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Für erwerbswirtschaftliche Betriebe spielt das ProfitzielProfitziel immer eine wichtige, typischerweise sogar die entscheidende Rolle (Wex 2004). Dagegen spielen sie für NPOs und für den Staat – wenn überhaupt – nur eine geringe Rolle. Hier sind vor allem auf finanzieller Seite Deckungsziele von Bedeutung. Ein Sportangebot soll seine Kosten decken, dann ist das finanzielle Ziel erreicht. Zum Teil findet sich der Staat auch nur mit einem Deckungsbeitrag ab, etwa beim Betrieb von Hallenbädern. Dort wird subventioniert, um übergeordneten Zielen, wie der Volksgesundheit, zu dienen (Hockenjos 1995, 109ff).
In staatlichen Organisationen besteht die Besonderheit, dass die großen Ziele meist von außen vorgegeben werden. Hier setzt das gewählte Parlament die Ziele und die Sportverwaltung ist dann das ausführende Organ. Es gibt zwar Spielraum für eigene Ausgestaltungen, aber den Rahmen setzt die Politik.
In NPOs dienen die Ziele der Organisation oft auch der Mitgliederbindung. Je mehr eine NPO mitgliederorientiert ist, umso stärker wird sie versuchen, ihre Ziele so zu formulieren, dass sich möglichst viele potenzielle Mitglieder angesprochen fühlen und in die NPO eintreten. Dies führt dazu, dass man gerade nicht nach dem SMART-Prinzip verfährt und betont unscharf formuliert. Bode (2003, 23ff) hat dies als eine Strategie von NPOs zur Mitgliederrekrutierung identifiziert und theoretisch als lose KopplungKopplung, lose von Zielen nach Orton und Weick (1990) erkannt.
Aus dem Bereich der NPOs stammt auch die Frage, was passiert, wenn eine Organisation ihre Ziele erreicht hat. Dies war z.B. bei einem Verein der Fall, der sich für die Bekämpfung einer Krankheit einsetzte und diese tatsächlich bis zur Bedeutungslosigkeit ausgerottete. Der Verein wurde dann keinesfalls aufgelöst, sondern er suchte sich neue Ziele, in diesem Fall eine andere Krankheit, die es zu bekämpfen galt (Sills 1966). Organisationen können also auch eine Eigendynamik jenseits ihrer Ziele entwickeln. Dennoch gibt es gerade auch im Sport viele temporäre Organisationen, die nur für die Durchführung eines Sportevents gegründet werden. Die Bewerbungs- und Organisationskomitees von Olympischen SpielenOlympische Spiele oder FußballweltmeisterschaftenFußballweltmeisterschaft sind hier ein gutes Beispiel. Auch der Wandel von Zielen lässt sich im For-Profit-Sektor wie im staatlichen Bereich nachweisen. So war AdidasAdidas zunächst nur eine kleine Schuhmacherei, die lediglich nebenher auch Sportschuhe produzierte, weil die Besitzer sehr sportaffin waren. Erst der Erfolg der Sportschuhe führte sie dahin, sich darauf zu spezialisieren und später über die Schuhe hinaus Sportartikel zu produzieren. Mit dem Erfolg von Sport als Lifestyle kam es dann zum nächsten Wandel. Es wurden nicht mehr nur funktionale Produkte nur für den Sport produziert, sondern auch sportdysfunktionale modische Artikel wie Sneaker, die nur wie Sportschuhe aussehen (Smit 2007).
Festzuhalten bleibt, dass Ziele dem Wandel unterworfen sind. For-Profit-Organisationen können dabei sehr viel leichter veränderte Ziele akzeptieren als etwa Non-Profit-Organisationen. So hat Niklas Luhmann in seinem ersten Buch zur Organisationstheorie schon deutlich gemacht, dass Firmen sehr leicht ihr Programm ändern können, da die Mitarbeiter nicht durch das Ziel der Organisationen, sondern durch den Gelderwerb eingebunden sind (Luhmann 1964).
Weiterführende Literatur
Bea, F.X./Göbel, E., 1999: Organisation. Stuttgart: UTB.
Locke, E.A./Latham, G.P., 1990: A Theory of Goal-Setting and Task Performance. Englewood Cliffs: Prentice Hall.
Repetitorium
1 Warum kann es sinnvoll sein, sich unerreichbare Ziele zu setzen?
2 Welche Vorteile hat es, klar überprüfbare Ziele anzusteuern?
3 Was passiert mit einer Organisation, die ihre Ziele erreicht hat?
3.2 Arbeitsteilung
Wenn ich Ziele habe und nach Wegen suche, die möglichst effektiv bzw. effizient sind, brauche ich Wissen über Methoden, die solche Wirkungen haben. Eine sehr fundamentale Methode ist die Arbeitsteilung. Die Position des Sportmanagers ist ein Ergebnis der Spezialisierung und der funktionalen Differenzierung, also der Arbeitsteilung. Die besondere Bedeutung der Arbeitsteilung für die Effektivität und Effizienz einer Produktion wurde schon früh entdeckt und insbesondere von Adam Smith in seinem Buch Wohlstand der Nationen propagiert. Schon auf den ersten Seiten findet sich die klassische Beschreibung der Arbeitsteilung in einer Nadel-Manufaktur. Anstatt – wie in Schmieden früher üblich – alle Arbeitsschritte von einer Person Nadel für Nadel auszuführen, wurde die Arbeit zerteilt: Einer zieht den Draht, dieser wird vom nächsten zerschnitten. Ein anderer setzt einen Kopf auf die Nadel, die von dem nächsten angelötet wird. Wieder eine andere Person reinigt die gefertigten Nadeln und der nächste verpackt diese (Smith 1988, 9ff, zuerst 1776). Diese Produktionsweise führte zu ungeahnter Produktivität und ist ein Kennzeichen der Moderne (Degele/Dries 2005, 45ff).
Durch die Zusammenarbeit kann es insbesondere zu sogenannten SynergieeffekteSynergieeffekten kommen. Das Können bzw. Wissen des einen addiert sich nicht bloß zum Können und Wissen des anderen. Beide erreichen zusammen mehr als jeder einzeln für sich (Hofstätter 1971, 21).
Die Aufspaltung des Arbeitsprozesses kann aber noch einen weiteren Vorteil für die Organisation bringen. Da jeder in einer Organisation für die Tätigkeitsaspekte bezahlt wird, die am anspruchsvollsten sind, kann die Aufspaltung in einfache und schwere Arbeiten einen Lohneffekt haben (Babbage 1999, zuerst 1832, 144). Man nennt diesen Effekt auch das Babbage-PrinzipBabbage-Prinzip: Wenn man sich drei Manager leistet, die jeweils für eine Profisportsparte vollständig zuständig sind, so zahlt man drei Managergehälter. Dabei beinhaltet ihre Tätigkeit auch einfache Arbeiten wie die Ablage von Rechnungen, kurze Auskünfte bei Anfragen von Mitgliedern oder von Zuschauern. Wenn stattdessen nur ein Generalmanager vorhanden ist, der von einer Sekretärin und einem Sachbearbeiter unterstützt wird, so hat man nur den Lohn eines Managers und seiner geringer bezahlten Mitarbeiter und kann doch die gleiche Arbeitsmenge bewältigen.
3.2.1 TaylorismusTaylorismus oder “the one best way”
Eines der frühesten und einflussreichsten Werke der Managementliteratur beruht auf dem Prinzip der Arbeitsteilung. Es stammt von Fredrick Winslow Taylor, einem US-amerikanischen Ingenieur, der von 1856 bis 1915 lebte. Sein Ansatz begründete die Arbeitswissenschaft. Diesen Ansatz nannte er selber Scientific Management, er wurde aber als Taylorismus weltberühmt. Es beruht auf extremer ArbeitsteilungArbeitsteilung. Je kleinteiliger desto besser. Dabei wird insbesondere auf die Trennung von Hand- und Kopfarbeit größten Wert gelegt. Dem Manager obliegen die Analyse und Planung des Arbeitsprozesses, die er als präzise Arbeitsanleitungen an die Arbeiter weitergibt. Dabei sucht er immer nach der optimalen Lösung, dem „one best wayone best way“. Anstatt die Arbeiter einfach Kohle schaufeln zu lassen, wurde nach dem perfekten Bewegungsablauf gesucht, der optimalen Kohlemenge auf der Schaufel und last but not least der optimalen Schaufel. Der Arbeitsprozess wurde wie eine Maschine geplant und auch die Arbeiter waren Teile von ihr. Denn Taylor dachte, dass Arbeiter ähnlichen Gesetzen wie Teile einer Maschine gehorchen würden (Taylor 1977, zuerst 1913). Dabei entsprach das Menschenbild Taylors dem eines Automaten: Der Arbeiter war als Ausführender nur am Lohn interessiert. Daher wird dieser auch konsequent als Motivationsmittel genutzt. Akkord- und Prämienlöhne sind einem generellen Grundlohn zu bevorzugen (Bonazzi 2014, 34).
GewinnprämieGewinnprämien finden sich vielfach im Leistungssport. Bundesligavereine im Männerfußball schütten Siegprämien an ihre Spieler aus. In der Leichtathletik oder z.B. auch im Tennis werden von Veranstaltern großer und bedeutsamer Turniere Prämien für die ersten Plätze ausgelobt. Aber auch in Sportstudios finden sich Erfolgsbeteiligungen beim Einwerben von neuen Mitgliedern.
Weiterführende Literatur
Bonazzi, Giuseppe, 2014: Geschichte des organisatorischen Denkens. Wiesbaden: Springer Fachmedien
Karnigel, R, 1997: The one best way: Frederick Winslow Taylor and the enigma of efficiency. New York: Penguin Books.
Kieser, A., 2014: Managementlehren – Von Regeln guter Praxis über den Taylorismus zur Human Relation-Bewegung. In: Kieser, A./Ebers, M., 2014: Organisationstheorien. Stuttgart: Kohlhammer, S.73-117.
3.2.2 FordismusFordismus oder “solange es schwarz ist”
Die besonderen wirtschaftlichen Effekte der Arbeitsteilung können aber noch gesteigert werden. Henry Ford I. (1863-1947) war ein Erfinder, Ingenieur und Industrieller. Er entwickelte den Ansatz der Arbeitsteilung weiter. Nach Vorbild der Chicagoer Schlachthöfe führte er 1913 eine FließbandfertigungFließbandfertigung ein. Darüber hinaus ist für den Fordismus der Effekt der SkalenerlöseSkalenerlöse (Economys of ScaleEconomys of Scale) grundlegend. Die Stückkosten nehmen mit der produzierten Menge ab. Im Automobilbau ist das Herstellen von Pressformen für Karosserieteile extrem teuer. Je mehr Teile gepresst werden, umso niedriger werden die Kosten für das einzelne Stück.
Investition 100€: 10 Stück · 1€ Material = 10€
Investition 100€: 100 Stück Stück · 1€ Material = 1€
Sonderanfertigungen sind also besonders teuer und Massenprodukte können besonders günstig produziert werden. Daher setzte Ford auf extreme Standardisierung. Der Ford T war immer gleich. Auf die Frage, ob der Ford T auch in einer anderen Farbe als dem allgegenwärtigen Schwarz produziert werden könne, gab er zur Antwort, dass der Ford T in jeder Farbe geliefert werden könne, solange es Schwarz sei. Fords Methode führte zu einer ungeheuren Produktionssteigerung. Automobile wurden durch die standardisierte Massenproduktion und die damit einhergehenden Skalenerlöse zu einem Produkt, das immer günstiger angeboten werden konnte. Dies führte zu einer Automobilsierung der Gesellschaft. Gleichzeitig erlaubten die hohen Gewinne auch hohe Löhne für Fords Arbeiter. Ford zahlte gern hohe Löhne, da er dadurch zusätzliche Absatzmärkte für seine Automobile schuf. So legte der Fordismus die Grundlage für den MassenwohlstandMassenwohlstand der amerikanischen Gesellschaft (Halberstam 1988, 55ff, Kühl 2008, 128).
Es liegt auf der Hand, dass der Fordismus im Rahmen des Sportmanagements nur bei der Herstellung von Sportartikeln zur Anwendung kommen kann. Dies hat er z.B. in der Fahrradproduktion der Opel-Werke schon früh getan. Die OpelOpel-Werke wurden 1862 von Adam Opel gegründet und produzierten zunächst Nähmaschinen. Ab 1886 wurden auch Fahrräder hergestellt. In den 1920er-Jahren stieg Opel zum größten Fahrradhersteller der Welt auf. Allerdings verkaufte Opel 1936 seine Fahrradproduktion an NSU (Opel 2015). Natürlich waren die meisten Räder der Produktion keine Sportgeräte im eigentlichen Sinne, sondern wurden vor allem als Transportmittel eingesetzt. Allerdings wurde das Rad am Wochenende dann doch als Sportgerät genutzt.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten sich Sportartikel als massengefertigte Produkte, da mit der Ausweitung der Freizeit und dem damit einhergehenden Sportboom eine entsprechende Nachfrage einsetzte. Vorher wurden einfach Alltagsgegenstände für den Sport umfunktioniert.
Weiterführende Literatur
Bonazzi, G., 2014: Geschichte des organisatorischen Denkens. Wiesbaden: Springer Fachmedien.
Halberstam, D., 1988: Die Abrechnung. Frankfurt am Main/New York: Campus.
Keller, M., 1994: Krieg der Autogiganten. Frankfurt am Main: Eichborn.
3.2.3 Probleme der Arbeitsteilung
Die hier gegebene Darstellung des Taylorismus und des Fordismus klingt zuerst sehr positiv. Aber den starken Steigerungen an Effektivität und Effizienz sowie dem Phänomen des Massenwohlstandes stehen auch Schattenseiten gegenüber. Die Produktion wurde extrem „entmenschlicht“; die Arbeiter zu einer Art Maschinenteil. Die Reduzierung auf eine Bewegung und das Leben im Rhythmus der Maschinen hatte radikale gesundheitliche und psychische Folgen für die Arbeiter. Charlie Chaplin hat diese auf das deutlichste in seinem Film Modern Times persifliert. Hinzu kamen noch Unfälle, die insbesondere unter den extremen Arbeitsmengen, verursacht durch die Akkordlöhne, passierten. Vor Ford bauten ausgebildete Handwerker die Fahrzeuge zusammen. Mit Ford kamen die ungelernten Arbeiter in die Fabrik. Zwar konnte Ford argumentieren, dass er sogar Blinden Arbeit geben konnte, dennoch muss die Abwertung konstatiert werden: Handwerker wurden zu Handlangern (Kieser 2001, 94).
Die Folgen der schwarzen Seite der Arbeitsteilung und insbesondere auch des Taylorismus und Fordismus waren Maschinenstürmerei, Sabotage und wilde Streiks. Dies blieb auch der deutschen Politik nicht verborgen. Ab den 1970er-Jahren begann das Programm Humanisierung der ArbeitsweltHumanisierung der Arbeitswelt. Es wurde u.a. versucht, den Grad der ArbeitsteilungArbeitsteilung wieder zurückzuschrauben. So wurden die Ausweitung mit gleichwertigen Tätigkeiten (Job-EnlargementJob-Enlargement) sowie die Ausweitung mit höherwertigen Tätigkeiten (Job-EnrichmentJob-Enrichment) und auch der generelle Wechsel der Tätigkeiten (Job-RotationJob-Rotation) propagiert (Matthöfer 1974, 127ff).
Weiterführende Literatur
Matthöfer, H., 1978: Humanisierung der Arbeit und Produktivität in der Industriegesellschaft. Frankfurt: EVA.
3.2.4 PostfordismusPostfordismus oder die individualisierte Masse
Die nächste revolutionäre Umwälzung in der Produktion fand in den 1980er-Jahren statt. Der Computer zog in die Produktion ein. Aus einfachen Maschinen wurden programmierbare. Zunächst unterstützten Computer die Drehbänke, dann entwickelten sich vollautomatische Herstellungsautomaten, die direkt aus der Entwicklungsabteilung mithilfe von Computer-aided-DesignComputer-aided-Design-Programmen gesteuert werden konnten. Der Industrieroboter wurde in die Fabrikation integriert. Dies legte das Fundament für den Übergang von der standardisierten Massenproduktion zur spezialisierten Massenproduktion. Unter Ford waren alle Ford T, die das Band verließen, gleich. Heute fährt kein gleichartiges Auto mehr vom Band. Wir sind bei der Massenproduktion von Unikaten angekommen. Der Fordismus ist überwunden, ohne die Economys of Scale zu verlieren. Man spricht daher vom Postfordismus (Kern/Schumann 1984, Priore/Sabel 1985).
Die Entwicklung lässt sich gut auch im Sport verfolgen. Zwar gibt es nach wie vor den in Massen produzierten Sportschuh, aber im Internet kann man inzwischen seinen eigenen Sportschuh in gewünschter Farbkombination mit eingesticktem Namen bestellen. Man nennt diese vom Kunden auf Maß bestellte Produktion Mass Custimaziation. Es gibt die harte Variante, wie in dem dargestellten Beispiel des Sportschuhs, die noch in der Fabrik stattfindet. Die weiche Variante findet sich im Fahrradhandel. Dort wird das Massenprodukt erst beim Händler auf die Kundenwünsche konfiguriert (Pine 1993).
Ein weiteres Element des Postfordismus ist die Just-in-time-Logistik. Die Erfindung wird ToyotaToyota zugeschrieben. Erste Versuche gab es schon nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde dann aber mithilfe der Computertechnik in den 1980er-Jahren perfektioniert. Die Methode beruht darauf, die Anlieferung von Teilen für die Produktion in genau den Moment zu koordinieren, in dem sie gebraucht werden. Dies vermeidet Lagerkosten. Zudem können für die Mass CustomizingMass Customizing exakt die benötigten Teile produziert und angeliefert werden. Die Voraussetzung sind schnelle Informationswege. Daher ist es kein Wunder, dass diese Methode durch die Einführung des Internets noch einen zusätzlichen Schub erhielt.
Der Versuch, diese Integration von Maschinen mit Computertechnologie noch weiterzutreiben, wird in Deutschland aktuell als Industrie 4.0Industrie 4.0 bezeichnet. Dabei handelt es sich um ein Programm der Bundesregierung, weshalb dieser Begriff auch als Marketingbegriff kritisiert wird (Bendel 2015).
Weiterführende Literatur
Kern, H./Schumann, M. 1984: Das Ende der Arbeitsteilung? Rationalisierung in der industriellen Produktion. München: Beck.
Pine, J.B., 1993: Mass Customization: the new frontier in business competition. Boston: Harvard Business Press.
Piore, M.J./Sabel, Ch., 1985: Das Ende der Massenproduktion. Berlin: Wagenbach.
3.2.5 Fazit
Man kann feststellen, dass die Arbeitsteilung, wie sie insbesondere der Taylorismus propagiert, zu ungeheuren Produktivitätssteigerungen bei zunehmend harten Arbeitsbedingungen führte. Dies wurde im Fordismus mit seiner extremen Standardisierung und Fließbandfertigung perfektioniert und führte auch erstmalig zu einem relativen Massenwohlstand. Der Postfordismus hob die Standardisierung und viele Probleme bei den Arbeitsbedingungen bei gleichzeitigem Erhalt der Economies of scale auf. Allerdings verloren viele – vor allem ungelernte – Arbeitnehmer ihre Arbeitsplätze an die nun computergesteuerten Maschinen.
Die Arbeitsteilung erscheint in diesem Kapitel wenig mit dem Sport und z.B. der Arbeit in einem Sportverein zu tun zu haben. Allerdings ist das Prinzip der Arbeitsteilung so grundlegend und beinhaltet eine große Stärke, dass ihre Entwicklung dargestellt werden muss.
Repetitorium
1 Warum ist es oft effizienter die Arbeit aufzuteilen, anstatt alle Mitarbeiter das Gleiche machen zu lassen?
2 Was bedeutet bei Taylor „one best way“?
3 Warum sind bei Henry Ford alle Ford T schwarz?
4 Welche Probleme bringt die Arbeitsteilung und die Fließbandfertigung mit sich und wie kann man damit umgehen?
5 Welche technischen Innovationen waren notwendig, damit der Postfordismus entstehen konnte?
3.3 BürokratieBürokratie oder „Regeln statt Willkür“
Die Arbeitsteilung kann zu erheblich effizienteren bzw. effektiveren Arbeitsergebnissen führen. Allerdings bedarf es dazu Regeln. Es muss klar sein, wer was wie zu machen hat. Daher lohnt es sich an dieser Stelle, sich die Organisationstheorie Bürokratie näher anzusehen. Über die Bürokratie gibt es klare Alltagsvorstellungen. Der Begriff ist extrem negativ besetzt. Man verbindet mit ihr unsinnige, unverständliche Formulare, die zu einem hohen Aufwand führen, die der Allgemeinheit hohe Kosten verursachen. Mit ihr sind Frustrationen und unsinnige, ja quälerische Gänge durch die Verwaltungen konnotiert. Die Organisationstheorie sieht ihre dunkle Seite auch, aber sie weiß auch von vielen Vorteilen zu berichten. Bürokratie bedeutet wörtlich übersetzt Herrschaft der Büros/der Verwaltung. Der Begriff wurde in Frankreich von Vincent de Gournay geprägt (Derlien/Böhme/Heindl 2011, 16). Dennoch wird er heute vor allem mit Max Weber (1864–1920) in Verbindung gebracht. Weber ging der Frage nach, wie sich Herrschaft im Lauf der europäischen Geschichte entwickelte. Dabei stellte er fest, dass es einen Prozess gab, in dem die Honoratiorenverwaltung sich zur modernen Bürokratie wandelte. Honoratioren sind ehrenamtEhrenamtliche Verwalter. Es waren Leute, die für die Politik leben, ohne von ihr leben zu müssen. Meist waren es Adlige, die nebenher einen Bezirk verwalteten. Diese wurden nach und nach von bürokratischen Modellen abgelöst. Weber sah als Ursache die Überlegenheit der bürokratischen gegenüber der Honoratiorenverwaltung:
Kontinuität der Geschäftsführung: Honoratioren leben nicht von ihrem Amt, daher fällt es leicht, es aufzugeben. Daher kam es immer zu Diskontinuitäten im Dienstgeschäft. Dagegen wird in bürokratischen Organisationen die Kontinuität der Geschäftsführung garantiert. Das Ausscheiden eines Mitarbeiters ist aufgrund der HauptamtlichkeitHauptamtlichkeit unwahrscheinlicher als bei den ehrenamtlichen Honoratioren. Zudem sind Nachfolge und Vertretung geregelt.
Amtsführung nach festen Regeln: Der Unterschied zwischen Vorgänger und Nachfolger (bzw. Vertreter) ist in der Bürokratie kaum spürbar, da beide an feste Regeln gebunden sind. Die Amtsführung ist unpersönlich. Bei gleicher Sachlage wird immer gleich entschieden, unabhängig von der Person des Amtsinhabers oder seiner aktuellen Laune. Honoratioren agierten dagegen oft nach eigenem Gusto und entschieden sich nach ihrer jeweiligen Stimmungslage und oft auch nach eigenen Interessen. Dabei war oft nicht klar, welche Entscheidungsbefugnisse sie haben. In der Bürokratie sind dagegen die Grenzen und die Rechte der Amtsinhaber klar geklärt.
Hierarchie der Befehlsgewalten: In Bürokratien wird genau festgelegt, wer wessen Vorgesetzter für welche Aufgaben ist und was der Vorgesetzte dem Untergebenen befehlen darf.
Strikte Trennung von Amt und Person: Die Ressourcen des Amts entziehen sich dem privaten Zugriff durch die Mitarbeiter. In der Honoratiorenverwaltung gab es keine Trennung von eigenem und staatlichem Besitz durch die Honoratioren. So war nicht nur Willkür an der Tagesordnung, sondern auch die eigene Bereicherung auf Kosten der Allgemeinheit.
Keine Ämterweitergabe durch Amtsinhaber: Die Rekrutierung eines Nachfolgers war in der Honoratiorenzeit nicht geregelt, aber das Amt wurde oft vom Amtsinhaber selber nach Gutdünken weitergegeben. Dabei flossen Privatinteressen, aber keinerlei Qualitätskontrollen mit ein. In der Bürokratie gibt es feste Regeln zur Qualifikation von Amtsinhabern, die durch staatlich gesicherte bzw. überprüfte Ausbildungen erlangt werden können. Der aktuelle Amtsinhaber ist bei der Besetzung seiner Nachfolge nicht beteiligt. So wird auch verhindert, dass Fehler oder Vergehen des alten Amtsinhabers vertuscht werden können, weil sein Nachfolger in diese Vergehen miteinbezogen war.
Schriftlichkeit der Kommunikation: Das Prinzip der Schriftlichkeit in den Amtsgeschäften ermöglicht die akkurate Umsetzung von Regeln nachträglich nachzuvollziehen. Sie ermöglicht auch ggf. einem Nachfolger die bisher geübte Praxis nachzuvollziehen und anhand der Präzedenzfälle kontinuierlich weiterzuarbeiten. In der Honoratiorenzeit gab es oft Probleme, da mündliche Vereinbarungen bei einem Wechsel des Amtsinhabers nicht mehr einklagbar waren.
Weber kam durch seine historischen Studien zu seiner Bürokratietheorie. Die historisch früheren Herrschaftsformen erweisen sich dabei der modernen Bürokratie als unterlegen. Die Bürokratie ist schneller, verlässlicher, präziser und diskreter. Insgesamt führt sie zu einer Verlässlichkeit und Berechenbarkeit, die historisch ihresgleichen sucht. Weber nannte sie die „formal rationalste Form der Herrschaftsausübung“ (Weber 1980, 128). Sie ist universalistisch einsetzbar und technisch effizient. Sie bietet Schutz vor Willkür (ebenda).
Der Ansatz von Weber ist im Kern also eine historische Arbeit, die zu einer wichtigen Organisationstheorie führte. Er propagiert dabei die Bürokratie nicht als einfaches Erfolgskonzept. Man kann sagen, dass Weber nicht nur die Bürokratie als Herrschaftsform (bzw. implizit als Managementform) identifiziert hat, sondern auch gleichzeitig ein bedeutsamer Kritiker des Ansatzes ist. Er spricht von dem „stahlharten Gehäuse“ der Bürokratie. Ihr fehle es an Flexibilität und sie neige zur Überexaktheit (Weber 1980, 835). Robert K. Merton hat für die wortwörtliche Überexaktheit einer Bürokratie ein prägnantes Beispiel genannt. In den USA musste man für den Erhalt der Staatsbürgerschaft früher fünf Jahre auf dem Boden der USA eine Tätigkeit nachweisen, die zum Lebensunterhalt reichte. Ein Antragsteller wurde abgelehnt, weil er als Mitglied einer Antarktis-Expedition den Boden der USA verließ. Obwohl das Schiff, auf dem er unterwegs war, unter amerikanischer Flagge fuhr und er sich zudem in einem Gebiet in der Antarktis aufhielt, das von den USA beansprucht wurde. Man wollte schon das Schiff nicht als amerikanischen Boden betrachten, obwohl es formal rechtlich amerikanischen Gesetzen unterworfen war (Merton 1971, 269).