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Die bewusste Klarheit war immer wieder am erstaunlichsten – ein gedankenloser, vollwacher Seinszustand, in dem ich mich viel größer und weiter fühlte.
Hätte ich einen spirituellen Lehrer zur Seite gehabt, hätte er mir zeigen können, wie wertvoll dieser Zustand tatsächlich war, wie man diese Form des puren Seins kultivieren und ins Leben integrieren kann. Das sollte aber noch Jahrzehnte dauern und niemand weiß, ob sich diese Zeitspanne überhaupt hätte verkürzen lassen können.
Für meine Eltern und die meisten Ärzte wurde ich allmählich zum Alien und ich bot wohl auch einen schrägen Anblick: Kaum noch Haare auf dem Kopf – sie waren der Chemo zum Opfer gefallen –, bewaffnet mit gelber Brille, abgemagert, um mich herum esoterische Bücher und ein entrückt-glückseliges Lächeln auf dem Gesicht.
War ich verrückt geworden?
War ich in eine Sekte eingetreten?
Und war mein Freund Jakob der getarnte Sektenführer?
Aber ich fand keine Worte für meinen neuen Bewusstseinszustand und brauchte sie auch nicht.
Das war die eine Welt. Die andere war mein schmerzender Körper. Wochenlang konnte ich nur auf der Seite liegen und musste von Neuem laufen lernen, da das Gefühl und die Beweglichkeit meiner Beine erst allmählich wiederkehrten. Auch die Blase funktionierte noch wochenlang nicht, sodass man lange nach der Operation nicht wusste, ob ich den Rest meines Lebens mit einer Urinflasche am Rollstuhl würde herumfahren müssen.
Jakob war der Lieferant allerlei verrückter Dinge und Ideen, aber er war nicht der einzige. Ein junger Mann irrte sich im Zimmer und begann mit mir ein Gespräch. Es stellte sich heraus, dass er Edelsteine verkaufen wollte, und am Ende schenkte er mir einen Bergkristall und einige andere Steine. Heute hat dieser Kristall viele Brüche und eine dunkle Farbe angenommen, was laut mancher Experten dafür spricht, dass er eine energetisch reinigende Funktion hat und mir ungute Energie entzogen hat.
Eine Dame ›irrte‹ sich ebenfalls im Zimmer, sie war eigentlich eine psychologische Begleiterin für krebskranke junge Frauen. Auch wir kamen ins Gespräch und eine Woche später brachte sie mir einen riesigen Stapel der damals gängigsten spirituellen Magazine wie Magazin 2001 und natürlich Esotera. Eine neu Welt tat sich auf ...
In diesen beiden Welten lebend erkannte ich mich oft selbst nicht wieder. Viele alte Muster, Ängste, Grübeleien – sie waren einfach verschwunden. Ich hatte schlicht keine Lust mehr, mir leidzutun oder Gefühle von Resignation zuzulassen. Das hatte ich bereits alles ausgelebt.
Nein, es war wie ein freudiges Experiment. Während meine Eltern und die Ärzte weiterhin um mich bangten, war ich meist in einem recht fröhlichen, unbekümmerten Zustand.
Eine liebe Tante hatte es besonders schwer. Pflichtgemäß kam sie zu Besuch, brachte einen großen Strauß Blumen mit und murmelte etwas von: »Ja mei, des is scho schwer. Des wird scho. Mei, es ist scho hart ...« Ich musste mich regelrecht zurückhalten mit meiner Freude, die einfach da war, um sie nicht zu verunsichern. Es war ihre eigene Angst, die sie zu beschwichtigen suchte.
Lustig war auch der Besuch eines weiteren Freundes. Ich, entrückt und froh, erzählte von meinem Zustand, von Glückseligkeit und Gott – das war wohl zu viel für den atheistisch eingestellten kreativen Kopf. Fluchtartig verließ er das Krankenhaus – er sollte erst später zu seiner Spiritualität finden.
Welche Welt war wirklicher für mich? Ganz klar war ich im Herzen zu Hause. Aber ich nahm wahr, dass auch die ›äußere Welt‹ immer deutlicher rief. In sie galt es zurückzukehren und mit ihr Frieden zu schließen. Das tat ich, soweit es möglich war. Ich blickte mir traurige Vergangenheiten an, sprach mit meinem lieben Körper und lobte ihn für seine Durchhaltekraft. Ich stellte mir vor, wie ich freudig hüpfend auf einer Wiese herumtollen würde.
Immer wieder gab es Schmerzschübe. Manchmal jedoch konnte ich mein Bewusstsein verlagern, indem ich erkannte: Ich war nicht der Schmerz – es gab mich und den Schmerz. Eher zufällig, da ich ja keine Übung im Meditieren hatte, gab es Momente, die bis zu 30 Minuten währen konnten, in denen ich mich wie außerhalb des Körpers befand. In diesen Momenten war der Schmerz komplett verschwunden. Ich übte dies, indem ich mich mit meinem Bewusstsein in schöne Themen oder Bilderwelten verlor und indem ich ... in die Stille schaute.
Der Körper wurde langsam stabiler. Wochen waren vergangen, nach wie vor lag ich die meiste Zeit im Krankenbett. Aus hygienischen Gründen (Virengefahr, Anfälligkeit für Ansteckung) wurde ich noch eine ganze Zeit lang im antiseptischen Einzelzimmer gehalten. Mir half es, bei mir zu bleiben. Die Momente und Phasen der Innerlichkeit wurden seltener, aber es gab sie weiterhin.
Ich aber war ein anderer geworden. Ich wusste wie nie zuvor, was ich wollte und was ich nicht wollte. Und wie nie zuvor konnte ich dies auch ausdrücken. So reifte schon recht früh in mir die Überzeugung, dass ich in diesem Krankenhaus nie gesund werden würde. Mir war nicht entgangen, dass mit einer Ausnahme alle anderen Mitstreiter verstorben waren.
Ich verurteilte dies nicht und beschuldigte auch nicht das Krankenhaus dafür. Aber ich bekam großen Respekt vor dem Willen eines jeden Menschen. Und so fühlte ich bei dem einen einfach nur große Traurigkeit und den fehlenden Willen, noch irgendeine Art von Kampf auszutragen. Ein zweiter Bettgenosse durchlebte mehrere Phasen. Zuerst kam die Phase großer Verzweiflung und der Fragen. Später wirkte er friedvoll und mit seinem Schicksal einverstanden. Er wusste um seinen Abschied.
Ich aber wollte raus. Hatte ich doch mittlerweile viele Bücher und Artikel über alternative Heilmethoden gelesen und selbst eine Heilerin erlebt. Überhaupt hatte ich in den Wochen im Krankenbett zugleich eine meiner intensivsten Studienzeiten erlebt: Begeistert las ich von Mystikern und Erleuchtungserfahrungen, von Geistheilung und der Wirkung von Klängen oder Farben auf unseren Körper.
Zwei Menschen hatte ich in meinen einsamen Entschluss eingeweiht – die Lieferantin der Esotera und den dritten Freund, jenen, der mich mit der Heilerin bekannt gemacht hatte –, in einen Plan, den ich allmählich richtig cool fand: Abschied aus dem Krankenhaus und Gesundwerden mit einem Heilpraktiker und der eigenen inneren Arbeit. Für die Ärzte bedeutete dies mein Todesurteil und so verschwieg ich meinen Plan. Selbst vor einem falschen Eid machte ich nicht halt, als der sensibelste unter den Medizinern von meinen Plänen zu ahnen begann und ich ihm schwören musste, ihm vorher Bescheid zu sagen, würde ich abhauen wollen.
Nach mehrmaligem Fragen erhielt ich die Erlaubnis des Arztes, das erste Mal seit sieben Wochen das Krankenhaus für einen Tag verlassen zu dürfen. Es war genau mein 25. Geburtstag. Unschuldig dreinblickend bat ich meine Eltern, all meine Kleidungsstücke und anderen Dinge mitnehmen zu dürfen, da eine Abwechslung ja auch ganz guttat. Wir verließen das Krankenhaus. Da ich nur wenige Meter eigenständig laufen konnte, fuhr man mich nach wie vor in einem kleinen Rollstuhl, setzte mich ins Auto und dann ging es los. Zu Hause auf der Wohnzimmercouch liegend übermittelte ich meinen fassungslosen Eltern meinen Entschluss: Keine Macht der Welt würde mich jemals wieder in dieses Krankenhaus zurückbringen. Ich würde gesund werden, das wusste ich – und daran hatte sich tatsächlich seit der meditativen Begegnung mit dem Licht in mir nichts geändert –, doch ich brauchte ihre Hilfe und die Unterstützung eines Heilpraktikers in Ulm.
Für sie brach zunächst eine Welt zusammen. Sie kannten nichts anderes als die gute Schulmedizin, alle anderen – Heilpraktiker wie Heiler – waren in ihren Augen Scharlatane. Das konnte ich ihnen nicht verdenken, die Medien verkündeten dies ja auch fast unisono – Esotera war damals wirklich die rühmliche Ausnahme – und beide Eltern hatten sich ansonsten einfach noch nicht mit Wegen der Heilung beschäftigt.
Wie glücklich und gerührt war ich daher, dass sie mir trotzdem nicht widersprachen, mir meinen Willen ließen, obwohl es gegen ihre tiefste Überzeugung war. Dass sie mir dies zugestanden und mit mir noch viele Nächte der Angst um das Überleben ihres Sohnes erleben mussten – das konnte nur Liebe sein, die sie dies bewältigen ließen.
So blickten wir uns voller Liebe und Tränen in die Augen.
Mein Abenteuer hatte gerade erst begonnen ...
Weg der Gesundung
Viele Monate nach der Flucht aus der Klinik saß ich im Behandlungsstuhl eines Ulmer Heilpraktikers und wurde gegen meinen Willen über das segensreiche Wirken der Zeugen Jehovas aufgeklärt.
Mein Vater war mitgekommen – er hatte mich schließlich den weiten Weg im Auto hergebracht – und saß wie paralysiert daneben. So hatte er sich die Gesundung seines Sohnes nicht vorgestellt: Statt handfester Medikamente mit definierten Nebenwirkungen gab es nun wissenschaftlich fragwürdige Bachblüten, Homöopathie, Elektroakupunktur und Gespräche über die Philosophie der Religionen.
Und doch hatte der ›Filius‹ bereits wieder Haare auf dem Kopf und strahlte eine fröhliche Ruhe aus. Der Heilpraktiker war für mich eine reine Gefühlsentscheidung gewesen, denn auch bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur sporadisches Wissen über Krankheit und Gesundheit angesammelt. Die esoterische Beraterin hatte ihn empfohlen. Und es ging mir gut damit. Obwohl ich wusste, dass er Mitglied dieser seltsamen Religionsgemeinschaft war, vertraute ich ihm.
Vielleicht waren auch tatsächlich diese Gespräche das Heilsamste dabei. Und natürlich der Mensch selbst, der liebevoll und respektvoll sich einfach Zeit für mich nahm. Jahre später gestand er mir, dass er nach meinen ersten Besuchen oft mit schweißnassen Händen im leeren Zimmer gestanden und sich gefragt hatte, ob er mir überhaupt je helfen könne, so bedenklich hatte es in dieser Zeit noch um meine Gesundheit gestanden.
Aber alles wurde gut. Noch einmal gab es jedoch einen kritischen Zeitpunkt: Ich bekam Gürtelrose. Wochenlange, schubweise auftretende Schmerzen auf Höhe der Taille. Nässende Haut, Ausschläge. Die Angst, dass alles nicht helfen würde, kam noch einmal zurück – aber als Spätwirkung der Chemotherapie verschwand sie nach einiger Zeit und mithilfe des Heilpraktikers wieder.
Monate später kam ich wieder auf die Beine und überlegte bereits, was ich beruflich machen wollte. Immer wieder probierte ich alternative Massagen und unterstützende Therapien aus. Manchmal noch kam ich wie von selbst wieder in jenen nicht beschreibbaren Zustand der Klarheit.
Eines Tages stieg ich aus der U-Bahn und hatte auf dem Weg zu einer Fußreflexzonenmassage einen derart klaren Blick, der ließ keinen Zweifel offen: Ich hatte mich verändert. Heller und klar sah ich die Autos und Menschen, so als wäre alles durch eine Intensivwäsche gegangen und würde nun von innen heraus strahlen.
Stand ich etwa kurz vor der Erleuchtung? Diese Überzeugung hielt nicht lange an. Eine junge, sympathische Fußreflexmassage-Therapeutin, der ich, immer noch ergriffen, von meiner Geschichte erzählte, verstand ... nichts. Sie schüttelte nur verwundert den Kopf.
Viel später begriff ich, dass mir ein erstes Erwachen geschenkt worden war. Zu naiv hatte ich gedacht, dass dies nun so bleiben würde. Wie enttäuscht war ich daher, als all die schönen Effekte und Bewusstseinszustände nach und nach wieder dem profanen Alltagsdenken und -fühlen gewichen waren. Und doch: Ich war ein anderer. Oder: Ich war endlich wirklich ich selbst geworden.
Die Stille in mir – war sie mir zufällig geschenkt worden oder war sie seit jeher Bestandteil, ja, Zentrum meines Seins gewesen?
Ich wollte auf die Reise gehen, um zu verstehen, was es mit jenen geheimnisvollen, wunderbaren Bewusstseinszuständen auf sich hatte. Und so begann meine Liebe zu spirituellen Themen, die bis heute anhält.
Heilung geschieht von ganz allein
Wenn ich heute meine Gesundwerdungsgeschichte erzähle, werde ich oft gefragt: Was hat dich gesund gemacht? Nun: Ich weiß es nicht. Vielleicht war es der erste verabreichte Zyklus der Chemotherapie, der völlig ausgereicht hatte. Vielleicht die Heilerin. Vielleicht auch die inneren Visualisierungen.
Der amerikanische Psychoonkologe Carl Simonton entwickelte eine Methode, die empfiehlt sich vorzustellen, wie die Krebszellen im Körper durch andere, ›gute‹ Zellen bekriegt und zerstört werden können. Mir war das zu brachial. Es klang nicht viel besser als eine Chemotherapie, deren Absicht es ist, alle Krebszellen zu eliminieren. Nebenbei werden gesunde Zellen getötet, was nicht immer gut ausgeht, jedenfalls nicht für den Patienten. Juhu – Krankheit besiegt, Mensch tot!
Ich experimentierte stattdessen im Dialog mit betroffenen Zellen und Körperteilen und fragte sie: »Warum seid ihr hier? Was ist eure Botschaft?«
Entscheidend war aber vermutlich der Wille, gesund zu werden. Meine Freude daran, dieses Abenteuer aufzunehmen, hatte ich doch nichts mehr zu verlieren. War die Krankheit Zufall oder vorbestimmt, da ich noch einige Aufgaben auf Erden zu erledigen hatte? War es Chemie oder die Liebe meines höheren Selbst, das sich diese Krise als Prüfung gewählt hatte, an der die psychische Persönlichkeit des Thomas wachsen durfte?
Auf jeden Fall rief meine Entscheidung, durch die erfahrene LichtLiebe im Herzen wieder gesund werden zu wollen, all die ›Zufälle‹ hervor – Personen, die sich im Zimmer irrten, Bücher, die mir zufielen, die Adresse des Heilpraktikers.
Vielleicht ist es das: Sind Sie in Ihrem Innersten wieder ausgerichtet und spüren Sie einen Lebenswillen, geschieht Heilung. Die Methode ist dann unwesentlich, denn, wie der berühmte Geistheiler Horst Krohne einmal sagte: Unser System nimmt begierig alle unterstützende Hilfe auf, um wieder gesund zu werden.
Mein Weg, radikal mit der Schulmedizin zu brechen, war mein ganz eigener, den ich keinesfalls weiterempfehlen würde: Sind Sie selbst betroffen, gehen Sie Ihren eigenen Weg. Finden Sie heraus, was Ihnen guttut. Sprechen Sie mit Experten und Ärzten, Heilern und Freunden. Fragen Sie intensiv sich selbst und nahestehende Menschen, was Sie tun können.
Es ist wie das Aufwachen aus einem Traum, wenn uns der Körper zu schaffen macht, wenn er uns ganz ins Hier und Jetzt zurückholt und unsere Aufmerksamkeit einfordert. Keine Krankheit ist wie eine andere und kein Mensch empfindet wie ein anderer. Insofern sind zwar analoge Schlüsse hilfreich, aber nicht immer der Weisheit letzter Schluss.
Sicher kennen Sie das Werk Krankheit als Weg – das war auch mein erstes Buch auf dem Weg der Gesundung. Faszinierend, wie hier die beiden Autoren Dethlefsen und Dahlke an ein uraltes Wissen um die Ähnlichkeit von körperlichen und seelischen Symptomen erinnert haben. Es ist eine gute Idee, nachzuschlagen und zu erkennen, dass beispielsweise viele Menschen mit Hautproblemen ein Thema mit Kontakt und Abgrenzung haben.
Eine Krankheit kann fraglos viele Ursachen haben, kann auch Symptom für eine tiefer liegende Befindlichkeit sein. Beispiele: falsche Ernährung, schlechter Standort des Bettes (auf einem geomantisch ungünstigen Platz), Bewegungsmangel. Andere Ursachen sind oft seelisch-geistiger Natur: alte Denkstrukturen, die ein Hindernis für die Weiterentwicklung der Seele darstellen, verdrängte Probleme und Ängste.
Im Esoterischen ist häufig die Rede von karmischer Ursache. Das mag sein: Der Mensch, der in früheren Zeiten und Leben Ungutes getan hat, muss dies nun körperlich selbst erleben. Viele Hellsichtige und spirituelle Weisheitslehren sprechen davon. Dies kann aber schnell zu einem Schuldbewusstsein führen: Ich bin krank, also habe ich etwas falsch gemacht. So suchte auch ich sofort nach Ursachen und fand auch einige: Ich hatte meinen Körper überhaupt nicht gerne gehabt, hatte mich nicht sonderlich bewusst ernährt.
Viele Rückführungserfahrungen und spirituell arbeitende Heiler bestätigen die Funktionsweise des Karma, formulieren die Zusammenhänge aber anders: Die Seele hat in einem früheren Leben Traumata erfahren und zunächst beiseitegelegt. Einige Leben später befindet sie sich in einem Setting und auf einer Entwicklungsstufe, in der es ihr möglich wird, dieses Leiden zu verarbeiten, nicht selten durch ein nochmaliges Durchleben der Emotionen, ausgelöst durch körperliche Symptome.
Manche Heiler sind überzeugt davon, dass jede Krankheit eine seelische oder geistige Ursache hat. Wirkliche Heilung einer schweren oder chronischen Krankheit könne daher nur durch Erkenntnis und Veränderung im Denken und Verhalten des Menschen geschehen.
Oder aber ist Krankheit etwas, das einfach zum Leben dazu gehört? Wer sagt denn, dass ein normales Leben hier auf Erden immer ein gesundes sein muss? Auch wenn das nicht so gerne gelesen wird: Krankheit, und davon sprechen auch viele Heiler, ist manchmal die existenzielle Erfahrung, die eine Seele braucht, um zu wachsen.
Bisweilen jedoch ist es offensichtlich – wie bei der Erkältung: Plötzlich ›müssen‹ wir uns erlauben, einfach mal krank zu sein und im Bett zu liegen. Endlich ist ein tiefes Entspannen und Nichtstun erlaubt und von der Gesellschaft in diesem Zustand auch anerkannt.
Oder, und damit sind wir wieder bei alten Mustern, wir haben als Kind gelernt, dass wir Liebe, Anerkennung und Fürsorge von Mama und Papa bekommen, wenn wir uns selbst nicht mehr helfen können. Wir werden sogar gefüttert. Nach diesem Zustand sehnt sich dann der erwachsene Mensch hie und da zurück ...
Sind Sie krank, braucht der Körper zunächst einmal Ihre volle Liebe und Aufmerksamkeit. Kümmern Sie sich um ihn und seine Heilung. Besuchen Sie Ärzte und Heilpraktiker, holen Sie verschiedene Meinungen ein von Fachleuten, die Sie sich am besten empfehlen lassen. Beginnen Sie mit körperlichen Behandlungen, von denen es heutzutage wahrlich viele gibt. Schenken Sie Ihrem ›treuen Pferd‹, das Sie so liebevoll durchs Leben trägt, Ruhe, Licht, Liebe und gute, naturbelassene Ernährung.
Die seelischen Themen und die körperliche Heilung müssen dabei überhaupt nicht parallel laufen. Und oft ist die Auseinandersetzung damit der Beginn eines langen Weges der Selbsterkenntnis, der im Grunde nie endet, bei dem nur die Vorzeichen wechseln: vom verzweifelten Suchen hin zur Freude am Erkennen eigener Muster, Wege und Ressourcen.
Sich selbst immer besser zu kennen und seinem Wesen entsprechend zu leben, ist für mich heute die beste Garantie, gesund zu bleiben. Nichts an sich abzulehnen, die Macken zu umarmen, alles zu harmonisieren, gibt Energie zurück: Selbsterkenntnis führt zu Selbstheilung!
Seine eigenen Werte und seine Talente zu erkennen, danach zu leben und sich der Verbundenheit mit allem bewusst zu werden – das gehört ebenso dazu.
Und heute? Bin ich auch nicht unsterblich gesund. Alles braucht seine Zeit. Lange hatte ich beispielsweise mit diversen Allergien zu kämpfen. Und wenngleich ich mich eine Weile weigerte, die viel zitierten Zusammenhänge zwischen Symptom und seelischer Befindlichkeit zu akzeptieren, so war es doch offensichtlich: Bei der Allergie kämpft der Körper mit dem Immunsystem gegen imaginäre Gefahrenherde.
Im normalen Leben hingegen hatte ich lange Zeit große Schwierigkeiten, Wut und Aggression zuzulassen, hatte Kampf als etwas Negatives gesehen. Also ein typischer Schatten, der sich jetzt im Körper Ausdruck verschafft hatte. Lange hatte ich gedacht, spirituell zu sein hieße, lieb und licht zu sein.
Wenn sich heute eine Macke zeigt, gerate ich zunächst in Unruhe. Dann aber schalte ich ein paar Gänge herunter und schaue, was dem Körper guttut. Oft hilft es, im Seelenleben zu forschen – manchmal reicht aber schlicht eine Tablette.
Im Gegensatz zu früher bin ich da etwas pragmatischer geworden. Viele Medikamente sind einfach eine tolle Hilfe. Das Dumme ist natürlich nur, dass der Laie das eine oft nicht vom anderen unterscheiden kann.
Vieles regelt sich aber von selbst, wenn Sie Ihrem Körper Ruhe gönnen. Er hat Selbstheilungskräfte, die zum Einsatz kommen, wenn wir ihm eine ruhige ›Arbeitsatmosphäre‹ schenken. Innere Wachheit und Offenheit können dafür sorgen, dass die kleinen Beschwerden viel schneller verschwinden, als wenn man sie nicht haben will und sich darüber ärgert.
Der Geistheiler Horst Krohne erinnert immer wieder daran, wie dankbar wir sein können, hier auf Erden zu sein mit einem Bewusstsein, das über viele Leben hinweg gelernt hat, diesen filigranen Body-Mind-Organismus am Leben zu erhalten und ihn mit allen Dimensionen des Seins zu verbinden. Seine Weisheit ist so viel größer, als wir uns vorstellen können.
Lassen Sie mich einen konkreten Fall schildern, wie eine solche Suche ablaufen kann, wenn sich ein Zipperlein zeigt:
Vor einiger Zeit fing mein rechtes Auge an zu tränen, und zwar immer dann, wenn es einem Luftzug ausgesetzt war. Begonnen hatte das, als ich bei einem Freund im Cabrio mitgefahren war.
Klar, Luftzug.
Nachdem ich das nervende Auge eine Weile verdrängt und gehofft hatte, die Beschwerden würden von alleine wieder verschwinden, musste ich schließlich doch etwas unternehmen und besuchte zunächst einen Augenarzt. Er diagnostizierte nichts Besorgniserregendes und verschrieb mir Augentropfen, die auch zunächst gut halfen. Aber nach kurzer Zeit begann das Tränen erneut, nichts hatte sich geändert.
Dann besuchte ich eine Heilpraktikerin. Für sie war klar: Vaterthema (dafür steht das rechte Auge). Und tatsächlich arbeitete ich zu dieser Zeit daran, mich mit meinem Papa auszusöhnen, aber auch klar zu benennen, was früher, sagen wir, nicht so gut gelaufen war. Zweifellos konnten meine Eltern nur tun, was im Bereich ihrer Möglichkeiten lag, aber oftmals gilt das für esoterisch orientierte Menschen gleich als Entschuldigung, anstatt sich die Dramen oder Probleme des Kindes wenigstens einmal richtig angesehen zu haben und sie damit auch in der Tiefe heilen zu können.
Nun, ich arbeitete am Vaterthema und ahnte, dass es durch die Geschichte mit dem Cabrio erneut getriggert worden war. Und dann wurde mir plötzlich klar: Eigentlich hatte ich gar keine Lust gehabt, mit dem Freund im Cabrio mitzufahren und ein gemeinsames Picknick an der Isar zu zelebrieren. Alles war so plötzlich gekommen. Ich hatte mich überreden lassen, hatte meinen Freund nicht enttäuschen wollen und gedacht: »Na ja, wird schon ganz nett werden.«
Aber meine Ahnung war richtig gewesen: Es war einfach nicht der richtige Zeitpunkt gewesen. Ich hatte den Trip nicht genießen können, hatte mich völlig fehl am Platze gefühlt.
Mir wurde ganz warm im Körper, als ich mir in einer Meditation diese Szene noch einmal ansah. Und dann kamen weitere Bilder ins Bewusstsein: Auch als kleiner Junge hatte ich mich auf allerlei Schabernack und Aktionen nur deshalb eingelassen, weil mein Vater gedacht hatte, das sei eine schöne Sache, das mit dem Sohnemann zu machen. Oftmals hatte ich nicht gewollt, aber mitgemacht, weil Kinder immer wollen, dass es den Eltern gut geht.
Diese Erkenntnis half mir, ich wurde ruhiger.
Das Auge aber juckte weiter munter vor sich hin.
Noch einmal begab ich mich in die Situation mit meinem Freund am Cabrio. Ich visualisierte den Zeitpunkt kurz vor der Abfahrt. Er lud mich ein. Diesmal sagte ich im Geiste zu ihm: »Sorry, das geht mir etwas zu schnell. Wo fahren wir denn genau hin? Wer kommt alles mit? Wie lange bleiben wir?« Als ich daraufhin in der Meditation keine Antwort erhielt, sagte ich: »Vielen Dank für die nette Einladung. Es passt für mich im Moment einfach nicht, das hat aber nichts mit dir zu tun. Viel Spaß euch!«
Erneut wurde mir ganz warm, Energien lösten sich. Und der Freund war einverstanden.
Kurz darauf war das Auge komplett in Ordnung. Hier half also eine konkrete Erkenntnis, damit sich ein Muster aus der Vergangenheit (das Es-dem-Papa-recht-Machen) plötzlich wieder zeigte und mir zu schaffen machte. Zu erkennen, dass ich nun als Erwachsener selbst entscheiden durfte, und den kleinen Jungen, der damals keine andere Lösung hatte finden können, kurz zu umarmen, half mir, etwas aufzulösen – das Symptom kam nie wieder.