals den Themenbereich Konzessionsvergabe regelte – hinter den in der RL 2014/24/EU geltenden Anforderungen zurück.
Dagegen hat sich der nationale Gesetzgeber entschieden, eine generelle eVergabe im Rahmen der nationalen Umsetzung in Gestalt der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) einzufügen.82 Hier kommt es zu einer Abweichung zur RL 2014/23/EU. Entgegen der in der Richtlinie zurückhaltend gestalteten Verpflichtung zur Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel wurde in der nationalen Verordnung die Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel als Ausfluss der eVergabe im selben Umfang vergleichbar mit der RL 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe sowie der RL 2014/25/EU für Sektorenauftraggeber und deren Vorgaben bei der Vergabe von Aufträgen im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung vorgesehen.83 Hintergrund dieser Überlegung war die Vorstellung des Gesetzgebers, dass mit einheitlichen Vorgaben eine effiziente Abwicklung aller Vergabeverfahren in Betracht kommt.84 D.h. die nationale Umsetzung war vom zusätzlichen Gedanken einer einheitlichen, effizienten Ausrichtung geleitet.85
Dieses Vorgehen steht aber in Übereinstimmung mit den europäischen Richtlinien, da ein Mitgliedstaat auch die zwingende Einführung der elektronischen Kommunikation vorsehen konnte.86
b) Sektorenrichtlinie – RL 2014/25/EU
Sektorenauftraggeber (d.h. öffentliche Auftraggeber im Bereich der Daseins-Vorsorge – Strom, Wasser, Energie) im Sinne der RL 2014/25/EU sowie öffentliche Auftraggeber im Sinne der RL 2014/24/EU unterliegen einer vollumfänglichen Verpflichtung zur eVergabe.
In der Sektorenrichtlinie sind im selben Maßstab wie in der RL 2014/24/EU Vorschriften zur eVergabe enthalten, wobei aufgrund der Binnenstruktur der RL eine andere Nummerierung genutzt wird. So findet sich die Verpflichtung zur elektronischen Kommunikation in Art. 40, die elektronische Auktion in Art. 53 sowie abschließend die elektronischen Kataloge in Art. 54 der Richtlinie.87
5. Nationale Umsetzung der EU-Richtlinien aus 2014
Die nationale deutsche Umsetzung der 2014 erlassenen Richtlinien fand mehrstufig statt. Schon vor diesen Richtlinien wurde die Umsetzung europäischen Rechts in das Vergaberecht durch Kodifizierung in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vorgenommen. Dabei war das GWB auch Ausgangspunkt der untergesetzlich geltenden Vergabeverordnungen.
a) Anpassungen des GWB
Der 4. Teil des GWB mit den vergaberechtlichen Vorgaben und Bestimmungen steht weiterhin national an erster Stelle,88 während die auf Basis des § 113 GWB erlassenen Vergabeverordnungen die darunterliegende zweite Ebene bilden.89




