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Narzissten bauen eine nutzenorientierte Beziehung auf, das bedeutet, sie fragen sich stets: Welchen Nutzen hat jemand für sie?
Sie nutzen Beziehungen emotional und materiell aus, suchen immer ihren Vorteil. Zum Beispiel werden Geschäftspartner über den Tisch gezogen, in Partnerschaften wird der Partner finanziell ausgebeutet. Das geschieht manchmal ganz subtil durch Sätze wie: “Ach Schatz, ich habe meine Geldbörse vergessen, kannst du bitte bezahlen?” Oder vor lauter Liebe zieht er/sie sofort bei dir ein und lebt plötzlich von und auf deine Kosten, weil seine/ihre Wohnung renoviert wird, leider unverschuldet gekündigt wurde oder was auch immer. Sie stellen sich oft als “Finanzexperten” dar und wollen dir helfen, dein Geld anzulegen oder zu verwalten – und ruck, zuck haben sie Zugriff auf dein Konto und deine Finanzen.
Ein Narzisst führt extreme Beziehungen, bei denen der Partner am Anfang “idealisiert” und später oft erniedriget, entwertet und weggeworfen wird. On-Off-Beziehungen oder mehrere gleichzeitig sind keine Seltenheit. Die betroffenen Partner erleben Himmel und Hölle zugleich.
Ein Narzisst ist oft unfähig, andere zu verstehen oder die Gefühle anderer wahrzunehmen, man spricht auch von der fehlenden Empathiekompetenz oder dem Willen für Empathie. Meiner Meinung nach besitzen sie einen “gewissen Grad” an Einfühlungsvermögen. Zumindest haben sie die Fähigkeit, dich zu lesen, zu deuten, und sie erkennen ganz genau, wo deine Schwachstellen sind und wie sie bei dir landen können. Sie lernen, wie sie Vertrauen aufbauen und wie sie dich manipulieren können, damit du dich in sie verliebst, dich in ihnen verlierst, ihnen vertraust oder ihnen sogar dein Geld anvertraust.
Ein Narzisst beutet andere gezielt zu seinem Vorteil aus, und wenn die anderen nicht mitspielen, werden sie fallen gelassen, die Protagonisten (Partner, Geschäftspartner, Freunde) werden ausgetauscht.
Jeder zarte Hauch von Kritik wird schon als Verletzung und Beleidigung aufgefasst. Diese Empfindlichkeit wird noch gesteigert in der Überzeugung, zu wenig Bewunderung oder Applaus zu bekommen, denn das wurde statt Kritik erwartet.
Konfrontiert man Narzissten mit ihrem eigenen Fehlverhalten, drehen sie den Spieß um und stellen sich als Opfer und dich als Täter hin.
Ein Narzisst ist gekränkt und beleidigt, wenn andere nicht tun, was er Narzisst will, dass sie tun.
Er stellt andere in der Öffentlichkeit bloß, macht Witze über sie und macht sich lustig über andere. Wenn du dich wehrst, wirst du als zickig und schwierig hingestellt vor den Freunden oder Kollegen.
Ein Narzisst lebt das Drama und setzt sich gerne in Szene.
Werden Narzissten und ihre Spielchen, Fehler oder Machenschaften entlarvt, verlassen sie die Bühne, oft mit viel Drama und viel Chaos. Dann stellen sie sich als Opfer von Intrigen dar und suchen sich einen neuen Wirkungskreis. Diesem wird dann erzählt, wie schlimm alles war und dass sie für die Pleite, die Schulden, den Jobverlust oder dass sie verlassen wurden nichts können, sie sind hier die Opfer.
Narzissten spielen in der Öffentlichkeit den Charmanten, Strahlenden, Zuvorkommenden. Die Freunde oder Kollegen beneiden dich um diese Traumfrau/diesen Traumprinzen und können nicht verstehen, dass du in dieser Beziehung leidest oder etwas Schlechtes über deinen Partner sagst. Erst auf dem Weg zum Auto oder wenn die Gäste gegangen sind, kippt die Stimmung und der Narzisst zeigt sein wahres Gesicht. Ich sage immer: Dann fällt das Engelsgesicht und die “Hassfresse” kommt zum Vorschein.
Narzissten entschuldigen sich nicht – und wenn sie es tun sollten, dann ist es mit einem konkreten Ziel verbunden, sei es, dich zurückzugewinnen, sei es, dass du etwas für sie erledigst. Was auch immer, es ist nie ehrlich gemeint.
Ein Narzisst erwartet besondere Vergünstigungen und generell Bevorzugung, ohne selbst Verpflichtungen zu übernehmen, z. B. den besten Platz im Restaurant oder Rabatte, die sonst keiner bekommt.
Er übervorteilt andere, um seinen eigenen Selbstwert zu steigern und um sich seine Wünsche zu erfüllen. Dabei missachtet er die persönliche Integrität und die Rechte der anderen. Das geschieht insbesondere im Zeitalter der sozialen Medien, da werden Menschen öffentlich an den Pranger gestellt, namentlich bloßgestellt, denunziert und andere werden gerne “aufgeklärt”. Dafür gibt es inzwischen den Begriff “digitale Gewalt und Missbrauch”.
Narzissten lügen oft und glauben das, was sie erzählen. Wenn man sie korrigiert oder die Wahrheit belegen kann, wird man als unwissend, belehrend oder rechthaberisch hingestellt. Oder es kommen Sprüche wie: “Du vertraust mir nicht, wie soll ich dann noch mit dir zusammen sein?”
Sie haben immer Recht. Egal, wie sehr sie gerade lügen oder wie groß der Betrug ist, sie haben für alles eine Erklärung und eine Ausrede parat. Der Fehler liegt grundsätzlich nicht bei ihnen.
Als Partner wirst du als “Besitz” betrachtet, sie kontrollieren z. B. das Handy, die Profile auf den sozialen Medien und jeder fremde Like und Kommentar wird wieder als persönliche Beleidigung angesehen. Die Kontrolle kann sogar so weit gehen, dass der PC heimlich angezapft wird, auf das Handy eine Ortungs-App gespielt wird und deine Bankkonten eingefroren werden.
Narzissten suchen sich starke Frauen oder Männer, um anzudocken, sie auszulaugen, von ihrem Wissen, Glanz und Strahlen zu profitieren – nur um dann, wenn sie ihre Partner ausgelaugt haben, weiterzuziehen. Oder sie suchen sich Menschen mit Helfersyndrom, die immer mehr geben und sich für andere “aufopfern”, denn sie selbst sind vom Stamme NIMM.
Ein Narzisst macht andere klein, um sich groß zu fühlen. Hier passt das Beispiel einer Klientin, deren Mann immer “Kleines” zu ihr sagte. Sie mochte es nicht und bat ihn, es zu unterlassen. Daraufhin sagte er zu ihr: “Wieso denn? Du kannst doch gerne ‘Großer’ zu mir sagen.”
Narzissten sind oft sehr charismatisch, hochintelligent und haben ein “selbstsicheres” und einnehmendes Auftreten. Wenn sie den Raum betreten, dann nehmen sie ihn auch ein und wollen im Mittelpunkt stehen.
Sie neigen oft zu Suchtverhalten, z. B. Sexsucht, Alkoholismus oder Drogen.
Narzissten sind vermeintlich hilfsbereit … wollen sich aber eigentlich nur in das Leben der anderen drängen. Dafür geben sie vor, deine Ehe retten zu wollen, dir in deinem Business oder bei deinen Finanzen helfen zu wollen, dich unterstützen zu wollen … um dich am Ende in einer Abhängigkeit zu haben, um die Fäden in der Hand zu halten, um mehr Kontrolle über dich und dein Leben zu erlangen – und um dir dann immer wieder mangelnde Dankbarkeit vorwerfen zu können.
Narzissten sind oft krankhaft eifersüchtig, dabei gehen sie selbst fremd und unterstellen dir dann, zu flirten oder fremdzugehen, um von sich selbst abzulenken. Du bist in der Dauerschleife unter Beschuss und musst dich rechtfertigen für etwas, das nur in seinem/ihrem Kopf stattfindet. Das ist eine Form von “Gas-Lightning”.
Narzissten gehen vor allem fremd, um den eigenen Selbstwert zu steigern oder weil die/der Nächste das hat, was er/sie sucht, um seine Bedürfnisse zu befriedigen – sei es sexuell, finanziell oder seien es andere Vorteile wie eine bessere Wohnung, öffentliches Ansehen, besseres Aussehen … Er/sie passt das Beuteschema seinen jeweiligen Bedürfnissen an.
Vielleicht hast du bereits hier und da ein paar Merkmale oder Verhaltensweisen an einem Menschen in deinem Umfeld wiedererkannt und kannst in Zukunft die Situation besser einschätzen und verstehen.
Vergiss bitte nicht, auch wir haben manchmal narzisstische Anteile in uns, jedoch sind die Grenzen zwischen negativem und positivem Narzissmus nicht immer klar definiert und lassen sich daher nicht immer eindeutig ziehen. Lieben wir es nicht auch mal, im Mittelpunkt zu stehen oder Komplimente zu bekommen, wenn unser Ego gestreichelt wird? Das ist völlig in Ordnung und normal. Wenn jedoch die hier beschriebenen Eigenschaften geballt und massiv bei einer Person auftreten und regelmäßig wiederkehren, so dass er/sie selbst und vor allem das Umfeld darunter leiden, dann liegt der Verdacht nahe, dass es sich um eine krankhafte Persönlichkeitsstörung handelt. Die Diagnose sollte jedoch ein Arzt oder ein Psychologe stellen. Deshalb spreche ich hier im Buch auch gerne von narzisstischen Persönlichkeitsmerkmalen und -anteilen oder von narzisstischen Strukturen, die wir wahrnehmen.
Weiblicher Narzissmus
Der männliche und der weibliche Narzissmus unterscheiden sich nicht unbedingt grundlegend, sondern haben so viele Überschneidungen, weshalb ich hier nicht alles wiederholen werde. Doch während der männliche von verbaler und auch physischer Gewalt geprägt ist, ist der weibliche Narzissmus viel subtiler, schleichender und unterschwelliger. Ich selbst wurde von einer “Freundin” eingelullt, sie hatte die Mitleidsnummer aufgelegt und mich bei meinem “Helfersyndrom” gepackt. Sie stellte sich nach einer Trennung als armes Opfer dar, und da ich bereits Bücher über Trennungen geschrieben hatte, suchte sie meine Nähe und immer wieder meinen Rat. Ich kannte ihre Partnerschaft und ihr Umfeld nicht persönlich, also warum sollte ich ihr keinen Glauben schenken?
Da ich über den Jahreswechsel plante, nach Mallorca zu fliegen, lud ich sie ein, ein paar Tage mitzukommen, jedoch ihre Kosten selbst zu übernehmen. Die Ferienwohnung eines Freundes war groß genug. Bereits bei der Buchung stellte sie sich immer wieder als technisch unfähig hin und wollte mich manipulieren, damit ich ihr den Flug buche und in Vorkasse gehe. Meine Antwort war ein klares Nein, wer in den Urlaub will, kann ihn selbst buchen. Und siehe da, plötzlich funktionierte es. Ich bot ihr nur ein paar Tage an, doch plötzlich hatte sie die ganze Zeit meines Aufenthalts gebucht. So war es nicht abgesprochen gewesen. Ich sprach sie darauf an, und sie tat völlig unschuldig und hatte tausend Gründe, warum sie nicht alleine früher zurückfliegen konnte, warum sie sich nicht traute, allein nach Hause zu fliegen. Sie stellte sich als völlig unfähig hin, das alleine zu können usw.
Nun, das Kind war in den Brunnen gefallen, der Flug gebucht und ich dachte mir: ‘Na ja, ich muss ja nicht jeden Tag mit ihr verbringen.’ Das brachte ich auch klar zum Ausdruck, was sie akzeptierte. Dachte ich … Doch in Wirklichkeit klammerte sie so sehr und ließ mir kaum Luft für meine Aktivitäten oder dafür, meine Freunde alleine zu besuchen usw.
Sie inszenierte ein Drama nach dem anderen, und ich hörte mir ihre Storys an: sie das arme Opfer, die Ex die Böse … Sie suchte immer noch nach dem WARUM … und in tagelangen Gesprächen und Coachings, in denen es immer nur um sie ging, kamen wir dem Warum und der Lösung endlich auf den Grund. Ich war erleichtert, endlich konnte ich mich um meine Bücher und um mich kümmern. Welch ein frommer Wunsch und naiver Gedanke, zu diesem Zeitpunkt hatte ich ihr Spiel noch nicht durchschaut.
Dann hatte ich eine Lesung auf einer Event-Finca zu meinem Buch “Wie aus Wunden Wunder werden”. Ich stand im Mittelpunkt, meine Freunde und Bekannten kamen wegen mir. Ich hatte die Aufmerksamkeit meiner Zuhörer und Gäste. Plötzlich brach sie in Tränen aus, inszenierte wieder ein Drama, um die Aufmerksamkeit aller auf sich zu ziehen, um im Zentrum zu stehen und die “Bühne” an sich zu reißen. Sie buhlte um Mitleid – und plötzlich war da keine Klarheit mehr, das Warum nicht gelöst oder geklärt. Denn wenn das Problem weg gewesen wäre, dann hätte sie ja nichts mehr gehabt, um sich in den Mittelpunkt zu drängen und um Anteilnahme und Aufmerksamkeit zu buhlen; es würde das Werkzeug fehlen, um sich ihre Dramabühne zu erschaffen. In diesem Moment hatte ich ihr Spielchen durchschaut und hätte ehrlich gesagt “kotzen” können, weil ich mich so um meine Zeit beraubt fühlte, auch ausgenutzt und im wahrsten Sinne missbraucht. Ich hatte keine Lust auf ihr Drama und gab ihr keinen Raum mehr. Lieber kümmerte ich mich um meine Gäste, aber es fanden sich natürlich Menschen, die ihr ihre narzisstische Zufuhr gaben und sie auf ihrer Dramabühne beklatschten.
Die Tage vergingen, ich durchschaute sie immer mehr und mehr, doch überall musste sie dabei sein. Mir blieb nicht anderes übrig, als sie mitzunehmen und ihr meine Freunde und Bekannten auf der Insel vorzustellen. Ich wollte einfach meine Freunde treffen, was hatte ich schon zu verlieren? Doch auch hier ging jedes Mal das Drama los um die “arme Verlassene und die böse Ex” und wie sehr sie darunter litt. Ich konnte es nicht mehr hören, weil es sich immer mehr nach einer Lüge anhörte, je öfter ich es mir anhören musste. Kaum waren wir im Auto auf der Rückfahrt in die Unterkunft, vernetzte sie sich sofort auf den Social-Media-Kanälen mit meinen Freunden. Sie schrieb oder schickte ihnen noch aus dem Auto heraus Sprachnachrichten mit zum Teil folgendem Wortlaut: “Meine liebe …, es ist so schön, dich kennenzulernen, das ist ein Geschenk, dass wir uns begegnet sind, und ich freue mich so sehr, mit dir befreundet zu sein.” Wer fühlt sich da nicht gebauchpinselt? Wer denkt da nicht daran, was für eine liebe und sympathische Frau das doch ist? Wer denkt da nicht selbst, dass es schön ist, sich begegnet zu sein?
Das Spiel mit den “Flying Monkeys” begann und die Dramabühne wurde jedes Mal auf ein Neues eröffnet, ihre “noch nicht überwundene Trennung” wieder und wieder als Plattform für Mitleid genutzt. Sind wir mal ehrlich, wer von uns hat kein Mitgefühl mit jemandem, der verlassen wurde und die Wahrheit noch nicht kennt? Ich war ja selbst hereingefallen und hatte ihr aus Mitleid angeboten, ein paar Tage mitzugehen. Jetzt hatte ich den Salat.
Ich für meinen Teil konnte es nicht mehr hören und fühlte mich um meine Zeit beraubt und verarscht. Wenn ich sie darauf ansprach, verfiel sie in bitterliches Weinen, stellte mich als herzlos und egoistisch hin, es müsse sich ja immer alles um mich drehen. Ich hätte ja so gar kein Einfühlungsvermögen, wie es ihr damit gehe usw.
Das Spannendste war dann eines Morgens, als ich aufwachte und auf Facebook ein Live von ihr sah. Sie saß vor meinem Schlafzimmerfenster und strahlte in die Kamera, erzählte, wie toll alles wäre auf der Insel, wie unglaublich schön die Zeit hier wäre und wie sehr ich ihr in ihrem Liebeskummer und dieser so schweren Zeit geholfen habe. Sie grinste und strahlte. Ich dachte mir: ‘Wow, das kann heute ein schöner Tag werden, ohne Gejammer.’ Wie wir alle wissen: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Dann kam sie zur Tür herein, setzte sich auf meine Bettkante, krümmte sich und hielt sich den Bauch vor Schmerzen. Sie erzählte mir, wie schlecht es ihr gehe, wie sie gerade unter seelischen und körperlichen Schmerzen leide und wie schlimm alles sei. Echt jetzt? Ich hielt ihr Facebook und ihr eigenes Video hin und fragte sie, was sich denn bitte in einer Minute verändert habe? Ihre Antwort versetzte mich nur wieder in blankes Entsetzen. Na ja, Facebook und die Medien seien ja alles nur Fake, da müsse sie ja so tun als ob und spielen, um Aufmerksamkeit zu bekommen, das machten doch alle.
Und in diesem Augenblick durchschaute ich ihre Machenschaften und Manipulationsversuche. Einen Tag zuvor hatte ich verkündet, dass ich diesen Tag alleine verbringen wollte und sie sich alleine beschäftigen müsse. Das war am Tag zuvor auch kein Problem gewesen, doch nun sollte ich mich gefälligst um sie kümmern, weil sie sich ja krümmte.
Ich bot ihr aber keine Bühne für ihre Lügen, ihr Drama, sondern ich nahm sie mit zu einer Freundin – und sie suchte sich schnell meine Freundinnen als neue Bühne. Denn dort bekam sie die Bewunderung, die sie so dringend brauchte, das Mitleid, das ihre Seele nährte. Vor allem konnte ihr diese Freundin eine bessere Urlaubsmöglichkeiten bieten, da sie auf der Insel wohnte. Somit war klar, ich war nur ein Sprungbrett gewesen, aber jetzt nicht länger dienlich, weil ich sie und ihr Schauspiel durchschaut hatte. Sie klammerte sich sofort an meine Freundin und trieb einen Keil zwischen uns.
Da zog ich mich lieber zurück und überließ ihr die Bühne. Echte Freunde spüren es, wenn sich jemand wie ein kleines Baby in die Bettritze des Ehebettes drängt und nach dem Schnuller schreit. Ich brachte sie dann auch zu besagter Freundin, um endlich einen Tag für mich zu haben und mich mit anderen Freunden treffen zu können. Die beiden hatten sich wohl gesucht und gefunden, auf jeden Fall verstanden sie sich blendend. Abends wollten wir uns zum gemeinsamen Abendessen treffen, aber sie ließen mich 45 Minuten vor dem Restaurant stehen und warten, und als wir im Lokal saßen, war es, als ob ich gar nicht anwesend wäre. Als ich dann mal etwas sagte, weil ich durchaus langsam angekäst war (was ja bei 45 Minuten in der Kälte, ohne eine Erklärung oder Antwort, warum sie nicht pünktlich gewesen waren, durchaus verständlich ist), wurde ich erstaunt gefragt, was ich nur hätte? Es müsse sich doch nicht immer alles um mich drehen. Da war ich mal sprachlos. Da die beiden aber ohnehin nur mit sich beschäftigt waren, machte es keinen Sinn, etwas zu sagen, und ich verschwendete keine Energie darauf. Um ehrlich zu sein, war ich so froh, dass wir nur noch einen Tag hatten – und den wollte ich dann am Strand und in meiner Lieblingsstrandbar verbringen, um entspannt Abschied zu nehmen. Ich konnte noch nicht ahnen, dass das größte Drama noch vor mir liegen sollte.
Die beiden hatten sich verabredet, damit die Dramaqueen endlich noch mehr Bühne bekommen und mal auf ein Pferd steigen konnte. Sie hatte meine Freundin völlig in ihrem Helfer- und Heilersyndrom getroffen – und die (offensichtlich gespielte) “Angst” vor Pferden musste ja “geheilt” werden, sie musste unbedingt auf einem Pferd sitzen, um die Angst zu verlieren. Für jemanden, der das Spiel noch nicht durchschaut hatte, war die “Hilfe” etwas Selbstverständliches. Und ehrlich gesagt, ich fand das eine total schöne Geste von meiner Freundin, die ja auf Mallorca lebte und Pferde hatte. Also habe ich die Dramaqueen gerne zu ihr gefahren, weil auch ich mich bei den Pferden wohl fühlte. Sie saß dann endlich auf dem Pferd und achtete natürlich sehr darauf, dass sie meine Aufmerksamkeit hatte und ich sie unbedingt dabei fotografierte. Auf der Weide lief ich ihr hinterher und fotografierte und filmte sie. Dann setzte ich mich auf einen kleinen Hocker, der dort stand, und bearbeitete die Bilder sofort auf meinem Handy, damit sie die Bilder ihrem Sohn und Freunden schicken konnte. Dann trabte sie zu mir und rief mir zu: “Gisa, bist du noch bei mir?” Ich dachte, ich höre jetzt nicht richtig. Seit wir hier waren, drehte sich alles nur um sie. Ich setzte mich hin und bearbeitete die Bilder für sie, damit sie sie sofort verwenden konnte, und nun fühlte sie sich zu wenig beklatscht und beachtet?! In mir grummelte es inzwischen beachtlich, um nicht zu sagen, ich war kurz vor einer Explosion.
Ich schaute auf die Uhr und hatte gar nicht bemerkt, wie schnell die Zeit vergangen war, wir hatten noch einen Tisch reserviert und das Pferd musste noch versorgt werden. Also sagte ich den beiden Ladys, wie spät es inzwischen war. Meine Insel-Freundin meinte entsetzt: “Oh, schon so spät! Ach, Gisa hättest du auch mal reiten wollen?” Ich verschob es einfach auf ein anderes Mal, denn ehrlich gesagt wollte ich endlich ans Meer, um mich emotional zu verabschieden. Für mich war es völlig okay, nicht aufs Pferd zu steigen. Mir war inzwischen kalt und ich hatte keine Lust mehr.
Als wir dann im Auto saßen, fing die Freundin an, warum ich nicht früher gesagt hätte, dass ich reiten wollte. Ich meinte nur: “Na ja, wir waren zu dritt und das hätte man sich denken können … Aber es war eben einfach keine Zeit mehr gewesen und mir war es auch nicht so wichtig.” Dann begann sie, mir die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben, ich wäre doch selbst schuld, dass ich nicht zum Reiten gekommen wäre, und ich solle mich doch jetzt nicht als Opfer darstellen. Zack, ich war schuld, sollte mich nicht so anstellen …
Du kannst dir vorstellen, dass ich in diesem Moment tatsächlich geplatzt bin. Ich habe ihr ganz klar und deutlich gesagt, dass es den ganzen Urlaub, meinen Urlaub, nur um sie gegangen ist, sie sich, egal wo wir waren, in den Mittelpunkt gedrängt hat, jedes Mal in ihr Drama verfallen ist und jetzt sogar noch versuchte, mir die Schuld überstülpen zu wollen. Mir sagte sie jetzt, dass sich immer alles um mich drehen müsse. Ich war so wütend. Und weißt du was? Sie saß plötzlich zusammengekauert, weinend, wie ein Opfer neben mir. In Tränen aufgelöst musste ich mir anhören, wie schlimm ich wäre, sie wolle mir doch nur alles recht machen und wüsste gar nicht mehr, wie sie sich verhalten solle. So schlimm wäre sie noch NIE behandelt worden. Ich war sprachlos und entsetzt. Sie war enttarnt, entlarvt und aufgeflogen in ihren Machenschaften und drehte den Spieß in diesem Moment einfach um, stellte mich als Täterin hin.
Auf dem Parkplatz der Strandbar musste ich zu erst ein paar Mal tief ein- und ausatmen, damit nicht gleich ein Unglück geschah. Sie setzte sich sofort ein paar Meter von mir entfernt auf einen Stein, krümmte sich und weinte, um mir meine Grausamkeit zu demonstrieren, wie schlimm ich wäre und wie schrecklich ich mit ihr umgehen würde.
Ich konnte das ignorieren, und als wir dann zu unserem Tisch kamen, konnte ich es mir nicht verkneifen zu sagen, dass ich ihr Verhalten unmöglich finde. Sie selbst könne jetzt entscheiden, ob sie in diesem kindischen Verhalten bleiben und uns beiden damit den Abend versauen wolle oder ob sie sich mal wie ein erwachsener Mensch benehmen wolle. Sie blieb aber vorerst in ihrem Drama. Erst als die Freundin kam, ich sie ignorierte und sie bemerkte, dass sie keine Bühne mehr bekam, löste sich das Drama auf.
Es ist so spannend, das Schauspiel von außen zu betrachten und zu enttarnen. Aber es ist auch spannend zu sehen, was es für eine Wirkung auf die betreffende Person hat und wie schnell man vom Helden zum Täter wird.
Typisch für weibliche Narzissten ist:
• Es muss sich grundsätzlich immer alles um sie drehen.
• Sie haben wenig bis keine Empathiekompetenz und ihre “Empathiefähigkeit” ist oft “antrainiert”, weil sie so wissen, wie sie ihr Gegenüber manipulieren und um den Finger wickeln können.
• Sie drücken oft auf den Mitleidsbutton und präsentieren sich als armes Opfer.
• Sie sind Meisterinnen in der Manipulation und im subtilen Schmeicheln. Kennst du das, wenn eine “Freundin” dir schmeichelt mit Worten wie: “Ich wäre ja so gern wie du …” Oder: “Ich finde dich so toll, ich bewundere dich …” Oder auch: “Du machst das so gut, ich wünschte, ich könnte das auch. Sag mal, wie machst du das?” (Damit entlockt sie dir dann wichtige Information, die sie für sich selbst oder gegen dich verwendet.) Beliebt ist auch: “Ich bin ja so dankbar und glücklich, jemanden wie dich kennenlernen zu dürfen.” Aber Vorsicht! Achte darauf, was wirklich Komplimente sind und was schon Manipulation.
• Weibliche Narzissten lügen und sind Profis in Intrigen und Machtspielen.
• Sie haben wie die männlichen Narzissten ein verdrehtes Weltbild.
• Sie wittern hinter jedem und allem Konkurrenz, gegen diese gilt es anzukämpfen.
• Weibliche Narzissten leiden unter einem “Verfolgungswahn” und projizieren, beziehen alles auf sich und gegen sich.
• Weiblicher Narzissmus wird im Übrigen viel über den Einsatz des Körpers ausagiert:
• Sex wird als Druckmittel eingesetzt. Wenn du machst, was ich will, dann wirst du belohnt.
• Sex wird gezielt und dosiert eingesetzt, um selbst z. B. Anerkennung zu bekommen.
• Sexualität wird eingesetzt, um andere damit erpressbar und gefügig zu machen.
• Ein weiblicher Narzisst braucht und missbraucht die Sexualität, um den eigenen Selbstwert aufzupolieren.
2.
Ich werde hier in anonymisierter Form Teile und Auszüge aus meinem Leben, meinen Erfahrungen und aus den verschiedenen Interviews, für die ich die Erlaubnis habe, wiedergeben. Nach meinen Recherchen zum Buch, nach den vielen Gesprächen, Interviews und auch aus meinen ganz eigenen Erfahrungen kann ich sagen: Die Beziehung oder “der Tanz” mit Menschen, die eine narzisstische Prägung haben, ähnelt sich sehr. Dabei ist es unerheblich, ob es eine Paarbeziehung oder eine geschäftliche Beziehung zum Chef, zu einem Geschäftspartner oder eine Freundschaft ist, alle haben mir von den gleichen Mustern erzählt; manchmal war es sogar derselbe Wortlaut.