Die Star-Trek-Chronik - Teil 1: Star Trek: Enterprise

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Die Brücke musste natürlich genug Platz für gute Kameraeinstellungen und Shots bieten. Dennoch wird bei genauerem Hinsehen auch hier deutlich, dass sich Herman Zimmerman an die Regeln der Effizienz hielt. Weder schwungvolle Linien noch eine Dreier-Sesselfront mit dem Captains-Stuhl in der Mitte und weiteren Plätzen für den ersten Offizier und den Counselor zieren den Raum. Stattdessen herrscht eine fast schon kühle Arbeitsatmosphäre auf der NX-01 vor. Das alles wirkt sehr glaubwürdig und gut durchdacht, und tatsächlich hielt sich der erfahrene Produktionsdesigner an eine seiner alten Grundregeln: Gestalte eine Raumschiffbrücke stets so, dass jedes Bedienelement einen Sinn ergibt und benutzbar ist. In den 60er Jahren war das Brückenkonzept der guten alten Enterprise 1701 so innovativ, dass sich das Militär für den Bau ihrer Flugzeugträger einiges von den Filmschaffenden abschaute. Wer weiß? Vielleicht orientiert man sich in einhundert Jahren für das erste interplanetare Raumschiff an der NX-01, wenn bis dahin endlich Schwerkraftkompensatoren erfunden worden sein sollten.
Die heiße Phase beginnt
Als Filming-Location ließ sich Paramount auf keine Kompromisse ein. Die permanenten Sets inklusive der Brücke, des Maschinenraums und der Waffenkammer wurden in Halle 18 auf dem altehrwürdigen Gelände der Paramount Pictures Studios in Los Angeles, California gebaut. Stage 18 war bislang noch nie für eine Star-Trek-Produktion verwendet worden, ganz im Gegensatz zu den Stages 8 und 9, die für den Bau der temporären Sets herhalten durften. Es wäre natürlich eine schöne Hommage an die Originalserie gewesen, wenn auch die Studios 31 und 32 zum Einsatz gekommen wären, wo Kirk und Spock bereits zwischen 1966 und 1969 ihr Unwesen getrieben hatten. Allerdings hatte Gene Roddenberry bereits 1972 in den Hallen 8 und 9 gestanden und die Vorproduktionsphase der nie realisierten Serie Star Trek: Phase II überwacht. Außerdem waren hier, zumindest teilweise, die ersten vier Kinofilme entstanden, so dass die Produktion von Enterprise dann doch auf heiligem Star-Trek-Boden stattfand.
Um die Sets in den vorgegebenen Wochen fertigzustellen, benötigte Herman Zimmerman vor allem zwei Ressourcen: Personal und Geld. Beides stand glücklicherweise im ausreichenden Maße zur Verfügung, so dass der Setdesigner aus dem Vollen schöpfen konnte. Der dritte große Faktor hieß Zeit, denn innerhalb von fünf Wochen sollten die Sets in den drei Studios fertiggestellt sein. 130 bis 150 Personen arbeiteten von früh morgens bis teilweise tief in die Nacht hinein, um die Sets zu bauen, die wir heute in der Serie bewundern können. Die Anzahl des Personals erklärt sich aus dem hohen Aufwand, den es erfordert, eine neue Serienwelt von Grund auf neu gestalten zu müssen. Wenn erstmal alle grundlegenden Elemente erschaffen sind, reduziert sich das Team meistens auf die Stärke einer Wartungs- und Einsatz-Crew. So war es auch in diesem Fall. Während der vier produzierten Seasons standen zwischen 20 und 30 Handwerker ständig bereit, um Sets umzubauen, defekte Teile zu reparieren und auszutauschen oder temporäre Setteile für die Außendrehs zu kreieren.
Eine weitere beeindruckende Zahl ist nebenbei erwähnt die Geldsumme, die alleine die Kulissen verschlangen. Bis zum Start des Pilotfilms gab Zimmerman rund fünf Millionen Dollar dafür aus, die Enterprise zum Leben zu erwecken. Zu den permanenten Sets gehörten die Brücke mit dem Bereitschaftsraum, der Maschinenraum und die Waffenkammer. Doch die Zuschauer wollten natürlich auch die Kombüse und den Aufenthaltsraum, die Krankenstation, Kabinen, Gänge, Lagerräume und sogar das schiffseigene Fitnessstudio erleben. Also hieß es klotzen und nicht kleckern.
Aus neu mach alt, oder umgekehrt?
Eine Serie vor Gene Roddenberrys Originalserie spielen zu lassen, stellte designtechnisch eine große Herausforderung dar. Wie konnte man sich vom bunten Look der ursprünglichen Bedienelemente auf der Enterprise verabschieden, aber dennoch deutlich machen, dass die NX-01 einhundert Jahre früher gebaut worden war? Man durfte einerseits die altgedienten Fans nicht verärgern, wollte aber auch ein neues Publikum für Star Trek begeistern. Denise und Mike Okuda sowie Herman Zimmerman machten sich hierzu intensive Gedanken. Wichtig war es, den Zuschauern eine glaubwürdige Retro-Atmosphäre zu vermitteln, die noch in der Gegenwart verankert war, aber auch eine Verbindung zum 23. Jahrhundert schuf. Da sich auf der Enterprise 1701 der Warpkern nicht horizontal über zwei Decks erstreckt, sondern vertikal gebaut ist, fand Zimmerman, es sei eine gute Idee, dieses Design für das erste Warp-5-Schiff aufzugreifen. Die vornehmlich rot-blauen Lichter des Warpkerns der 66er-Enterprise übernahm er ebenfalls. Ein Blick ins Innenleben des Kerns der NX-01 verriet, wie das Ganze funktionierte. Innerhalb der Holzkonstruktion montierten die Handwerker links und rechts etwa in der Mitte zwei große, mit Aluminium umwickelte und drehbare Holzscheiben, auf die je nach Bedarf Lichtquellen reflektiert wurden. Man konnte das Licht dimmen oder die Farbe verändern, je nachdem, ob der Warpantrieb gerade hochfuhr, im Standby-Modus war oder die Enterprise mit Warp 5 durch das Weltall raste.
Monitore überall
Denise und Mike Okuda waren außerdem der Ansicht, dass das Schiff vollgepackt mit Bildschirmen sein sollte, was sie vor allem auf der Brücke auch umsetzten. Möglicherweise war zum ersten Mal in einer TV-Serie überhaupt jeder Screen, der auf der Brücke zu sehen ist, an einen Computer angeschlossen und mit dem Kontrollraum direkt hinter dem Set verbunden. Die Schaltzentrale ist in einer der zahlreichen und informativen Dokumentationen auf der BluRay-Edition zu sehen und sieht mindestens ebenso beeindruckend aus wie das Schiff selbst. Elektronische Gerätschaften, Computer, Bildschirme, Bedienelemente und Kabel bilden ein wildes Durcheinander und scheinen sich bis zur Decke zu stapeln.
Es ist schon beeindruckend, was für die neue Star-Trek-Serie auf die Beine gestellt wurde. Denise Okuda erzählt im selben Special eine witzige Anekdote dazu. Bis zum ersten Drehtag für den Pilotfilm waren niemals alle Geräte des Kontrollraums gleichzeitig im Betrieb gewesen. Man war einfach davon ausgegangen, dass alles funktionieren würde. Als die Dreharbeiten aber um 04:30 Uhr morgens begannen, lief das System nicht wie geplant. Also mussten sich die Techniker erst einmal mit diesem Problem auseinandersetzen. Der Drehbeginn verzögerte sich, was bei einem Filmdreh immer viel Geld kostet. Schließlich gelang es aber, alles zum Laufen zu bringen, und die Arbeiten konnten beginnen.
Props – Zukunft der Vergangenheit
Ein weiteres wichtiges Thema war die Gestaltung der Props. Jeder kannte Uhuras Ohrstöpsel, Spocks Monitor und McCoys medizinischen Tricorder. All diese technischen Spielereien gehörten zu Star Trek und waren zu einem festen Bestandteil der Fan-Kultur geworden. Die Frage, ob Kommunikationsoffizier Hoshi Sato ein ähnliches Gerät tragen sollte, stellte sich also erst gar nicht. Allerdings entschied man sich für ein einem Hörgerät nicht unähnliches einseitiges Headset, das sich zwar stark von Uhuras riesigem Knopf im Ohr unterschied, aber eine logische Weiterentwicklung moderner Technologie der frühen 2000er Jahre darstellte. Ähnliches lässt sich über den ikonischen Kommunikator berichten, der in seiner Gestaltungsweise heute natürlich längst überholt ist. In den 60er Jahren war das Klapp-Handy-artige Konzept geradezu revolutionär. Im Jahr 2000 gab es allerdings bereits Handys, die so klein waren, dass sie in eine Hosentasche passten. Die Lösung des Problems war so simpel wie einfach. Man behielt das ursprüngliche Design grundlegend bei und versah es statt mit Drehknöpfen mit einem Display. Nur drei Jahre später erschienen übrigens das kultige Motorola RAZR und das Samsung SGH 700 Klapp-Handy auf dem Markt. So schnell kann die Gegenwart die Zukunft einholen.
Spocks bereits erwähnter berühmter Monitor, der optisch die Wissenschaftsstation dominierte, schaffte es ebenfalls in die Serie. Sehr viel ließ sich am Grunddesign allerdings nicht ändern. Die Neuerungen fielen daher eher unwesentlich aus. Das leuchtende Blau, das die Arbeitsbereitschaft des Geräts signalisierte, behielt Herman Zimmerman im Wesentlichen bei. Statt eines Drehknopfs an der rechten Seite ließ sich das Analysegerät nun allerdings ausfahren.
Der Look der Krankenstation erinnerte insgesamt stark an eine etwas modernere Variante heutiger Intensivstationen, die ebenfalls mit Bildschirmen und Sensoren vollgepackt sind. Es gab sinnvollerweise sogar ein Diagnosegerät, das einer Art von Computertomografieröhre sehr ähnlich war. Trotz aller ehrlichen Bemühungen gelang es aber nicht, diesem Schiffsbereich einen retrofuturistischen Look zu verpassen, der glaubwürdig als Vorläufer des 23. Jahrhunderts von 1966 herüberkam. Allerdings wurden die zahlreichen Tiere und Mittelchen des denobulanischen Arztes Phlox zu einem unterhaltsamen Running Gag der Show, der für so manchen Schmunzler sorgte.
Einen ähnlichen Effekt versprach man sich von den Phasenpistolen, deren zwei Modi »Betäubung« und »töten« Malcom Reed Captain Archer in der Pilotfolge erläutert. Auf dem Papier erschien es toll, die Energiewaffen als etwas völlig Neues einzuführen. Berman und Braga versprachen sich davon einen weiteren wiederkehrenden Hinweis auf den Prequel-Charakter der Show. In der Praxis erwies sich der Einfall dann als wenig innovativ. Archer benutzte die Waffen in der Pilotfolge ausgiebig, was dazu führte, dass sich der Gag um die Phasenpistolen bereits abgenutzt hatte und somit wertlos wurde. Das Design der Handfeuerwaffen ist übrigens überaus gut gelungen. Die Optik ähnelt noch immer der Form heutiger Schusswaffen, wirkt aber fortschrittlich genug, um sie den Science-Fiction-Fans als Zukunftsmusik verkaufen zu können. Andererseits lassen sich Kirks Phaser einhundert Jahre später einfach in einen Typ-2 und den handlicheren Typ-1-Phaser zerlegen, was diesen Waffentyp wesentlich ausgereifter wirken lässt.
Don’t beam me up
Was den Transporter angeht, der in Star Trek: The Original Series noch eher als Gimmick zur Kostenreduzierung diente, bestanden Kerry McCluggage und Gary Hart – Bermans und Bragas Wünschen zum Trotz – darauf, dass er unbedingt auf das Schiff gehörte. Auch hier prallten wieder Welten aufeinander, da sich Berman ursprünglich fast komplett von den Vorgängerserien verabschieden wollte. Doch wer das Geld hat, hat das Sagen, und so entschied man sich letztlich für einen Kompromiss. Die Transportertechnologie hielt Einzug auf die Enterprise, Menschen wurden aber nur in seltenen Fällen auf Planeten oder zurück zum Schiff gebeamt. Stattdessen benutzten die Away-Teams Shuttles, um die Oberfläche fremder Welten zu erkunden und dorthin vorzustoßen, wo noch nie ein Mensch gewesen war. Die Entscheidung war Gold wert und hätte Gene Roddenberry ganz sicher glücklich gemacht. Es war immer sein Wunsch gewesen, seine Offiziere in Raumfähren auf die Planeten zu schicken, auf denen sie dann ihre Abenteuer erleben sollten. Doch Roddenberry standen nur rund 100.000 Dollar Budget pro Episode zur Verfügung, was für eine TV-Serie der 60er Jahre zwar nicht unbedingt Low Budget war, aber dennoch viel zu wenig Geld, um seine Visionen auch nur ansatzweise zu verwirklichen. Rick Berman und Brannon Braga standen in den ersten drei Staffeln 1,7 Millionen Dollar pro Folge zur Verfügung. Der Pilotfilm kostete 12 Millionen Dollar. Verglichen mit Voyager erscheint die Summe relativ gering. UPN hatte für die bis dato letzte im 24. Jahrhundert angesiedelte Star-Trek-Serie immerhin jeweils bis zu 3,3 Millionen Dollar springen lassen. Im Vergleich zu The Original Series handelte es sich aber immer noch um ein üppiges Budget. Allerdings kürzte das Network Manny Coto in der vierten Staffel noch einmal die Geldmittel, so dass er schließlich mit mageren 800.000 Dollar pro Episode auskommen musste.
Die Opening Sequenz – erfrischend neu und doch verkannt
Natürlich brauchte die neue Star-Trek-Show eine erinnerungswürdige Eröffnungssequenz. Diese sollte sich aber von denen der bisherigen Serien angemessen unterscheiden. Statt sich auf die Enterprise NX-01 zu fokussieren und die Hauptfiguren vorzustellen, wollte Rick Berman gerne die Geschichte des menschlichen Forscherdrangs in Verbindung mit der Fliegerei bringen. Die Idee war genial, und so gab er eine wundervolle Montage in Auftrag, die zum vielleicht schönsten und mitreißendsten Intro aller Star-Trek-Serien wurde. Die Sequenz beginnt mit einem Blick aus dem erdnahen Orbit auf unseren Heimatplaneten und leitet dann zu einigen Diagrammen aus der Renaissance über. Ein polynesisches Auslegerkanu gleitet anschließend durch die Wellen und wird von einer Zeichnung der HMS Enterprise abgelöst, die sich in das reale Segelschiff verwandelt. Im weiteren Verlauf sind unter anderem die Spirit of St. Louis nach ihrer Landung in Paris, das Spaceshuttle Enterprise, ein Mond-Exkursionsmodul, die International Space Station ISS, Zefram Cochranes Flug mit der Phoenix und abschließend das frühe Warpschiff SS Emette sowie die NX-01 zu sehen.
In die Montage schafften es auch einige der berühmtesten Flugpioniere der Welt, so Amelia Earhart, Wilbur und Orville Wright, Chuck Yeager, Alan Shepard, Robert Goddard und Buzz Aldrin, der gerade seinen Fußabdruck auf dem Mond hinterlässt. Die Titelsequenz ist anrührend und bildkompositorisch hervorragend gestaltet. Eine kleine, aber nicht unwesentliche Randnotiz betrifft die International Space Station ISS. Diese hätte es nämlich um ein Haar gar nicht ins Intro geschafft. Der Titeleinspieler war schon fast fertiggestellt, da verfiel Rick Berman auf die Idee, dass die ISS ins Intro gehöre, aber nicht nur das, sondern zusätzlich auch ihr imaginärer Ausbau in der nahen Zukunft. Eine solche Aufgabe ließ sich nur am Computer bewältigen, also mussten einige Wochen vor der Premiere des Pilotfilms unbedingt Pläne her. Doch woher nehmen und nicht stehlen? Glücklicherweise erwies sich Michael Okuda als ein wahres Organisationstalent. Berman rief ihn an, während er am anderen Ende von Los Angeles in einem Restaurant zu Abend aß. Okuda hatte einen Freund bei der NASA, den er sogleich anrief und der sich bereit erklärte, die Pläne herauszusuchen. Einige Stunden später bekam Berman zu seiner großen Erleichterung ein Fax, das er an die Firma weiterleitete, die für die Opening Credits verantwortlich zeichnete. So konnten sich die Programmierer letztlich doch noch an die Arbeit begeben und schafften es rechtzeitig, eines der größten Symbole menschlichen Schaffensgeistes in die Serie einfließen zu lassen.
Where my ear will take me
Einen besseren Einstieg hätte man für eine Serie, die die Aufbruchsstimmung in eine neue Ära der Menschheit thematisiert, eigentlich gar nicht finden können. Blieb nur noch die richtige Musik. Den Auftrag erhielt zunächst Dennis McCarthy, der schon die wunderschöne Titelmusik zu Deep Space Nine komponiert hatte. Doch eine weitere kreative Anwandlung Rick Bermans führte dazu, dass McCarthy zwar ein wichtiger Bestandteil des Enterprise-Scores blieb, aber nicht die Eröffnungsmusik komponierte. Um einen Eindruck von der Wirkung der Titelsequenz zu erhalten, unterlegten Braga und Berman sie zunächst mit dem U2-Song What a Beautiful Day, dessen Refrain übersetzt etwa: »Es ist ein toller Tag, es scheint, als fällt der Himmel hernieder, doch es ist ein toller Tag, also lasse ihn nicht entkommen« lautet. Brannon Braga liebte den Song und fand ihn als Untermalung für das Intro ideal. Leider scheiterte die Verwendung an zwei wichtigen Details. Bono von U2 war nicht angetan davon, eines seiner Lieder als Titelsong einer Serie verwurstet zu sehen. Selbst wenn sich die Bandmitglieder bereit erklärt hätten, die Lizenzrechte an Paramount abzutreten, wäre der Preis dafür schlicht unerschwinglich gewesen.
Nachdem sich das Thema U2 also erledigt hatte, entschied sich Rick Berman dafür, Diane Warrens Song Faith of the Heart zu kaufen, der lediglich einen neuen Text und den Titel Where my Heart Will Take Me erhielt. Gesungen wurde er vom britischen Opernsänger Russel Watson, der sich auch als Popsänger einen Namen gemacht hatte. Die Entscheidung führte zu starken Fanprotesten, auf die wir in einem späteren Kapitel noch einmal näher eingehen werden. Berman steht auch heute noch hinter seiner Entscheidung, während Braga das Lied von Anfang an hasste. Er fand, dass ein gesungener Song zu sehr vom eigentlichen Intro ablenkte. Noch mehr missfiel ihm aber die Outro-Version des Liedes, die er des Öfteren mit seichter Fahrstuhlmusik verglich. Am 26. September 2001 spielten alle Mühen, die die Prä-Produktionsphase mit sich gebracht hatten, keine Rolle mehr. Von nun zählte nur noch die Meinung des Publikums.
Kapitel 2: Casting
Die Namen hinter den Namen
Als man um das frühe Jahr 2000 herum an die Besetzung der Haupt- und auch Nebenrollen für die geplante neue Star-Trek-Serie Enterprise ging, plante man seitens der beiden damaligen Showrunner Rick Berman und Brannon Braga vermutlich, ebenso vorzugehen wie im Falle der vorherigen drei Reihen The Next Generation, Deep Space Nine und Voyager: Die Hauptdarsteller sollten zumindest teilweise unverbrauchte und damit weniger bekannte Gesichter sein, die dem Publikum bestenfalls durch Gastauftritte in der einen oder anderen TV- und Kinoproduktion vom Sehen her bekannt waren. Viele spätere Star-Trek-Stars hatten ihre mal mehr, mal weniger anhaltende Bekanntheit erst durch ihre Mitwirkung in dem Franchise erlangt.
Wir brauchen einen Captain!
Scott Bakula (geb. am 9. Oktober 1954) war als Captain Jonathan Archer von Beginn an der absolute Wunschkandidat von Rick Berman gewesen. Der Deal drohte jedoch eine Weile an unterschiedlichen Honorarvorstellungen zu scheiten. Als man sich geeinigt hatte ging alles ganz schnell. Bakulas Captain Archer sollte der Sohn des Mannes sein, der das Schiff basierend auf Zefram Cochranes Warp-Antrieb ursprünglich geplant und konstruiert hatte und seinem Sohn die Leidenschaft für das Projekt vererbte. Bereits einige Monate vor der offiziellen Bekanntgabe der Mitwirkung Bakulas kochte damals die Gerüchteküche diesbezüglich, doch sicherlich dürften nur wenige Fans wirklich daran geglaubt haben, da Bakula durch seine frühere TV-Rolle viel zu bekannt schien, um in den Star-Trek-Kosmos einzutauchen.
Zum Erstkontakt mit dem Science-Fiction-Genre kam es für Scott Bakula im 1986 von Walt Disney produzierten TV-Film I-Man – Die Kampfmaschine aus dem All: Hier hatte er einen Familienvater gespielt, der durch ein geheimes Regierungsprojekt zu einem unverwundbaren Superhelden wurde. Es folgten im Anschluss teilweise wiederkehrende Gastrollen in verschiedenen Fernsehserien der 80er-Jahre wie der Sitcom Mann muss nicht sein (1986-1988), der Comedy-Show Gung Ho (1986-1987) oder der Krimiserie Matlock (1987). Ab 1989 übernahm er eine der beiden männlichen Hauptrollen in der von Donald P. Belisario (Airwolf, Magnum) produzierten Sci-Fi-Dramedy Quantum Leap, die hier bei uns in Deutschland unter dem Titel Zurück in die Vergangenheit lief und ab 1991 zu einem der größten Fernsehhits beim noch neuen Privatsender RTL plus wurde. Neben Dean Stockwell als der fast nur als Hologramm auftretende Wissenschaftler Albert »Al« Calavicci verkörperte Bakula dessen Kollegen Dr. Samuel Beckett. Nach einem nicht geglückten Zeitreiseexperiment muss dieser in die unterschiedlichsten Körper von Menschen aller Geschlechter schlüpfen und durch verschiedene Aktionen die Vergangenheit verändern, um schließlich wieder in seine Zukunft zurückkehren zu können. Die einzelnen Folgen gehörten den unterschiedlichsten Genres an: Es gab ebenso komödiantische Episoden wie hochdramatische oder auch menschlich tragische, und Scott Bakula konnte seine überaus sehenswerten schauspielerischen Fähigkeiten hier hervorragend anwenden. Die Serie wurde mit vielerlei Auszeichnungen bedacht und behielt ihren Kultstatus auch noch nach ihrer Einstellung, zu der es 1993 nach 5 Staffeln mit insgesamt 97 Episoden kam. Bakula blieb danach zwar als Darsteller in größeren und kleineren Rollen wie im Thriller Color Of Night (1994), dem Horrorfilm Lords Of Illusion, der TV-Neuauflage der Serie Invasion von der Wega mit dem Titel The Invaders – Invasion aus dem All (beide 1995) oder dem Oscar-preisgekrönten Drama American Beauty (1999) präsent, aber an die Erfolge von Quantum Leap konnte er nicht wieder anknüpfen. Vermutlich kam ihm deshalb das Rollenangebot des Captain Archer sehr recht: Schließlich hatte sein ebenfalls bereits aus einer früheren TV-Rolle (als MacGyver) bekannter Schauspielkollege Richard Dean Anderson ein paar Jahre zuvor als Hauptdarsteller in der Serie Stargate Kommando SG-1 gleichfalls eine zweite Karriere gestartet.
Schwere Geburt auf Vulkanisch
Weit weniger bekannt als der Darsteller des Captains war Jolene Blalock, geboren am 5. März 1975, welche für die Rolle der Sub-Commander T’Pol gecastet wurde, dem vom Planeten Vulkan stammenden weiblichen Ersten Offizier der neuen alten Enterprise. Damit entsprach sie wesentlich mehr dem ansonsten gebräuchlichen Casting-Schema für eine neue Star-Trek-Serie. Nach einer Karriere als Model und kleinen Rollen in verschiedenen Fernsehspots erhielt Blalock schließlich Gastrollen in TV-Serien wie Veronica’s Closet (1998), CSI: Den Tätern auf der Spur (2000) sowie die weibliche Hauptrolle im TV-Mehrteiler Jason und der Kampf um das Goldene Vlies (ebenfalls von 2000), wo sie die willensstarke altgriechische Sagenfigur Medea darstellte. Bis heute sprechen mehr oder minder böse Zungen davon, dass Blalock die Rolle der T’Pol in erster Linie wegen zweier ganz bestimmter körperlicher Komponenten erhielt. Schließlich hatte man bei der Vorgängerserie von Star Trek: Enterprise, Voyager, mit der von Jeri Ryan gespielten Seven of Nine (der ähnliche Attribute eigen waren) eine insbesondere bei der männlichen Zuschauerschaft heißgeliebte Publikumsfavoritin an Bord gehabt. Berman und Braga berichteten später, dass man die Rolle der T'Pol erst ganz zum Schluß besetzen konnte, da die beide es äußerst schwierig fanden, die richtige Mimin zu finden.
3 in 1: Womanizer, Kumpeltyp, Mr. Charming
Dritter im Bunde sollte der Chefingenieur der Enterprise werden, Commander Charles Tucker III., genannt »Trip«. So wie einst der berühmte Dr. McCoy aus der klassischen Star-Trek-Originalserie sollte auch Trip Tucker zum einen der beste (menschliche) Freund des Schiffskommandanten sein und zum anderen ebenfalls aus den amerikanischen Südstaaten stammen. Nach dem üblichen Casting-Prozess nebst Vorsprechen etlicher potentieller Darsteller machte schließlich Connor Trinneer (geb. am 19. März 1969) das Rennen um die Rolle. Trinneer stammte aus Walla Walla im US-Bundesstaat Washington und war der gewünschten Mundart mächtig. Sein sportlicher Körperbau kam durch eine angestrebte Football-Karriere in seiner Jugend, die er jedoch aufgab, als er seine Ambitionen für eine Laufbahn als Schauspieler entwickelte. Auch Trinneers Karriere hatte am Theater begonnen, in seinem Fall bei der Huntington Theatre Company in Boston, wo er eine Hauptrolle in dem Stück Arcadia gespielt hatte. Danach war er zum Fernsehen gegangen und hatte zwischen 1996 und 2000 Gastauftritte in Serien und TV-Filmen wie der langlebigen Soap Opera Liebe, Lüge, Leidenschaft, dem Militär-Drama Pensacola – Flügel aus Stahl oder der Science-Fiction-Serie Sliders – Das Tor in eine fremde Dimension gehabt, in letztgenannter Serie erstmals in seinem kommenden Haupt-Genre.
Wo ist der Brite?
Fast schien es, als wolle man in der neuesten Serie des Franchise einige mehr als nur unterschwellige Referenzen zum klassischsten Star Trek überhaupt, der berühmten Originalserie, unterbringen: Einen vulkanischen Ersten Offizier und einen US-Südstaatler (der zwar nicht der Chef-Arzt, dafür aber der Chef-Ingenieur war) hatte man bereits. Zur Komplettierung fehlte nun ein Crewmitglied von den britischen Inseln, wenn auch nicht unbedingt aus Schottland wie der berühmte Scotty. Somit machte man aus dem Taktischen Offizier, der für die Bedienung der Waffensysteme zuständig ist, den Engländer Malcolm Reed. Reed war allerdings nicht so geradlinig wie einstmals Scotty und hatte sogar die eine oder andere sprichwörtliche Leiche im Keller, was während der kontinuierlichen Serienhandlung herauskam. Die Rolle erhielt der am 1. Juli 1962 im englischen Leicester geborene Dominic Keating. Keating hatte ursprünglich am Londoner University College Geschichte studiert und mit einem Bachelor-Titel mit Auszeichnung abgeschlossen und erst später auf das Fach Schauspiel umgesattelt. Seine Karriere startete er in den USA mit einer Nebenrolle in der Filmkomödie Aus dem Dschungel, in den Dschungel (1997) und war danach vorwiegend in (Horror-) Fernsehserien wie Poltergeist: Die unheimliche Macht (1998), Buffy: Im Bann der Dämonen (1999) oder Special Unit 2: Die Monsterjäger (2001) zu sehen. In der ebenfalls dem Horror-Genre zugehörigen Serie Immortal: Der Unsterbliche spielte er zwischen 2000 und 2001 in 6 Episoden den wiederkehrenden Gastpart des Mallus. Rick Berman hatte sich den Darsteller bei einem Casting für Star Trek: Voyager gemerkt. Dort war ihm keine Gastrolle vergönnt gewesen, doch hatte Berman die Absage explizit mit dem Hintergedanken veranlasst, Keating später zu Star Trek: Enterprise zu holen.