Zeige dich, begehre mich! | Erotischer Roman

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»Bleiben Sie am besten bei mir. Es ist nämlich so, dass die hiesigen Männer Sie verfolgen werden und auf eine Chance bei Ihnen hoffen«, erklärte uns die Mitarbeiterin.
»Na toll, darauf war ich bereits selbst gekommen«, grummelte ich leise.
Lilly ließ sich nicht abhalten. Sie wollte alles wissen, sämtliche Räume begutachten und prüfte sogar den Härtegrad der Matten im SM-Raum. Ich musste zugeben, dass es schon interessant war, zu sehen, welche Spielwiesen hier aufgebaut waren. Es gab SM-Räume, Gang-Bang-Räume, Voyeur-Räume, geschlossene wie offene Pärchen-Räume.
Wir liefen in einen der Kinoräume und ich merkte wieder, wie mir die Hitze ins Gesicht schoss und mein Schoß vor Erregung kribbelte.
Vor einer riesigen Leinwand, auf der ein Hardcore-Porno lief, lagen, knieten und standen fünf Männer und zwei Frauen auf einer riesigen Matte. In meinem Mund sammelte sich Speichel, während ich das Geschehen beobachtete. Es war nur schwer auszumachen, wer in wem steckte oder wer wen leckte.
»Jane ... Jane ...« Lilly schubste mich. »Hey, lass uns weiterlaufen. Die Verkäuferin muss zurück in den Laden«, sagte sie mit amüsiertem Unterton in ihrer Stimme.
»Äh, ja, ich komm ja schon«, stotterte ich.
Der Anblick dieser Gruppe war faszinierend gewesen. Ohne Gedanken an andere, sich einfach fallen und seiner Lust freien Lauf lassen. Ich drehte mich zum Gehen und sah aus dem Augenwinkel, wie sich einige Pärchen in den Kinositzen vergnügten. Wieder spürte ich, wie meine Scham wärmer und noch feuchter wurde. Ich beeilte mich, hier rauszukommen.
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Zu Hause angekommen, verabschiedete ich mich von Lilly und leerte meine Einkauftüte auf meinem Bett. Voller Stolz betrachtete ich meinen gefundenen Schatz. Irgendwie freute ich mich jetzt doch sehr auf diese Party. Vor allem interessierte mich das Gesicht meines Ex, wenn er mich so sehen würde.
»Arschloch«, murmelte ich.
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Ich war allein in dieser Dunkelheit und hatte Angst. Wie kam ich hierher? Etwas entfernt hörte ich sinnliches Stöhnen und das Klatschen von nackter Haut auf Haut. Ich lief in die Richtung der Lichtquelle und betrat einen Raum mit einer großen Kinoleinwand, von der die Geräusche kamen. Erst war ich von dem leidenschaftlichen Keuchen gefangen, bis ich mich umdrehte und die vielen Männer erblickte, die mich mit gierigen Blicken anstarrten. Sie kamen näher. Ich ging. Doch sie kamen mir nach. Ich ging schneller. Sie auch. Dann steigerte ich mein Gehen zu einem Rennen, das mich aber nicht vorwärts brachte. Ich rannte auf der Stelle. Panik wuchs in mir. Gleich würden die geilen Männer mich erreichen. Ich keuchte, rannte wie noch nie in meinen Leben ... Da erschien plötzlich eine Hand aus dem Dämmerlicht über mir.
»Halt dich an mir fest«, hörte ich eine mir bekannte Männerstimme. Wie kam Sebastian hierher? Ich ergriff seinen Arm und er zog mich mit sich. Nun befand ich mich in einem anderen Kinoraum. Es lief ein Porno und wieder rekelten sich mehrere Männer und Frauen auf einer dieser Matten.
Sebastian führte mich zu den hinteren Sitzreihen und nahm neben mir Platz. Ich versuchte, einen Blick auf ihn zu erhaschen, aber ich sah nur Schatten.
»Schau nach vorn, Jane. Sag mir, gefällt es dir?«, flüsterte er mir zu, während seine Lippen mein Ohr sachte berührten.
Gebannt blickte ich auf das Menschenknäuel. »Ja«, erwiderte ich leise.
»Wirst du heiß, Jane?« Bei dieser Frage ließ er seine Zungenspitze an meinem Ohr entlanggleiten.
Meine Mitte pochte und war bereits feucht. »Ja.« Es war mehr ein ersticktes Keuchen.
»Willst du mich fühlen, Jane?« Er biss mir dabei leicht in mein Ohrläppchen.
Im gleichen Moment nahm ich meine Unterlippen zwischen meine Zähne, da ich merkte, wie sie vor Lust bebte.
Dann gab ich ihm die erwartete Antwort: »Ja.«
»Setz dich auf meinen Schoß, Jane.«
Ich erhob mich und plötzlich fiel mir auf, dass ich nackt war.
War ich das schon die ganze Zeit?, fragte ich mich in Gedanken. Egal, antwortete ich mir selbst.
Mein Brustkorb hob sich schneller unter meiner Anspannung, mein Herz schlug mir bis zum Hals, der sich merkwürdig trocken anfühlte. Nun stand ich über seinem Schatten und ließ mich langsam rittlings mit gespreizten Beinen auf ihm nieder. Sein hartes Glied verschwand sofort in meiner heißen Scham. Seine Hände hoben meine Hüften und ich kreiste auf seinem Schaft, während sich unser Stöhnen mit den Lauten der anderen verband. Mein Rücken lehnte sich an seine muskulöse Brust und meine Arme umschlossen seinen Nacken, als ich ihn fordernd ritt. Seine Finger glitten dabei über meine Rippenbögen und umfassten meine Brüste, während wir im Einklang unsere Leiber bewegten. Ich schloss kurz meine Augen, um das Hier und Jetzt zu genießen. Doch als ich sie wieder öffnete, waren wir umringt von der Gruppe, die sich zuvor vor der Leinwand vergnügt hatte. Die Männer streichelten meine Arme und meine Beine entlang. Eine der Frauen leckte über meine Brustwarze und biss daraufhin in die emporstehende Spitze, während die zweite meine Perle, zu den Stößen von Sebastian, rieb. Er hielt mit einer Hand mein Kinn, um meinen Hinterkopf an sein Schlüsselbein zu betten.
Ich spürte seinen Atem, als er mir zuflüsterte: »Komm für mich, Jane.«
Die Gefühle, die mich durchfluteten, waren so sinnlich, dass ich nur reagierte, denn Bedenken waren hier nicht möglich, da mich der Strudel der Lust schon erfasst hatte und mit sich zog. Unter dem Beißen, Streicheln, Saugen und Stoßen wurde ich in Höhen getrieben, die mich in einen Orgasmus fallen ließen, der mit unglaublicher Kraft meinen Körper einnahm. Sämtliche Nervenbahnen schienen Funken zu schlagen, und brachten meine Muskeln dazu, sich immer wieder aufs Neue zusammenzuziehen und um alles, was mir Sebastian gab, in sich aufzunehmen. Plötzlich waren alle Schatten verschwunden. Ich fühlte mich in der Leere verlassen. Als ich verzweifelt Sebastians Namen rief, erwachte ich und musste feststellen, dass ich allein in meinem Bett lag. Eine Hand auf meiner Brust und die andere auf meiner Scham. Ein letztes Erschauern durchlief meinen Körper.
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Obwohl ich bereits Urlaub hatte, fuhr ich zu meiner Firma. Vielleicht würde ich dort auf irgendetwas stoßen, das mich für die nächsten Stunden ablenken könnte. Hierbei handelte es sich wohl um die niedrigste Form des Selbsterhaltungstriebs. Die nüchterne Wahrheit war, dass ich nach dieser Nacht nicht allein zu Hause sitzen wollte. Ich brauchte Ablenkung von dieser gesichtslosen Gestalt, die jede Faser meines Körpers elektrisierte. Mein Koffer für das Wochenende war bereits gepackt, der Wohnzimmerschrank abgestaubt, die Wäsche gebügelt, der Müll runtergebracht, die Fenster geputzt und die Badfliesen mit dem Dampfreiniger samt Fugen gereinigt. Und nun stand ich also hier, mitten auf der 5th Ave und schaute mir meine imposante Arbeitsstätte an. Es war ein hohes Geschäftshaus, das nicht ganz einem Wolkenkratzer entsprach. Wir witzelten immer, dass wir im kleinen Bruder des Empire State Buildings, das um die Ecke stand, arbeiteten.
Bevor ich durch die große Glastür lief, rückte ich meinen Rock, meinen Blazer und meine Gedanken nochmals zurecht und betrat die Empfangshalle. Die Dame am Informationsschalter lächelte mir zu, ich erwiderte ihren Gruß mit einem leichten Nicken und ging in Richtung der Fahrstühle weiter. Dort angekommen, wählte ich den Aufwärtspfeil und wartete ungeduldig auf den Hochglanzkasten mit Spiegelverkleidung.
»Miss Scott?«, fragte mich die ungläubige Stimme meines Chefs.
Ich drehte mich um und schaute ihm direkt in sein makelloses Gesicht. Er gehörte zu dem Männertyp, der nicht älter, sondern reifer wurde. Vielleicht lag es aber auch daran, dass er zu den positivsten Menschen gehörte, die ich kannte, und dass Zornesfalten keine Chance bei ihm hatten.
»Ich dachte, Sie hätten Urlaub?« Tadelnd riss er meine Aufmerksamkeit wieder auf unser Gespräch.
»Ja, Mister Evertime, da muss ich Ihnen recht geben. Aber zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich das Wochenende in einem Wellnesshotel nicht genießen könnte, ohne nochmals zu überprüfen, ob keine terminierten Aufträge liegengeblieben sind.«
Für diese Lüge würde ich jetzt nicht mehr in den Himmel, sondern direkt mit einem Vip-Ticket in die Hölle fahren. Ich stand hier und hatte tatsächlich meinen Chef angelogen, nur um ihm nicht sagen zu müssen, dass ich spitz auf einen Unbekannten war. Mit dem Hinweis, dass wenn ich nicht bald meine Libido befriedigen würde, ich kurz vor dem Implodieren stand.
»Miss Scott, ich bin nicht sicher, ob ich das gutheißen kann.«
Ich hatte das Gefühl, mir stieg die Röte in die Wangen, da ich glaubte, er hätte meine Gedanken lesen können. Denn leider konnte ich meine mir untypische zügellose Gier und deren Folgen auch nicht gutheißen.
»Was meinen Sie damit?«, fragte ich schüchtern.
»Hören Sie, ich finde es ja löblich, dass Sie so auf das Wohl der Firma achten, aber Ihr Yin und Yang sollte doch im Einklang bleiben.« Dies unterstrich er mit einem ernsten Blick.
Ich seufzte innerlich und dachte, wie sehr ich mich doch nach meinem Yang sehnte ...
»Was ich damit sagen möchte: Sie sollten aufpassen, dass Sie sich zu der ganzen Arbeit eine Auszeit gönnen. Diese Auszeit nennt man in der heutigen Zeit Urlaub.« Bei diesen Worten schenkte er mir ein fast väterliches Lächeln.
»Sie haben ja recht. Ich verspreche Ihnen, dass ich wirklich nur kurz nach dem Rechten sehen werde und dann befasse ich mich wieder mit meinem Yang.«
»Das wollte ich hören«, grinste er. »Und wenn ich in dreißig Minuten in Ihrem Büro anrufe, wird mir, dank der Rufumleitung bei Abwesenheit, Ihre Sekretärin sagen, dass Sie bereits wieder Ihr Büro verlassen haben.« Er unterstrich die Ernsthaftigkeit dieser Drohung, indem er eine Augenbraue nach oben zog. Dieser Mann war auf seine Art wirklich sexy.
»Ja, das wird sie«, versprach ich und widerstand dem Drang, meine Finger hinter meinem Rücken zu kreuzen.
Der Fahrstuhl war bereits angekommen, die Türen öffneten sich und wir stiegen gemeinsam ein. Gerade als sich die Tür zuschob, hörten wir den Ruf: »Warten Sie bitte!«
Wie war das wieder?
Furchtbare Nacht, Putzorgie, Chef angelogen und nun eine siebenstöckige Fahrt in der Kammer des Schreckens mit meinem Ex?! Das ist wohl der Bonus zur Fahrt in die Hölle, schoss es mir durch den Kopf, als ich die Stimme des Rufenden erkannte.
Tatsächlich stand er nun in voller Größe mit seiner Blender-Visage vor uns, in jeder Hand einen Kaffeebecher und ein schleimiges, zähnegebleachtes Lächeln auf den Lippen, als er unseren Chef grüßte.
Timing ist wohl alles, du arrogantes, fremdgehendes, falsches, ignorantes, speichelleckendes Arschloch, begrüßte ihn mein innerer Zorn. Heraus brachte ich ein höfliches: »Guten Morgen, Marc.«
Er drehte sich in meine Richtung und tat, als ob er mich erst in diesem Moment entdeckt hätte: »Oh, guten Morgen, Jane.«
Schon wieder dieses falsche, überfreundliche Lächeln in seinem Gesicht. Sogleich hatte ich das Bedürfnis, schnell nach Hause unter die Dusche zugehen.
Womöglich erkannte er den Ekel in meinen Augen und wandte sich wieder seinem Primärziel zu. »Mister Evertime, entschuldigen Sie meine Frage, aber haben Sie sich schon die Entwürfe für die neue Werbekampagne angesehen? Miss Starr und ich hatten eine Eingebung, die das externe Auftreten der Firma revolutionieren könnte.«
Kam es nur mir so vor oder wurde die Kabine wirklich enger? Marcs Ego drohte den ganzen Raum einzunehmen.
»Miss Starr und ich dachten daran ...«
Ich hörte gar nicht mehr zu, was sich alles »Miss Starr und ich« dachten, sondern folgte nur der Displayanzeige, die sich quälend langsam von E bis 7 vorarbeitete.
Endlich ertönte das erlösende »Ping«.
»Miss Scott, ich werde anrufen«, ermahnte mich Mister Evertime, als ich im Begriff war, auszusteigen. Ich drehte mich zu ihm, lächelte und verabschiedete mich. Meine Beine trugen mich kämpferisch zu dem nahestehenden Schreibtisch meiner Sekretärin, die mich überrascht anschaute.
Carol Hunt war eine Seele von Frau. Sie war drei Jahre älter als ich, aber hatte keine Probleme damit, dass ich ihre Vorgesetzte war. Unser Verhältnis war freundschaftlich, und jede von uns wusste, dass wir aufeinander zählen konnten. Wir hatten, gemeinsam mit Lilly, schon einige Nächte bei Pizza und Kaffee im Büro verbracht, um Projekte termingerecht fertig zu bekommen.
Dieses Mal stand ich vor ihr, stützte meine Hände auf ihr Pult und ließ den Kopf hängen.
»Jane, was ist denn? Äh, hast du nicht Urlaub?«, fragte sie zögerlich.
»Mister Schleimbacke war im Aufzug – und ja, ich habe Urlaub«, entgegnete ich knapp und verharrte in meiner unbequemen Stellung.
»Jane, möchtest du dich nicht lieber setzen? Es sieht schon etwas befremdlich aus, wenn du hier meinen Tisch anzubeten scheinst und dann noch vor dich hinmurmelst. Die Kollegen glauben eh schon, dass wir bei unserem Erfolg mit den dunklen Mächten in Verbindung stehen.«
Ich blickte nach links und rechts, richtete mich auf und winkte meinen aufmerksamen Kollegen zu. Dann wandte ich mich wieder an meine Sekretärin. »Ach, Carol, warum bringt mich dieser Mann immer noch so aus dem Konzept? Okay, früher hätte ich mich am liebsten in eine Maus verwandelt, wenn er den gleichen Raum betrat. Heute war ich froh, dass mein Elektroschocker in der Tasche zu Hause lag. Wer weiß, wie oft ich ihn sonst schon in der Form geröstet hätte?«
Allein der Gedanke, wie ich ihn durch das Büro jagte und immer wieder auf Power drückte, wenn die zwei kleinen Widerstände seine Haut berührten, ließ mich breit grinsen.
»Jane, ich will dich ja nicht in deinen Fantasien stören, aber nochmal die Frage: Was machst du hier?«
»Ich dachte, ich besuche meine nette, liebe, fleißige Sekretärin«, versuchte ich mehr schlecht als recht ihr glauben zu machen.
Dafür erntete ich ihren berühmten skeptischen Blick.
»Ich musste zu Hause raus, wusste nicht wohin und da ich mein wöchentliches Pensum an ›Lilly Anderson‹ schon überschritten habe, blieb mir nur mein Büro.«
»Du brauchst einen Freund. Nein, warte. Du brauchst dringend einen Freund, der dich auf andere Gedanken bringt«, entgegnete sie mir.
Sie hatte recht, ich musste auf andere Gedanken kommen. Ich drückte ihre Hand. »Danke. Ich verspreche, ich werde alles versuchen. Und wenn nicht ich, wird Lilly alles versuchen.«
Carol konnte sich ein sanftes Lachen nicht verkneifen. »Ja, das wird sie wohl ... Mein Beileid, Jane.«
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Kaum saß ich hinter meinen Schreibtisch, fing mein Handy an zu vibrieren. Ich schaute auf das Display und in Großbuchstaben erschien der Anrufername »Lilly«. Durchatmen, sammeln und auf Annahme drücken, hieß hier meine Divise.
»Hallo«, sagte ich in einem Ton, der jedem vermittelte, dass meine Lust zu telefonieren auf dem Nullpunkt war. Nicht so bei meiner Freundin, die die unterschwellige Nachricht einfach überging.
»Jane, wo treibst du dich denn rum? Ich habe es schon bei dir zu Hause probiert«, schimpfte sie in den Hörer.
»Bist du meine Mutter?«, fragte ich sie genauso tadelnd zurück.
»Nein, die bin ich nicht. Aber ich darf mir trotzdem Sorgen um die Frau machen, die ich in den letzten Monaten mit sämtlichen legalen und aufopferten Tricks zurück ins Leben gezogen habe.« In ihrer Stimme schwang immer noch ihr Ärger mit.
»Tut mir leid«, gab ich kleinlaut von mir.
»Sagst du mir nun endlich, was los ist?«
»Oh, Lilly, wo soll ich da anfangen?«
Ich erzählte ihr von meiner inneren Unruhe, meinen Träumen, den Schönen, aber auch von den Albträumen.
»Stopp!«, rief meine Freundin, unterbrach mein Jammern und unterstrich ihren Ausruf mit einer bedeutungsschwangeren Pause. »Du wirst deinen Hintern nach Hause bewegen und ich werde gleich zu dir kommen. Ich habe da eine Idee.«
Sie hatte also mal wieder eine ihrer Ideen? Ich stützte meine Arme mit den Ellenbogen auf dem Schreibtisch ab und legte das Gesicht in meine Hände.
Lieber Gott, ich habe dich in den letzten Stunden und Tagen sehr strapaziert, das weiß ich, aber bitte, bitte steh mir bei, betete ich still. Denn Fakt war, dass ich in den Jahren, seit ich Lilly kannte, das Fürchten vor ihren Spontanideen gelernt hatte.
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Zwei Stunden später kam ich zu Hause an und meine »Retterin« saß bereits vor der Tür.
»Bist du gelaufen?«, frotzelte sie.
»Komm einfach mit.« Ich schloss auf und wir betraten meine Wohnung.
Lilly schnupperte, grinste und zog mich auf. »Na, Miss Scott, was riecht hier denn so nach Alpenveilchen? Mussten Sie überschüssige Energien abbauen?« Bei dieser Frage schaute sie mich mit schräg gelegtem Kopf an. »Süße, das nächste Mal kommst du einfach zu mir. Meine Bude hätte es nämlich viel nötiger als deine.«
»Lilly, nimm es mir nicht übel, aber die Gefahr einzugehen, was ich bei dir alles unter dem Sofa und unter dem Bett finden könnte, dafür bin ich noch nicht verzweifelt genug.« Ich kicherte und musste einen bösen Blick einstecken.
»Naja, da es dich wohl aufgeheitert hat, werde ich dir deinen letzten Satz nachsehen.« Sie machte eine großmütige Geste und lief in mein Wohnzimmer.
»So Süße, ich habe hier ...«, sie holte ein gefaltetes Blatt aus ihrer Hosentasche, »... gegoogelt und einige Telefonnummern herausgesucht.«
Ich schaute sie fragend an.
Aber sie winkte nur ab. »Jane, du musst mir nicht danken, sag mir einfach eine Zahl zwischen 1-15.«
»Ich weiß nicht Lilly ... Was sind denn das für Nummern?«
Sie stieß genervt die Luft aus und forderte mich erneute auf: »Miss Scott, nennen Sie mir bitte eine Zahl zwischen 1-15. JETZT!«
»Fünf«, rief ich ihr auf ihren zu deutlich gemachten Wunsch zu, nur um wieder dieses »Sei-auf-der-Hut«-Gefühl zu haben. Was hatte diese verrückte Nudel wieder ausgeheckt und wie viele Nerven würde es mich kosten?
»Aha, Madame Mysteriös-Seriös. Die Seherin mit Herz. Okay ... hm ... ah ja ...«, murmelte sie vor sich hin, zückte ihr Handy, wählte und machte sofort einen Eiltermin mit der ihr antwortenden Stimme aus.
Ich blickte sie nur ratlos an.
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Wenig später saßen wir in ihrem Flitzer. Ich konnte nur erahnen, wo uns diese Fahrt hinführen würde ...
Nach einer gefühlten Stunde hatten wir unser Ziel erreicht. Ich stieg aus, zog meinen Kopf zwischen meine Schultern und blickte verstohlen zu allen Seiten. Wir standen inmitten eines, wie es mir schien, menschenleeren Vororts. Vor uns ragte ein kleines »Hexenhäuschen« auf.
Lilly kam um den Wagen, breitete ihre Arme aus und rief: »Tada, da sind wir ...« Sie blickte sich ebenfalls um. »Das denke ich zumindest.« Sie schaute nochmals auf ihr Zettelchen, verglich die Hausnummer und lächelte siegessicher. Danach breitete sie erneut ihre Arme aus: »Tada, tada! Hey, Jane, mach dich mal wieder locker.«
»Mach dich mal wieder locker ...«, wiederholte ich ihre Worte patzig wie ein zickiges kleines Mädchen. Aber jetzt mal ganz im Ernst, mit dem Blick auf das verwinkelte Haus, mit seinen Windspielen am Zaun, Türen, Fenstern und die ausgestopften Tierkadaver, die den Weg des unordentlichen Gartens zierten, und vieles mehr, war es mir hier so gar nicht geheuer. Je mehr ich mich umsah, desto besser verstand ich, dass mir Filme wie »Cujo«, »Brennen muss Salem« und »Friedhof der Kuscheltiere« wieder in Erinnerung gerufen wurden. Während ich noch über das Äußere sinnierte, hatte Lilly bereits das Grundstück betreten. Worauf ich ihr sofort folgte, denn allein wollte ich hier nicht stehen bleiben. Meine Freundin betätigte den bronzefarbenen Klingelknopf und ich wartete auf die Stimme die sagte: »Knusper, knusper, knäuschen, wer knuspert an meinem Häuschen?«
Doch stattdessen öffnete eine junge Frau, die uns mit einem Lächeln empfing. »Hallo! Sie müssen Jane und Lilly sein. Kommen Sie rein«, sang sie vor sich hin.
Nein, die Dame entsprach so gar nicht meinem Bild von einer Hexe. Sie hatte keine Warzen im Gesicht, die Nase war stupsig und die Zähne gerade und weiß. Ich atmete erleichtert aus und grüßte sie zurück.
Sie führte uns durch ihre Räume. Nun befand ich mich doch mitten in einem Klischee. Überall war Kitsch, Tamtam, Kristalle, Räucherstäbchen und Frauenzeitschriften. An einem Tisch mit einer Decke, die mit Monden und Sternen übersät war, blieben wir stehen.
»Nehmen Sie doch bitte Platz.« Mit ihrer Hand wies uns die Dame zwei Stühle zu und wir setzten uns an den Tisch. Die Seherin nahm uns gegenüber Platz, griff in eine Schublade und holte ein in schwarze Seide gewickeltes, noch eingeschweißtes Tarot-Kartenset hervor. Sie schaute uns ernst an, während ihre Finger blind, aber gekonnt, die Folie der Karten entfernte.
»Jane und Lilly, Sie sind heute zu mir gekommen, um in das Unbekannte zu sehen, eine Reise anzutreten, die Sie in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft führt.« Sie legte die Karten sorgfältig ab, holte ein Räucherstäbchen hervor, zündete es an und wedelte damit in der Luft herum.
Mein Blick folgte kurz dem Rauchfädchen, das es hinter sich herzog, bis mich die Stimme von Madame darin unterbrach.
»Befreit euch vom Unglauben! Entfernt die negativen Schwingungen!«, ermahnte sie uns und dann herrschte Stille.
Zugegeben, als sie ihren Oberkörper zuckend zu einer stummen Melodie bewegte, biss ich mir in die Wange und gab Lilly einen Tritt unter dem Tisch, damit sie aufhörte zu der nicht vorhandenen Musik mitzuschwingen. Von jetzt auf gleich ließ sich unsere vermeintliche Hexe mit geschlossenen Augen zusammensacken. Das Verlangen, sie zu stupsen, war überwältigend. Dann riss sie die Augen auf, lockerte ihre Nackenmuskulatur und fing an, die Karten zu mischen, als ob nichts geschehen wäre.
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