- -
- 100%
- +
Tatsächlich stand mir dieser unsicher zitternde Frauenkörper zur freien Verfügung seit dem Moment, in dem er diesen Raum betreten hatte. Aber ich vergewaltigte keine Frauen, ganz gleich, wie dämlich sie waren. Nicht meine Baustelle.
»Komm schon, Mäuschen. Verpiss dich, ich steh hier nicht den ganzen Tag.«
Die Frau blickte mich ein letztes Mal an und stürmte dann aus dem Raum an mir vorbei zurück in den Laden.
Ich ging kopfschüttelnd durch den Hinterausgang auf die Straße und schloss von außen die Ladentür auf, an der von innen bereits kräftig gerüttelt wurde. Als sich der Schlüssel im Schloss gedreht hatte, sprang die Tür regelrecht auf, und die Frau stand wie gelähmt vor mir und blickte mich mit großen Augen an.
»Buh! Jetzt fick ich dich!«, lachte ich.
Das Mädchen stürmte an mir vorbei, und ich blickte ihr nach, wie sie im Zickzack-Kurs über die Straße rannte, sodass einige Autos zu einer Vollbremsung oder wilden Ausweichmanövern gezwungen waren, was diese prompt mit wildestem Gehupe quittierten.
Wie unvorsichtig, dachte ich und genoss die letzten warmen Sonnenstrahlen des Tages.
Vielleicht sollte ich es ganz einfach wie Rainer machen und mir nachher einen runterholen. So blöd die Kleine auch gewesen sein mochte, der Gedanke an ein Nümmerchen mit ihr hatte mich doch scharf gemacht.
Die Schärfe verflog aber schnell wieder, nachdem die erste Straßenbahn am Laden vorbeifuhr und sich die dümmlichen Gesichter der Fahrgäste wie auf Kommando in meine Richtung drehten.
Ich zeigte ihnen den Mittelfinger als Zeichen dafür, dass ich es nicht besonders schätzte, wenn man mich wie einen Gorilla im Zoo anglotzte.
Traditionell reagierte aber niemand darauf, zu interessant war dieses exotische und verruchte Ladenlokal, in dem ich arbeiten durfte. So war er eben, der Normalbürger, der sich bereits während der Missionarsstellung im Schein eines Teelichts auf der Bühne des Moulin Rouge wähnte. Die Welt bestand zum größten Teil aus langweiligen und verkalkten Spießern, da gab es nichts dran zu rütteln.
Aus dem Innern hörte ich das Festnetz-Telefon klingeln, und ich trottete langsam wieder zurück in den Verkaufsraum. Hinter der Theke angekommen nahm ich den Hörer und erkannte auf dem Display Kurts Nummer.
»Hi Chef, alles gut?«, fragte ich.
»Tach Hasi. Ja, viel Arbeit, wenig Geld, kennst das ja. Hör mal: Gleich kommt Manni vorbei und holt ein paar Sachen. Gib ihm einfach, was er will. Er zahlt das dann später bei mir.«
»Alles klar.«
Auch das noch, fuhr mir durch den Kopf. Manni, der verblödete Zuhälter von nebenan würde mir gleich einen Besuch abstatten.
Ich hatte den Telefonhörer noch nicht ganz wieder auf die Basis gestellt, als Manni auch schon im Laden stand. Mit seiner glitzernden Pailletten-Jeans und den blondierten Haaren sah er aus wie eine völlig missglückte Kreuzung aus Robert Geiss und Bert Wollersheim. Der Umstand, dass er mit seinen etwa 60 Jahren noch immer mindestens täglich auf der Sonnenbank lag, machte ihn nicht hübscher. Ihm gehörte einer der großen Sauna-Clubs der Stadt, die im Grunde nichts anderes waren als Bordelle, nur dass man dort eben vorher in die Sauna konnte.
Das Publikum dort unterschied sich ebenfalls nicht von den üblichen Puffgängern, wie man sie aus jedem billigen Laufhaus kannte. Ich fand das wenig verwunderlich, denn auch wenn es in Mannis Club eine Sauna und eine gutsortierte Bar gab, arbeiteten dort die gleichen abgetakelten Osteuropäerinnen wie überall sonst auch. Ich war vor einigen Monaten einmal aus purer Langeweile dort gelandet, hatte mich aber schnell wieder verzogen, nachdem ich dort außer in Handtücher gewickelte Marokkaner und drei oder vier Huren Mitte 30 niemanden vorgefunden hatte.
Zwischen Mannis Daumen und Zeigefinger brannte eine Zigarette, aber Rauchverbote interessierten ihn traditionell nicht.
»Moin Hasi. Was macht die Kunst?«, fragte er und grinste breit.
»Muss«, antwortete ich gelangweilt.
»Schön, schön. Hat Kurt mit dir gesprochen? Ich muss mal ein bisschen shoppen.«
Ich nickte.
»Ja, bin im Bilde.«
»Super. Ich hab heute Morgen schon eine von meinen Schnecken einkaufen geschickt, aber die hat natürlich mal wieder die Hälfte vergessen. Kannst du dir ja vorstellen.«
»M-hm«, machte ich.
Manni stolzierte durch den Laden, als würde ihm dieser ebenfalls gehören, was mich tierisch ankotzte. Aber er war nun einmal mit meinem Chef befreundet, also blieb mir nichts übrig, als diese dämliche Show durchzustehen. An einem Regal angekommen, stupste er mit der Fußspitze vor einen der Kartons, in denen sich Großpackungen Kondome befanden.
»Wie viele sind da drin? 200?«
»500.«
»Dann pack mir mal zwei Tüten davon ein. Habt ihr das Gleitgel noch da in diesen großen Pullen?«
»500 oder 750 Milliliter? Ist beides da.«
»Dann gib mir mal nen Karton von den 750ern. Das können die Mädels sich dann selbst abfüllen.«
Ich kam um die Theke herum und packte Mannis Krempel zusammen, als wäre ich sein verdammter Lakai. Ich musste mir ernsthaft auf die Zunge beißen, um ihm nicht zu sagen, dass er sich auch ruhig selbst nach seinen Bestellungen bücken konnte. Ich packte die Kondome und das Gleitgel in einen größeren Karton.
»War’s das?«, fragte ich anschließend.
»Vorläufig, ja«, seufzte Manni und sah auf seine riesige Armbanduhr. »Mann, Mann, Mann, jetzt guck mal, wie spät das schon wieder ist. Und ich renn hier durch die Läden wie ’ne Braut beim Powershoppen. Echt, Hasi, meinen Job willst du echt nicht geschenkt.«
Ich grinste schief, was Manni nicht entging.
»Brauchst gar nicht so zu schmunzeln. 30 Mädels, die alle wie ’ne Prinzessin behandelt werden wollen und dich ständig auf Trab halten, kosten ganz schön Energie.«
»Dafür hast du aber auch einen etwas anderen Stundenlohn als ich, oder Manni?«
Manni zog ein letztes Mal an seiner Zigarette und ließ sie anschließend über der Theke kreisen, so als suchte er den Aschenbecher. Ich legte ihm ein dickeres Stück Pappe hin, worauf er seine Kippe schließlich ausdrückte.
»Hasi, du musst erstmal aufhören mit deinem pausenlosen Gequengel. Von dir hört man immer nur, dass du zu wenig Geld verdienst, dass du so spät arbeiten musst und so weiter und so fort. Guck mal, du verdienst hier dein Geld mit Rumsitzen. Da würden sich andere Leutchen die Finger nach lecken. Und wenn du mehr Kohle willst, dann geht das klar. Aber dann musst du auch das Mehr an Stress und das Mehr an Verantwortung und das Mehr an Risiko in Kauf nehmen. Wenn du heute Abend hier Feierabend machst, bin ich noch unterwegs, das kannste mir aber glauben. Also nicht jammern, sondern ruhig mal froh sein mit dem, was man hat.«
Nach seinem Monolog steckte sich Manni noch eine weitere Zigarette an.
»Wo wäre ich nur ohne deine tiefgreifende Weisheit, Manni«, sagte ich und schob ihm seinen Kram über die Theke.
Manni blickte mich eine Sekunde lang an, als wollte er noch etwas sagen, griff sich aber schließlich seinen Karton, klemmte ihn sich unter den Arm und machte sich wortlos auf den Weg zum Ausgang. Nach einigen Schritten stoppte er aber doch noch einmal und nahm seine Zigarette aus dem Mundwinkel.
»Weißt du, Hasi, ich hab mit dir nix zu tun, aber da Kurt dich anscheinend gut leiden kann, geb ich dir mal nen Rat. Deine schnodderige, rotzfreche Art kommt ja vielleicht bei manchen Leuten gut an, aber irgendwann triffst du mal auf jemanden, dem gefällt das überhaupt nicht. Und wenn’s so weit ist, dann kommt’s ziemlich schnell knüppeldick von allen Seiten. Verstehste? Leute wie dich, mit ’ner großen Fresse und ein bisschen Grips, gibt’s wie Sand am Meer. Und gerade deswegen solltest du dir immer ganz genau überlegen, was du tust. Denn wenn du nur einmal Scheiße baust, dann war’s das für dich. Kapiert?«
Ich lächelte und zuckte mit den Schultern.
»Ich hab dich was gefragt«, sagte Manni ungeduldig.
»Ja, kapiert«, grinste ich.
»Hoffentlich. Bis dahin.«
Manni verließ den Laden und machte sich wahrscheinlich wieder auf den Weg zu seinem Puff. Für wen hielt dieser kleine Idiot sich, mir hier seine Zuhälter-Philosophie als Oper aufzuführen. Der Spinner wusste nichts über mich, also brauchte er sich auch kein Urteil anmaßen. Ich war keine seiner Ostblock-Nutten, die ihn schon allein deshalb für clever hielten, weil er zwei bis drei deutsche Sätze unfallfrei aussprechen konnte.
Ich zerknüllte den Zettel, auf dem ich notiert hatte, was Manni hier herausgeschleppt hatte, und warf ihn mitsamt der Aschenbecher-Pappe in den Papierkorb. Wozu sollte ich den auch aufheben?
Inventuren machten wir hier nur pro forma fürs Finanzamt und Kurt würde sich bei seinem nächsten Besuch im Shop vermutlich nicht einmal mehr daran erinnern, dass sein Kumpel hier gewesen war.
Anschließend ging ich in den Personalraum und hob den Vibrator vom Boden auf, den das Mädel bei ihrem hektischen Aufbruch vom Tisch geschubst hatte. Ich pustete die Fusseln herunter, schob ihn wieder in seine Verpackung und legte ihn zurück ins Regal.
Was für ein scheiß Tag. Er hatte quasi gerade erst begonnen und war schon unrettbar verloren. Ich machte mich auf den Weg nach draußen, um etwas frische Luft zu schnappen, bevor ich vor Wut noch platzte. Als ich an einer der Videokabinen vorbeikam, hörte ich durch die Metalltür den typischen Sound eines Pornos, dazu klapperte gleichmäßig eine Gürtelschnalle.
Ich fuhr mir mit der Hand über das Gesicht. Das konnte doch unmöglich mein Leben sein.
Zwei Jahre zuvor
Hans stieg aus dem Wagen, streckte sich und griff dann nach seiner Zigarettenschachtel. Sein Rücken brachte ihn um. Er wurde langsam älter, und eine Autofahrt von zwei Stunden fühlte sich für ihn bereits wie eine Tagestour an. Er verließ den Parkplatz und schlenderte durch die Straßen des kleinen Ortes, von dem er vor dem heutigen Tag noch nie etwas gehört hatte. An einem Geschäft für skandinavische Stickereien blieb er stehen und betrachtete das Angebot im Schaufenster, zumeist selbstgestickte Tücher und Deckchen. Er schüttelte lächelnd den Kopf und setzte seinen Weg fort.
Solche kleinen, inhabergeführten Läden mit ihrem doch sehr speziellen Angebot bekam man bei ihm in der Stadt so gut wie überhaupt nicht mehr zu sehen. Hin und wieder gab es in den hipperen Studentenvierteln Eröffnungen solcher Läden, die Honig von eigenen Bienen, selbstrestaurierte Möbel oder eben Handwerkskunst anboten, aber diese Geschäfte überlebten für gewöhnlich kein halbes Jahr.
So etwas funktionierte nur auf dem Land, wo einem keine Bank im Nacken saß, sowie einem der Laden und wahrscheinlich das gesamte Haus bereits in der dritten Generation gehörte.
Wenn man nur zwei der skandinavischen Deckchen im Jahr verkaufte, dann war das völlig in Ordnung. Kein Druck, kein Geschäftsplan, keine Steuererklärung. Hans spielte schon länger mit dem Gedanken, sich in einem dieser Dörfchen eine Wohnung oder ein Haus zu mieten, wenn er in Rente gegangen war. Aber er konnte sich die Frage, ob er die Hektik der Stadt vermissen würde oder nicht, noch immer nicht abschließend beantworten. Aber bis zum Ruhestand hatte er ja auch noch einige Jahre Zeit.
Hans erreichte das kleine Café, in dem er verabredet war. Er stieg die einzelne Stufe hinauf und ging hinein.
»Guten Morgen«, begrüßte ihn eine junge Frau freundlich, die ein großes, silbernes Tablett trug und an ihm vorbeiging.
»Guten Morgen«, grüßte Hans zurück und sah sich um.
In dem Café befanden sich außer ihm nur drei weitere Gäste, alles ältere Damen, die zusammen vor Kaffee und Kuchen saßen.
»Guten Morgen«, grüßten auch sie, als sie ihn sahen.
Hans nickte ihnen freundlich zu.
»Guten Morgen, die Damen.«
Die Freundlichkeit der Landbevölkerung, dachte Hans und lächelte in sich hinein, während er sich an einen Tisch in der hinteren Ecke setzte. Er hatte gerade Platz genommen, als auch schon die Frau mit dem Silbertablett vor ihm stand.
»Was darf ich Ihnen bringen?«
»Ich hätte gerne eine Tasse Kaffee. Schwarz.«
»Machen Sie bitte zwei daraus«, lächelte Kurt, der hinter der Frau erschienen war.
Hans erhob sich und gab seinem Freund die Hand.
»Hallo Kurt. Schön, dich zu sehen.«
»Freut mich auch, Hansi. Ist schon wieder viel zu lang her.«
»Da hast du recht. Aber du siehst gut aus.«
»Du auch. Hast du abgenommen?«
Hans strich sich über den Bauch.
»Aktuell schon. Magda hat gerade so eine Phase, sie fühlt sich pummelig. Und deswegen kocht sie nur noch vegetarisch und mit wenig Fett. Mein Gewichtsverlust ist lediglich der Kollateralschaden.«
»Verstehe«, lachte Kurt und zog anschließend ein kleines Päckchen aus seiner Manteltasche. »Das ist übrigens für dich. Happy Birthday.« Die Männer nahmen am Tisch Platz, und Hans betrachtete das Geschenk in seinen Händen.
»Mein Geburtstag ist aber schon zwei Monate her«, sagte er schließlich.
»Ja, ich weiß. Aber nun ja … So ist das eben.«
»Ja, so ist das eben«, wiederholte Hans und öffnete behutsam erst die Schleife, bevor er das Geschenkpapier auseinanderzog.
Zum Vorschein kam ein Buch. Dürrenmatts ›Der Richter und sein Henker‹.
Hans lachte laut auf, und die drei älteren Frauen blickten erst irritiert, dann doch lächelnd zu den beiden Männern.
»Ich bin nicht die größte Leseratte, aber ich hatte gehofft, dass es dir gefällt. Angeblich ist das eine besondere Ausgabe.«
Hans nickte.
»Oh ja, das tut es, vielen Dank.«
Hans legte das Buch beiseite und wischte sich die Tränen aus den Augen. Die Frau brachte die beiden Kaffee, und Hans nippte kurz an seinem Getränk.
»Aber«, begann er dann, »das ist doch ganz sicher nicht der Grund dafür, dass du mich hierher in die Pampa bestellst, oder?«
Kurt lächelte.
»Natürlich nicht. Der tatsächliche Grund ist der, dass ich dir gern persönlich mitteilen wollte, dass ich hinschmeiße.«
»Hinschmeißen?«, fragte Hans überrascht. »Was meinst du damit?«
»Ich meine damit, dass ich aufhöre. Ich hab’s satt, ich will nicht mehr. Ich geb die Häuser ab.«
»Das erstaunt mich wirklich. Wie kommst du dazu?«
Kurt rührte in seinem Kaffee herum.
»Wann bist du dir das letzte Mal alt vorgekommen?«, fragte er schließlich.
Hans lächelte.
»Gestern Abend. Zumindest ein bisschen.«
Auch Kurt lachte wieder.
»Bitte verschone mich mit deinem klebrigen Eheleben.«
»Du hast gefragt.«
»Ich werde zukünftig auf meine Formulierungen achten.«
»Das predige ich dir schon seit der Schule.«
»Ja, ja, ja … Aber mal im Ernst. Hast du das mit dem Nina mitbekommen?«
Hans nickte.
»Ja, davon habe ich natürlich gehört. Vollständig ausgebrannt. Tut mir übrigens sehr leid.«
»Danke. Aber das war kein verdammter Kurzschluss, auch wenn das überall herumgetratscht wird.«
»Das dachte ich mir schon.«
Kurt zog den Löffel aus seinem Kaffee und beobachtete die Tropfen, die von ihm zurück in die Tasse fielen.
»Früher gab es in der Bar meines Bruders so einen Typen, den haben alle immer nur ›Django‹ genannt. Ich hab keine Ahnung, wie der wirklich hieß, ich glaub, keiner wusste das.«
»Django?«, fragte Hans.
»Genau, Django. Weißt du, wieso er so hieß?«
Hans schüttelte den Kopf.
»Weil er immer einen Revolver bei sich getragen hatte.«
»Verstehe.«
»Eigentlich war er ein ganz netter Typ, würde ich sagen. Hat keiner Fliege was getan, sondern immer entspannt mit den Mädels bis in die Morgenstunden Whisky getrunken. Vielleicht war er sogar etwas einsam, wer weiß das schon. Trotzdem hatte ich immer eine Heidenangst, wenn Django in die Bar gekommen ist. Ich hab mich dann gefragt, ob heute vielleicht der Tag ist, an dem er diesen einen Whisky zu viel trinkt und anfängt, um sich zu ballern.«
»Tja, ist lange her«, sagte Hans und trank einen Schluck Kaffee.
»Allerdings. Allein letzten Monat hat man auf zwei meiner Sicherheitsleute geschossen. Einer liegt immer noch im Koma. Von den unzähligen Messerstechereien und Schlägereien will ich gar nicht reden. Früher hat man alles noch halbwegs ehrenhaft unter Männern klären können. Ja, vielleicht mit den Fäusten, aber was auch immer vorgefallen war, meistens war danach alles geklärt. Wenn du heute jemanden nicht in den Laden lässt, weil er zu betrunken ist, dann stehen die Chancen gut, dass er mit einem verdammten Messer auf dich losgeht. Er nimmt in Kauf, dich umzubringen! Weil du ihn nicht hineinlässt! Das ist verrückt … die Leute sind verrückt.« Kurt sah seinem Freund wieder ins Gesicht.
»Na ja, wie auch immer. Ich höre auf und übergebe den ganzen Bums an Dustin. Soll er sehen, wie er zurechtkommt.«
»Dustin?«, fragte Hans. »Der ist doch noch ein halbes Kind.«
»Na und? Er ist die nächste Generation, und da ich selbst keine Kinder habe, muss eben der Neffe ran. Abgesehen davon ist er schon seit einiger Zeit ganz wild darauf, von mir beerbt zu werden.«
»Trotzdem, Kurt. Drei Läden, ist das nicht ein bisschen zu viel für ihn?«
»Nein, nein, nur ein Laden. Das Nina hat man mir ja abgefackelt, und ich werd’s auch nicht wieder aufbauen. Ich nehme das Geld von der Versicherung und damit ist der Fall für mich erledigt. Das Pinta lief sowieso nicht mehr ganz so gut, deswegen habe ich’s schon vor ein paar Monaten verkauft. Bleibt nur noch das Santa Maria, um das darf sich Dustin ganz nach seinen Vorstellungen kümmern.«
»Gut«, sagte Hans ernst. »Aber in dem Fall kann ich dir nicht weiter garantieren …«
Kurt unterbrach ihn.
»Kein Problem, das ist alles geklärt. Ich habe schon mit Dustin darüber gesprochen. Er würde sich natürlich sehr über deine Hilfe freuen, gerade wenn es um Hausbesuche geht, aber er rechnet nicht damit.«
»Ich bin dein Freund, nicht seiner«, sagte Hans, wechselte dann aber wieder zu einem fröhlicheren Tonfall. »Und was machst du jetzt? Gehst du in Rente?«
»Ganz im Gegenteil. Von der Versicherungskohle habe ich mir eine kleine Kette von Sexshops gekauft. Da steckt immer noch Geld drin, auch wenn die Goldgräbertage natürlich vorbei sind. Aber so ein armer Krüppel musste verkaufen, da hab ich zugeschlagen. Also lasse ich es von jetzt an schön entspannt und ruhig angehen.«
Hans lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und sah an die Decke.
»Meine Schicksalsschläge langweilen Sie doch hoffentlich nicht?«, fragte Kurt lachend.
»Aber gar nicht«, lächelte Hans und blickte wieder seinen Freund an. »Mich wundert nur, dass der kleine Kurt langsam erwachsen wird und sich aus dem Geschäft für zwielichtige Leute zurückzieht.«
»Ich bleibe zwielichtig, aber wie ich immer schon gesagt habe: Hauptsache, was Eigenes.«
»Das freut mich wirklich. Dann muss ich demnächst auch nicht mehr durch das halbe Land fahren, um einen alten Freund zu sehen.«
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.