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Wir können nur das Beste tun, um uns in unserer Kommunikation miteinander zu verbinden, indem wir für die Reise offen bleiben und uns nicht allzu sehr über die Endpunkte sorgen. Es ist dieses Reisen durch die sich entfaltenden Augenblicke - wie der Geist selbst -, was fortwährend stattfindet. Dies ist auch ein Grund dafür, dass wir die Natur der Zeit erforschen werden, dessen, was es wirklich heißt, präsent im Leben zu sein.
Diese Fragen wollen nicht nur zur Erforschung aufrufen, sondern auch die Erleuchtung befördern, die sich aus der Befragung ergibt. Wie mein alter Mentor, Robert Stoller, Doktor der Medizin, einst schrieb: „Doch die Sehnsucht nach Klarheit beinhaltet eine Freude, derer ich nur jetzt völlig gewahr bin. Manchmal, wenn ich einen Satz auf sein absolutes Minimum reduziere, entdecke ich, dass er sich in eine Frage, in ein Paradox oder einen Witz verwandelt (alle drei unterschiedliche Zustände der gleichen Sache, wie Eis, Wasser und Dampf). Das ist eine Befreiung: Klarheit fragt, sie gibt keine Antworten“ (Stoller, 1985).
Wir werden uns hier auf grundlegende Fragen fokussieren – Untersuchungen, die Spaß machen –, die auf verschiedene Elemente des Geistes bezogen sind, die zu einem einzigen Teppich verknüpft werden sollen. Die Untersuchung der Aspekte des Wer, Was, Wo, Wann, Wie und Warum des Geistes wird uns als Orientierung auf dem Weg dienen. Dies wird unser gemeinsamer Grund sein, ein sechsteiliger Kompass mit zwei Linsen, den wir zur Navigation auf unserem Weg gebrauchen werden. Die eine wird die Linse der persönlichen, gefühlten Erfahrung sein: meine in der Beschreibung, Ihre in den Reflexionen über Ihre eintretenden Erfahrungen. Die andere Linse ist eine des wissenschaftlichen und konzeptuellen Argumentierens, der Erkundungen der Forschungsergebnisse und ihrer Implikationen.
Ein Grund dafür, dass ich die Reise des Geistes auf diese besondere Art und Weise gestaltet habe, besteht darin, Sie genauso wie mich selbst dazu einzuladen, die persönliche Erfahrung Ihres eigenen Geistes mit Ihrem eigenen sich entwickelnden Verständnis der wissenschaftlichen Ideen, die diese Erkundung untermauern, zu vermischen. Meine Hoffnung ist es daher, dass dieses „aktive Lesen“ Ihre eigene Neugier und Ihre Imagination einbezieht, genauso wie Ihre eigenen Reflexionen über das mentale Leben, in Kombination mit der Schaffung einer wissenschaftlichen Grundlage des Geistes. Dies ist ein Buch des Hinterfragens, das wir bei der Erforschung der fundamentalen Natur des Geistes gemeinsam realisieren können. Die Worte sind lediglich ein Ausgangspunkt, vielleicht sogar ein anfänglicher Treffpunkt, um uns kennen zu lernen. Die bevorstehende Reise liegt unter, vor und jenseits der Worte selbst.
Ich bin nicht so gut im Witzeerzählen, wie mir meine Kinder oftmals in Erinnerung riefen, aber ich denke, wir werden eine Menge an Paradoxa und Fragen finden, die während unserer Expedition auftauchen. Manchmal ist das Nachdenken über die tief gehende Natur des Geistes verrückt und umwerfend. Manchmal ist es total hysterisch. Es gibt viele Bücher, die Ihnen seitens der ernsten Wissenschaft oder aufgrund persönlicher Reflexion vorgefertigte Antworten anbieten. Dieses Buch bietet Ihnen beides, sowohl persönliche Reflexionen als auch wissenschaftliche Erkenntnisse in einem integrierten Format, voller Hinterfragungen, die unserer bevorstehenden Reise eine Richtung verleihen, die, so hoffe ich, fesselnd und erleuchtend sein wird.
Eine Herausforderung beim Diskutieren über den Geist besteht darin, dass wir den Geist sowohl als persönliche Erfahrung als auch als wissenschaftlich begreifbaren Prozess, als Einheit, Objekt oder Gegenstand in Betracht ziehen müssen. Diese Spannung zwischen dem persönlich Erkennbaren, das von außen nicht beobachtet und quantifizierbar ist, und dem objektiv Erkennbaren, das man von außen beobachten und quantifizieren kann, ist ein typischer Konflikt, der unsere hauptsächlichen akademischen Nachforschungen im letzten Jahrhundert sich von Einsicht und Reflexion über die subjektive Erfahrung in den formalen Studien des Geistes abwenden ließ. Doch wer, was, wann, wo, wie und warum wir auch immer sind, all dies sind Aspekte unseres mentalen Lebens, das, so glaube ich, am besten zu begreifen ist, wenn wir beide Seiten der Natur des Geistes, die subjektive wie die objektive, im Zentrum jeder dieser Facetten unseres Lebens achten.
Meine tiefste Hoffnung ist es, mich mit Ihnen zu verbinden, um die Natur unseres Geistes aufzuklären, Licht in unsere Glaubensinhalte zu bringen und unsere Zweifel aufzudecken, die zentrale Bedeutung des Geistes in unserem Leben zu demonstrieren und ein paar grundlegende Möglichkeiten anzubieten, den Geist zu definieren, so dass wir dann erkunden können, was ein gesunder Geist tatsächlich sein könnte. Sobald wir diese Probleme erkundet haben, besteht der natürliche nächste Schritt darin, die verschiedenen Wege aufzuzeigen, die wir einschlagen könnten, um uns selbst in die Lage zu versetzen, einen gesunden Geist, persönlich und in anderen, zu kultivieren.
Und um unseren Geist zu entdecken, zu erforschen, anzuwenden und zu kultivieren, lade ich Sie dazu ein, mich auf dieser Reise zu begleiten, wenn wir uns ins Herz des Menschseins versenken.
Bereit zum Tauchgang? Lassen Sie uns beginnen – und ich hoffe, Sie genießen unsere bevorstehende Reise.
1 Hierbei handelt es sich um ein Wortspiel, da sich mit „fun-da-mental“ im Englischen sowohl die Worte „fun“ = „Spaß“ als auch „mental“ = „geistig“ assoziieren lassen, A.d.Ü.
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Was ist der Geist?

Im folgenden Abschnitt werden wir uns in eine vorgeschlagene Arbeitsdefinition zu einem Aspekt des Geistes vertiefen, nämlich in jene, eine Funktion in einem System zu besitzen, das einen Energie- und Informationsfluss umfasst. Dieses System befindet sich sowohl innerhalb des Körpers als auch zwischen uns und anderen Wesen – anderen Menschen und der weiteren Umgebung, in der wir leben. Dies ist ein brauchbarer Platz, um unsere Reise in die Natur dessen zu beginnen, was der Geist ist.
An einer Arbeitsdefinition des Geistes arbeiten (1990–1995)
Die 1990er-Jahre wurden „Das Jahrzehnt des Gehirnes“ genannt.
Ich fühlte mich wie ein Kind im Süßwarengeschäft, liebte es, das, was ich als praktizierender Psychiater mit meinen Patienten erfuhr, mit den Erkundungen des Gedächtnisses und auftauchende Geschichten mit Forschungsthemen zu verknüpfen, fortwährend danach trachtend, diese mit dem zu verknüpfen, was wir nun in der Gehirnwissenschaft lernen. Ich hatte meine klinische Ausbildung mit meinem Praktikumsjahr in Pädiatrie, gefolgt von einer Assistenzzeit, zuerst in der Erwachsenen-, dann in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, beendet. Nach einem Forschungsstipendium am National Institute of Mental Health an der University of California in Los Angeles, das sich dem Studium der Art und Weise widmete, wie Eltern-Kind-Beziehungen das Wachstum des Geistes formen, wurde ich gebeten, das klinische Ausbildungsprogramm für die Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universität zu leiten. Ich nahm diese erzieherische Rolle sehr ernst und dachte darüber nach, wie eine umfassende Sichtweise des sich entwickelnden Geistes, der neuen Erkenntnisse über das Gehirn und die Wissenschaft der Beziehungen, die ich studiert hatte, alle zusammenkommen könnten, um eine Art Kerncurriculum für die neue Generation von Klinikern dort zu bilden. Zur gleichen Zeit rief ich eine Studiengruppe mit früheren Lehrern und Kollegen auf dem Campus ins Leben, um die drängende Frage anzugehen: Was ist die Beziehung zwischen dem Geist und dem Gehirn?
Es kamen vierzig Menschen zu unserer Gruppe, die meisten von ihnen Forscher von der Akademie und ein paar Kliniker. Viele Bereiche waren vertreten, einschließlich Physik, Philosophie, Informatik, Biologie, Psychologie, Soziologie, Linguistik und Anthropologie. Die eine Frage, die uns anfangs zusammenbrachte, war diese: Was ist die Verbindung zwischen Geist und Gehirn? Die Gruppe konnte das Gehirn definieren – eine Ansammlung miteinander verbundener Neuronen und anderer Zellen im Kopf, die mit dem ganzen Körper und der Umgebung interagieren. Aber es gab keine Definitionen des Geistes, abgesehen von der geläufigen „Gehirnaktivität“, welche die Neurowissenschaftler im Raum angeben würden, die aber keine akzeptable Sichtweise für die anwesenden Anthropologen oder Linguisten war, die sich auf die soziale Natur der mentalen Prozesse wie Kultur und Sprache fokussierten.
Mein eigener Professor für fiktionales Schreiben, den ich bereits erwähnte, Jerome Bruner, hatte während meines Studienganges als wissenschaftlicher Mitarbeiter gesagt, dass eine Geschichte nicht innerhalb einer Person, als vielmehr zwischen Menschen stattfindet. Sogar in meiner Seminararbeit, wo ich mich fragte, wie Geschichte im Gehirn von traumatisierten Individuen vermittelt werden, drängte er mich, keinen derartigen „Irrtum“ zu begehen und die soziale Natur der Geschichte zu erkennen. Diese Geschichten, die wir erzählen – die Geschichten unseres Lebens, die unsere Erinnerungen und Bedeutungen des Lebens offenbaren – sind mentale Kernprozesse. Ich studierte, wie die Entdeckungen der Bindungsforschung zu Tage brachten, dass die Geschichte eines Elters die beste Prognose für die Bindung jenes Kindes zu jenem Elter war. Wir wussten aufgrund sorgfältiger empirischer Studien, dass das, was als Einzelaktion ihrer eigenen Lebensgeschichte erscheint, irgendwie verbunden ist mit den interpersonellen Interaktionen zwischen Eltern und Kind, die das Wachstum und die Entwicklung des Kindes erleichtern, einen Prozess, den wir als „sichere Bindung“ bezeichnen.

Foto von Lars Ohlckers
Ich hatte gelernt, dass Erzählen ein sozialer Prozess war, etwas zwischen den Menschen Stattfindendes. Diese Geschichten waren es, die uns in Zweierbeziehungen, Familien und Gemeinschaften miteinander verbanden. Ich fragte mich, welche anderen Elemente des Geistes jenseits der Geschichten – unsere Gefühle, Gedanken, Absichten, Hoffnungen, Träume und Erinnerungen – auch zutiefst relational waren.
Zu jener Zeit traf ich auf Menschen, mit denen ich ständig Gespräche und Verbindungen pflegen sollte, die den formen sollten, zu dem ich wurde. Die Psychologen Louis Cozolino, Bonnie Goldstein, Allan Schore und Marion Solomon wurden zu engen Kollegen und Freunden, und ich ahnte gar nicht, dass unsere Leben sogar bis auf den heutigen Tag in stimulierender und lohnender Weise miteinander verflochten bleiben würden, nun ein Vierteljahrhundert später. Meine Beziehungen zu ihnen und vielen anderen Individuen auf diesem Weg wurden zu einem Teil der Geschichte dessen, der ich war. Ich ahnte gar nicht, dass dieses Jahrzehnt auch dem Leben dreier meiner wichtigsten Lehrer, die meine berufliche Entwicklung geformt hatten, ein Ende setzen würde: Robert Stoller, Tom Whitfield und Dennis Cantwell. Mit Lehrern und Kollegen, Freunden und Familie gehen wir Verbindungen ein, die uns tief verwandeln. Beziehungen sind der Schmelztiegel, in dem sich unser Leben entfaltet, da sie unsere Lebensgeschichte formen, unsere Identität prägen und uns zu der Erfahrung dessen führen, der wir sind, und uns dazu befreien oder einengen, der wir werden können.
Obgleich mir auf der Hochschule für Medizin ein Jahrzehnt zuvor beigebracht wurde, dass der Körper einer Person die Quelle von Krankheit und das Zielobjekt unserer Interventionen wäre, schien der menschliche Geist irgendwie über den Körper hinauszureichen. Diese tief gehenden Lektionen über die Bedeutung und soziale Natur individueller Lebensgeschichten bestätigten die Tatsache, dass eine überaus wichtige Quelle von Bedeutung in unserem Leben – (die Geschichten, die uns miteinander verbinden, helfen uns, einer Erfahrung Sinn abzugewinnen, und befähigen uns dazu, voneinander zu lernen) – tief in einem Zwischenbereich unseres relationalen Lebens verortet war.
Sicherlich würden diese Elemente des Geistes auch mit der Gehirnfunktion in Verbindung stehen – diese Verbindung war etwas, das wir in der Neurologie seit über einem Jahrhundert kannten, doch dank rezenter Fortschritte auf dem Gebiet der Bildgebungstechnologie des Gehirnes wurde es stärker beleuchtet und verfeinert. Trotzdem bedeutet, abhängig vom Gehirn zu sein, nicht, auf das Gehirn allein beschränkt zu sein, noch bedeutet es, dass der Geist das Gleiche wie Gehirnaktivität ist, wie wir gesehen haben.
So entgegnete ich Professor Bruner während meiner Abschlusspräsentation für das Seminar, dass ich daran interessiert wäre, zu wissen, wie die neuronalen Prozesse in den Gehirnen von Menschen, die in einer Beziehung zueinander stehen, zur sozialen Natur der Lebensgeschichte beitrugen. Er winkte nur ab mit einem Blick der Frustration und vielleicht auch Verwirrung. Ich verstand dann, dass die Überbrückung von Disziplinen – neuronal und sozial – nicht so einfach zu bewerkstelligen war.
Später hatte ich gelernt, dass der Begriff der Konsilienz1 dazu verwendet werden konnte, einen Prozess zu identifizieren, bei dem wir die universellen Entdeckungen quer durch oftmals voneinander unabhängige Disziplinen machen (Wilson, 1998). Ich schien, ohne diesen Begriff zu kennen, auf der Suche zu sein, Konsilienz beim Verständnis des Geistes zu finden.
Doch selbst wenn diese Disziplinen und ihre Befürworter keine Schnittmenge finden konnten, war die Realität vielleicht selbst von einer solchen Konsilienz erfüllt. Vielleicht waren „neuronal“ und „sozial“ Teile eines grundlegenden Prozesses – nicht nur soziale Stimuli, die das Gehirn beeinflussen wie Lichtreize den Sehnerv beeinflussen, sondern ein fundamentaler Fluss von etwas. Aber was konnte dieses Etwas real sein, etwas, das beispielsweise ein kollaboratives, verbindendes Gespräch zwischen einem Neurologen und einem Anthropologen erleichtern würde?
In unserer neu gebildeten Gemeinschaft von 40 gab es keinen Konsens. Ohne eine Definition dessen, was Geist tatsächlich war, war es kurzum nur „Gehirnaktivität“. Es war schwer, zu einem gemeinsamen Verständnis der Beziehung zwischen Gehirn und Geist zu gelangen, geschweige denn einen Weg zu finden, effektiv und respektvoll miteinander zu kommunizieren.
Die Gruppe schien kurz davor zu sein, sich aufzulösen.
Mit dem Fokus auf Krankheitsmodelle psychischer Störungen in jenen Tagen des Diagnostic and Statistical Manual of Disorders, des DSM [dt. „Diagnostisch und statistischer Leitfaden psychischer Störungen“, kurz DSM, A.d.Ü.], nebst der zunehmenden Bedeutung pharmazeutischer Interventionen und den wissenschaftlichen Erklärungen, dass Geist lediglich ein Ergebnis des Gehirnes sei, wurde die Diskussion des Problems in unserer Studiengruppe ziemlich intensiv: War Geist nur Gehirnaktivität oder war er mehr?
Die Gruppe war angesichts der Ermanglung einer gemeinsamen Sichtweise des Geistes in einen Stillstand geraten. Als Moderator der Gruppe, der mit jedem Einzelnen im Raum, den ich persönlich eingeladen hatte, in Verbindung stand, verspürte ich die dringende Notwendigkeit, etwas zu unternehmen, das diese nachdenklichen Menschen in die Lage versetzen könnte, besser miteinander zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Wenn die Gruppe sich weiterhin treffen sollte, musste etwas getan werden.
Als Hochschulstudent 15 Jahre zuvor arbeitete ich in einem Biochemie-Labor, das nach einem Enzym forschte, das Lachse dazu befähigen könnte, aus dem Süßins Salzwasser zu wechseln. Nachts arbeitete ich bei einer Telefonseelsorge für Suizidgefährdete. Als Student der Biologie lernte ich, dass Enzyme unabdingbar für das Überleben waren; und als Freiwilliger auf dem Gebiet mentaler respektive psychischer Gesundheit lernte ich, dass die Natur emotionaler Kommunikation zwischen zwei Menschen während einer Krise den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen konnte.
Ich fragte mich, ob Enzyme und Emotionen einen gemeinsamen Grund teilten, einen gemeinsamen Mechanismus für das Überleben des Lachses und den Suizid; konnten das Gehirn und die Beziehungen nicht auch über ein gemeinsames Element verfügen? Mit anderen Worten, wenn die molekularen Prozesse der Energieaktivierung, welche die Enzyme ermöglichten, den Fischen erlaubten, zu überleben, und wenn die emotionale Kommunikation zwischen zwei Menschen die Hoffnung lebendig erhalten konnte, könnte das Leben selbst vor irgendwelchen grundlegenden Transformationen abhängen, die von enzymatischen Energieprozessen und der Energie emotionaler Verbindungen geteilt wurden? Könnten sich das Gehirn und die Beziehungen nicht einen konsilienten Grund ihrer Essenz teilen? Könnten sie nicht zwei Aspekte eines Systems sein? Und könnte diese Essenz, die Gehirn und Beziehungen verknüpfte die Natur des Geistes offenbaren? Könnte es etwas in dieser Essenz geben, das jedes Gruppenmitglied umfassen könnte, um die Gruppe vor dem Implodieren aufgrund der Spannung und dem Mangel an gegenseitigem Verständnis und Respekt abzuhalten?
Eine Woche nach unserem ersten Treffen begab ich mich auf einen sehr, sehr langen Spanziergang am Strand, richtete meinen Blick auf die Wellen am Strand, wo ich aufgewachsen war, wanderte die Küstenlinie der Bucht von Santa Monica auf und ab und stellte mir Fragen. Über jenen Ort nachzudenken, an dem das Meer auf das Land trifft und an dem ich mein Leben gelebt hatte, dort auf jenem Sandstrand, erfüllte mich mit einem Gefühl der Kontinuität, etwas, das Damals und Jetzt, Wasser und Land miteinander verknüpfte. Ich hatte den Eindruck, dass Wellen, Energiewellen, ein Element darstellten, das Gehirn und Beziehungen gemeinsam war. Wellen verändern sich ständig, entfalten sich in jedem Augenblick auf neu auftauchende Arten und Weisen, bilden Muster, die dynamisch sind – das heißt, dass sie aufsteigen und fallen, sich verändern, sich gegenseitig beeinflussen.
Energiewellen tauchen als Muster auf, als Veränderungen des Energieflusses von Moment zu Moment. Energie tritt in unterschiedlichen Formen auf, wie Licht oder Klang, als eine Reihe von Frequenzen und als Amplitudenverteilung. Selbst Zeit kann mit dem Auftauchen von Energiemustern in Verbindung gesetzt werden, wie moderne Physiker es nun aufgrund ihrer neuen Sichtweisen der Natur von Energie und Realität erforschen. Diesen neuen Sichtweisen zufolge beeinflussen die festen Energiewellen der Vergangenheit das Entstehen von Wellen in der Gegenwart und formen die Entfaltung der potenziellen neuen Wellen. Fix, entstehend und offen, könnte Zeit selbst die Veränderung von Energie entlang eines Spektrums zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit mit sich bringen.
Energie, sagen Physiker, wird am besten beschrieben als ein Potenzial, etwas zu tun. Dieses Potenzial wird gemessen als die Bewegung zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit entlang eines Spektrums von Wahrscheinlichkeiten, was manchmal als Wellenfunktion oder Wahrscheinlichkeitsverteilungskurve bezeichnet wird. Wir erfahren diesen Energiefluss nicht als eine irgendwie magische, nicht wissenschaftliche Sache, sondern als fundamental für die Welt, in der wir alle leben. Wir mögen die Energiefelder, die uns umgeben, nicht sehen, wie es der berühmte Wissenschaftler Michael Faraday vor zwei Jahrhunderten bei seiner Entdeckung der Elektrolyse und des Elektromagnetismus beschrieb, aber sie sind real. Wir mögen desgleichen auch oftmals die Ursprünge der Energie als ein Meer des Möglichen nicht spüren, aber wir erfahren in unserem Gewahrsein die Herausbildung des Möglichen zum Wirklichen, Tatsächlichen. Das ist der Energiefluss, die Veränderung dieser Wahrscheinlichkeitsfunktion. Das Licht ist aus, nun ist das Licht an. Der Raum ist still, nun sprechen Sie. Sie sehen jemanden auf sich zukommen, einen lieben Freund, und werden Zeuge einer warmen Willkommensumarmung. Das ist die Transformation von Möglichkeit in Wirklichkeit. Es ist der Energiefluss, den wir jeden Moment unseres Lebens erfahren.
Einiges an diesem eintretenden Energiefluss hat symbolischen Wert mit einer Bedeutung jenseits der Energiemuster selbst. Ich weiß von der Kognitionswissenschaft, dass solch eine symbolische Bedeutung „Information“ genannt werden könnte. Ich schreibe oder spreche Kauderwelsch, und es könnte keine Bedeutung haben. Aber ich schreibe oder sage, „Golden Gate Bridge“, und voilà, Energie besitzt Information – sie steht für etwas anderes als die reine Form von Energie, die sich aus einem Meer an Möglichkeiten in diese eine Wirklichkeit manifestiert hat. Nun sage ich „Eiffelturm“, und aus dem weiten Meer fast unendlicher Potenzialitäten taucht dieses eine Energiemuster auf, eine Information, die sich als sprachliches Symbol dieser architektonischen Struktur in Paris manifestiert.
Doch nicht alle Energiemuster enthalten Informationen. Daher könnte das Element, das Gehirn und Beziehungen gemeinsam haben, Energie selbst sein; oder, um vollständig zu sein, jenes gemeinsame Element könnte einfach „Energie und Information“ genannt werden. Wenn sie danach gefragt werden, legen viele Wissenschaftler dar, dass alle Informationen von Energiewellen oder Energiemustern mitgeführt werden. Andere Wissenschaftler sehen das Universum als grundlegend aus Informationen bestehend an, wobei Energiemuster aus jener Basis der Realität auftauchen, ein aus Informationen konstruiertes Universum. Dergestalt drücken sich Informationen selbst in jeder Sichtweise mittels Energieumwandlungen aus, die Entfaltung des Potenzials, etwas zu tun, in ein reales Etwas. Das ist Energie in einer Nussschale. Beide Begriffe, Energie und Information, könnten eine brauchbare Grundlage der Betrachtung darstellen, vor allem dann, wenn beide Perspektiven zu einem einheitlichen Konzept zusammengefügt werden.
Diese Muster oder Wellen entstehen, wenn sich Energie in der Zeit verändert, wenn sie fließt, sich jeder Augenblick in der Gegenwart entfaltet. Für unsere Erfahrung des geistigen Lebens, das sich ständig entwickelt und verändert, scheint der Begriff des Flusses [bzw. des Fließens, A.d.Ü.] gut zu passen. Selbst wenn der Vorschlag einiger Physiker, dass Zeit kein einheitlicher Prozess sei, wie wir ihn uns vorstellen, sich als wahr herausstellt, ist jene Zeit keine in sich verschiedene Entität in der Welt, die fließt, als vielmehr ein mentales Konstrukt unseres Gewahrseins der Veränderung; alle Wissenschaftler stimmen darin überein, dass die Realität von Veränderung erfüllt ist, wenn nicht durch die Zeit, dann durch den Raum oder durch die Wahrscheinlichkeitskurve. Veränderung entlang der Wahrscheinlichkeitskurve meint die Bewegung der Energie entlang des Spektrums zwischen offenem Potenzial und Realisation als Tatsächlichkeit. Daher können wir den Begriff Fluss verwenden, um die Veränderung durch die Zeit oder den Raum oder die Wahrscheinlichkeit oder vielleicht irgendeinen anderen Aspekt der Realität zu kennzeichnen. Fluss bedeutet Veränderung. Wir können die Wendung „durch die Zeit“ wie in „Fluss der Zeit“ verwenden, um einfach diesen Fluss nachzuvollziehen, die verschiedenen Dimensionen der Veränderung in unserer gelebten Wirklichkeit. Und daher könnte der grundlegende Ausdruck für dieses vorgeschlagene zentrale Element des Geistes „Energie- und Informationsfluss“ sein.
Ich hatte damals, wie heute noch, den Eindruck, dass man vorschlagen könnte, dass der Energie- und Informationsfluss das zentrale Element eines Systems ist, das der Ursprung des Geistes ist.
Aber was ist dieses System, aus dem der Geist entsteht? Was ist es, was sind seine Grenzen und was sind seine Eigenschaften? Das Grundelement dieses Systems könnte Energie- und Informationsfluss sein – doch wo taucht dieser auf?
Den Strand entlanggehend und die Wellen beobachtend, schien es mir, dass das Ufer sowohl vom Sand als auch vom Meer gebildet wurde. Die entstehende Küstenlinie ergab sich aufgrund des Sandes und des Meeres, nicht aufgrund eines der beiden. Die Küste war sowohl Strand als auch Meer.
Könnte der Geist, irgendwie, sowohl innerhalb als auch dazwischen sein?
Energie und Informationen fließen durch den ganzen Körper, nicht nur durch das Gehirn. Energie und Informationen fließen auch zwischen einer Person und anderen Menschen in Kommunikationsmustern und in Verbindungen mit der weiteren Umgebung, in der jene Person lebt – wie diese von mir an Sie durch das Buch übermittelten Worte. Wir können sagen, dass der Energie- und Informationsfluss zwischen unserem Körper und den nicht körperhaften Komponenten der Welt stattfindet – die Welt der „anderen“ und unserer Umgebung – genauso wie in uns selbst – innerhalb unseres Körpers, einschließlich des Gehirnes. Ich setze das Wort andere in Anführungszeichen, um uns daran zu erinnern, dass dies lediglich ein Wort ist – die Vorstellung eines Selbst respektive eines Ich versus den anderen müssen wir auf unserem Erkundungsweg vor unserem geistigen Auge behalten.