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»Das ist … unglaublich. Hast du gehört, Jack? Lass uns spazieren gehen und Sonne tanken! Es ist wunderschön draußen. Und das Meer ist auch nicht weit.«
»Nein, Amily, heute nicht. Gib mir noch ein bis zwei Tage, dann gehen wir bestimmt.«
»Sehr vernünftig«, kommentierte Alfons und ging seines Weges. Jack hatte sich auf das Bett gelegt, wollte sich entspannen und forderte mich auf, es ihm gleichzutun.
»Komm, Kleines. Wir sollen uns ausruhen«, sagte er und schloss die Augen. Im selben Augenblick war der Mann meiner Träume eingeschlafen. Na super, dachte ich und legte mich notgedrungen neben ihn. Wenn ich doch auch wie auf Kommando immer und überall ratzen könnte … Es gab für mich nichts zu tun. Es gab keinen Fernseher oder wenigstens ein Radio. Auch keine Bücher, die ich eh nicht hätte lesen können. Ich schloss die Augen und versuchte etwas Schlaf zu finden. Morgen war auch noch ein Tag.
Die Sonnenstrahlen weckten mich in der Früh, noch vor Jack. Ich spürte einen leichten Windzug, am gekippten Fenster wehten die Gardinen hin und her. Sich am Morgen ausgiebig zu räkeln, war genau mein Ding, doch dadurch wurde ich an meine Verletzungen erinnert. Müde schaute ich zu Jack rüber, der fest schlummerte. Seine Gesichtsmuskeln bewegten sich, sie zuckten, und ich schloss daraus, dass er träumte. In dieser Phase wollte ich ihn nicht stören, darum beschloss ich, unter der Dusche ausgiebig meiner Körperpflege nachzugehen, einschließlich einer Rasur. Ich hasste nichts mehr, als dass irgendwo an meinem Körper Haare sprießten. Mit nur einem Handtuch um mein Haar betrat ich wieder das Schlafzimmer, zog Jack die Bettdecke weg, um ihn ansehen zu können. Was für ein Mann. Ich liebte ihn mehr als mein eigenes Leben. Er machte mich lebendig, war auf eine Weise fordernd, die einerseits nicht aufdringlich war, mich aber andererseits spüren ließ, dass er mich aufrichtig liebte. Für ihn würde ich in den Tod gehen, ohne mit der Wimper zu zucken. Es klopfte an der Tür.
»Moment, bitte!« Erschrocken deckte ich Jack zu und warf mir schnell einen Bademantel über, dann legte ich mich auf das Bett.
»Herein? Oh, Alfons.«
»Das Frühstück, Mademoiselle.«
»Stellen Sie es doch bitte wieder auf den Tisch, danke.« Alfons verließ wortlos den Raum. Langsam zog ich das Laken ganz runter, sodass Jack frei lag. Von ihm kam kein Mucks. Sehnsüchtig schaute ich auf seinen Penis, beugte mich ganz dicht über Jack, gab ihm einen Kuss. Plötzlich war da seine Hand. Er packte mich überraschend kraftvoll und warf mich auf den Rücken. Das tat weh! Ich schrie, mir traten die Tränen in die Augen.
»Spiele nicht mit dem Feuer, Amily.«
»Nein, Jack, nein. Ich wollte dich nur wecken. Das Frühstück ist schon da und ich, ich ...« Aber er amüsierte sich auf meine Kosten, dieser Mistkerl!
»So, jetzt können wir frühstücken, Amily, mein Schatz.« Ich, noch immer völlig außer Atem, hatte in dieser Situation die Oberhand verloren, mein Schoß wurde feucht, ich hätte ihn auf der Stelle vernaschen können. Was sollte er um Himmels willen von mir denken? Er konnte ja nicht wissen, dass es vor ihm nur einen Partner gegeben hatte, der aber kaum Sex mit mir haben wollte. Meist blieb es bei Kuscheln, Petting oder mal einem Blowjob. Man konnte sagen, ich war ausgehungert nach körperlicher Zuneigung. Jack hatte, ohne es zu wissen, Feuer an die Zündschnur gelegt und damit etwas ausgelöst, das sich nicht mehr aufhalten ließ. Er war imstande, mich mit grade mal einem Kuss zu erregen. Ich ging zum provisorischen Frühstückstisch. Jack hatte derweil Kaffee eingeschenkt, wartete geduldig, bis ich mich gesetzt hatte, und reichte mir Croissants und Butter. Seine Blicke klebten an mir.
»Was ist?«
»Nichts, meine kleine Amily. Ich muss dich einfach nur anschauen. Du bist so schön, und ich frage mich seit unserer ersten Begegnung, womit ich dich verdient habe.«
Kauend erwiderte ich: »Tja, wenn ich das wüsste. Aber Spaß beiseite, ich genieße es, mit dir zusammen zu sein. Beeilen wir uns, um an die Sonne zu kommen.« Das Frühstück war schnell verschlungen.
»Wir können doch nicht im Nachthemd gehen«, wandte Jack ein. »Ich bin ja nicht eitel, aber ...«
»Lass dich überraschen. Ich glaube«, neugierig öffnete ich den Kleiderschrank, »hier ist etwas für uns.« Ich zog mir rasch ein Höschen und ein leichtes geblümtes Sommerkleid an, das im Schrank gehangen hatte. Perfekt für mich. Mehr war nicht nötig, da ich auch nicht riskieren wollte, dass die Schürfwunden aufplatzten. Jack warf sich eine Jeans über, die ein paar Nummern zu groß geraten war, und ein ausgeblichenes Shirt. Er sah ziemlich unglücklich aus. Nicht besonders schick, aber für den Moment total in Ordnung. Außerdem sah dieser Mann immer gut aus, was er auch trug. Das sagte ich aber nicht, sondern:
»Komisch, meins sitzt wie angegossen. Aber egal, wir werden Alfons bitten, dir etwas Passenderes zu besorgen.«
05 - Am Strand
Wir verließen das Haus und schlugen den Weg zum Strand ein. Während des kurzen Spazierganges von etwa zehn Minuten gestand ich Jack meine tiefen Empfindungen, erzählte ihm, wie sehr er mich faszinierte. Er hörte geduldig zu und platzte dann heraus:
»Amily, mir geht es genauso! Ich kann es nicht erklären, ich musste dich einfach um Feuer bitten. Du hast eine unglaubliche Aura. Okay, war vielleicht nicht der coolste Anmachspruch, schon klar, aber ich kann mich nicht so gut ausdrücken wie du. Ich liebe dich, du bist anders, schön, in einem Ausmaß, das mir Angst macht. Ich höre mich an wie ein Schuljunge, ich weiß. Du machst mich so nervös.« Wir erreichten den Strand. Beim Anblick des Meeres wurde mir ganz warm ums Herz.
»Es ist wunderschön.«
»Ja, und so einsam. Das hat man selten heutzutage. Perfekt zum Nacktbaden.«
»Ja, lass uns schwimmen gehen!« Im Nu hatte ich das Kleid abgelegt und hinkte ins Wasser.
»Warte, Amily! Es ist noch zu früh dafür.« Das Salz brannte in meinen Wunden, trotzdem ließ ich mich nicht abhalten. Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt hatte, war ich nicht mehr davon abzubringen.
»Komm schon, Feigling!« Er entkleidete sich und folgte mir kopfschüttelnd. Ich schwamm zu ihm, umklammerte ihn mit meinen Beinen wie ein Schraubstock. Meine Küsse sollten ihm den Kopf verdrehen. Jack tauchte mit mir unter, ich hinderte ihn nicht daran, mich zu küssen, und öffnete unter Wasser meine Augen. Dieser Ausdruck in seinem Gesicht, er sah so friedlich und glücklich aus. Ich löste die Umklammerung, weil ich zurück an die Oberfläche musste. Er tauchte mit auf und gestand mir, dass er niemals etwas Schöneres gemacht habe. Er griff nach mir, um erneut mit mir unterzutauchen. Unser Verlangen, uns zu küssen, war ungebrochen. Selbst die Blicke voneinander zu lassen, fiel uns schon schwer. Ich signalisierte ihm, dass ich auftauchen wollte. Er hob mich auf seine starken Arme und trug mich an Land. Ich war völlig durchgefroren.
»Wir haben kein Handtuch!« Er bettete mich sanft auf seiner ausgebreiteten Jeans, legte sich neben mich in den Sand. Seine Blicke musterten mich sehr intensiv. Was er wohl sah?
»Meine kleine Meerjungfrau.« Nachdem Jack versuchte, ganz Gentleman, die Wärme in meinen Körper zurückzubringen, genossen wir den restlichen Nachmittag verliebt und in vollen Zügen. Ich ergötzte mich an Jacks Berührungen. Es gefiel mir sehr, ich umarmte und betrachtete ihn. Jack legte seine warmen Hände auf meinen Po, küsste mich zärtlich. Seine Zunge leckte das Salz von meinen Brüsten. Es war ihm sichtlich unangenehm, dass Mr. Jack schon bei der kleinsten Berührung seine Erregung zur Schau stellte.
»Alles okay. Ich finde es toll, wenn er steht wie ein Baum. Wir sollten zurück ins Haus gehen. Es wird frisch.« Jack wollte nicht so recht. »Los, Faulpelz, aufstehen!«, trieb ich ihn an. Er ließ den Kopf hängen wie ein kleiner Junge, der einfach noch nicht vom Spielplatz nach Hause wollte. »Schade. Ich genieße die Freiheit hier draußen. Ich fühle mich etwas eingesperrt in dem kleinen Zimmer.« Jack klopfte die Hose aus und stieg in sie. Ich hatte das Kleid übergestreift. Wir schlenderten Arm in Arm, ich legte meinen Kopf an seine Schulter und hörte den tiefen Seufzer. Ich nahm seine Hand. Es war schwer auszuhalten, ihn so deprimiert zu sehen. Im Haus angekommen, wir wollten gerade in unser Zimmer, trat Alfons uns entgegen.
»Das Essen steht für Sie bereit.«
»Danke, Alfons«, winkte ich freundlich ab. »Wir müssen uns ausruhen.« Im Zimmer streifte ich meine Sachen ab und verschwand im Bad. Als ich zurückkam, stand Jack am Fenster.
»Komm mit«, hauchte ich, nahm ihn mit ins Bad, wo die große alte Badewanne mit warmem Wasser volllief. Ich bat ihn, sich auszuziehen, stieg hinein und zog Jack mit mir, da begriff er: Ich wollte ihm das gute Gefühl noch einmal geben, welches ihn im Meer so gefesselt hatte. Eng umschlungen, unter Wasser, wo es so friedlich gewesen war. Es war aber natürlich nicht das Gleiche. »Ach, Amily. Wie lieb von dir.« Er umschloss mich mit einer Welle aus Zärtlichkeit. Ich wusste aus der Tiefe meines Herzens, dieser Jack ist mein Mann. Er stieg schon bald aus der Wanne, führte mich ohne ein Wort ins Schlafzimmer. Er klopfte aufs Bett. Ich folgte seinen Wünschen, legte mich bäuchlings auf die Matratze. Er begann, mich mit Öl zu massieren, von den Füßen arbeitete er sich hoch. Einige Stellen musste er allerdings auslassen, trotzdem war es unglaublich entspannend. Die Oberschenkel umschloss er mit beiden Händen. Immer wieder berührten Jacks Finger flüchtig meinen Schoß. So ein Gefühl hatte ich bisher noch nicht gekannt. Es erregte mich auf eine Weise, die ich kaum noch aushielt, und versuchte krampfhaft, die Fassung zu wahren. Aber Jack entging nichts, meine Körpersprache konnte er anscheinend wie ein Buch lesen.
Dann berührte er meine empfindliche Stelle um das Steißbein herum, meinen Po, bis zur ...
»Nein, nicht da.« Mir fiel das Atmen zunehmend schwerer, aber er kostete die Massage aus, wollte mal ausprobieren, wie weit er gehen konnte. Aber ich blieb standhaft. Er knetete meinen Rücken, da, wo es möglich war, die Schultern mit viel Öl. Ich konnte endlich verschnaufen und fiel in eine tiefe Entspannungsphase.
»Amily, drehe dich bitte mal um.«
»Muss ich?« Mir wurde schlecht, denn ich war sehr empfindlich an Brüsten, Bauch und Schoß. Jack strebte langsam mit beiden Händen um den Hals herum auf meine Brüste zu, spielerisch tänzelten seine Finger um die Brustwarzen. Ich schaute ihn verzweifelt an, woraufhin er sanft meine Lippen küsste.
»Jack, was machst du mit mir?«
»Nur massieren«, erwiderte er mit einem anzüglichen Unterton. »Nur massieren.« Er fuhr unbeirrt fort und steigerte mein Verlangen noch. Innerlich schrie ich mir die Seele aus dem Leib und es war nicht auszuschließen, dass das auch zu hören war. Es war mir peinlich und ich lief rot an. Aber warum eigentlich? Ich fühlte mich in seiner Gegenwart doch so wohl. Er genoss es offensichtlich, mich in Ekstase zu sehen, grinste frech und küsste mich. Doch ich musste ihn tadeln.
»Du Schuft, du hast mich mit der Massage so erregt.«
»Dann weißt du ja jetzt, wie das ist, Amily.«
»Ach was. Ich brauche erst mal was zu trinken!« Ich versuchte aufzustehen, aber meine Beine gehorchten mir nicht. »Ups! Na warte, das bekommst du zurück, wenn ich wieder ganz gesund bin! Ich schwöre es.« Doch er lachte nur, zog mich wieder auf das Bett. Mein Körper bebte, er legte sich hinter mich und streichelte liebevoll jeden Quadratzentimeter meiner Haut, der nicht bandagiert war. Dann blieb mein Blick an der Essensglocke Hängen, unter der sich unser Abendessen befand.
»Hast du gar keinen Hunger?« Er schüttelte den Kopf.
»Ich auch nicht so recht.«
»Da wird Alfons aber gar nicht begeistert sein.«
Wir streichelten uns die halbe Nacht. Ich erzählte ihm, wie sehr ich es genossen hatte, dass wir uns im Meer unter Wasser eng umschlungen geküsst hatten.
»Ja, so ein Gefühl war mir auch neu.« Ich zog die Decke über uns zu, kuschelte mich noch näher an ihn heran. Kaum hörbar summte ich vor mich hin, und war überaus zufrieden. Er lächelte.
Am Morgen war Jack vor mir aufgestanden, hatte den Frühstückstisch mit wunderschönen Blumen aus dem Garten verziert, doch mit mir war nicht viel anzufangen. Ich war total verschlafen. Er zog mich aus dem Bett.
»Na komm. Nur zwei Schritte.« Ich brummte und setzte mich auf den Stuhl. Dort hätte ich auf der Stelle weiterschlafen können. Benommen schaute ich Jack an, er sah so glücklich aus wie seit Tagen nicht mehr, gab mir einen Kuss und bestrich mein Croissant mit Butter und Waldfrucht-Marmelade. Dazu reichte er mir eine große Tasse Kaffee. Ich platzierte meine Füße bequem auf der Sitzfläche und genoss mein Frühstück. Ich tat so, als würde ich nicht merken, wie er mich anstarrte. Insgeheim erregte es mich sogar ein wenig, er war interessiert an mir und das zählte. Ich ging ins Bad, um meiner morgendlichen Körperpflege nachzugehen. Als ich fertig war, wickelte ich ein Handtuch um meinen Kopf, da bemerkte ich den Zaungast in der Tür.
»Wie lange stehst du schon da?«
»Ich? Seit gerade eben. Hat es dich gestört?«
»Nein, warum sollte es?«
»Du bist so schön, Amily.«
»Danke sehr, kannst du mir bitte das Kleid dort reichen?« Ich streifte es mir über. »Komm, Jack, beeil dich. Ich möchte ans Meer.«
»Prima, das war auch mein Gedanke.« Jack freute sich wie ein Dreikäsehoch, wir konnten nicht schnell genug zum Strand kommen, Hand in Hand. Dort angelangt hielt ich Ausschau nach einem verträumten Plätzchen.
»Da in den flachen Sanddünen, breite dort bitte deine Jeans aus, so wie gestern.« Wir ließen unsere Sachen in den Sand fallen und rannten in die See. Ich umschlang meinen Geliebten. Er tauchte mit mir ab, tiefer noch als zuvor. Wir überließen es den Wellen, uns an den Strand zu treiben. War das schön! Wir lachten uns an, aber Jack wollte noch einmal tauchen. Ich ließ ihn ziehen und streckte mich im Sand aus. Der Blick übers Meer und das Wellenrauschen bescherten mir Ruhe, die Sonne tat ihr Übriges, wärmte und bräunte meine Haut. Jack kehrte mit einem zufriedenen Lächeln zurück, er hatte seiner Leidenschaft gefrönt.
»Schade, dass ich meine Tauchausrüstung nicht hier habe. Dahinten wird es ganz schön tief. Hätte ich mir gerne näher angeschaut.« Wasser war das Element, in dem er sich wohlfühlte. Nass rieb er sich an mir.
»Pfui, Jack, du bist ganz kalt.«
»Stimmt. Gleich wärme ich dich, dann wird dir heiß.« Ich konnte ihm nicht widerstehen. Seine Dominanz machte es unmöglich, und seine Küsse waren der himmlische Lohn. Wir suchten ständig die Nähe zueinander.
»Weißt du was, Jack, wir sind wie kleine Kinder.«
»Ja, finde ich auch, aber es ist sehr schön, ein wenig wie ein Kind zu sein, meinst du nicht, Amily?« Wir kitzelten und küssten uns immer wieder. Ständig lachte einer von uns. Ich genoss es in vollen Zügen, bis mich ein Anflug von Verlustangst heimsuchte.
»Jack, ich weiß, du kannst es gewiss nicht mehr hören, aber ich liebe dich so sehr. Bitte bleibe bei mir.«
»Warum? Ich gehe doch nicht weg, es sei denn, du willst, dass ich gehe.«
»Nein, Jack, rede keinen Unsinn!« Ich klammerte mich an ihn. Er spürte sofort, wenn mit mir etwas nicht stimmte, strich mir über Rücken und Schultern, nahm mir die Angst.
»Wir haben uns doch gerade erst gefunden«, ergänzte ich.
»Wie Recht du hast. Lass uns einfach zurückgehen.« Ich warf mir das Kleid über, bückte mich und schlüpfte in meine Schuhe.
Verträumt schlenderten wir zum Backsteinhaus zurück. Plötzlich stöhnte Jack auf:
»Verdammt, da hat mich etwas gestochen!«
»Zeig her«, bot ich an. Ich kannte diverse Hausmittelchen gegen Insektenstiche. Altbewährt war die Spucke-Methode.
»Ach, schon gut. Ist schon wieder weg.« Er konnte sich nicht verkneifen, mich ständig zu kitzeln. Im Haus angekommen gingen wir direkt ins Schlafzimmer. Von Alfons war zum Glück nichts zu sehen oder zu hören. Als wir uns anschauten, hatten wir wohl beide den gleichen Gedanken, und ich sprach ihn aus. »Sturmfreie Bude!« Wir konnten uns so richtig austoben. Er packte mich fest bei den Hüften, hob mich hoch und warf mich schwungvoll auf das Bett, obwohl er wusste, dass das im Moment nicht ging. »Hey, Vorsicht!« Etwas hatte sich an Jack verändert. Es war seine starre Miene. Ich erschrak. Das Gesicht, das ich sah, gehörte nicht meinem Geliebten. Er riss seine Hose herunter und packte meine Beine.
»Nicht, Jack, nicht so!« Ich versuchte ihn wegzudrücken, Tränen traten in meine Augen. Auf diese animalische Art wollte ich nicht geliebt werden, so sollte es zwischen Liebenden nicht sein, doch er ließ sich nicht beirren. »Das tut weh! Verdammt, Jack! Hast du sie noch alle?« Während ich mich bemühte, ihn auf Abstand zu halten, entdeckte ich etwas Grünes in seinem Nacken. Dieses Etwas glich einer Heftzwecke.
»Was hast du da?« Er wollte mich weiterhin mit aller Macht nehmen, seine Knie drückten meine Beine auseinander. Ich bekam Panik und schrie ihn an: »Aufhören!« Doch genauso gut hätte ich mit einer Wand reden können. Aus Verzweiflung riss ich ihm dieses grüne Teil aus der Haut. Er sackte augenblicklich zusammen, wie ausgeknipst. Ich atmete auf, gleichzeitig fühlte ich mich elend, den Mann meiner Träume in diese Lage gebracht zu haben. »Jack? Sag doch was. Bitte, du machst mir Angst!« Er konnte sich offenbar nicht mehr rühren. Sein Zustand glich einer Starre. Doch er lag auf mir, erdrückte mich fast. Scheiße! Um Hilfe zu rufen war zwecklos, Alfons war ja nicht da. Wer sollte mir also helfen?
»Jack, bitte! Stirb nicht, lass mich nicht allein.« An den Haaren hob ich seinen Kopf hoch, um mich zu vergewissern, dass er noch lebte. Ich stellte mit Herzrasen fest: tot ist er jedenfalls nicht. Gott sei Dank. Aber ich musste seinen massiven, neunzig Kilo schweren Körper irgendwie von mir runterschieben, denn ich bekam Luftnot. Ich drehte mich unter Schmerzen zur Seite, zog mein Bein unter ihm hervor. Es tat höllisch weh. Ich weinte mittlerweile, aber ich war frei. Meine Sorge galt nun Jack. Der hatte geweitete Pupillen, die verrieten, dass er wahrscheinlich an einer Art Vergiftung litt. Keine Ahnung, woher, aber ich wusste es irgendwie. Ebenso wie ich wusste, was ich als Nächstes zu tun hatte. Ich besorgte eine Flasche Wasser aus der Küche und flößte es ihm nach und nach ein.
»Du musst trinken, verdammt.« Nur allmählich erfolgte eine Regung: Zusammenhanglose Wortfetzen, die keinen Sinn ergaben. Ich musste unbedingt einen klaren Kopf bekommen und beschloss, mich im Bad ein wenig abzukühlen. Zudem fühlte ich mich beschmutzt, schaute aber immer wieder nach Jack, der die Augen verdrehte. Konnte ich ihn kurz allein lassen? Er lallte pausenlos unverständliche Laute wie ein Baby, das Sprechen lernt. »Jack, was ist? Ich kann dich nicht verstehen.« Verzweifelt fasste ich mir an den Kopf, auf eine Eingebung hoffend.
»Pass auf, Jack. Hör genau zu, was ich sage. Du bewegst die Augen nach rechts oder links, das kannst du doch, oder? Wobei rechts ja oder richtig und links nein oder falsch bedeutet, ist das klar?« Jack bewegte seine Augen nach rechts. Okay, ich war noch nie gut im Raten gewesen, aber wie heißt es immer so schön? Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn.
»Ich glaube, du wurdest vergiftet. Meinst du, dass es auf dem Weg von der Bucht hierher passiert sein könnte?« Jack bewegte die Augen nach rechts. Ja.
»Gut, ich auch. Glaubst du, dass es mit der Rolle zu tun hat?« Seine Augen wanderten erneut nach rechts.
»Alles klar. Aber es weiß doch niemand, dass wir hier sind. Die, die es wussten, sind tot. Na ja, außer Alfons natürlich. – Ob es an der Zeit ist, die Rolle zu öffnen?« Er starrte mich nur an. »Ja, ist ja gut.« Ich gab ihm einen Kuss. Mein Magen rumorte vor Aufregung. Jack wirkte, als wollte er mir noch etwas mitteilen.
»Ja, ich weiß: Fenster, Türen, Gardinen schließen und mich erst einmal ruhig verhalten.« Jack schloss müde die Augen. Ich atmete ein paarmal tief durch. Man konnte eine Stecknadel fallen hören. Aber nun war die Zeit gekommen, die Rolle hinter der Bettverkleidung hervorzuholen. Diese ließ sich mit einem Trick leicht lösen. Eine Weile hielt ich den Atem an, horchte auf die Stille und holte dann die Rolle hervor.
»Soll ich wirklich?« Ich schüttelte das Gefäß, versicherte mich bei Jack, das Richtige zu tun, löste die rote Kordel von Deckel und Rollenende, drehte den Deckel behutsam hin und her und schob dann mit beiden Daumen die Kappe von der Trommel. Der unverwechselbare Geruch nach altem Papier stieg mir in die Nase. Ich schaute in den Behälter, dort waren ein paar alte Dokumente ineinander gerollt. Die Rolle hatte einen Durchmesser von circa acht Zentimetern und war etwa fünfundvierzig Zentimeter lang. Sie war mit schwarzem Leder bezogen und besaß einen Tragegurt. Ich kippte die Rolle so, dass die Dokumente leicht herausrutschen konnten.
»Hier sind ganz viele ziemlich alte Papiere.«
Das erste Dokument war ein geöffneter Brief. Weitere lose Dokumente lagen ihm bei. Die Botschaft war auf Englisch verfasst und richtete sich an den Rollenüberbringer, in diesem Fall an uns. Sprachlos las ich aufmerksam weiter. Ich wurde gebeten, alle Dokumente dieses Behältnisses im Stillschweigen und zum Wohle der Menschheit nach Frankreich zu schaffen, genauer gesagt nach Paris, in die Kirche Sacré Coeur de Montmartre. Dort gäbe es nur eine Person, die die Rolle überhaupt entgegennehmen dürfe, nämlich Monsieur Lavida Nivelle, der Verwalter. Weiter wurde in diesem Brief gemahnt, äußerste Vorsicht walten zu lassen. Ich fand das etwas dick aufgetragen. »Aha! Sacré Coeur. Das war damit gemeint.« Mehr und mehr wurde mir die mir auferlegte Verantwortung bewusst. Schließlich wurde mir bereits mehr als einmal gesagt, dass ich die Überbringerin sein sollte. Das erste handgeschriebene Dokument stammte aus der Nazizeit und beinhaltete Angaben über Führungspositionen, Personen und deren Aufenthaltsorte sowie Angaben über deren unbeschadetes Überleben des Zweiten Weltkriegs. Mir wurde ganz mulmig.
»Was für ein Fund«, flüsterte ich fasziniert. Das zweite Dokument war auf Latein und handelte vom Vatikan, aber ehrlich gestanden war mein Latein seit der Schulzeit extrem eingerostet. Ich schaute Jack mit tränenverhangenem Blick an.
»Wenn du das hier sehen könntest, Schatz, es ist unglaublich.« Das dritte Dokument stammte von den Templern. Ich erkannte es sofort an dem alten Siegel. Von den Templern, unfassbar!
SIGILLUM MILITUM CHRISTI (Siegel der Soldaten Christi).
Die Templer waren ein Ritterorden, dessen Gründung infolge des ersten Kreuzzuges stattgefunden hatte, bis Papst Clemens V ihn am 22.03.1312 aufgelöst hatte. Ich konnte jedenfalls mit diesem unleserlichen Text nichts anfangen, dazu benötigte man einen Code. Mich traf der Schlag, als ich das letzte Schriftstück genauer betrachtete. Ich konnte gar nicht fassen, was ich in meinen Händen hielt. Das Dokument war eindeutig Alexander dem Großen zuzuordnen. Ich erkannte das, weil ich während des Abiturs eine Studie darüber schreiben musste. Als Teenager hatte ich es gehasst, weil ich sie erstellen musste, jetzt war ich dankbar dafür. Da hatte meine alte Lehrerin, Frau Funke, doch recht behalten als sie sagte, wer weiß, wofür es später noch gut ist.
Du lieber Gott, was für ein Fund! Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass ich, Amily Simon, etwas derart Wertvolles jemals zu sehen bekommen würde. Einzig die Tatsache, dass wir, um das Dokument zu entschlüsseln, einen Spezialisten bräuchten, trübte meine Euphorie. Wie konnte ich an den- oder diejenige herankommen? Allerdings …
»Jack, ich glaube, wir befinden uns in großer Gefahr. Ich verstehe nur nicht, warum ausgerechnet uns die Verantwortung auferlegt wurde, die Dokumente zu beschützen. - Ach, du kannst mir ja nicht antworten.« Ich packte alles behutsam wieder ein. Dabei flatterte ein Schnipsel aus den Dokumenten und vor meine Füße.
»Nanu, was ist das denn?« Das könnte womöglich der Code sein. Nein, dieser Zettel war unbeschriftet, aber ich legte ihn zurück in die Rolle und verschloss sie sorgfältig. Wir mussten unbedingt fort von hier. Ich streichelte Jack zu meiner und seiner Beruhigung, versteckte die Rolle wieder ordnungsgemäß.
»Jetzt zu dir, Jack.« Ich schaute ihn an und war immer wieder fasziniert von seinen schönen braunen Augen. Mein Kuss sollte ihn glücklich stimmen. Ich konnte es nicht lassen, seine Brustmuskeln zu streicheln. Jack bewegte mit großer Mühe seinen Arm und legte eine Hand auf meinen Rücken. Von dieser schlichten Berührung war ich so ergriffen, wie selten in meinem Leben. Den Fehltritt von vorhin hatte ich ihm bereits verziehen, es war ja nicht wirklich Jack gewesen, der versucht hatte, mich mit Gewalt zu nehmen, sondern sein vom Gift getrübter Geist.