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Dass gerade Dagobert I. in der Geschichtsschreibung seit dem 11. Jahrhundert zum Erbauer des zweiten Mainz wurde, hat also keine Gründe, die in der tatsächlichen Mainzer Geschichte oder in einer besonderen Verbundenheit dieses Königs mit Mainz liegen. Ausgangspunkt war vielmehr der damals bereits lebhafte Kult um König Dagobert im Kloster St. Denis bei Paris, der Grablege der Merowinger und der Karolinger sowie der späteren französischen Könige. Diese Dagobert-Verehrung strahlte auch in die benachbarten Regionen des römisch-deutschen Reiches aus, so besonders in das Elsass, nach Trier und seit Gozwin auch nach Mainz.47 Der Grund für das Aufgreifen des Dagobert-Kults durch den Domscholaster lag offensichtlich in der um die Mitte des 11. Jahrhunderts aktuellen Konkurrenzsituation der Mainzer Kirche mit den Erzdiözesen Köln und Trier, in der Mainz ins Hintertreffen zu geraten drohte. Denn erstere machte dem Mainzer Erzbischof seit 1028 mit Erfolg das Recht zur Krönung der römisch-deutschen Könige streitig. Der Trierer Erzbischof andererseits hatte 1049 vom Papst die Bestätigung des Primats in allen gallischen und germanischen Landen erhalten – ein weiterer schwerer Schlag für die Mainzer Kirche, die seit den Zeiten des Bonifatius diese Würde in „Germanien“ für sich behauptete. Und da man sich auch in Trier auf König Dagobert als einen wichtigen Förderer und Stifter bezog,48 suchte Gozwin mit seiner Dagobert-Legende für die Mainzer Kirche gleichzuziehen und den Wiederaufstieg zur kirchlichen Metropole bereits mit diesem fränkischen Herrscher einsetzen zu lassen,49 ein Verfahren, das im Mittelalter in Konkurrenzsituationen zwischen kirchlichen Institutionen durchaus üblich war. Dass die Mainzer Legende von Dagobert als Wiederbegründer der Stadt auch über Mainz hinaus drang, zeigt eine entsprechende Notiz in den Speyerer Annalen von 1280.50
Der nächste Mainzer Beleg stammt vom Anfang des 14. Jahrhunderts und macht deutlich, dass die Dagobert-Tradition dort inzwischen über den Kreis der gelehrten Kleriker hinausgedrungen war. Denn in einer lateinischen Pachtvertragsurkunde von 1319 wurde zur Lokalisierung der Häuser, die Gegenstand des Rechtsgeschäfts waren, die offenbar allgemein bekannte volkssprachliche Ortsangabe Dagobertis wyghus hinzugefügt.51 Die betreffende Häusergruppe lag dem Urkundentext zufolge an der damaligen Stockergasse, die im Bereich des heutigen Hopfengartens zu verorten ist. Nach eindringlicher Analyse des Zeugnisses in Verbindung mit frühneuzeitlichen Stadtplänen hat Franz J. Felten dafür plädiert, dass es sich bei Dagobertis wyghus im 14. Jahrhundert um aufragende Reste römischer Befestigungsanlagen gehandelt haben dürfte, die in Höhe der erwähnten Häusergruppe außerhalb der Stadtmauer lagen.52 Die Übereinstimmung des Ausdrucks in der Urkunde von 1319 mit der Bezeichnung der angeblichen Burg Dagoberts in der eingangs zitierten Erzählung verweist auf eine beiden Zeugnissen zugrundeliegende Mainzer Traditionsbildung um Dagobert und seine angebliche Burg im 14. und 15. Jahrhundert. Auch die Bezeichnung eines nahe gelegenen Hauses „Zur alten Burg“53 dürfte auf dieselben Mauerreste verweisen. Später könnte die Dagobert-Tradition mit dem sogenannten Königsturm verbunden worden sein, einem Teil der Stadtmauer unterhalb des Jakobsbergs.54
III. Die Aktualität der Dagobert-Legende im 15 .Jahrhundert in der Auseinandersetzung zwischen Stadt und Erzbischof
Abgesehen von der Suche nach der Burg des Königs Dagobert im Mainzer Stadtbild spielte im Spätmittelalter auch die angebliche Rolle des Königs zugunsten der Stadt bzw. der Mainzer Kirche bei den politischen Akteuren vor Ort weiterhin eine Rolle. So wurde im 15. Jahrhundert in einem Register des Mainzer Erzstifts behauptet, dieses habe früher eine Urkunde König Dagoberts besessen, die vor 1365 im erzbischöflichen Archiv von Eltville verbrannt sei.55 Der Text der Urkunde Karls IV. vom 29. Dezember 136556, auf die sich der Schreiber mit dem Hinweis bezog, es sei hier um das Geleit im Rheingau gegangen, ist bis heute nachweisbar, erwähnt allerdings König Dagobert mit keinem Wort, sondern spricht nur allgemein von privilegia und brieffe die sie [d.h. die Erzbischöfe von Mainz] von uns [also von Karl IV.] und unsern forfarn an dem riche romischen keysern und konigen hatten und die in der Burg Eltville verbrannt seien. Diese Bemerkung in der Urkunde Karls IV. über den Verlust einer Reihe von Königs- und Kaiserurkunden veranlasste den erzbischöflichen Schreiber des 15. Jahrhunderts, in diesem Zusammenhang auch den Verlust einer Dagobert-Urkunde für Mainz zu behaupten. Doch war dies eine reine Spekulation, veranlasst dadurch, dass man seitens der Führung des Mainzer Erzstifts offenbar damals daran glaubte oder jedenfalls daran glauben wollte, früher eine solche Urkunde besessen zu haben. Der Hinweis auf den Archivbrand in der Kaiserurkunde des 14. Jahrhunderts bot einen Ansatzpunkt, um zu erklären, warum diese Urkunde nicht wirklich vorzuweisen war.
Diese Fiktion einer verlorenen Dagobert-Urkunde seitens des Mainzer Erzbischofs und seiner Verwaltung stammt sehr wahrscheinlich aus dem Zusammenhang eines intensiv geführten Rechtsstreits zwischen Dietrich von Erbach mit dem Rat der Stadt Mainz in den Jahren 1443/44. Denn im November 1443 behauptete die erzbischöfliche Partei über das wechselseitige Rechtsverhältnis und die Pflichten der Stadt, Dagobert habe nach dem Wiederaufbau die Stadt „um seiner Seligkeit willen als ein ‚Seelgeräthe‘ dem Erzbischof übergeben“. Daher seien die Bürger dem Bischof seit jeher dienst- und steuerpflichtig gewesen. Erst später hätten die Mainzer in frevelhafter Weise Erzbischof Dietrichs Vorgängern Privilegien abgerungen und erwiesen sich nun ihm gegenüber als ausgesprochen ungehorsam. Eine Dagobert-Urkunde oder wenigstens die Bestätigung einer solchen durch Karl IV. legte die erzbischöfliche Seite jedoch nicht vor. Im Dezember 1443 antworteten Bürgermeister und Rat, seit langem hätten sie die Freiheitsrechte der Stadt ohne Widerspruch der Erzbischöfe nutzen können – mit Ausnahme allein etlicher Gewohnheiten hinsichtlich der Mainzer Gerichte und der städtischen Ämter. In einer weiteren Stellungnahme beharrten Bürgermeister und Rat darauf, dass Mainz seit vielen hundert Jahren, ja sogar schon vor König Dagoberts Zeiten57 eine „gefreite, freie Stadt“ gewesen sei. Sie wollten Dietrich von Erbach daher nicht als Haupt und Obrigkeit, sondern lediglich als Mainzer Erzbischof anerkennen58.
Beide Seiten nutzten in dieser Auseinandersetzung Hinweise auf die Dagobert-Legende als historisches Argument in ihrem aktuellen Rechtsstreit um den Status der Stadt – die erzstiftische Seite allerdings deutlicher als die Stadt, die ihre Freiheit ausdrücklich noch vor die Zeit des Wiederaufbaus durch Dagobert zurückdatierte. Bei der Definition jener wenigen, eng begrenzten Rechte, die Dagobert oder ein Nachfolger an die Erzbischöfe weitergegeben habe, stimmen die einschlägigen Abschnitte der Geschichte vom „Ursprung der Stadt Mainz“ in hohem Maße mit der Argumentation der Stadt im damaligen Rechtsstreit überein. Denn dass der Erzbischof über die Mainzer Gerichte verfügen konnte, gestanden auch die Verfasser der städtischen Stellungnahme von 1443 jenem ausdrücklich zu.59 Im Übrigen sei die Stadt jedoch dem Erzbischof in keiner Weise verbunden oder unterworfen. Der Hinweis der städtischen Seite auf die Freiheit der Stadt auch von königlicher Herrschaft stimmt ebenfalls mit den entsprechenden Behauptungen der Geschichte vom „Ursprung der Stadt Mainz“ überein, wo betont wurde, Oppenheim, Bingen und der Rheingau hätten dem Reich unterstanden, auf seine Rechte in der Stadt Mainz aber habe schon Dagobert im Wesentlichen verzichtet. Diese große Nähe des Textes zur Argumentation der Stadt im Rechtsstreit mit dem Erzbischof in den Jahren 1443/44, aber auch die Übereinstimmung bei der oben schon diskutierten Ratswahlordnung in diesem Zeitraum60 sowie die Tatsache, dass die Überlieferung der handschriftlichen Zeugnisse gerade zu diesem Zeitpunkt Mitte der 1440er Jahre einsetzt: Alles dies spricht dafür, dass der Bericht damals entweder überhaupt erst entstanden oder zumindest in einer Überarbeitung auf die aktuellen Bedürfnisse der städtischen Partei hin angepasst worden ist.61
Mit Sicherheit war es auch der Streit um die Mainzer Rechte und Freiheiten in jenen Jahren, der den Rat veranlasste, die königlichen Rechte und Privilegien der Stadt zweimal, im Jahre 1442 und nochmals im Februar 1444, als sich der Rechtsstreit mit dem Erzbischof zuspitzte, zusammenstellen und notariell beglaubigen zu lassen.62 Über Friedrich II. und damit über das 13. Jahrhundert allerdings reichten die städtischen Urkunden nicht zurück, über die man damals verfügte. Das Resümee der kleinen Chronik hob den Stauferkaiser daher nicht zufällig als Wohltäter der Stadt hervor. Aber auch die erzstiftische Verwaltung konnte keine Urkunde Dagoberts vorlegen, sondern lediglich einen vagen, höchst spekulativen Registereintrag.63 Demgegenüber beschwor auch der Text der prostädtischen Chronik am Ende noch einmal den Glauben an die Privilegierung der Stadt bereits durch König Dagobert: Kaiser Friedrich II. habe die Freiheiten Dagoberts bestätigt, die von vielen späteren Kaisern erneut bestätigt worden seien – und so mussten doch alle diese Freiheiten letztlich aus einer Zeit stammen, in der noch kein Bischof zu Mainz irgendwelche Rechte hatte, wie der Chronist resümierte.
IV. Dekonstruktion und Weiterleben der Dagobert-Legende seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts
Die kaiserlichen Mainzer Privilegien waren nach der Unterwerfung unter den Erzbischof im Jahre 1462 kein Thema der Auseinandersetzung mehr, alle unmittelbaren Kontakte der Stadt zum Reich brachen damals ab.64 Die Geschichte von Dagobert als dem Wiederbegründer der Stadt und von seiner Mainzer Königsburg, wie sie bereits Gozwin im 11. Jahrhundert formuliert hatte, hielten aber auch die Gelehrten und Historiker des Mainzer Erzstifts wie Nicolaus Serarius oder Georg Christian Joannis im 17. und 18. Jahrhundert selbstverständlich weiterhin für wahr.65 Anlass für einen neuen Aufschwung der Legende im populären Bewusstsein der Mainzer war dann die französische Herrschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Denn mit dem Frankenkönig Dagobert konnte man eine enge Verbindung der Metropole am Rhein mit der französischen Nation und ihren nationalen Mythen konstruieren. So schweben über einer Mainzer Stadtansicht von 1807/09, die Teil des großformatigen sogenannten Brühlschen Plans war, drei mit Girlanden verbundene Medaillons, die von Engeln gehalten werden (Abb. 2). Neben zwei Mainzer Bürgern, Johannes Gutenberg und Walpod, dem Gründer des Rheinischen Städtebundes von 1254, sowie neben dem aktuellen Herrscher Napoleon huldigte das dritte Medaillon Dagobert I., dem König der Franken und Restaurator der Stadt Mainz.66
Noch der renommierte Historiker Karl Anton Schaab hat die historische Überlieferung von Dagobert als Bewohner einer Mainzer Königsburg und als Gründungsfigur der Stadt geglaubt und in seiner einflussreichen Geschichte der Stadt Mainz von 1840 ausgebreitet.67 Noch hielt Schaab auch die beiden Urkunden für das Bistum Worms und St. Maximin in Trier mit den angeblichen Belegen einer Mainzer Königspfalz für echt.68 Erst die Publikation der ersten Ausgabe der Merowingerurkunden durch die Monumenta Germaniae Historica im Jahr 187269 brachte das Gebäude ins Wanken. Aber könnte nicht doch eine Pfalz vorhanden gewesen sein, wenn Dagobert seinen Weg 630/31 in das Wendenland gerade über Mainz nahm?70 So jedenfalls suchte noch Franz Falk 1873 eine solche Königspfalz für Mainz zu Zeiten Dagoberts zu retten, auch wenn die betreffenden beiden Urkunden von 628 und 634 seinen Worten zufolge mittlerweile „stark beanstandet“ worden seien.71


Abb. 2: Ehrentafel für König Dagobert I. als dem Wiederbegründer der Stadt Mainz im Stadtplan von Heinrich Brühl aus der Zeit um 1807/09 (Stadtarchiv Mainz, BPSP 392 D).
Einige Jahre später sprach sich der Herausgeber der Mainzer Chroniken, Karl Hegel, über die eingangs dieses Beitrags zitierte Geschichte so aus: „Ob und in wie weit der durchaus fabelhafte Gehalt derselben aus freier Dichtung entsprungen ist oder auf älterer Überlieferung beruht, wüßte ich nicht zu sagen […] Wie weit im übrigen die historische Sage von der Erbauung von Mainz durch K. Dagobert im Mittelalter zurückreicht, will ich hier nicht untersuchen.“72 In der wissenschaftlichen Terminologie der Zeit war mit den Begriffen „fabelhaft“, „freie Dichtung“, „ältere Überlieferung“ und „historische Sage“ das Urteil gesprochen. Die Geschichte von Dagobert als dem Erbauer der Stadt Mainz hatte seit der Entwicklung der modernen Methoden der wissenschaftlichen Textkritik im 19. Jahrhundert nicht nur ihre sachliche Glaubwürdigkeit, sondern auch ihre Relevanz eingebüßt – und der Historiker Hegel gedachte nicht, sich damit näher zu befassen.
Wenn Hegel die Geschichte vom „Ursprung der Stadt Mainz“ als Ganzes abqualifizierte, übersah er dabei freilich, wie aufschlussreich dieser Entwurf einer volkssprachlich abgefassten Mainzer Frühgeschichte im Ganzen, aber gerade auch das Dagobert-Motiv mitsamt den daraus abgeleiteten rechts- und verfassungsrelevanten Schlussfolgerungen für das Selbstverständnis und die historische Selbstvergewisserung73 der Mainzer Bürgerschaft des 15. Jahrhunderts war – in einer ökonomischen und sozialen Krisenzeit, als der weitere Verlauf der Mainzer Geschichte auf des Messers Schneide stand.
Darüber hinaus reflektiert der Bericht auch über den Einzelfall hinaus verbreitete Erzählmotive der Stadtgeschichtsschreibung. Dazu gehören Vorstellungen von einer latenten Bedrohung, die von einer nahe gelegenen Burg und ihren Bewohnern ausging, gegen die man sich als Stadtbürger am besten mit der Errichtung einer eigenen Mauer und der Zerstörung der Burg wehrte, von der die Bedrohung ausging.74 Ein anderes Erzählmotiv ist der schon bei Gozwin angelegte Plot „Von der völligen Zerstörung zu einem Wiederaufstieg, der zu größerer Pracht und Bedeutung führt als jemals zuvor“.75 Auch wenn ein Germaneneinfall in der Neujahrsnacht 407 mit katastrophalen Verwüstungen für Mainz verbürgt ist, lässt sich tatsächlich doch weder die eine entscheidende Situation einer totalen Zerstörung der Stadt noch der konkrete Zeitpunkt für einen umfassenden Wiederaufbau angeben. Der Hunneneinfall von 451 scheint dagegen für Mainz, anders als es Gozwins „Passio Albani“ behauptet hatte, keine größeren Schäden verursacht zu haben. Alle historischen Indizien verweisen vielmehr hier wie auch anderswo in der Spätantike auf eine längere Fortdauer römischer Herrschaft und Kultur auf einem reduzierten zivilisatorischen Niveau, bevor sich die Situation auch des Mainzer Bischofssitzes im Frankenreich wieder festigte.76 Doch sind solche zuspitzenden Vereinfachungen typisch für eine Geschichtsschreibung, der es auf die Festigung einer historisch begründeten kollektiven Identität ankam, sei es eines Klosters oder einer Stadtgemeinde.77 Die Forschung hat erst in jüngerer Zeit den Wert solcher Überlieferungen für das Selbstverständnis der dahinter stehenden Milieus, aber auch den Zusammenhang dieser Erzählungen mit bestimmten erzählerischen Grundstrukturen erkannt.
Als zweiter Stadtgründer von Mainz hat Dagobert im Rahmen einer faktischen Geschichte seit dem 19. Jahrhundert ausgedient. Der Glaube an oder zumindest Spekulationen um eine merowingische Königsburg, vielleicht auch eine Dagobert-Burg, hielten und halten sich dagegen hartnäckig, obwohl die beiden Urkunden, die früher als Kronzeugen galten, sich als Fälschungen erwiesen haben. So wurde 1890 nach der Auffindung geheimnisvoller Ruinen am Südbahnhof – dem Römischen Theater, wie sich später herausstellte – eine Straße in nächster Nähe dieser Ruinen nach König Dagobert benannt.78 Und Archäologen suchen bis heute nach der frühmittelalterlichen Königsburg.79
1 Dieser Turm wurde wohl in die erzbischöfliche Martinsburg einbezogen, die in den 1470er Jahren errichtet wurde. Heute steht an dieser Stelle das kurfürstliche Schloss; vgl. Enno BÜNZ, Die Mainzer Residenz im ausgehenden Mittelalter. Ein unbekannter Augenzeugenbericht über den Brand der Martinsburg 1481. In: Mainzer Zeitschrift 105 (2010) S. 3–19, hier S. 5f.
2 Zu dieser Schmiede in der Nähe des im 14. Jahrhundert errichteten Neuturms (später als Holzturm bezeichnet) Ludwig FALCK, Mainz in seiner Blütezeit als Freie Stadt (1244 bis 1328) (= Geschichte der Stadt Mainz 3). Düsseldorf 1973, S. 73 und 78.
3 Es dürfte (auch wenn anscheinend weitere Belege für die Bezeichnung als Steinerne Brücke fehlen) die Brücke an der inneren Altmünsterpforte über den hier auch Umbach genannten Zaybach gemeint sein; vgl. zu dieser Brücke Karl Anton SCHAAB, Geschichte der Stadt Mainz, Bd. 1. Mainz 1841, S. 193f und 198f; FALCK, Mainz Bd 3 (wie Anm. 2), S. 80f zum Verlauf des Zaybachs in diesem Bereich. Ich danke Herrn Prof. Dr. Wolfgang Dobras für Hinweise.
4 Heutiges Gautor.
5 Zur Bedeutung von Wighaus siehe bei Anm. 22.
6 Im Text ist von einem heidenschen bischof[s] die Rede, womit auf die Bischöfe der frühchristlichen Epoche noch unter römischer Herrschaft verwiesen wird. Diese angebliche erste Bischofsburg am Grinsturm hätten die Mainzer einer späteren Stelle im Text zufolge (WINDECKE, hg. ALTMANN, wie Anm. 19, S. 462) den Erzbischöfen abgekauft und dann abgebrochen.
7 Der Autor scheint sich hier auf Nachrichten zu beziehen, die ursprünglich der Chronik des fränkischen Chronisten Fredegar entstammen, wonach Dagobert I. 630/31 gegen den Slawenfürsten Samo, der wahrscheinlich seinen Hauptsitz Wogastisburg im Gebiet des späteren Böhmen hatte, zu Felde zog; vgl. Frantisek GRAUS, Art. Böhmen. In: LMA Bd. 2, 1983, Sp. 335–344, hier Sp. 336 sowie Walter POHL, Art. Samo. In: LMA Bd. 7, 1995, Sp. 1342f; siehe auch unten bei Anm. 46.
8 Bede und Geschoss waren spätmittelalterliche Ausdrücke für Steuern.
9 Siegel aus Gold wurden üblicherweise von Königen und Kaisern seit dem Hochmittelalter verwendet, waren also zur Zeit der Merowingerkönige noch ganz unüblich.
10 Im Text: biderman.
11 Kastel war nie Stadt.
12 Oppenheim war bis in das 14. Jahrhundert Reichsstadt.
13 Bingen und das Rheingau gingen im Rahmen der Veroneser Schenkung Kaiser Ottos II. von 983 an den Mainzer Erzbischof über; vgl. dazu Alois GERLICH, Der Aufbau der Mainzer Herrschaft im Rheingau im Hochmittelalter. In: Ders., Territorium, Reich und Kirche. Ausgewählte Beiträge zur mittelrheinischen Landesgeschichte, hg. von Christiane Heinemann, Regina Schäfer, Sigrid Schmitt (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau 74). Wiesbaden 2005 (zuerst erschienen 1985), S. 495–520.
14 Saal, Hof und Marstall, also Wohngebäude, Wirtschaftsgebäude und Stall, sind als jene Gebäude zu verstehen, die üblicherweise für einen Herrn in einer Stadt für seinen Aufenthalt bereit standen. Mit einem derartigen „geräumigen, vornehmen Absteigequartier für den Herrscher und seine Begleitung“ ist wohl in karolingischer Zeit innerhalb der Stadt zu rechnen, nicht aber mit einer Königspfalz; vgl. Ludwig FALCK, Mainz im frühen und hohen Mittelalter (= Geschichte der Stadt Mainz 2). Düsseldorf 1972, S. 32 (Zitat).
15 Hier bleibt offen, welcher König gemeint ist. Einige Sätze weiter unten im Text, wo diese Übergabe nochmals erwähnt wird, ist von eim keiser die Rede, womit jedenfalls nicht Dagobert gemeint sein kann; siehe auch Anm. 13.
16 Das Recht, die Juden zu besteuern, erhielt Erzbischof Siegfried II. 1209 von König Otto IV. als Reichslehen verliehen: FALCK, Mainz Bd. 3 (wie Anm. 2), S. 127; siehe auch ebd., S. 129f, 133-135 zum Status der Juden zwischen Erzbischof und Stadt; zu den Mainzer weltlichen Gerichten in den Händen des Erzbischofs ebd., S. 159–175. Der Chronist erweckt den Eindruck, als ob im Zusammenhang der Schenkung des Rheingaus (siehe Anm. 13) auch die seit Dagoberts Zeiten verbliebenen Rechte des Reiches in Mainz an den dortigen Erzbischof übergegangen wären. Nicht erwähnt wurden durch den Chronisten erzbischöfliche Rechte in der Stadt über Markt, Zoll, Münze und Mauer; vgl. FALCK, Mainz Bd. 2 (wie Anm. 14), S. 71–77.
17 Von Kaiser Friedrich II. (1212–1250) stammt tatsächlich die erste erhaltene Königsurkunde für Mainz; vgl. Wolfgang DOBRAS, „Wir lebten nicht als Sklaven“. Die Freiheit der Mainzer Bürger vom Mittelalter bis zum Ende des Alten Reichs. In: Mainzer Zeitschrift 109 (2014) S. 59–75, hier S. 64 mit Anm. 18; siehe auch unten bei Anm. 62.
18 Einen für den Rheingau zuständigen Burggrafen als königlichen Beamten in Mainz hat es nicht gegeben; vgl. zur Rolle von Mainz im Frankenreich grundsätzlich Franz J. FELTEN, Mainz und das frühmittelalterliche Königtum. Spuren - Erinnerungen - Fiktionen - und ihre Nutzanwendung. In: Robert Folz (1910–1996). Mittler zwischen Frankreich und Deutschland, hg. von Franz J. Felten, Pierre Monnet und Alain Saint-Denis (= Geschichtliche Landeskunde 60). Stuttgart 2007, S. 51–96, hier S. 60; zum erzbischöflichen Stadt-Burggrafen FALCK, Mainz Bd. 2 (wie Anm. 14), S. 82–84.
19 Die Übersetzung folgt der Textversion, wie sie in der Überarbeitung der Chronik des Eberhard WINDECK überliefert wird: Eberhard Windeckes Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Zeitalters Kaiser Sigmunds, hg. von Wilhelm ALTMANN. Berlin 1893, hier S. 460–462 und S. 465 (Online: https://archive.org/details/altmanneberhartwindecke [letzter Zugriff: 22.2.2016]). Erste Bestandsaufnahme zu diesem Text von Klaus GRAF, Art. Ursprung der Stadt Mainz. In: VL Bd. 5, 1999, Sp. 130f; danach Uta GOERLITZ, Humanismus und Geschichtsschreibung am Mittelrhein. Das ‚Chronicon urbis et ecclesiae Maguntinensis‘ des Hermannus Piscator OSB (= Frühe Neuzeit 47). Tübingen 1999, hier S. 258–269 (noch ohne Kenntnis der Windeck-Überlieferung); Uta GOERLITZ, Facetten literarischen Lebens in Mainz zwischen 1250 und 1500. Mittelalterliche Erzählungen über das (ur)alte Mainz im Spannungsfeld von Latein und Volkssprache, Mündlichkeit und Schriftlichkeit. In: Lebenswelten Johannes Gutenbergs, hg. von Michael Matheus (= Mainzer Vorträge 10). Stuttgart 2005, hier S. 59–87; FELTEN, Mainz (wie Anm. 18), hier bes. S. 80–89.
20 Siehe hierzu den Beitrag von Uta GOERLITZ in diesem Band.
21 WINDECKE, hg. ALTMANN (wie Anm. 19), S. 459f; zum Hunneneinfall von 451 siehe unten bei Anm. 76.
22 wiekhaus, wighaus, -häuslein, in: Deutsches Wörterbuch http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WB-Netz/wbgui_py?sigle=DWB&mode=Vernetzung&hitlist=&patternlist=&lemid=GW20200# XGW20200 (letzter Zugriff: 17.2.2016).
23 Siehe die Hinweise dazu im Editionstext.
24 Bei der exakten Verortung der Stadt anlässlich des Neuaufbaus dürfte eine Erinnerung an die Albanslegende Gozwins im Hintergrund stehen, der berichtete, Dagobert habe die Stadtanlage gegenüber der ersten Stadt ein Stück weiter zum Rhein hin verschoben; vgl. bei Anm. 41.
25 Vgl. dazu FALCK, Mainz Bd. 3 (wie Anm. 2), S. 77f.
26 Vgl. Peter JOHANEK, Art. Windeck (Windecke), Eberhard. In: VL Bd. 10, 1999, Sp. 1197–1206; zu Eberhard Windeck jüngst Joachim SCHNEIDER, Eberhard Windeck, König Sigismund und das Konstanzer Konzil. In: Das Konstanzer Konzil – Weltereignis des Mittelalters 1414–1418. Essays, hg. von Karl-Heinz Braun, Mathias Herweg, Hans W. Hubert, Joachim Schneider und Thomas Zotz. Darmstadt 2013, S. 52–57; demnächst Joachim SCHNEIDER, Eberhard Windeck aus Mainz und seine Chronik von Kaiser Sigmund (= Geschichtliche Landeskunde) (erscheint 2016/17).
27 Zur Lauber-Fassung und zur Überlieferung der Handschriften Joachim SCHNEIDER, Vom persönlichen Memorandum zum kommerziellen Produkt: Das Buch von Kaiser Sigmund des Eberhard Windeck und die Werkstatt des Diebold Lauber. In: Geschichte schreiben. Ein Quellenhandbuch zur Historiographie (1350–1750), hg. von Susanne Rau und Birgit Studt. Berlin 2010, S. 234–244 sowie das in Anm. 26 angekündigte Buch des Verfassers. Der Text vom „Ursprung der Stadt Mainz“ fehlt in der einzigen erhaltenen autornahen Handschrift der Windeck-Chronik.
28 Zur Überlieferung des Textes siehe den Beitrag von Uta GOERLITZ in diesem Band; zur Verwendung des Dagobert-Motivs in der Chronik Piscators Uta GOERLITZ, Humanismus (wie Anm. 19), S. 196.






