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Ich erzähle diese Geschichte nicht, um zu prahlen oder ein falsches Image von mir in die Welt zu setzen. Für die folgende Sammlung an Einsichten und aufrührerischen Gedanken ist sie einfach sehr wichtig. Schon von Beginn an soll klar sein, dass ich weiß, wovon ich rede, wenn ich über „Sünden“ schreibe. Hier spricht kein Novize – auch die Jahrzehnte haben meine Hände nicht rein gewaschen. Denk nur mal drüber nach: In einer Nacht – verdammt, in nur fünf Stunden – habe ich jede einzelne der so genannten Sieben Todsünden abgerissen. Wie ein tollwütiger Baseballspieler bin ich durch das unmoralische Spektrum aus Völlerei, Habgier, Lust, Trägheit, Zorn, Neid, Eitelkei gerannt. Bis zum heutigen Tag erinnere ich mich mit Freude und einem wissenden Lächeln an diese verblüffende Verkettung von Ereignissen.

Was mich wieder zu der Idee hinter diesem Buch bringt, die ich wie eine Sommerliebschaft in den Armen gehalten habe. Nach der Einleitung und einem Räuspern bitte ich um eure Aufmerksamkeit, die ich auf eine kleine Tatsache lenke, die niemand wahrhaben will, sei es aus Gewohnheit oder einem schrägen Schuldbewusstsein. Ich weiß, dass ihr der Wahrheit begegnen, einen Schuss in die empfindlichen Stellen des Gehirns vertragen könnt. Ich glaube an euch, und deshalb vertraut mir:
Die Sieben Todsünden sind totaler Blödsinn:
Alle noch da? Oder ist vielleicht jemand zu Scientology konvertiert, weil ich dieses kleine Nugget der Realität in die Luft warf? Nein, dann können wir ja fortfahren.
Jahrhundertelang wehten diese so genannten „Waffen gegen die Moral“ wie beängstigende Fahnen vor den Augen von zigmillionen Menschen. Sie wurden von der Rechten oder den Verteidigern des Glaubens als legitimierende Drohmittel eingesetzt, um damit die Massen vom eigentlich normalen Freidenkertum abzuhalten, Menschen mit einem offenen Bewusstsein durch den feuergestählten Daumen zu unterdrücken. Wenn die Welt auf- und abspringt und ein wenig zu viel feiert, lassen diese Spaß-hassenden Arschgesichter die goldenen Kontrollregeln auf uns los, um uns von dem Partyzug zu stoßen. Ich werde nie verstehen, warum sich die meisten Menschen nicht einfach um die eigenen Angelegenheiten scheren, aber eins ist mir klar: In neun von zehn Fällen ist die Sünde eine Frage der Auslegung, und meiner Ansicht nach ist der Begriff Sünde nur gerechtfertigt, wenn du andere Menschen verletzt. So, und wenn niemand verletzt wurde – wie sollst du dann gesündigt haben?
Klar, die Sieben Todsünden können Schmerz und Bosheit in uns auslösen – sogar in den edelsten Charakteren. Sie können die größten Denker und die unbeirrbarsten Seelen überwältigen. Aber sie können ein Individuum auch beeinflussen und zu den ungewöhnlichsten Taten in den entscheidenden Momenten des Lebens befähigen. Sie als vernichtende Waffen zu bezeichnen, und uns alle damit zum schlimmsten Abschaum in der Menschheitsgeschichte zu erklären, ist ein Hohn der Gerechtigkeit. Wir alle erleben diese Gefühle und müssen kämpfen, um in einer Welt der Raubtiere Höflichkeit, Rechtschaffenheit und Anstand zu bewahren. Aber es gibt Zeiten, in denen es zu unseren Menschenrechten gehört, sich von diesen „Sünden“ wie eine warme Welle in der Karibik umspülen zu lassen. Es gibt Zeiten, und ich sage das mit Nachdruck, in denen wir uns als Spezies ungezwungen und lustvoll den Emotionen hingeben sollten, die mit den „Sünden“ Hand in Hand gehen. Um Himmels willen, wir sind verflucht noch mal einfach nur Menschen: Wir sind nicht perfekt! Es sind unsere Eigenarten, die den Charakter und die Individualität ausmachen. Ich weiß nicht, ob ich persönlich einem Menschen trauen könnte, in dessen Keller nicht eine Leiche liegt. Wir werden dadurch definiert, dass wir uns würdevoll über unsere Niederträchtigkeit erheben. Aber wir werden mit Sicherheit zu besseren Menschen, wenn wir diesen Weg in die Tat umsetzen.
Es steht geschrieben: „Der, der ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ Genau hier kann ich mit meiner Argumentation andocken. Wir sind nicht an unserem Menschsein schuldig – wir waren noch nie schuld! Ein Problem taucht auf, wenn wir zu Karikaturen dieser beschissenen Regeln werden, vergleichbar mit dem Politiker, der die Familienwerte lobpreist, aber zurücktreten muss, weil er eine unbedeutende, scharfe Nummer mit einer Nutte im Erfrischungsraum eines Truck-Stops geschoben hat. Oder der Filmstar, der dem trügerischen Glauben erlegen ist, dass er allein wegen seiner markanten, sich schön abzeichnenden Wangenknochen über den ungeläuterten Menschen steht. Nein, diese Typen sind keine Sünder: Es sind dumme Scheißer.
Ich versuche euch nicht zu retten, sondern predige Mäßigung. Einige Motherfucker unter euch sind tatsächlich verrückt. Ich habe überhaupt keine Bedenken, darauf hinzuweisen. Aber was ist, wenn du gerne fickst? Wen interessiert es, ob jemand den Besitz von Geld genießt, gerne ein gutes Essen verspeist, seinen Gefühlen freien Lauf lässt oder seine habgierige Natur auslebt, um sich zu ungeahnten Höhen empor zu schwingen? Wen juckt es, wenn du an deinem einzigen freien Tag einfach nur pennen willst – oder der Meinung bist, du wärst das schärfste, heißeste, geilste, was die Sexwelt zu bieten hat?
Wer kümmert sich um so was? Mich geht das alles nichts an. Es ist deine freie Entscheidung. Wenn du damit klar kommst und niemanden verletzt, kann ich dir von ganzem Herzen gratulieren. Zumindest hältst du keine Vorlesungen vor irgendwelchen verlorenen Partyfreaks, in denen du erklärst, wie sie die Schnellstraße zum Himmel erreichen können. Der einzige Sinn dieser angeblichen Sünden liegt in der Kontrollfunktion.
Denk mal drüber nach: Vor tausend Jahren lebten die Aristokraten beispiellos exzessiv. Eigentlich hätten sie schon auf der Erde in lichterlohen Flammen verbrennen müssen. Aber da sie der herrschenden Klasse angehörten, wurden ihre Taten als gottgewollt gewertet. Anschuldigungen, sie seien verdorben und lasterhaft, wurden ihnen nicht zur Last gelegt. Nur wenn sie einen Gleichgestellten ermordeten, mussten sie sich mit zögerlichen und vorsichtigen Nachfragen abplagen. Wenn sie gleich zur Geburt ihren theokratischen Freifahrtschein erhielten, ja, wo liegt für uns, die wir in der Moderne leben, der Unterschied? Die alte Logik ist natürlich eine Reflektion mittelalterlicher Ignoranz. Aber sie unterscheidet sich von der Definition der Grundpfeiler, auf denen die Vereinigten Staaten von Amerika aufgebaut wurden, markiert also eine alte Epoche, die wir längst vergessen haben müssten. Wir sind alle gleich. Was für den einen Sünde ist, ist für den anderen ein Hochgenuss. Blaues Blut verklumpt sich jeden Tag, um die Wünsche und Bedürfnisse der oberen Kruste zu erfüllen. Und wenn wir in der Mittel- oder Unterschicht uns so verhalten, sollen wir im Hause des christlichen Butzemanns schmoren? Warum sollen wir für unsere Ausgelassenheit an Wochenenden verdammt werden, wenn diese für die oberen Zehntausend zum ganz normalen Tagesablauf gehört?
Und so lasse ich verlauten: „Bis hierher und nicht weiter!“ Begehre das Leben mit jeder Faser deines Körpers. Schätze die Geister, die dir das Gefühl der Lebendigkeit und Energie schenken. Faulenze an deinen freien Tagen, wenn du schon die Woche mit dem Geldverdienen verbringst, um die Familie über Wasser zu halten. Nimm dir das, was du willst, denn schon morgen kann es gegen ein Gesetz verstoßen. Schlag dir die Vorsicht aus dem Kopf und befreie dich von den Fesseln des Aberglaubens. Glaube, wenn du willst, aber handele nach deinem Glauben. Die Tage der Furcht sind vorüber. Sie werden niemals wiederkehren.
In diesem Buch finden sich einige wenige eskapistische Stellen, ein bisschen Spaß und viele Gedanken über die Freiheit der Seele. Wir alle werden zu Hoffnungsträgern mit Tiefgang, wenn uns eine Ahnung überkommt, warum wir hier sind. Warum also sollten wir uns das Leben mit vermeidlichen Unterschieden unnötig schwer machen, wenn wir doch alle gleich fühlen? Nur weil wir etwas denken, ist das noch lange keine Sünde. Es macht uns nicht zu Sündern, nur weil wir etwas begehren und uns das holen. Und nur weil wir etwas fühlen, sind wir erst recht keine Sünder. Es liegt eine unvergleichliche Vitalität darin, den Verlockungen des Lebens nachzugeben. Lass deinem Geist freien Lauf, und du rettest vielleicht deine Seele. Okay, vielleicht sollte ich hier einen kleinen Tipp zur Errettung anbieten.
Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, sich von den Sünden zu befreien, loszulösen. Viel zu viele Menschen stellen sich aber auf einen Sockel, nur weil sie sich natürliche Wünsche versagen. Na gut, wenn ihr scheinheilig und heuchlerisch sein wollt, dann macht das. Wir zumindest erfahren uns durch die Lebendigkeit.
Möglicherweise werden dir mit Hilfe dieses Buches einige Dinge klar. Sehr wahrscheinlich ist es aber, dass es mir hilft, mit üblem Scheiß aus meinem eigenen Leben fertig zu werden. Ich mag ein Arsch sein, bin aber kein total mieser Typ. Klar, ich habe Sachen angestellt, auf die ich nicht stolz bin, würde sie aber nie als Sünden bezeichnen – eher als Fehler. Aus Sünden darfst du nichts lernen, denn sie werden dir dein ganzes Leben lang unter die Nase gehalten. Es sei denn, du bist katholisch. Die Beichte gleicht dem Kleingedruckten in einem wasserdichten Vertrag, und ich bin mir sicher, dass Menschen anderen Glaubens euch beneiden.
Fehler? Zum Teufel, wir machen alle Fehler, und man erwartet von uns, dass wir daraus eine Lehre ziehen. Darin besteht ein Teil unserer Reise. Dadurch bewegen wir uns aus der Unschuld zur Krone der Weisheit. Durch Fehler entwickeln wir uns und haben nicht mit 90 die Psyche eines Kleinkindes. Dadurch scheißen wir uns nicht in der Öffentlichkeit zu und andere Menschen an! Sie bewirken das ständige Lernen, sind ein GPS, durch das wir uns in diesem so genannten Leben immer wieder aufs Neue anpassen und „feintunen“.
Ich möchte euch ein Beispiel dafür geben. Bei einem der verschiedenen „normalen“ Jobs, den ich vor der Zeit durchzog, in der ich „The Artist Known As Corey Fucking Taylor“ war, hatte ich Zugang zu all den Ressourcen und den Reichtümern, die dort lagerten, und nutzte jede Gelegenheit, mit meinen Fingerchen in die Schatullen und Kisten zu grabschen. Ich missbrauchte meine Position, da ich das Sicherheitssystem in allen Einzelheiten kannte. Das Stehlen war so leicht, dass sogar die Manager sich „vergriffen“. Ich machte mit, nicht weil ich grundsätzlich übermütig, sondern weil ich pleite war. Ich verdiente nur einen Hungerlohn. Nun habe ich seit 30 Jahren nichts mehr gestohlen. Mit 13 durchlebte ich meine Ladendiebstahl-Phase, bei der ich harmloses Zeug mitgehen ließ wie Schokoriegel oder Playboy-Magazine. Für mich war die Erfahrung des Diebstahls beim späteren Job neu und aufregend – Kohle mitgehen zu lassen, Merchandise-Artikel zu klauen und darüber hinaus noch Sex am Arbeitsplatz zu haben. Um es anders auszudrücken – ich war ein totaler Mistkerl. Man kann mich als totalen Mistkerl bezeichnen: Ich stahl in einer Nacht mehr Geld, als ich in einer Woche verdiente. Ich zelebrierte Orgien in den Hinterzimmern. Und ich verließ den Laden mit Großhandelsprodukten im Wert Tausender von Dollars. Der wahre Grund für den Diebstahl lag aber in der Gelegenheit zu klauen. Reicht das als Legimitation aus? Auf gar keinen Fall.
Bis zum heutigen Tag wird mir kotzübel, wenn ich darüber nachdenke. Es war ein Lebensabschnitt, für den ich mich rückblickend schäme. Es hätte mir egal sein sollen, dass die anderen auch stahlen oder dass die Geschäftsführer es verdient hatten, denn sie waren betrügerische Ganoven, die Tausende von Dollars nicht in den Büchern erscheinen ließen, aber uns, den Leibeigenen, einen Hungerlohn zahlten. Ich habe mich schon immer mit Vehemenz gegen Diebstahl ausgesprochen, verhielt mich aber konträr, klaute bis zum Abwinken und scherte mich nicht im Geringsten um die Konsequenzen. Ich nutzte ein System aus, dessen Aufrechterhaltung mir übertragen worden war, und plünderte aus Habsucht und Gier. Nach dieser Zeit habe ich nie mehr gestohlen – auch nicht das Geringste. Darauf bin ich aber nicht stolz. Ich kenne einfach meine Grenzen und habe mir geschworen, sie nie wieder zu überschreiten. Hätte ich heute so ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl, wenn ich damals nicht so weit gegangen wäre? Wer weiß, ob ich mich heute so sehr darüber aufregen würde, wenn ich damals nicht diesen ganzen Mist gebaut hätte? Die fehlgeleiteten Taten meiner Vergangenheit führten mich zu den Tugenden der Gegenwart und werden mich hoffentlich in eine wunderbare Zukunft leiten. Aber ich bezeichne sie nicht als Sünden, sondern als Fehler, als Kapriolen einer jugendlichen Leichtsinnigkeit. Ich fand meine moralische Grenze, weil ich sie überschritten habe, und mich dabei schlecht fühlte.
Das kann mir keiner vorwerfen. Diesen Job müssen nur mein Bewusstsein und meine Seele leisten. Nur ich kann mein Handeln beurteilen und bewerten, denn niemand kennt mich besser, als ich selbst. Wer kann meinen zurückgelegten Weg verstehen, wenn er auf keiner Karte verzeichnet ist? Der Unterschied zwischen der Selbsterkenntnis und dem Selbstvertrauen ist gering, aber die sich daraus ergebenden Konsequenzen reichen ins Unendliche. Viele Gläubige werden dem widersprechen, behaupten, dass Er dich besser kennt! Ja, das ist in Ordnung und so weiter, aber ich habe niemals einen Beweis seiner Existenz gesehen, mal abgesehen vom nihilistischen Gefasel Tausender seiner Anhänger – und so verlasse ich mich lieber auf mich selbst, vielen Dank auch. Wie ich eben schon sagte, keiner kennt mich so gut, wie ich selbst, und ich lerne aus meinen Fehlern.
Ein Leben ohne diese sieben kleinen Gewürze – wäre das nicht langweilig? Wir reden von der Faulheit, aber würden Frauen und Männer überhaupt aufstehen, wenn es nicht die Lust gäbe, die sie zur „Jagd“ antreibt? Warum sollten Leute in einer Band spielen wollen, wenn sie nicht den Adrenalinkick des Zorns spürten, der sie am musikalischen Tisch speisen lässt? Kann sich ein Mensch zurückziehen, von der Welt lösen, ohne dass seine kleine Seele von der Gier verunreinigt wird? Warum sollte sich die Welt drehen, wenn da nicht ein paar kleine Regeln wären, die man brechen kann? Oder einige Revolutionen, die es anzuzetteln gilt? Oder anders gesagt: Warum sollst du tief Luft holen, wenn du dann den verdammtem Atem anhalten musst?
Klar, ich stelle mich auf die Seite der Angeklagten, aber um es zu wiederholen – die meisten belanglosen „Sünden“ dienen nur dazu, aus dem System auszubrechen und sich lebendig zu fühlen. Warum hat denn der Mensch einen freien Willen, wenn er nicht erst ein paar kleine Proberunden drehen darf? Ein Vergleich zwischen einem Schwerverbrechen und einem geringfügigen Vergehen ist hilfreich: Süßigkeiten zu klauen kann nicht mit Mord gleichgesetzt werden und Wollust steht nicht für Vergewaltigung. Es ist wichtig, sich diese Unterschiede vor Augen zu führen, bevor wir weiter ausholen. Wenn du das nicht kannst, wirst du nie meinen Humor verstehen und immer denken, dass ich in diesem Hemd fett wirke. Verflucht, hier taucht schon wieder meine Eitelkeit auf.
Oh, fühlt sich jemand zum Narren gehalten? Vielleicht suche ich ja nur nach einer Ausrede, um das lüsterne Leben eines jungen Mannes zu rechtfertigen? Das wäre doch nur der halbe Spaß, nicht wahr? Erinnerst du dich an deine Kindheit und die Versuche, die unmöglichsten Entschuldigungen zu erfinden, nur um keinen Ärger zu bekommen? Das könnte hier auch der Fall sein. Ich will nicht errettet werden, ich will ganz einfach nicht in der Hölle schmoren. Klar, ich bin ein Zyniker, aber noch lange kein Idiot. In der Annahme, dass keine himmlischen Luxuswohnungen existieren, keine rachsüchtigen Engel auf mich warten, um mich mit ihren Heiligenscheinen zu verkloppen, auf dass die letzten Reste des Exzesses von meinen Knochen fallen, könnte ich weit daneben liegen. Was weiß ich schon? Eins aber ist sicher: Wenn ich dieses oder nächstes Jahr ein Schlupfloch im Gesetz entdecke, werde ich blitzschnell hindurch springen, denn das Leben sollte nicht so verflucht öde sein. Wir gehen, reden und suchen nach Möglichkeiten, uns gegen die Schwierigkeiten des Lebens zu behaupten. Ich glaube nicht, dass wir dieses wunderbare Leben damit verschwenden sollten, Stricken zu lernen – außer du stehst auf Stricken.
Mit ist klar, dass man kein Sünder sein muss, um zu sündigen, kein Ungläubiger Thomas, um Schuld und Zweifel zu empfinden. Wir sind alle aus dem gleichen Holz geschnitzt und haben unsere Anflüge des Wahnsinns. Aber sind das nicht nur die überbordenden Launen unserer geliebten sterblichen Hüllen? Ich fordere jeden dazu auf, von Gandhi bis Gallagher, mir zu beweisen, dass er nicht auf irgendeiner Ebene den sinnlichen Freuden eines Schokoriegels oder einer Orgie in einem Swinger-Club erlegen ist. Die „Sünde“ hat sich so in unserer Kultur festgefressen, dass wir alle dazu in der Lage sind und zu Schuldigen werden. Unsere Vorstellungwelt bezieht sich, wenn sie sich nicht vergrößert und Platz für bessere, neuere Ideen bietet, auf das, was wir nicht haben können oder haben dürfen. Und wenn du dir die Anzahlung leisten kannst, warum sollst du nicht den Rest genießen? Hast du erst einmal den Härtetest bestanden, warum solltest du nicht alles erreichen?
Die Besitzhabenden und die Besitzlosen haben seit Äonen in einer blutigen Schlacht gekämpft. Das Klassensystem hat einen Teil unseres Lebens ausgemacht, vom Zeitpunkt an, an dem wir lernten unseren Lendenschurz zu waschen. Wirkt sich das nicht auch auf die Definition der Sünde aus? Wenn es dir finanziell ein wenig besser geht, kannst du dich mit gerümpfter Nase vor die Massen stellen und ihnen höhnisch erklären, dass sie sich in dieser Situation befinden, weil sie nicht hart genug gearbeitet haben, dass die Sünden der Armen Faulheit und Neid sind und dass sie deinen Besitz haben wollen, aber nicht bereit waren, Opfer für die Belohnungen zu bringen, die das Leben bereithält. Wenn du aus der anderen Seite der Schranke stehst, ballst du die Hände zu Fäusten, schreist, dass die Bourgeoise ihren Reichtum nur geerbt hat, und dass sie in all diesen Fällen – Gier, Völlerei, Lust und Eitelkeit – sündigt.
Die Moral und der Aberglaube haben auch die Stärksten seit Jahrhunderten kontrolliert. Sie haben dazu geführt, dass intelligente Menschen für Fortschritte und Siege den real existierenden oder nicht-existenten Göttern gedankt haben. Auf der dunklen Seite der Glücksmünze hingegen finden sich die versteckten, unterdrückten Bedürfnisse der „Egozentriker“. Klar, du kannst den Krebs im Namen von Gottes Willen heilen, aber wenn du ganz einfach ein dekadentes Schwein sein willst, bist du auf dich allein gestellt. Warum solltest du nicht im Namen Gottes ficken? Warum solltest du dich nicht für Jehova über ein Büffet in Las Vegas hermachen? Eine Doppelmoral kommt allzu häufig vor, und niemand stellt sich auf die Seite der Angeklagten.
Mal ganz davon abgesehen – macht es Spaß, ein religiöser Fanatiker zu sein? Diese Leute sind die ersten, die mit dem Finger auf andere zeigen, und die letzten, die Verantwortung übernehmen. Sie stehen im Hintergrund, verführen die Menschen und überleben nur dadurch, dass sie rechtzeitig fliehen und eine andere Gruppe infizieren, die es nicht besser weiß. An dieser Stelle möchte ich mich ganz klar ausdrücken! Ich habe keine Ahnung, was ich demnächst denken werde. Mir liegt es daran, die Leute zum Denken anzuregen, sodass sie meinen Ideen nicht blindlings vertrauen. Der Unterschied zwischen einem Philosophen und einem Fanatiker ist so gering wie die Gewinnspanne in einem Casino, doch am Ende des Tages wird sie nur allzu deutlich. Ein Philosoph denkt laut nach, um die Welt für jeden zu verbessern. Fanatiker werden immer lauter und lauter, weil sie denken, sie wären die besseren Menschen.
Ich meine nur, dass es ganz einfach Wahlmöglichkeiten geben muss. Man lebt nur einmal – so weit wir das sagen können. Dir wurde das Geschenk des Körpers und des empfindsamen Denkens vermacht, und du willst dich dein ganzes Leben in einer Höhle verkriechen. Wie sieht es mit Abenteuern aus? Ein wenig Action gefällig? Warum willst du das Buch der Regeln nicht umschreiben, um es in Einklang mit einer Gesellschaft zu bringen, die nicht mehr an Märchen glaubt. Die Verfassung der Vereinigten Staaten wird gelegentlich ergänzt, um auf die gesellschaftlichen Veränderungen zu reagieren, aber genau so gut in vielen Punkten unerschrocken verteidigt. Man sollte Fakten berücksichtigen, und nicht Fabeln und Märchen. Die sieben Todsünden – Gier, Völlerei, Lust, Eitelkeit, Zorn, Neid und Trägheit – sind überholt und können nicht mehr als „tödlich“ bezeichnet werden. Was ist mit Mord? Wie werden Diebstahl, Veruntreuung und betrügerische Investmenttricks bewertet? Der Diebstahl setzt keine Gier voraus, aber die Gierigen begehen oft Diebstähle. Diese Aussage mag zwar überflüssig erscheinen, aber nimm dir ruhig einen Moment, um darüber nachzudenken. Das ergibt einen Sinn, den man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen sollte.
Die Zeit ist reif für eine spirituelle Neuordnung, eine Art esoterisches Bingo. Falls wir es wirklich wollen, könnten wir eine Welt erschaffen, die auf dem gesunden Menschenverstand basiert. Aber offensichtlich geschieht das nicht. Das ist eine Sünde an sich, die große Auswirkungen hat: Wir verfügen über die Intelligenz und das nötige Kleingeld, um uns eine bessere „Mausefalle“ zu bauen, sind aber zufrieden, das Spielchen mit den alten Regeln weiter zu spielen. Wenn du der Bestrafung immer näher kommst, ist die Zeit sicherlich mehr als reif, um die Loyalität gegenüber deinen Führern zu überdenken. Wenn du nicht neue Wege einschlägst, wirst du weiter auf dem Boden kriechen und schon bald eine Sportsalbe für deine Knie benötigen.
Folge meinen Gedanken: Ich würde lieber viele freudige Menschen sehen, als einige wenige, die andere kontrollieren. Der Status Quo lebte schon immer von der Ignoranz und der Predigt, und besagt, dass sich Probleme von selbst lösen. Ich möchte erleben, wie meine Generation ihr Potenzial erkennt und sich nicht langsam die Werte und das Verhalten der vorhergehenden einfach überstülpt. Die meisten wollen, dass du dich einreihst und nicht unkonventionell bist. So viel zum Konzept der „Eigenständigkeit“. Zufriedenheit sollte nicht umsonst zu haben sein, aber der Lohn sollte sich so schnell wie möglich manifestieren.
Aber ich trage Hoffnung in mir. Am Ende dieses Buchs steht die Hoffnung. Die Hoffnung, dass sich die Menschen nicht zurückhalten, auch nicht im Geringsten, und ihr Potenzial realisieren, das sie in den kühnsten Träumen nicht erkannt haben. Die Hoffnung, dass die Menschen aufhören, die Ziegelsteine der Schuld und des Selbstekels mit sich herumzuschleppen und sie als Fundament ihrer eigenen Moral nutzen, nicht der Moral der anderen. Es waren in der Vergangenheit immer die Starken, die den Samen für die Zukunft säten. In uns schlummert ein riesiges Potenzial des Guten. Ich habe das selbst erlebt. Uralte Satzungen und alberne Vorstellungen haben den Weg verbaut, der zu einem sinnvollen Leben führt, in dem uns weniger Feinde begegnen. Ich möchte mit dem Buch folgendes erreichen: Du sollst entscheiden, ob es sinnvoll ist, sich an diese angeblichen Sünden zu klammern. Vielleicht unterwirfst du dich diesem Moralkodex auch nur, um vor anderen gut dazustehen?
Dieses Buch handelt ebenso vom Spaß, den du haben kannst, wenn du dich nicht mehr einschränkst. Ich präsentiere einen Blickwinkel auf ein Leben, das vielleicht auf eine schiefe, schreckliche Bahn geraten wäre – doch mit dem richtigen Kopf auf den tätowierten Schultern steuerte es eine besseren Weg an. Weißt du, was ich damit ausdrücken will? Aus mir hätte ein widerlicher, verachtungswürdiger Kerl werden können, aber ich fand einen Weg, etwas aus mir zu machen, und ich erreichte viel mehr, als alle erwartet haben. Und das lief nach meinen Spielregeln ab. In dieser Zeit hatte ich eine Menge Spaß, weil ich mich nicht beschränken ließ. Niemals! Ich lebe mit der Geschwindigkeit meines Bewusstseins und liebe mit der Kraft meines Herzens. Ich bin glücklicher denn je, aber nur weil ich auf meine Erfahrungen zurückblicken kann.
Du kannst die Grenzen so weit hinausschieben, wie du willst, musst aber die Landesgrenze beachten! Manchmal vergessen wir, dass die Zeit auf unserer Seite ist – und nicht für ein anderes Team schlägt. Ich habe nichts gegen Gott, aber nicht, weil ich an ihn glaube. Es liegt wohl daran, dass ich ihn noch nie getroffen habe. Und wenn ich mir seine Erfolgsziffern anschaue, muss ich ihm auch gar nicht begegnen.